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"Wir Helfer sind hier heillos überfordert"

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Alexander Baulesch, 30, ist Musiker aus Wien. Am Mittwochmorgen packten er und ein Dutzend weiterer Helfer ihre Privatautos voll mit Zelten, Isomatten und Medizin und fuhren von Österreich aus ins ungarische Röszke, um den Flüchtlingen dort zu helfen. Der kleine Ort an der ungarisch-serbischen Grenze ist das Nadelöhr für Tausende Flüchtlinge, um in ein EU-Land zu kommen. Die ungarische Regierung ließ dort in den vergangenen Wochen einen sehr umstrittenen Zaun mit Stacheldraht errichte -  doch die verzweifelten Menschen lassen sich davon nicht abhalten. 
 
jetzt.de: Wie sieht die Situation in Röszke aus?
Alexander Baulesch:Übel, sehr übel. Es regnet, es ist matschig, es hat acht Grad, ständig kommen noch mehr Flüchtlinge. Gestern Abend ließ die Polizei 200 Menschen von der Grenze in Richtung Zeltstadt gehen. Und sagte zu uns nur: Bereitet euch darauf vor. Die Regierung unternimmt nichts, stellt keine Zelte, keine Unterkünfte, keine Medizin. Die Flüchtlinge kommen teilweise in Flipflops über die Grenzen. Wir Helfer hier sind heillos überfordert. In der Nacht kamen noch mal mehr als1000 Menschen. Es ist eine Katastrophe.



 


Wie geht es den Flüchtlingen?
Viele sind krank. Die Menschen sind schon ewig unterwegs. Keine Ahnung, wo sie in Serbien geschlafen haben. Vielleicht einfach unter freiem Himmel. Menschen versuchen über den Stacheldraht drüberzukommen, ein paar steigen durch den Fluss in der Nähe und laufen dann mit nassen Klamotten weiter. Mittlerweile soll es ein paar Kilometer von Röszke entfernt einen zweiten Ort geben, wo die Menschen über die Grenze kommen. Da müssen wir auch noch hin.

Wo werden die Menschen untergebracht?
Am Anfang gab es hier an der Grenze nur ein einziges Zelt, das Sanitätszelt. Die Menschen schliefen auf Feldern. In den vergangenen Tagen hat eine ungarische Organisation eine kleine Zeltstadt aufgebaut. Doch viele von den Zelten sind mittlerweile komplett durchnässt. Wie viele Flüchtlinge dort Schutz suchen, kann ich nicht schätzen. Vielleicht Hunderte, vielleicht Tausende. Gestern ist dort ein Baby zur Welt gekommen. Es ist absolutes Chaos. Von Seiten der Polizei heißt es, dass am Wochenende noch mehr Flüchtlinge kommen sollen. 



                                                        Alexander Baulesch. 

Wie viele Helfer gibt es an der Grenze?
Alles in allem? Im Moment vielleicht 50. Seit der vergangenen Woche sind ständig freiwillige Helfer hier, aus ganz Europa werden Jacken, Zelte und Medizin hergekarrt. Das meiste davon privat organisiert, über Facebook. Deutsche sind hier, Tschechen, ein Konvoi aus England ist gerade mit sieben Wagen unterwegs. Schweizer sind da, viele Serben kommen und helfen. Und auch viele Ungarn.

Wie reagieren die Flüchtlinge auf die Helfer?
Sehr gut. Die sind so froh, dass sich jemand um sie kümmert. Die Menschen fallen den Helfern immer wieder um den Hals. Manche Flüchtlinge helfen uns beim Verteilen und Aufräumen. Wenn du mit den Säcken voller Kleidung und Medizin zu den Zelten gehst, kommst du nicht mal bis zu der Stelle, wo das alles verteilt werden soll.
 
