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Sugardaddys für alle

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Jasmine aus Berlin möchte ein neues Tattoo. Marilyn Monroe auf ihrem Oberarm, umgeben von Blumen. „Weil sie mein Idol ist und keine Frau je erotischer sein wird als sie“, sagt Jasmine. Für viele kommt die 19-Jährige selbst ziemlich nah an Marilyn ran: große Augen, Schmollmund und beeindruckende Brüste. 1000 Dollar kostet das Tattoo. 1000 Dollar, die die Schülerin Jasmine nicht hat – noch nicht.

Eine neue Internetseite soll helfen, ihren Traum zu erfüllen: PiggyBankGirls– der erste erotische Crowdfunding-Dienst. Anna, 29, und Chris, 25, aus Berlin haben die Plattform am Montag online gestellt. Jasmines Tattoo ist eins von bisher drei zu finanzierenden Projekten. Wenn alles nach Plan läuft, kommen in den nächsten Tagen noch einige dazu.



Anna und Chris starteten gemeinsam PiggyBankGirls.

PiggyBankGirls funktioniert im Prinzip wie viele andere Crowdfunding-Seiten auch: Es gibt Projekte, die es mit einem bestimmten Betrag zu finanzieren gilt, Videos, in denen für sie geworben wird, jeder kann so viel zahlen, wie er will, und ab einer bestimmten Summe gibt es für die Spender kleine Belohnungen. Der Unterschied: Die Projekte bei PiggyBankGirls sind in der Regel völlig eigennützig. Ein Tattoo für Jasmine oder ein Laptop für Mona, dafür würde normalerweise niemand Fremdes Geld geben. In den Videos versuchen die Frauen weniger vom Projekt zu überzeugen als von sich selbst - und den Belohnungen: Statt einem kleinen symbolischen Dankeschön oder einem Exemplar des gefundeten Buchs oder der CD, für die man gespendet hat, gibt es hier Pornografie. Jasmine bietet für 20 Dollar „5 hot photos of myself in sexy dessous and partially nude” und für 50 Dollar “a sexy video from me dancing for you”. Nach vier Tagen hat Jasmine schon 605 von 1000 Dollar zusammen. Die 26 Tage, die von ihrer Funding-Phase noch übrig sind, wird sie wohl nicht ganz brauchen.



Nacktfotos gegen Geld für ein Tattoo? Für Jasmine ein Spitzengeschäft.

Anna und Chris haben BWL und Marketing studiert. Dem Spießerklischee entsprechen sie mit ihren Armen voller Tattoos und Annas Nasenring schon rein äußerlich mal so gar nicht. Kennengelernt haben sie sich über ihren Job, bei dem sie Marketingkonzepte für Erotikseiten im Internet entwarfen. „In der Branche sind alle am lockersten“, sagt Anna. Auch Chris arbeitet gerne in diesem Bereich: „Sex ist einfach das spannendste Thema der Welt. Jeder macht es und jeder redet darüber.“

Bei der Arbeit haben sich Anna und Chris irgendwann gefragt, warum Crowdfunding-Seiten für alles genutzt werden, nur nicht für Erotik. Einige Pornoproduktionen ausgenommen. „Crowdfunding anzubieten, damit sich jede Frau ihre Wünsche erfüllen kann, das gab es noch nicht “, erklärt Chris. Genau aus diesem Grund aber ziehen sich die meisten Frauen im Internet aus. Die beiden haben eine Umfrage unter Cam-Girls gemacht, also Frauen, die für Geld mit Männern (oder Frauen) chatten, sich für sie vor der Kamera ausziehen, tanzen oder andere Dinge tun. „80 Prozent von ihnen haben gesagt, dass sie das nicht machen, um ihre Miete oder Rechnungen zu bezahlen, sondern um sich einen Wunsch zu erfüllen“, sagt Anna. Sie selbst hat am Montag das erste Projekt auf PiggyBankGirls gestartet: Sie sammelt 200 Dollar für eine Tierschutzorganisation. Weil sie Katzen so gerne mag. Auch bei ihr bekommt man Fotos oder ein Video – je nach Höhe der Spende.

„Robin Hood fand ich schon immer scheiße“

Anna und Chris sehen klare Vorteile an ihrer Seite – sowohl für die Frauen als auch für die Kunden: „Wir wollen fairer und transparenter sein als viele andere Erotikseiten“, sagen sie. Viele der Cam-Dienste-Anbieter würden die Frauen richtig abzocken. Bis zu 75 Prozent von dem, was sie verdienen, behalten die Betreiber angeblich für sich. Und so etwas wie Urheberrecht gebe es in den meisten Fällen nicht. Die Bilder und Videos der Cam-Girls würden einfach weiterverbreitet und -verkauft werden, ohne dass die Frauen selbst noch einen Cent davon sehen. PiggyBankGirls behält nur 20 Prozent von dem ein, was die Frauen bekommen. Alles was die Mädchen als Belohnung hochladen wollen, wird von Anna und Chris geprüft. Zum einen, um eine gewisse Qualität zu wahren, zum anderen aber auch um sicher zu gehen, dass die Mädchen ihr Material nicht unter Wert verkaufen. Ist die Funding-Phase vorbei, wird alles gelöscht. „Wir können nicht immer verhindern, dass die Mädchen die Bilder oder Videos noch weiterverwenden “, sagt Chris, „aber unser Anspruch ist Unique Content, also Inhalte, die es wirklich nur bei PiggyBankGirls gibt.“

Für die Frauen gebe es aber noch einen entscheidenden Vorteil: Sie können ihr Geld im Schlaf verdienen. Die Bilder und Videos werden einmal hochgeladen. Spendet jemand, erhält er automatisch einen Link dazu. „Sie müssen einfach nicht acht Stunden vor einer Webcam rumhängen und sich von den Männern fragen lassen, warum sie nach einer Minute noch nicht die Beine breit gemacht haben“, sagt Anna.

Sie und Chris sind also keine schmierigen Internet-Zuhälter, sie wollen aber auch nicht die Robin Hoods der Pornoindustrie sein. „Wir sind einfach nur zwei Menschen, die Ahnung von dem Geschäft haben. Natürlich wollen wir auch gerne viel Geld damit verdienen, aber wir glauben, je fairer und offener wir sind, desto mehr Frauen machen auch mit“, erklärt Chris.

Für Frauen, die bereit sind, sich im Internet für Geld zu präsentieren, scheint PiggyBankGirls im Vergleich zu anderen Anbietern wirklich nicht die schlechteste Adresse zu sein. Bleibt die Frage, warum jemand für ein paar Bilder oder Videos Geld etwa zu Monas Laptop beisteuern sollte, wenn man im Internet mehr oder weniger jeden Trieb umsonst befriedigen kann?





„Die Kunden, die sich nur schnell ihr Video von Pornhub ziehen wollen, werden das auch weiterhin tun“, sagt Anna. Bei ihnen aber stünden ganz andere Kundenprofile dahinter. Auf PiggyBankGirls erfährt man mehr über die Frauen als einen verblödeten Chatnamen und ob sie es gerne von hinten, von vorne oder aus allen Richtungen gleichzeitig wollen – wie auf vielen anderen Seiten. Man soll erfahren, was sie sich wünschen und warum, was sie studieren, welche Musik sie hören, einfach was für eine Person sie sind. „Bei uns wollen die Kunden vielleicht Sympathie zu den Frauen aufbauen. Vielleicht mögen sie auch Tattoos und freuen sich, Jasmine ihren Wunsch erfüllen zu können“, sagt Anna. Jeder, dem die Vorstellung gefällt, kann hier einmal Sugardaddy spielen – und oft genügen dafür schon 20 Dollar. Um den persönlichen Ansatz zu unterstreichen, gehört zu PiggyBankGirls auch ein eigenes Blog, auf dem dokumentiert werden soll, wie sich die Frauen, bei denen das Crowdfunding funktioniert hat, ihre Wünsche erfüllen. Das soll die Herzen der Gönner höher schlagen lassen. In Zukunft soll es außerdem möglich sein, dass die Sugardaddys ganz individuelle Belohnungen bekommen. Und falls die Nachfrage da sein sollte, ziehen Anna und Chris auch PiggyBankBoys in Erwägung.

Wenn man will, kann man PiggyBankGirls sicherlich einiges vorwerfen: Dass sie mit ihrer niedlichen rosa Schweinchen-Optik Frauen dazu verführen ein „Sparschwein-Mädchen“ zu werden. Dass sie die Gefahr darin verharmlosen, wenn man so viel Persönliches von sich preisgibt. Denn auch wenn Anna und Chris alle Bilder löschen, was die Spender damit machen, kann niemand kontrollieren. Und man kann ihnen vorwerfen, Frauen dazu zu bringen, sich selbst endgültig zum Objekt zu machen. Denn sie geben ihrem Körper, oder zumindest Bildern davon, direkte Sachwerte: ein Laptop, ein Tattoo, vielleicht eine Reise. Darüber könnte man vergessen, dass es Menschen gibt, die das nicht freiwillig tun, oder nicht nur um sich einen kleinen Luxus zu gönnen.

Man könnte aber auch sagen, dass PiggyBankGirls versucht, eine offenere Art zu finden, um mit Porno und Sex im Internet umzugehen. Denn dass es die Angebote im Überfluss gibt und sie auch genutzt werden, daran zweifelt wohl niemand. Vielleicht können Anna und Chris etwas tun gegen das Schmuddel-Image oder auch gegen zwielichtige Anbieter, und Transparenz schaffen, die den Frauen mehr Sicherheit gibt. Man könnte auch einfach sagen, sie zwingen niemanden etwas zu tun, sondern bieten nur die Plattform, auf der jede das zeigen kann, was sie möchte, und dafür das bekommt, was sie fordert und sich wünscht – ob das nun ein Laptop ist, ein Tattoo oder auch nur die Bestätigung der eigenen Anziehungskraft.

Wochenrückblick: Das war die KW 13

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Gedanken zur Narichtenlage:   

Bei diesem ganzen Gerede über Doppelpässe ist mir in den Sinn gekommen, dass das auch für mich vielleicht eine Option sein könnte. Wie wird man wohl Staatsbürger von Gibraltar? Die spielen ja jetzt in der EM-Quali mit, da muss es auch irgendwie möglich sein Gibraltaner zu sein. Wie schwierig wäre das wohl, einen Pass aus dem Kosovo zu kriegen oder den Seychellen? Das interessiert mich ganz ehrlich. Falls sich da jemand auskennt, ich würde mich über Tipps freuen!   

++++

Tiervideo der Woche:
   

http://knowyourmeme.com/videos/84803-dogs   

Ich weiß nicht ob ich nicht ähnlich reagiert hätte.   

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Video der Woche:
   

Den Dänen gehen die Dänen aus! Während Löwen in Dänemark scheinbar eher zu viel sind, werden Menschen immer weniger. Ein Reiseveranstalter will dem entgegensteuern und hat dazu dieses Video kreiert. (Obacht, ist sogar ein bisschen Sex drin!)     

http://www.nbcnews.com/news/world/do-it-denmark-travel-firms-ad-links-vacation-birth-rate-n65911     

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Und sonst noch so:
   

Nordkoreas Moppeldiktator Kim Jong Un hat diese Woche veranlasst, dass sein Haarschnitt der beste ist (Recht hat er!) und den deshalb jetzt alle Nordkoreaner zu tragen haben. Diese beiden Herren waren mal wieder ein bisschen voreilig. Als man ihnen erklärte, der Frisurenzwang gelte nur für nordkoreanische Studenten, war es offenbar schon zu spät.

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Jetzt noch mal die jetzt.de-Texte der Woche im Schnelldurchlauf:

Montag:
 

In Münster kann man islamische Theologie studieren. Allerdings nicht in Ruhe. Der das "Zentrum für islamische Theologie" ist Gegenstand einer zum Teil hitzigen Auseinandersetzung. Der ganze Rummel um ihren Studiengang geht den Studenten mittlerweile ein wenig auf die Nerven. 

Dazu noch eine aktuelle Geschichte aus Israel: Die Jugendlichen dort haben keinen Bock mehr darauf, ihre besten Jahre in Kasernen zu verschwenden und verweigern jetzt im großen Stil den Wehrdienst. Und riskieren damit Gefängnisstrafen.  

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Dienstag:
 

Die Woche war Kapuzenpulliwoche. Warum? Lange Geschichte. Im Kern geht es natürlich darum, was Kleidung über den Träger aussagt. Gerade beim Kapuzenpulli ist das Spektrum da ziemlich weit: Deshalb hat jetzt.de den ultimativen Psychotest zum Kapuzenpulli entwickelt. 

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Mittwoch: 

Meine werte Kollegin und Tischnachbarin Anne hat sich in der vergangenen Woche intensiv mit einer alternativen Behandlungsmethode psychischer Probleme beschäftigt. Am Mittwoch sprach sie mit dem Psychologen Dr. Youssef Shiban über die Möglichkeit, Traumata mithilfe visueller Realität zu behandeln. Der sieht darin die Zukunft der Psychotherapie. Das gesamte Interview gibt’s hier.  

Kollege Biazza hat sich in der Zeit mal wieder die Nächte um die Ohren geschlagen. Zusammen mit dem Fotografen Juri hat der die ganze Woche in Backstageräumen rumgelungert. Heraus kam dabei diese wunderbare Fotostrecke.  

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Donnerstagt:
 

Damit andere gemütlich Copy-Pasten können, muss irgendjemand diese schlauen Artikel bei Wikipedia hochladen. Kevin Gorman weiß, wie das geht. Dafür hat ihn die US-Uni Berkeley angestellt. Sein Job ist es, den Absolventen beizubringen, wie man seine Erkenntnisse Wikipedia-fähig macht. Charlotte hat mit ihm telefoniert.  

Dann mal was trauriges: In der Herzensbrecher-Kolumne durfte ich am Donnerstag mal erklären, was mich an netten Wirten mit miesem Essen so fertig macht. Sich damit mal so intensiv auseinanderzusetzen hatte was Reinigendes. Mal schauen, ob ich beim nächsten Mal besser darauf reagiere.  

Falls ich dann wieder traurig werde, gehe ich am besten zu Fabian in die Leonrodstraße. Der Schuster Lehmann oder Gabi von Gabis Stüberl geben sicher gerne Trost.

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Freitag: 

Während Meister Erdogan Youtube sperrte, haben wir mit drei Jungen Menschen über das Leben mit der Internzensur gesprochen. Nesrin aus der Türkei, Mohammad aus dem Iran und Liang aus China erzählen, wie gefiltert wird und verraten Tricks, wie die Filter umgangen werden. Wer sich in China über Menschenrechtsverletzungen informieren will, muss kreativ sein. „Das Tian’anmen-Massaker vom 4. Juni 1989 bezeichnen sie zum Beispiel als 35. Mai“, sagt Liang über die Codes der Internetnutzer.  

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Eine egoistische Gesellschaft

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In „meiner kleinen, zurechtgelegten Welt", wie sie einer beschrieb, ist vieles anders.
Oder sehe ich die Dinge anders. Nicht auf mich bezogen. Für mich ist ein rücksichtsvoller, netter und hilfsbereiter Umgang mit meinen Mitmenschen, egal ob Verwandte, Freunde, Bekannte, Kollegen, oder auch Fremde, eine Selbstverständlichkeit, wie das Augen aufschlagen am Morgen. Oder einmal am Tag zu lächeln.


Bei Fremden, ob ich sie nur flüchtig kenne oder überhaupt nicht, ist es für mich selbstverständlich, rücksichtsvoll und freundlich mit Ihnen umzugehen. Und auch zu helfen, wenn es notwendig ist. Einfach auch ein klein wenig achtsamer durch die Welt laufen. Mir und auch den Fremden schadet es nicht. Es macht den Tag nur etwas angenehmer.