Was benötigt ihr noch?
Die Uno. Irgendeine Art von Regierung, die sich berufen fühlt, etwas zu tun. Wir bräuchten Hunderte von Leuten, die hier helfen. Hier sind so viele Flüchtlinge. Und warme Sachen, Isomatten. Zelte. Teilweise kommen hier Sachen an, die sicherlich lieb gemeint sind, aber völlig unbrauchbar sind: Stöckelschuhe, ganz dünne Klamotten, dünne schicke, Hemden. 
 
Hattet ihr Schwierigkeiten mit der ungarischen Polizei?
Am Anfang gab es Schwierigkeiten, die Polizisten dachten sich, da kommen Demonstranten, Krawallmacher. Die Polizei ist schlecht organisiert und genauso überfordert wie wir.  Manche stehen da auch 36 Stunden am Stück und gehen dementsprechend auf dem Zahnfleisch. Hin und wieder riegeln sie mal kurz ab. Dann kommt man nicht zu den Zelten. Im Großen und Ganzen lassen sie uns aber machen.
 
Wo kommen die Helfer eigentlich unter?
Manche schlafen im Lager, manche im Auto. Es ist eine schwierige Situation, das Elend der Menschen zu sehen,  wie sie in den Zelten im Nirgendwo schlafen. Und selber kann man in den nächsten Ort fahren und dort im Hotel schlafen. 
 
 
 
 


Gesunde Farben zum Trinken

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Es gibt Hypes, die man sich nicht so recht erklären kann. Darüber kann man sich dann wundern oder man kann drüber lachen oder sie mit einem ironischen Kommentar in die Timeline posten.

Und manchmal geht dann jemand her und verheirat zwei solche Trends miteinander, woraufhin Fans der frisch vermählten Trends Luftsprünge machen und alle anderen sich noch mehr wundern und lachen und ironisch posten können.

Das Ergebnis einer solche Trendhochzeit wird gerade durchs Netz gereicht: die Pantone-Smoothie-Hochzeit. Zur Erinnerung: Der Pantone-Trend (hier haben wir den schon mal genauer beleuchtet) bestand und besteht darin, dass viele (Hipster-)Menschen sehr viel Spaß daran haben, alle möglichen Dinge nach dem berühmten Farbsystem zu sortieren, von Merkels Blazern bis Superheldenkostümen.

Die schwedische Designerin Hedvig Astrom Kushner hat das Farbenspiel jetzt mit dem „Wir trinken alle überteuerte, aber sehr gesunde Smoothies“-Trend zusammengebracht. Sie hat Rezepte zusammengestellt, mit denen man ganz genau den gewünschten Farbton in sein Obst-Gemüse-Mischmasch bekommt. Für den Pantone-Ton 200U braucht man zum Beispiel je eine halbe Tasse rote Beete, Erd- und Himbeeren, je einen Teelöffel Limettensaft und Kokosöl.
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Für Farbton 148, ein blasses Orange, nimmt man gefürfelte Papaya, eine halbe Tasse Sojamilch, eine drittel Tasse Orangensaft, Limettensaft und Honig.
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Wären wir ein Foodblog, würden wir jetzt schreiben: „Lecker, und sieht auch noch total toll aus!“. Sind wir aber nicht. Und holen uns ein Spezi aus dem Automaten. Und googeln nicht mal, ob dessen Pantone-Farbton auch schon mal jemand bestimmt hat.

christian-helten

Mädchen, was habt ihr für ein Problem mit unseren Füßen?

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Die Jungsfrage:

Die Barfußzeit ist vorbei. Sie war sehr lang, es war ja Supersommerjahr und es gab nicht viele Tage, an denen man frieren musste an den Füßen. Es gab also viele Gelegenheiten, den Eindruck zu festigen, den ich schon seit einer Weile habe: Ihr habt ein Problem mit unseren Füßen.

Dass Jungsfüße für euch nicht die Hauptattraktion unserer Körper sind, wissen wir schon länger. Wir können uns nicht daran erinnern, jemals ein Mädchen dabei ertappt zu haben, wie es von den Füßen eines Jungen schwärmt. Uns ist klar, dass wir damit keine nennenswerten Punktgewinne bei euch erzielen können. Unter anderem deshalb schenken wir unseren Füßen auch selbst keine große Beachtung (Das habe ich hier schon mal ausführlicher erklärt).