Mit Freunden ist es nochmals ein wenig anders. Auch hier ist es für mich selbstverständlich: Freundlichkeit, Rücksichtnahme, Nettigkeit und auch Ehrlichkeit.
Doch es ist zusätzlich noch etwas: eine sensible Intuition.
Etwas, auch wenn es nicht allzu deutlich auf der Hand liegt, das mich dazu bringt mich einfach mal zu melden und nach dem Befinden zu fragen. Ohne groß auf mich zu schauen, die Gedanken drehen sich dann nur im die Person. Wenn es ihm/ihr gut geht, geht es mir auch gut. Wenn er/sie Probleme hat, bin ich da, höre zu, zeige Verständnis oder erteile so gut es mir gelingen mag, einen Ratschlag.
Es sind ganz unterschiedliche Situationen: Situationen, wenn die Freunde Prüfungen haben, etwas wichtiges ansteht, auf reisen oder sie krank sind. Oder es liegt mir im Gefühl.
Für mich ist von großer Bedeutung an Freunde zu denken und mich auch immer wieder mal bei ihnen zu melden.


Die Traurigkeit dabei ist leider: Nicht jeder, seien es nun Fremde oder einige Freunde, sieht es so. Sie achten nicht auf andere, leben als Ich-Menschen mit ganzem Stolz. Können nicht Grüßen, rennen einen ohne Rücksicht um, machen einen Fertig, Bitte und Danke sind für sie Fremdwörter. Und Freunde melden sich nicht, oder ignorieren einen komplett...
das sind wir Menschen, eigentlich eine intelligente Art auf der Erde.


Mir stellen sich dann die Fragen: Sind meine Erwartungen einen höflichen und freundlichen Umgang miteinander zu pflegen zu hoch gestellt? Kennen die Menschen dies nicht mehr? Vielleicht hat sie auch eine persönliche Erfahrung so werden lassen... Ist Ihnen Herz und Verstand abhanden gekommen?
Oder bin ich es am Ende, die nicht mit der Gesellschaft übereinstimmt? Ist „meine kleine, zurechtgelegte Welt" doch ein wenig ungewöhnlich?


Nur eines weiß ich genau: ich bin und bleib freundlich, hilfsbereit und ehrlich. Mit Herz und einem Lächeln.

Ganz ohne zu bemerken, dass ich dich vergesse

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Manche Menschen wünschen sich, die Zeit zurückdrehen zu können, um Fehler, die sie gemacht haben, nicht zu begehen. Um alles wieder gut machen zu können. Um nicht alles aufs Spiel zu setzen. Um nichts zu verlieren.

Ich, ich möchte die Zeit schneller laufen lassen. Vorwärts drehen. Denn ich habe keinen Fehler begangen. Da ist nichts, was ich hätte anders machen sollen. Nur verloren habe ich trotzdem. Aber wenn ich die Zeit nach vorne drehen könnte, dann müsste ich nicht mehr daran denken. Dann könnte ich jetzt den Herbstblättern beim Fallen zusehen anstatt den Narzissen beim Erblühen. Dann würde ich mir wünschen, dass der Tag mehr Stunden hat, anstatt sein Ende herbei zu sehnen, sobald die Sonne aufgeht.
Ich möchte die Zeit vorwärts drehen, hin zu einem Tag, an dem ich nicht mehr traurig darüber bin, ohne dich zu sein. An dem ich dich vergessen habe. Ganz ohne zu bemerken, dass ich dich vergesse.

 



Die fliegende Holländerin - ein Nachruf.

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Es würde der Tag kommen, das wussten alle. Aber keiner wollte wirklich daran denken, dass sie kommen würden und dass sie Dich mitnehmen würden. Keiner würde Dich je wieder so sehen und auch wenn es für alle das Beste wäre, wollten wir Dich behalten. Andere Überlegungen als Sentimentalitäten und Zuneigung spielten hier eine Rolle; Ökonomie, Geld und besonders Umsatz hatten das Sagen.

Und so hast Du Deine letzte Fahrt mit uns hinter Dich gebracht und Dein Abschied war nicht leise und vielleicht auch nicht würdevoll. Deine Kämpfe hast Du immer anders gewonnen und unsere Herzen auch. Liebenswert verschroben lugtest Du aus einer Ecke und Deine Stimme konnte erschreckend laut sein und uns allen ein Lachen entlocken, wenn wir mal wieder zusammenzuckten, wenn Du etwas zu sagen hattest. Deine leiseren Töne waren meist die viel gefährlicheren und die, die vermutlich Dein Ende waren.

Altes Mädchen, ich denke gerne an Dich. Ich habe mein Herz an Dich verloren und in meinen Erinnerungen wirst Du immer einen ganz besonderen Platz haben. Du hast mir alles beigebracht, was man wissen muss: Auf welcher Seite das Buttermesser liegt und welche Gläser man für Rotwein benutzt, wie man sich wunderbar in Zeichensprache unterhalten kann, dass ein Lächeln für jahrelange stumme Freundschaften reicht, dass man ab Seestärke 8 das Lesen besser einstellt, dass "with" oder "without" nicht Eis meint sondern Kohlesäure im Wasser und dass Ananas essbar sind. Ich habe bei Dir gelernt, Seekarten zu lesen, backbord und steuerbord nicht allzu oft durcheinander zu bringen, wie man das Kreuz des Südens findet und dass ich die Pfoten von Tendern und Zodiacs lassen sollte.

Dein Grollen und Brummen werde ich vermissen und den ganz eigenartigen Geruch nach Öl, der für mich das Positivste auf der Welt sein wird, geht mir nie ganz aus der Nase. Ich weiß, dass sie Dir einiges angetan haben, aber Du hast die Kratzer, Schrammen und Beulen mit Deiner ganz eigenen Würde getragen und aller spöttischer Spitznamen zum Trotz hast Du über Jahre nur Dein Bestes gegeben. Für Dich gab es nie eine Ruhepause und manchmal denke ich an meinen besonderen Platz bei Dir und muss ein bisschen lächeln. Ich als die Jüngste hatte Privilegien mit Dir und zu gerne habe ich Dir zugehört, wenn Du erzählt hast von den Weltmeeren und den kleinen und großen Abenteuern. Manchmal war ich dabei und manchmal hast Du arg gelitten, aber alles konntest Du ausbügeln und Du hast jeden Sturm überstanden und uns alle sicher behütet dabei.

Und nach Deinem Abgang ist Dein Name unter uns zu einem Codewort geworden und Du zu einer Legende. Wo auch immer Du sein magst, denken viele an Dich und an die guten, alten Zeiten und selbst Jahre später hast Du Freundschaften gestiftet, die lange halten werden. Dein Name hat gereicht, um den anderen sofort zu kennen und egal in welchem Teil der Erde sich ein paar von uns treffen, sind wir wie in den alten Tagen Deine Familie. Du hast zusammengebracht und zusammengeschweißt. Wir haben facebook-Gruppen nach Dir benannt und manchmal auch uns selbst. Meine Freunde lachten über mich, als ich sagte, dass Du mein Zuhause bist und haben es sogar in unsere Abschlusszeitung geschrieben: "M. nennt ein Schiff ihr Zuhause" und sie wissen gar nicht, wie recht sie damit haben. Du, meine Lady, bist mein Zuhause gewesen über so viele Jahre hinweg, und wenn mich jemand fragt, wie viel Geld ich brauche, dann sind es immer die 12 Millionen, die Du wert bist, denn für mich bist Du unbezahlbar.

V., Deine Familie hat Dich nicht vergessen, sie wird Dich nie vergessen, und ich wünsche mir, nur einmal noch unter Deinem Horn zusammenzuzucken. Geliebte V., pass auf Dich auf in Deinem mittlerweile nicht mehr ganz so neuen Gewand. Wir vermissen Dich und irgendwann gibt es für uns beide ein Wiedersehen! Lass Dich bis dahin nicht kapern oder verschrotten. Sobald ich 12 Millionen aufgetrieben habe, bist Du meine und dann mache ich aus Dir die fliegende Holländerin, die Du jetzt in unseren Gedanken bist.