Woran wir uns allerdings gut erinnern können: an Mädchen, die sich über Jungsfüße äußern, als handele es sich dabei um eine Belästigung. An Mädchen, die einander in „Jetzt ist der Sommer wirklich vorbei“-Gesprächen mit dem Argument trösten, dass man nun wenigstens endlich nicht mehr all diese grauenvollen männlichen Zehen sehen müsse. Mädchen, die in Bettsituationen Wert darauf legen, dass kein entblößter Jungsfuß ihren Blick kreuzt.

Und spätestens da werden wir dann schon stutzig ob der negativen Macht unserer Füße. Sind die wirklich sooo schlimm? Oder übertreibt ihr da nur? Und was genau ist eigentlich da Problem. Geht’s alleine um die Optik? Spielen unsere Hygienestandards eine Rolle? Machen wir irgendwas ganz anderes grundlegend falsch? Gibt es einen Mythos, den wir nicht kennen? Eine geheime Fußgruselgeschichte, die von Mädchengeneration zu Mädchengeneration weitergegeben wird, ohne dass wir davon je etwas mitbekommen hätten? Mädchen: Was habt ihr für ein Problem mit unseren Füßen?

>>> die Mädchenantwort von nadja-schlueter:
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Die Mädchenantwort:






Jaaa, aber klar gibt es eine Fußgruselgeschichte, die man sich unter Mädchen erzählt! Verrückt, dass ihr das wirklich noch nie mitbekommen habt! Sie beginnt in einem dunklen Wald, in dem ein einsames Mädchen plötzlich auf einen nackten, abgetrennten Fuß...

Okay, nee, stimmt gar nicht. Auch, wenn ich Lust hätte, mir jetzt eine Fußgruselgeschichte auszudenken. Stattdessen muss ich aber wohl kurz erklären, was da immer schiefläuft, zwischen uns und dem Keller eures Körpers.

Die Antwort ist, glaube ich, erst mal recht leicht: Füße sind generell nicht das Schönste, was die Natur an unsere Körper geschraubt hat. Aber eure Füße, liebe Jungs, sind, wenn wir mal ganz, ganz ehrlich sind, einfach hässlich. Hässlicher als Frauenfüße, hässlicher als Affenfüße, hässlicher als Hobbitfüße. Sorry, aber ist halt so! Sie sind meistens ziemlich breit und ziemlich platt und aderig und auf den Zehen sind Haare, also, mindestens da, vielleicht auch noch überall sonst. Und dann kommt hinzu, dass sie oft relativ groß sind, was bedeutet, dass alles, was ja eh schon nicht so schön ist auch noch besonders gut ausgeprägt und auf den ersten Blick erkennbar ist. Die Nägel zum Beispiel. So einen großen Männerzeh, den bedeckt ja in vielen Fällen die größtdenkbare Fläche an Zehennagel, die es auf der Erde gibt. Bisschen viel horniges Gewulst auf einmal, wenn ihr uns fragt.

So viel dazu. Aber damit es hier noch ein bisschen deeper wird, hier noch zwei weitere Aspekte:

1. Die Urwüchsigkeit. Unser Fußgrusel hat auch ein bisschen mit dem zu tun, was ihr uns schon mal erklärt habt: dass ihr euch nicht arg um Pediküre schert. Eure Füße sind für euch quasi Gebrauchsgegenstände. Und damit sind sie (mittlerweile) wohl so ziemlich das einzige Körperteil, um das ihr euch keine Gedanken macht. Ihr frisiert euch, ihr rasiert euch oder pflegt euren Bart, ihr feilt eure Fingernägel, ihr wollt nicht zu viel Bauch haben und einen gut geformten Po, ihr joggt für feste Waden und so weiter. Aber die Füße? Wurscht. Und das Ding ist gar nicht unbedingt, dass sie deswegen nicht schön sind (denn das sind sie ja eh nicht, s.o.), sondern dass das so was Urwüchsiges hat. An den Füßen, da seid ihr noch eure Vorfahren. Da seid ihr noch Menschenaffen. Und dieses Urwüchsige, das erschreckt uns immer ein bisschen. Es ist irgendwie vulgär, ein Stück ungefilterter Mensch, eine Erinnerung daran, wie ihr wohl aussehen würdet (und wie auch wir aussehen würden), wenn ihr euch jetzt mal so richtig gehen lassen würdet (oder wir uns). Und wie ihr dann sonst so drauf wärt (oder wir), also im Kopf und im Handeln und so. Spooky! Kann man ziemlich gute Gruselgeschichten draus machen, aus der Vorstellung!

2. Der Beweis, dass es nie perfekt ist. Denn diese urwüchisgen Füße sind meistens das Letzte, was wir von eurem Körper sehen, wenn wir uns auf eine distanzlose Ebene mit euch begeben. Alles andere haben wir dann schon für gut befunden, obenrum seid ihr gut, die Mitte mögen wir auch, euer Inneres eh – und dann plötzlich: huch! Der Fuß! Der geht mal gar nicht! Und das holt uns schön auf den Boden der Tatsachen zurück, weil uns der Fuß vor Augen führt, dass es immer etwas geben wird, das wir nicht mögen, dass es an jedem Körper etwas gibt, was nicht so dolle ist, an euren wie an unseren. Der Männerfuß ist das Sinnbild für alle Unzulänglichkeiten, die Körper so mit sich bringen.

Aber, und das sollte zum Schluss dann doch noch gesagt werden: Wir mögen ein Problem mit euren Füßen haben. Aber es ist nicht so groß, dass wir sie uns wegwünschen. Wir sind ja froh, dass ihr sie habt, und sie den gepflegten, hübschen Rest von euch durch die Welt transportieren. Also tragt Flip-Flops oder geht barfuß, so viel ihr wollt. Wir müssen ja nicht hinschauen.

Lass dir vorlesen

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Meistens schreiben wir hier ja nur. Ganz manchmal aber lesen wir auch vor. Zuletzt auf unseren Kneipenabenden im Münchner Heppel&Ettlich. Jetzt allerdings steht die Nacht der Autoren der Süddeutschen Zeitung endlich wieder an (die dieses Jahr übrigens besonders groß gefeiert wird, weil die Süddeutsche Zeitung nämlich ihr 70. Jubiläum feiert!) und da dürfen wir natürlich nicht fehlen.

Heißt: Morgen Abend, am 12. September, sitzen wir um 20.30 Uhr im Café Luitpold in der Brienner Straße 11 auf der Bühne und lesen das Beste aus dem jetzt.de der letzten Monate. Was an den sechs Veranstaltungsorten der Lesenacht in der Münchner Innenstadt noch so alles los ist, kann man sich hier ansehen.

Kommt zahlreich, wir freuen uns.

Wir haben verstanden: KW 37

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  • Macht immer besonders viel Spaß: alte Freunde in neuen Wohnungen besuchen.

  • Kinder, die grade sprechen lernen, sind gleichzeitig unfassbar süß und sehr faszinierend.

  • Wer ein Sofa hat, braucht auch eine Leselampe. 






  • Wenn man mal an einem Werktagabend ganz alleine daheim ist und sich still hinsetzt und ins Haus lauscht – Donnerwetter, was man da alles hört!

  • Freunde sind Menschen, die es dir gönnen, wenn es dir gut geht.

  • Horst, Hans und Otto müssen sich nur noch ein paar Jahre gedulden. Dann können sie mit "Klappe, du Leon!" zurückschlagen. Vielleicht.

  • Eine der größten Enttäuschungen, die der Mensch erleben kann: in einen Apfel beißen und feststellen, dass er mehlig ist.

  • In Dänemark gibt es Backpapier, das man abwaschen und jahrelang benutzen kann.