[Alle die vielen schönen Stunden,
eh du es gedacht sind sie entschwunden
[...]
Was einmal war, das kommt nicht wieder,
ging es auch viel zu schnell vorüber
Du fragst warum und siehst doch ein, es muss so sein
                      aus: Das alte Schiff]



klau|s|ens bemerkt die am-anzug-werbesticker nun auch bei studiogästen in politischen magazinen des öffentlich-rechtlichen fernsehens

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klausens, alles verludert.


auch (und besonders) das öffentlich-rechtliche fernsehen.


die werbung dringt in jede ritze.


nun dürfen da die männer auch in magazinen jenseits des sports auftauchen, mit den werbestickern am anzug. mit den logos. mit den firmennamen.


früher waren es “nur” rapper, die “NY” auf der kappe hatten und haben. oder ein nike-logo auf dem t-shirt.


nun aber sind es auch die anzugleute. die stecken sich vorher ein werbelogo an den anzug und kommen dann ins studio.


und die öffentlich-rechtlichen sender lassen das alles zu.


die öffentlich-rechtlichen sender verkaufen sich schritt schritt mehr an die wirtschaft.


es wird immer mehr.


aber alles heißt “öffentlich-rechtlich”.


dabei müsste es “wirtschaftlich unterwandert kaum-rechtlich” heißen.


wann hast du es gesehen, mal wieder?


es war die sendung “zur sache rheinland-pfalz” im SRW, moderiert von herrn döring. 27.3.2014


und der studiogast mit der frechen werbung auf dem anzug?


das war jener herr stefan kuntz, der auch der vorstandsvorsitzende vom FC kaiserslautern ist. (und dann ging es inhaltlich auch noch um den verein und dessen mögliche überproportionelle (unter)stützung des vereins durch die öffentliche hand!)


wo soll es enden?


ich weiß es nicht. aber es protestiert ja auch niemand dagegen.


wir sind es sowieso schon satt, wenn diese autos immer in die fernsehhows geschoben (und verlost) werden.


oder wenn diese autos fernsehfilme dominieren und 100-fach gezeigt werden.


mancher fernsehfilm findet nicht mehr für die handlung statt, sondern die drehbücher werden geschrieben, damit man möglichst oft ein auto samt logo zeigen kann.


eine verkommene welt.


es wird aber immer schlimmer: das regt einen dann noch mehr auf.


mit welcher frechheit da immer weitere schranken beseitigt werden!


dazu müsste es mal ein urteil vom bundesverfassungsgericht geben.






HOMEPAGE VON KLAU|S|ENS:
http://www.klausens.com

Mädchen, warum das ständige Bauch-Reden?

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Es gibt Dinge, die kann man sehr schlecht vorhersagen. Den Verlauf von Gesprächen zum Beispiel. Nehmen wir mal eine Runde von Freunden: Jungs und Mädchen, ein Abend in einer kleinen Bar, ein paar Getränke auf dem Tisch, man unterhält sich, manchmal kommt jemand dazu, manchmal geht jemand. Egal, worüber gesprochen wird – es kann sein, dass es in zehn Minuten um etwas ganz anderes geht. Das ist ja das Schöne an solchen Abenden: Jeder ausgesprochene Gedanke löst irgendeine Reaktion bei den anderen Gesprächsteilnehmern aus, die wiederum was dazu sagen, was wieder etwas auslöst und so weiter. Kein Mensch weiß, wo einen die Gespräche des Abends noch hinführen. Es sei denn, es kommt ein schwangeres Mädchen in die Runde.

Dann gibt es plötzlich unter den weiblichen Anteilen der Bargesellschaft für die nächsten eineinhalb Stunden nur noch ein Themengebiet: den Bauch der Schwangeren, seinen Inhalt und alles, was damit zusammenhängt.

Es scheint ein Naturgesetz zu sein, oder ein Reflex: Wenn ein schwangere Freundin da ist, müsst ihr über das Schwangersein parlieren. Wir machen da ein bisschen mit, wir sind ja höflich und manchmal ja auch wirklich interessiert daran, wie sich das Herumgetrage so eines neuen Menschleins bewerkstelligen lässt. Aber nach einer halben Stunde ist es dann auch wieder genug. Von uns aus. Von euch aus nicht.

Klar, ihr habt naturgemäß ein größeres Interesse an den Details einer Schwangerschaft, das wissen wir ja, das ist ja auch total einleuchtend. Aber dieser scheinbar unendliche Gesprächsbedarf verwundert uns dann doch. Die Reflexhaftigkeit, mit der ihr das Gesprächs-Procedere mit jeder verfügbaren Neu-Bauchträgerin in eurem Freundeskreis wiederholt. Die Ausdauer, mit der ihr alles wieder von Neuem durchgeht, die Ernährungs- und Nicht-mehr-trinken-Fragen, die Hormonchaosfragen, die Kinderwagen- und Namensfragen. (Und wahrscheinlich auch die Sex-mit-Kind-im-Bauch-Fragen, aber die dürfen wir nicht hören...)

Warum denn nur immer und immer wieder? Bitte erklärt uns diesen Bauchreden-Reflex doch mal! Was ist seine Ursache? Mitgefühl? Mitfiebern? Pure Informationsbeschaffung? Vorauseilendes Schwangerschaftstraining? Instinkt? Oder einfach nur Höflichkeit? Etikette unter Frauen?

Auf der nächsten Seite liest du die Antwort von martina-holzapfl.
[seitenumbruch]



Räusper, räusper! Du kriegst es nun mit meinem ungeschönten, weiblichen Mutterpotential zu tun. Falls das Richtung huhnblindes Rumglucken geht, tut es mir NICHT leid. Du hattest gefragt.

Also: Die Begegnung mit ebenbürtigen, und damit meine ich ungefähr gleichaltrigen (sagen wir mit einem Radius von plus minus sechs Jahren), Schwangeren, verwandelt meinen Kopf in ein sehr zudringliches Herzaugen-Emoticon. Ich will sofort und in heißbackiger Neugierde wissen, wie das ist, das Schwangersein. Und zwar in all seinen Intimitäten und Details, seien sie auch noch so unappetitlich.

Die Gründe sind nicht besonders kompliziert: Irgendwann kommt bei uns der Moment, an dem wir uns Kinderkriegen nicht mehr wie Oma-mit-grauer-Dauerwelle-sein vorstellen, sondern wie einen ziemlich coolen, sinnstiftenden Move (also, mal abgesehen von all dem hässlichen Buggy-Funktions-Kram, den man dann kaufen und durch die Straßen schieben und in die Wohnung stellen muss). Das heißt gar nicht, dass wir sofort selbst damit loslegen wollen. Aber wir können uns prinzipiell damit identifizieren und sind deshalb neugierig. Und das ist ein sehr schönes, britzeliges, und vor allem extremst neues Gefühl. Denn davor waren schwangere Frauen entweder fremde, alte Frauen oder die eigene, alte Mutter, und erstens interessieren einen da die Details von Natur aus noch nicht so sehr, zweitens wären deren damals gesammelte Informationen heute vielleicht auch nicht mehr so relevant. Na gut, vielleicht schon, ein bisschen. Aber jetzt ist 2014 und jetzt ist unsere Zeit und wir wollen gefälligst alle News aus der aktuellsten Quelle, und die sind nun mal eben plötzlich Frauen in unserem Alter! Wow, krass!

Dieser von euch beklagte Reflex ist also nichts anderes als unsere ganz persönliche Schwangerschafts-Prophylaxe. Langweilig wird die deshalb nicht, weil wir auf alles vorbereitet sein wollen. Jeder Körper ist anders und je mehr wir über die abgefahrensten Körpermutationen des Schwangerseins mitkriegen, desto entspannter sind wir vielleicht, wenn es uns selbst widerfährt.

Es ist aber auch psychologisch eine gute Möglichkeit des langsamen Hineingroovens in unser Mutter-Feature. Im Gespräch mit einer Schwangeren können wir uns als Noch-Unbetroffene so richtig schön in dem Wissen suhlen, dass wir all das noch vor uns haben. Danach können wir an die Bar taumeln und entspannt vier brennende Schnäpse bestellen: runter mit dem flüssigen Gold, wir sind jung und unabhängig! Und dabei stoßen wir aber gar nicht primär auf diese Unabhängigkeit an, sondern vor allem darauf, dass uns das Beste noch bevor steht. Dass uns irgendwann der Moment, in dem wir eben nicht mehr vor der Entscheidung stehen, sondern die Entscheidung längst getroffen wurde, von einer Menge blöder Zweifel und Ängste befreit: Schluss mit dem blöden Soll-ich-soll-ich-nicht-Gelaber, die Sache ist durch!

Das ganze Quatschen über Schwangerbäuche ist also nichts als das Zelebrieren der Vorfreude, in jedem nur möglichen Sinne. Die Freude am Jungsein, die Freude am Älterwerden, die Lust, auf alle Ängste zu scheißen und alles auszuprobieren, was im Leben so drin ist.

So, Jungs. So ist das. Davon kann man nicht genug kriegen.

martina-holzapfl

AM TAG VOR DER SOMMERSZEITNACHT – Wie wir verwirren –

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AM TAG VOR DER SOMMERSZEITNACHT
– Wie wir verwirren –


Wir stehen auf der Uhr
Zertrampeln dabei Sekunden


Der Flur unseres ödlichen Seins
Angesichts von klapprigsten Stunden


Ist’s das Ganz-Weg-Fallen von ‘nem
Frechgezog’nen Kainsmal in genormter


Weltuntergangszeitlochdurchdeutung
(Stell sie vor! Stell dir vor! Stell dich vor!)


 


 




Manchmal

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Manchmal habe ich dieses Land so satt.

Ich habe es satt, dass auf jedem Quadratzentimeter Müll liegt. Ich habe es satt, dass vieles weder praktisch noch schön ist. Ich habe es satt, dass Fenster Luxus sind. Ich habe die schlechte Isolierung satt. Ich habe meinen Wohnblock satt, der aussieht wie aus besten UdSSR-Zeiten und ungefähr die gleiche Qualität aufweist. Ich habe das laute, nächtliche Brummen meines Kühlschranks satt, die monatlichen Stromausfälle, die ständigen Wartunsgarbeiten, die das Gebäude nur an der Grenze der Funktionstüchtigkeit halten, und die Möbelierung, die sich auflöst. Ich habe den schlecht sortierten und schmuddeligen Supermarkt satt, den öffentlichen Nahverkehr und die damit verbundenen horrenden Kosten. Ich habe es satt, für weniger als 300 km 1o Stunden mit dem Zug zu brauchen und dafür mehr als 200 Dollar zahlen zu müssen. Ich habe das us-and-them-Denken satt, ich habe lose Organisationsstrukturen satt, in denen jeder vor sich hinwurschtelt. Ich habe es satt, dass Unterhaltungen seicht sind und wenn sie über small talk hinausgehen, zu Lästerattacken werden. Ich habe pappiges Brot satt. Ich habe den ewigen, eiskalten Wind satt, der durch die schnurgraden Straßen pfeift. Ich habe mittelmäßige Kurse satt, in denen man ins Blaue hineinphilosophiert. Ich habe den langen und eisigen Winter satt. Ich habe die Lichtverschmutzung satt, die mich keinen einzigen Stern sehen lässt. Ich habe die Einstellung zu native Americans satt, die man öffentlich und mit Beifall äußern darf, während man ansonsten nie die Gesetze der political correctness missachten darf. Ich habe das scheinheilige und falsche Getue satt, das schon beim "How are you?" anfängt. Ich habe die golfplatzähnliche, künstliche Landschaft satt, die angelegt wurde ohne jedes Empfinden für Schönheit. Ich habe es satt, dass eine Inlands-Online-Überweisung zwei Wochen dauert und dass ich jedes ein- und ausgehende Telefonat bezahlen soll.

Ich habe es satt, in meinem Selbstmitleid zu baden.

Regen

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Dein Leben ist eine Wildwasserfahrt ins Nirgendwo. Du streckst deine Hand nach etwas Gutem aus, kannst es aber nicht greifen. Rauschst daran vorbei. Festgeklemmt in deinem Sitz. Und du resignierst.

Doch bin ich für dich da. Regen auf dürstendem Flussbett. Ich fülle deine Seele mit Hoffnung.

Ein heftiger Sandsturm reibt deinen Glauben dünn. Mit verkniffenen Augen stemmst du dich ihm entgegen, aber für jeden Schritt voraus schiebt er dich zwei Schritte zurück. Und du siehst schwarz.

Doch bin ich für dich da. Regen auf dürstender Wüste. Ich fülle deinen Blick mit Farbe.

Deine Eltern behandelten dich wie einen störenden Hund und setzten dich aus. Seitdem hechelst du Wärme und Geborgenheit hinterher, aber alle jagen dich davon. Den Schwanz zwischen die Hinterbeine geklemmt, betrachtest du das Glück der Anderen. Und du fühlst dich allein.

Doch bin ich für dich da. Regen auf dürstender Wiese. Ich fülle dein Herz mit Liebe.

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Das Ende des Seins

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Ich war kurz nach eins wieder zurück bei ihr, in der Baader Straße. Sie gab mir die Schlüssel für ihre Wohnung, den Briefkasten und die Fernbedienung für die Tiefgarage. Ich nahm etliche Sachen mit mir zu ihr, wie sie verlangte; in dem sie sagte: „Ab heute, ist meine Wohnung, unsere Wohnung, Elly Schatz…“


  Deshalb bin ich wieder mit dem Yeti zurückgefahren, weil ich schon Klamotten zum Umziehen dabei hatte, sowie mindesten weitere 10 kg an Kosmetik, Accessoires und Unterlagen. Als ich um halbzwölf ohne zu frühstücken wegfuhr, weil ich nicht fähig war, außer Orangensaft, etwas zu vertilgen, flüsterte mir zu, uns was gutes zu kochen, in dem sie mir mitteilte: „Ich weiß, ich sehe nicht so aus, wie eine typische Hausfrau, aber ich kann sogar kochen…“


  Mit der linken Hand in meinem Nacken, als Stütze, griff mein Gesicht an, in dem sie ihr Mund öffnete und zärtlich an meinen Lippen kaute und mit der langen Zunge, bis in meine Speiseröhre durchdringte, um mir das fabelhafte Gefühl zu vermitteln, wie es ist, wenn sie oral vorgeht und wie es sich anfühlt. Die andere Hand war unten, unter meinem Bauchnabel und sanft nach der manipulierbaren Härte forschte.


  „Was magst zum Lunch“, fragte sie, als ginge es um jederzeit erfüllbare Wünsche.


  Da ich, zu meiner Überraschung feststellen musste, dass ich zuletzt fast vor 24 Stunden etwas gegessen hatte und dennoch, noch keinen wölfischen Hunger verspürte, erwiderte ich, ihren Attacken ausgesetzt: „Eier mit Speck…“


  Sie lachte kehlig und drehte ihr Gesicht, um unsere Münder in einem anderen Winkel aneinander zu kleben. Sie sagte: „Ich werde dich überraschen…“


  Dieses Weib war ununterbrochen auf einem Überraschungstrip. Ich konnte da nicht mithalten. Ich war zu materiell, was die emotionellen Ereignisse angeht. Ich glaubte nicht an die Liebe auf den ersten Blick und ich glaubte nicht, an die verwandten Seelen oder die Liebe, die einen oder zwei, satt macht. Sie nahm auseinander meine Überzeugungen. Sie war das Rodeomädchen im wahrsten Sinne, das mich unter sich druckte und sich nicht abwerfen ließ. Ich schnappte nach der Luft und mir stockte der Atem, als ich unter ihr zusah, wie sie es tat.