  • Ein gutes Sofa ist so breit, dass keiner beim Fernsehgucken in der Löffelchenstellung runterfällt.

  • "Armageddon" war der Tod von "Deep Impact".

  • Sido ist jetzt endgültig der Marius Müller-Westernhagen des Deutschrap.

  • Egal was ihr sagt: Bahnhöfe sehen alle genau gleich aus. Immer!

  • Egal, was ihr denkt: Die Snooze-Funktion ist nicht unser Freund. Nie!

  • Bester Reim der Woche: „Take it easy, take it slow / Oh!“

  • Findet man auf dem neuen Ben-Folds-Album, das man sich natürlich dringend anhören sollte. Song: „Phone in a Pool“

  • Die Zeit für heiße Schokolade hat vor zwei Tagen begonnen.

  • Wenn man schlafen will, sollte man den Laptop nicht neben das Bett stellen.

  • Viele Erwachsene denken, "Gothic Novel" und "Graphic Novel" seien das Gleiche.

  • Viele junge Menschen denken aber auch, Club Mate sei ein Eistee (ja, wir wissen, dass es da auch eine Eisteesorte gibt, die meinen wir aber verdammt nochmal nicht).

  • Youtube ist keine Plattform für Videos, sondern eine Sucht. 

  • Die jetzt-Redaktion kann nicht nur schreiben - sondern auch lesen

Endlich: Das Stinkefinger-Emoji kommt!

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Was haben ein Einhorn, eine Champagner-Flasche, ein Federball-Set und Tacos gemeinsam? Sie alle sind im neuen Emoji-Zeichensatz enthalten, der, so meldet Thenextweb.com, demnächst auch auf Apple-Geräten verfügbar sein wird. Und sie alle haben wir uns, naja, sagen wir mal, eher nicht so dringend gewünscht.

Oft gewünscht haben wir uns allerdings diese Zeichen hier:





Und ja, die gibt es dann in Zukunft auch. Wann genau, ist noch nicht bekannt. Voraussichtlich aber mit dem Release der nächsten Software-Version iOS 9.1, die laut Netzgerüchten im November kommen könnte.

christian-helten

Wochenvorschau: Lesen und Katastrophen!

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Wichtigster Tag: Für mich der Mittwoch. Denn da lese ich im Rahmen des Internationalen Literaturfestival Berlin bei der Veranstaltung„New German Voices“ aus meinem Buch vor. Mit dabei ist auch noch der Autor Jakob Nolte.

Kulturelles Highlight: Auf dem Internationalen Literaturfestival finden natürlich noch sehr viele andere Veranstaltungen statt. Ich würd mir zum Beispiel gern noch den Vortrag von Stefan Zweifel über Vergangenheit und Zukunft des Dadaismus ansehen. Und für alle, die in München sind: Die Evelyn Hofer Ausstellung in der Villa Stuck geht nur noch bis zum 20. September.

Kino: Jetzt suche ich seit Ewigkeiten einen Trailer zu High Rise, ein Film, der auf dem gleichnamigen Buch von J. G. Ballard aus dem Jahr 1975 basiert und von dem eskalierenden Sozialleben in einer Art Gated Community in einem Luxus-Wohnhochhaus Londons erzählt. Bin ich voll scharf drauf, weil Thema eh super, und Besetzung halt auch: Jeremy Irons, Elisabeth Moss, Sienna Miller etc. Finde aber nix. Und jetzt weiß ich auch, wieso. Der erscheint gar nicht im September 2015, sondern 2016. Hab mich irgendwo verlesen. Aber irgendwie auch ein bisschen magisch, sich auf einen Film zu freuen, der erst in einem Jahr erscheint.