Von einer Annäherung an das Leben

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Osnabrück ich hab dich gern! Dafür, dass ich nur acht Monate bleiben wollte, halten wir es jetzt schon vier Jahre miteinander aus!
Und ich muss sagen, ich hab dich und die Leute hier liebgewonnen. Man kann sagen, du bist mir in gewisser Weise ans Herz gewachsen.
Du hast mich einiges gelehrt, wir haben es nicht immer leicht gehabt. Der Start war holprig. Wir mussten sogar mehrmals miteinander neu beginnen.
Du schenktest mir schöne und nicht so schöne Erfahrungen und immer wieder zufällige, wunderbare und manchmal verrückte Begegnungen und neue, wichtige Freundschaften.
Du zeigtest mir, dass ich hinfallen muss, um wieder aufstehen zu können und dass ich aufstehen muss. Und das auch nicht nur einmal.
Manchmal hatte ich dabei das Gefühl, es geht nicht mehr tiefer. Aber es hatte dennoch seinen Sinn.
Denn nur wer das Dunkel kennt, weiß das Licht zu schätzen.
Oder war das am Ende gar kein Zufall und es musste so kommen?
Du zwangst mich weit über meine Grenzen hinaus zu gehen, weiter als jemals zuvor.
Du machtest mich damit stärker, stärker und zugleich schöner als jemals zuvor, auch wenn das schmerzhaft sein kann.
Hier zählte zum ersten Mal Ich, meine Person. Denn ich war allein, allein auf mich gestellt.
Alleinsein ist keineswegs schlimm und bedeutet nicht zugleich einsam.  
Ich lernte, ich zu sein und ich sein zu dürfen: Ich lernte mich kennen und akzeptieren und zu akzeptieren, dass es gut ist, so zu sein, wie ich bin. Mit allen Ecken und Kanten. Und dass da vielleicht noch viel mehr in mir ist, was ich noch erforschen muss, weil es sich (noch) nicht traut.
Ich hatte ungewollt die Zeit dazu, aber vielleicht war es dafür einfach an der Zeit und längst überfällig?
Dass du mich tanzen lehrst, dass ich wirklich und mit ganzem Herzen tanze. Dass ich beginne das Tanzen zu  entdecken, zu lieben, dass ich zulasse, dass mein Innerstes anfängt zu tanzen, und nicht nur meine Hülle. Dass das ich bin, und dass du ungeahnte Saiten zum Schwingen bringst, das hätte ich nicht erwartet  oder gar zu hoffen gewagt.
Dass du mir mal Zuhause wirst und ich mich hier wohl fühle, hätte ich nicht geglaubt.
Du brachtest mich dazu, mich mit Dingen zu beschäftigen, die mir fern waren.
Du brachtest mich dazu, mir etwas zu zutrauen, mir zu erlauben, mir etwas zuzutrauen, was ich mir selbst nie zugetraut hätte.
Du brachtest  mich dazu, meine Stärken zu entdecken und sie in Worte zu fassen.
Du brachtest mich dazu manch Schrecken der Erinnerung abzulegen, die Vergangenheit abzuhaken und mit alten Geschichten abzuschließen.
Du gabst mir Mut und Kraft, der zähe Wille war bereits da.
Du brachtest mir neuen Schwung und quasi neues Leben.
Wobei neu nicht immer gleichbedeutend sein muss mit besser. Aber hier fühle ich das Leben intensiv in allen Facetten. Hier bin ich lebendig.
Nur das mit dem Lieben, bis auf die Liebe zum Tanz, das hast du noch nicht geschafft. Aber alles geht nun auch nicht und muss auch nicht oder es braucht eben seine Zeit. Da haben wir in der Zukunft noch eine Übung vor uns.
Für alles andere, für die Grundschule des Lebens bin ich dir sehr dankbar. Es waren lehrreiche, harte und zugleich schöne Jahre und bis jetzt zählen sie trotz allem zu den besten in meinem knapp 30jährigen Leben!

Wir gehen zum Feiern in den Keller

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Der Fasching ist vorbei - aber was war eigentlich los in der Münchener Partyszene?


Am 22. Februar und 1. März 2014 fand das Faschingsevent für junge Leute in München statt. Das Biedersteiner Wohnheim organisierte wie jedes Jahr ihren Studentenfasching - gemeint ist der legendäre Kellerfasching, über den auch die Süddeutsche Zeitung berichtete.



"... Die Decken im Biedersteiner sind tief, die Räume und Gänge überfüllt. Wer sich an der Bar noch einen Schnaps für einen Euro kaufen will, muss sich an durchgeschwitzten Körpern vorbeischieben. Ins Gespräch kommen die Studenten dementsprechend schnell. Ein Matrose hält eine Marienkäferdame einfach am Träger fest und zieht sie zu sich. Zwischen Kennenlernen und Knutschen liegt oft nur eine Minute. Namen und Charakter sind unwichtig, auf das Kostüm kommt es an ..." - Süddeutsche Zeitung 02/2011



Genau deshalb haben wir das Thema Kostümierung am Biedersteiner Fasching mal näher betrachtet und einen Gast, der in teilnehmender Beobachtung das Treiben dort verfolgen konnte, befragt. Und für alle, die es versäumt haben, dieses Jahr am Münchener Faschingstreiben teilzunehmen oder sich ob des exzessiven Alkoholkonsums nicht mehr daran erinnern können, haben wir einen der drei DJs um einen Rückblick gebeten. Max Horn, 19, ist Student, lebt in Regensburg und ist dort als House-DJ stadtbekannt.





Max, wenn Du dich mit einem Faschingstypen identifizieren müsstest, welcher wärst Du? Das sexy Häschen, der übereifrige Kostümliebhaber, der Entertainer und Witzbold oder der Faschingsmuffel?


Max: "Ganz klar, das sexy Häschen!"


Alles klar... Hast du diese Faschingstypen denn auf dem Biedersteiner Kellerfasching überhaupt wiedererkannt?


Max: "Auf jeden Fall. Viele sexy Häschen und dazugehörige Abschlepper, aber auch einige Faschingsmuffel. Zum Beispiel Leute, die sich einen Müllsack übergezogen haben."


Wie sah denn eigentlich deine Verkleidung aus?


Max: (Lacht) "Ich war der Typ mit der Mülltüte. Eigentlich wollte ich aus unserem Fachschaftszimmer in Regensburg eine Fuchsmaske mitnehmen, aus Zeitmangel musste ich darauf leider verzichten und so blieb nur die spontante Lösung eine Mülltüte überzuwerfen. Ohne Verkleidung wäre ich vermutlich gar nicht reingekommen!" (Anm. d. Red.: Das sexy Häschen entpuppt sich wohl doch eher als Faschingsmuffel.)


Gab es keinen Einlass für unverkleidete Jecken?


Max: "Die achten da schon sehr darauf, dass die Verkleidungspflicht eingehalten wird. Was aber durchaus positiv ist, weil die unterschiedlichen Kostüme diesen Kellerfasching erst so besonders machen. Mit ist auch aufgefallen, dass einige Faschingsgänger ihr Verhalten der Kostümierung angepasst haben."


Inwiefern?


Max: "Naja, zum Beispiel gab's ein Pärchen, das als Rentnerpaar verkleidet war. Die beiden sind dann gebückt und hinkend durch die Meute gelaufen. Hinter den Perücken, der Schminke und Verkleidung hat man die eigentliche Identität gar nicht mehr erkennen können. Wo man hinsah, konnte man die verschiedensten Charaktere erblicken. Das löste bei einigen offenbar auch die Hemmschwelle. Die Leute können sich hinter ihrem Kostüm verstecken, nutzen es als Flirtmittel und deswegen gestaltet sich die Kontaktaufnahme gerade am Kellerfasching besonders einfach."


Wer jetzt Lust bekommen hat, ein Teil dieses Münchener Spektakels zu werden, keine Sorge, nächstes Jahr steigt dort wieder die bayernweit bekannte Kellersause. Aber nur wer eine der beliebten Eintrittskarten besitzt, dem wird Einlass gewährt. Also tragt euch jetzt schon mal dieses Event im Terminkalender ein, denn diese Party ist eine der wenigen, die in München von Studenten für Studenten organisiert wird und deswegen nicht nur mit musikalischer Vielfalt, sondern auch mit moderaten Preisen überzeugt.


Ein Abschlusssatz von dir, Max?


Max: "Es war großartig! Ich freue mich, dass ich an diesem Abend mitwirken konnte." 


 

Der Sonntag mit... Anna F., Musikerin

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Name: Anna F.
Geburtsort: Graz
Wohnort: Berlin
So erkläre ich meinen Job meiner Oma: So deppat is meine Oma auch wieder nicht
Mein Liebster Wochentag: meistens Freitag, aber der vergangene Dienstag hat mich ziemlich positiv überrascht und könnte neuer Anwärter werden.
Aktuelles Projekt: Mein neues Album "King in the mirror" ... Aktuell sitze ich grade am Flughafen und fliege gleich los, um das nächste Video zu drehen - wir sind nämlich so wahnsinnig, für jeden Song des Albums ein Video zu machen.

++++




11:00 Uhr: Zum ersten Mal ausschlafen seit Wochen, Monaten, ich möchte fast sagen, seit Jahren (so fühlt es sich zumindest an). Jedenfalls bin ich noch immer unfassbar müde. Wollte eigentlich ein Frühstück im Bett machen, nachdem ich aber außer einem angebissenen Mandel-Dings aus dem Zug vom Vortag nichts zu Hause finden konnte....





11:05 Uhr: ... und ich außerdem wieder mal beim Blick aus dem Fenster sauer wurde, dass meine Nachbarn eine Terrasse haben und ich nicht...





11:45 Uhr: Ich beschließe, meine Wohnung so schnell wie möglich zu verlassen und lande doch wieder mal nur in meinem Lieblingscafé. Meine beste Freundin kommt mit. Und da ich sowieso noch viel zu müde war und sie außerdem Fotografin ist, hat sie abgedrückt.
 




13:02 Uhr: Auf dem Rückweg treffe ich übrigens ihn. Ich wusste gar nicht, dass es auch Warnwesten für Hunde gibt.





13:22 Uhr: Auf dem Rückweg ist mir beinahe mein Gesicht eingefroren, aber ich schaffe es gerade noch rechtzeitig nach Hause. Will noch kurz die neuen Songs durchgehen (mit der hübschen Fender mustang aus den 60rn), bevor es in den Proberaum geht...




 
14:00 uhr: wie es so Tradition ist, beginnen wir mit einer Band-Yogastunde. Danach proben wir aber natürlich auch noch ein bisschen. Zwischendurch trinken wir heißes wasser und Filterkaffee.





16:18 Uhr: Auf dem Heimweg bin ich dann darüber gestolpert: Roter Faden hat sich im Baum verfangen - was sagt mir das? Hm, naja, ich muss schnell weiter, einen Freund besuchen an einem Seehäuschen ein bisschen außerhalb von berlin....





17:00 Uhr: Ohne Worte...
 




20:00 Uhr: Bin auch noch zum Essen mit meinem Produzenten Philipp verabredet. Hot Banditoz!! Good Night.

Der Uhrmacher

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Tick tack tick tack. Die Zeit schien ihn zu verfolgen, denn er war derjenige, der die Uhren herstellte um Sekunden, Minuten und Stunden zu messen. Um sie ständig zu besitzen. Für den Uhrmacher war die Zeit das einzig Wahre wonach man sich richten musste.


Er fand, dass die Uhren, die er herstellte, perfekt waren. Er setzte Tag für Tag jedes einzelne Teil zusammen. So kam er Stück für Stück seiner Perfektion näher.


Tick tack. Dieses Ticken war für ihn die Melodie des Lebens. Der Sinn und Zweck, weshalb er Tag für Tag Uhren zusammensetzte. Er liebte diesen ständigen Ablauf. Er konnte sich danach richten, hatte er doch genügend dieser Trophäen um sich herum, um festzustellen, wann er in seinem Leben welche Termine erledigen musste. Er klammerte sich so stark an seine Uhren und merkte nicht wie die Zeit, die er damit verschwendete neue Uhren zu bauen, verrann.


Der Inhalt, der sein Leben erfüllte, war die Zeit.


Selbst wenn Leute sein Geschäft betraten, was sehr selten geschah, hörte er nicht auf sich um seine Uhren zu kümmern, sodass die meisten seinen Laden stirnrunzelnd oder schimpfend wieder verließen. Er selbst fühlte sich nicht allein, schuf er doch jeden Tag eine Uhr. Somit war er Schöpfer von etwas, was ihm wichtig vorkam: Zeit messen und sich nach der Zeit richten.


Eines Tages jedoch betrat ein Mann mit Hut sein Geschäft. Er betrachtete die vielen Uhren und in dem Moment, als er die Größte berührte, blickte der Uhrmacher verärgert auf. Schließlich ging
ihm viel zu viel Zeit verloren, indem er sich mit dem Herrn beschäftigte. Der Mann mit Hut jedoch nahm den Zeiger der Uhr und drehte ihn um vierundzwanzig Stunden zurück und verließ wortlos das Geschäft.


Der Uhrmacher wollte die Zeit sofort wieder richtig einstellen, als er sich fragte worin die letzten Stunden seines Lebens bestanden hatten. Er blickte um sich und hörte das Klackern, Ticken und Surren seiner vielen Uhren.


Doch jetzt kam ihm die Zeit bedrohlich vor. Nicht einfühlsam und voller Geborgenheit. Bis in sein Rückenmark drangen die vielen Uhren und sie schienen ihn zu beschimpfen und in den Wahnsinn treiben zu wollen. Immer wieder hämmerten sie durch den ganzen Raum. Es nahm kein Ende. Der Uhrmacher ertrug es nicht länger. Schnell nahm er einen Hammer und zerschlug alle Uhren, die sich in seinem Laden fanden. Nicht eine einzige Uhr blieb tickend übrig.


Und so stand er vor den Scherben der unablässig laufenden Zeit.


Er blickte sich um und sah, dass von der ganzen Zeit, die er besitzen wollte, nicht eine Sekunde übrig geblieben war.


Wochenvorschau: So wird die KW 14

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Politisch interessiert mich
Am Mittwoch, Donnerstag und Freitag wollen die Lufthansa-Piloten streiken. Mich interessiert, ob sie etwas erreichen. Zumal die Piloten von der Lufthansa ja die sind, denen es am besten geht. Ich warte darauf, dass Leute aufbegehren, deren Arbeitsbedingungen schlechter sind: Frisöre zum Beispiel, Gebäudereiniger oder Piloten von Air-Berlin. 




Die Lufthansa-Piloten wollen streiken. Okay. Aber warum begehren nicht die auf, denen es noch schlechter geht?

Kinogang

Am Donnerstag läuft Nymphomaniac 2 an. Ich denke, ich werde ihn sehen, einfach weil die Lars-von-Trier-Filme schön verstören. Es soll jetzt mehr Charlotte Gainsbourg geben als im ersten Teil – und grausamer zugehen.   

Bildungsausflug
Um 1900 herum wurden Leute aus Samoa nach Europa gebracht, damit unsere Urgroßeltern sie anschauen konnten. “Völkerschau” hieß das. Darüber gibt es im Münchner Völkerkundemuseum eine Ausstellung. Schau ich mir mal an.  

Der wichtigste Tag der Woche

Donnerstag, da ist der erste Abend eines iranischen Underground-Filmfestivals in München. Und das läuft ab wie im Iran: Weil die Filme dort verboten wären, müssen sich Teilnehmer hier registrieren. Dann bekommen sie kurzfristig per SMS Bescheid, wann und an welchem verborgenen Ort sie Filme junger iranischer Filmemacher sehen können.  