Was bleibt an Alternativen? Fack ju Göhte 2 ja wohl nicht, da wird mir schon beim Filmplakat schlecht. Everest vielleicht? Cheesy Katastrophenfilme gehen natürlich immer, spektakuläre Kamerafahrten übers Hochgebirge auch, Jake Gyllenhal auch – na gut.

http://www.youtube.com/watch?v=fCeSMww0A8g

Soundtrack: Vor ein paar Tagen hat mir jemand über Ohrstöpsel Yasmine Hamdam gezeigt, in der U-Bahn, nur so zwischendurch und ich war sofort drin. Sofort auf Reisen.

http://www.youtube.com/watch?v=TylWetspLXg 

Wochenlektüre: Ich les mal wieder sieben Bücher gleichzeitig und keins richtig, und erst recht kein neues, deshalb habe ich für ein etwas knackigeres Ergebnis mal kurz ne Umfrage in der Redaktion gemacht. Nadja ist zur Zeit Knausgaard-Fan (Sterben), und Jakob liest den neuen Franzen (Unschuld) und sagt jetzt schon: Wahnsinn! Unbedingte Empfehlung. Und das sogar, obwohl es sein allererstes Franzen-Buch ist. Gebe ich mal so weiter.

Geht gut diese Woche: Sich Zeit nehmen und helfen, wo Hilfe gebraucht wird. Für München erfährt man das am besten auf der Facebookseite von Münchenistbunt, auf dem Twitteraccount von Münchenhilft und auf dem Twitterkanal der Polizei München.

Geht schlecht: Sich richtig anziehen. Nach soviel Sommer steht man plötzlich so unbeholfen vor dem Schrank, als hätte man es noch nie zuvor mit Temperaturen unter 23 Grad zu tun gehabt.

Die Freundschaftsverträge

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Richtig gute Freundschaften erkennt man daran, dass sie Verträge enthalten. Kleine Abmachungen oder große Schwüre. Pragmatisches oder Größenwahnsinniges. Versprechen, den anderen zu retten, wenn es mal schlimm wird. Gemeinsame Rituale, ohne die die Freundschaft nicht mehr existieren könnte. Pläne, die weit in die Zukunft geträumt sind und der Freundschaft eine immer mitschwebende Vision geben, selbst wenn sie nie umgesetzt werden. Solche Verträge sind Zeichen, dass zwei Menschen einander wichtig sind.



Der Handyschwur mit Blut



Fast wäre der Blutschwur an seinem finalen Schritt gescheitert: dem Blut. Wir hatten feierlich eine Flasche Erdbeersekt hinter der Tankstelle geleert, geweint und den Freundschaftsvertrag auf der Rückseite eines Mathe-Arbeitsblattes aufgeschrieben. Und nun: gaben unsere Taschen nichts her, was sich auch annähernd zur Blutgewinnung eignete.
Meine beste Freundin und ich waren damals 17 und wir wollten uns schwören, dass wir immer, immer, egal in welcher Situation wir gerade stecken, ans Handy gehen, wenn der andere anruft. Egal mit wem wir gerade im Bett sind, wie viele Jahre seit dem Schwur vergangen und ob wir gerade stocksauer aufeinander sind. Dieser Schwur basierte lose auf einem Zitat aus „Der Teufel trägt Prada“, der zu diesem Zeitpunkt gerade in die Kinos kam. Darin gibt Alex, der Freund der Protagonisten, seine Definition einer Beziehung: „The person whose calls you always take? That’s the relationship you’re in.“ Mit unserem Telefon-Schwur wollten wir uns versichern, die wichtigsten Personen füreinander zu sein. Wir fingen damals gerade an mit Jungs und Sex. Und hatten beide Angst, dass Beziehungen zu Männern unsere Freundschaft überschatten werden.
Zum Glück ließ sich der Tankstellen-Verkäufer dann doch noch für fünf Minuten sein Brotmesser abschwatzen, mit dem er sonst die Butterbrezen aufschnitt. Den Vertrag versiegelten wir mit einem blutigen Daumen und vermischten dann unser Blut.
Der Schwur gilt bis heute. Nur, dass wir jetzt aus Rücksicht eher SMS schreiben. Er hat uns tatsächlich näher zusammen gebracht. Vor allem, als wir Jahre später sehr intensive Minuten voller Paranoia miteinander verbrachten, als wir auf die Ergebnisse unserer HIV-Tests warteten.