Wochenlektüre
Weil ich vergangene Woche krank war und ganz schlapp, bin ich tagelang nur rumgelegen und habe Romane gelesen. Bis ich mich wie eine alte Bücherei-Dame fühlte. Jetzt bin ich stark, superfit und vertrage wieder mehr. Ein Buch, das wegen der vielen italienischen Namen hart fürs Hirn ist und wegen der vielen Halsabschneider mindestens ebenso gnadenlos fürs Herz: “Zero, Zero, Zero” von Roberto Saviano. Der Schriftsteller erklärt darin, warum nicht Gott, Obama oder Google die Welt regieren, sondern Koks.  

Geht gar nicht
Am Montagabend zu Hause bleiben  

Geht gut
Stattdessen zum Peggy Sue-Konzert ins Münchner Feierwerk.
http://www.youtube.com/watch?v=WbpKWS29dXE 

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Spektralfarben (Arbeitstitel)

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Montags um 05:00 sagen die Menschen einander Guten Morgen.


Das ist wahrscheinlich die netteste Stunde am Tag“, schließt Muri seine Ausführungen über das überraschend positiv ausfallende Sozialverhalten von Kleinstadtmenschen zu unmöglichen Uhrzeiten mit seinem Postzahnspangenhonigkuchenpferdgrinsen und lässt unser Diebesgut fallen. Es scheppert, ich blicke zurück, ich sehe: Mu, dessen, im Dunst der Straßenlaterne und des allmorgendlichen Februarnebels gold umschimmerte, lange, dünne, storchenhafte Silouhette sich um eine metallene Scheibe zwirbelt, die ihrerseits silbrig leuchtend eine Pirouette um Ms rechten Fuß zu drehen beginnt, und frage mich, wer hier wen vorm Aufprall schützt. Jetzt haben wir also ein Schild geklaut. Ein blaues. Eines, das Radmenschen und Fußmenschen gleichzeitig Berechtigung einräumt und ihnen einen ganz eigenen Bereich vorgibt. Einen ganz eigenen. Ganz für sich allein. Einen farblich definierten, einen Raum, in dem der Fußmensch dann zum Beispiel ein Rad schlagen oder der Radmensch zum Beispiel ein Fuß drehen kann. Wir finden das gut. Wir nennen das Freiheit. Mus Silouhette hat sich aus dem fantastischen Schilder-Duett gelöst und ist nun mit ihm auf die Parkbank geklettert, an die unser Schild bis eben noch gelehnt war und hält es in die Höhe als wäre es die Meisterschale. „GUCKT MAL!“ brüllt er den hellgelben Wänden des Altersheim entgegen, durch dessen von Kirschblütenbäumen und grünen Bänken gesäumten Hof wir uns gerade schleichen und er sieht so ein bisschen aus wie eine Schildkröte, die ihren Kopf an ihrem sehr langen, faltigen Hals aus ihrem Panzerhaus streckt. „GUCKT MAL! DAS NENNEN WIR FREIHEIT!“ Und dann dreht er sich zu mir und kommt näher und bückt sich und ich liebe das, liebe diese Wut, liebe diesen Schelm und er sieht mich an und ich kann alle seine Zähne zählen und er sagt: „Guck mal, man muss sich entscheiden!“ ruft er mir jetzt fast euphorisch zu, mir gefällt das, diese kindliche Freude an unglaublich unnützen Dingen, die es gibt, weil wir alles verabscheuen, was wirklich nützlich wäre. Weil wir Angst haben uns mit diesen Dingen zu beschäftigen, weil wir dann wirklich mal gucken müssten, was wichtig wäre, für uns und unser Herz. „Wenn Sie einem Durchschnittsmenschen seine Lebenslüge rauben, dann nehmen Sie ihm gleichzeitig sein Glück.“ Muri lächelt, er weiß genau, dass das Ibsen ist, ich möchte sagen: „Ich liebe dich“ aber ich lasse die Wörter in meinem hübschen Kopf und deute auf die Zeichnung, die als Träger für den Inhalt Radweg herhalten muss. „Wozwischen?“ frage ich skeptisch. „Freiheit oder-“ mein Blick wandert das Schild empor: „Mutter mit Kind?“ Und Muri nickt ganz aufgeregt und ich sage „Ach, fick dich.“


.irgendwiegehtesnochweiter.

24.-30. März: Käsekuchen +2, Fahrrad -1

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Die letzte Woche mit dem Praktikanten, der ausgiebig gelobt, beschenkt und gefeiert wird. Das Café, in dem wir uns von ihm verabschieden, serviert uns außerdem einen Käsekuchen, der alle Versuche, selbst welchen zu backen, zwar nicht absurd, aber doch schwach aussehen lässt. Man möchte ihn wirklich in Zeitlupe essen. Am Samstag gibt es gleich nochmal Käsekuchen, da die neuen Nachbarn zum Kennenlernkaffee eingeladen haben. Sie sind unter dreißig, was die Hausveteranin dazu ermuntert, sich gleich einmal darüber zu freuen, dass auf jedem Stockwerk, auf dem jetzt „junge Leute“ wohnen, auch ein „erfahrener Mieter“ vorhanden ist. Ob sie sich wohl Sorgen macht, dass die Jugend den Herd nicht richtig ausschaltet? Ansonsten wird herzhaft auf den an sich sehr korrekten Vermieter geschimpft, und die Beschaffenheiten der an sich ja identischen Wohnungen werden verglichen. Habt ihr nicht auch dieses Laminat? Gibt es bei euch auch so eine Spalte in der Küche?


Ich trage zum Gespräch vor allem bei, dass mein Fahrrad in der Nacht zuvor aus dem Vorgarten entwendet wurde. Ich weiß, Fahrraddiebstahl ist ein notwendiges Übel im Leben des Städters, das nicht mal die Polizei besonders interessiert, aber ich ärgere mich doch sehr, denn es war bis dato mein bestes und liebstes. Wie gut, dass ich am Freitag nicht noch das durchgebrannte Vorderlichtbirnchen ersetzt hab. Ich stelle also grummelnd Strafanzeige gegen Unbekannt und bereite mich schon mal drauf vor, nach dem bevorstehenden Urlaub ein neues Rad zu kaufen. Am Sonntagmorgen muss ich auf dem viel zu großen Fahrrad meines Liebsten zum Tierheim fahren oder besser wackeln, was nun wirklich kein Spaß ist.


Auch kein Spaß: mein spontaner Friseurbesuch am Wochenende. Die Friseurin ist zwar sehr nett, versteht mich aber nur zur Hälfte und macht nach diversem Hin und Her mit Fotos etc. (dabei wollte ich nur denselben Schnitt wie immer) das, was ihr richtig erscheint. Es wird vor allem kurz und abgehackt, und sie sagt halb stolz, halb zweifelnd „Jetzt sehen Sie aus wie ein kleines Mädchen“ (sic). Zum Ausgleich fragt sie mich schnell, wie alt ich sei, und behauptet, sie hätte mich ja zehn Jahre jünger geschätzt. Ich gebe ihr trotzdem Trinkgeld und lasse mir noch einige Tipps zum Umgang mit trockenem Haar geben, das ich im Gegensatz zu ihr, die struppig blondierte Dauerwelle trägt, gar nicht habe. Föhnen sei wichtig, bei dieser Kälte (18°). Ah ja.


Am Freitagabend gibt es immerhin ein nettes Treffen mit einem ehemaligen Kollegen vor dem Hintergrund eines Chorkonzerts, das erfrischender und spannender wird, als ich dachte. Es wird sogar ein hübsches Protestlied aus dem 17. Jahrhundert gesungen. Mein ehemaliger Kollege und seine Freundin spielen derzeit Akademikerschach auf der Deutschlandkarte und sind entsprechend frustriert – will heißen, sie bemühen sich seit Jahren, ihre nicht besonders langfristigen Jobs einigermaßen geografisch aneinander anzunähern. Zwar wechseln beide regelmäßig den Ort, näher aneinander wohnen sie jedoch immer noch nicht. Solche Geschichten erinnern mich immer daran, was für ein irres Glück ich bisher gehabt habe. Mein Liebster und ich haben jetzt einen gemeinsamen Balkon, und auch der Sonnenschein reicht für zwei.

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