pauline-achtermann
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Die Patentante



Wenn ich bei Kathi übernachtete, schlief ich immer auf der Galerie. Nach ungefähr 20 Sprossen lag man oben, knapp unter dem Dach, zusammen mit den Kuscheltieren, die sie eigentlich nicht mehr brauchte, aber auch nicht wegwerfen konnte. Außer das abgenagte Lieblingskuscheltier. Das schlief bei ihr unten im Bett.
Auf der Galerie war Platz für alle Träume, die wir so hatten: nach New York zu reisen, Ärztin und Schriftstellerin zu werden und viele Kinder zu haben, die genauso gut befreundet sein würden wie wir. Mit 14 versprachen wir uns in die Dunkelheit hinein , dass die erste von uns, die ein Baby haben würde, die andere zur Patentante ernennen würde.
In New York waren wir zwei dann tatsächlich nach dem Abi, aber schon unsere Studienpläne führten uns an verschiedene Orte. Und die vielen Kinder? Großes Bindungsangst-Zweitstudium-Wirtschaftskrisen-GenerationY-Urgs!
Letztes Jahr im Juli schrieb ich Kathi eine SMS: „Bin in München. Treffen und News austauschen? Lg“ Sie schenkte mir eine Minipflanze. So könnte ich schon mal üben, mich um etwas ganz Kleines zu kümmern! Ich war ganz baff. Ich hatte noch gar nicht erzählt, dass ich Mama werde. Da hatte meine beste Freundin mal wieder zwischen den Zeilen gelesen.
Letzten Monat haben wir das Versprechen eingelöst. Nach der Taufe haben wir bei Sonne und 39 Grad im Garten gegrillt. Kathi hat die Taufkerze gebastelt – und das erste Geschenk war natürlich: ein Lieblingskuscheltier zum Abnagen.

nadine-gottmann
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Der Lieblingssong am 13. jedes Monats



Yamuna und ich lernten uns mit sechs Jahren beim Flamenco kennen. Irgendwann löste sich die Gruppe auf und wir verloren uns aus den Augen – bis wir uns nach Jahren zufällig in der Schule im selben Spanischkurs wieder trafen. Die ganze Oberstufe hindurch waren wir uns sehr nah. Wir kochten uns Tee und hörten einander stundenlang zu, wenn es einer nicht gut ging. Wir gingen zusammen tanzen oder zogen durch die Kneipen von Hamburg-Altona – fast immer nur wir beide. Es war jedes Mal wie ein Date, bei dem man der anderen Person die ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt.
Was wir ebenso liebten, war, gemeinsam auf Musik zu flashen. Wir konnten ganze Nächte vor Youtube oder dem Plattenregal ihres Vaters verbringen und Gänsehaut bei der Stimme einer unbekannten Soul-Sängerin bekommen oder die Virtuosität eines Flamencogitarristen feiern.
Nach der Schule zog Yamuna nach Sevilla und begann dort eine Flamenco-Ausbildung. Wenn wir uns sehen, ist die Nähe sofort wieder da, wir sind nur beide sehr schlecht im Kontakt halten. Deshalb haben wir, als wir uns vergangenes Jahr im Sommer in Hamburg getroffen und mal wieder eine Nacht auf dem Sofa vor der Anlage verbracht haben, einen Pakt geschlossen: Am 13. jedes Monats schicken wir uns den Link zu einem geilen Song. Ein Zeichen, dass wir aneinander denken, ohne uns updaten zu müssen. Ein frischer Impuls, wenn die Tage auf Repeat hängen geblieben sind. Eine kleine Botschaft, in welchem Rhythmus unser Herz gerade schlägt. Für den September habe ich bereits „gracias a la vida“ von Chavela Vargas ausgewählt – sie ist die einzige unter den vielen Frauen, die dieses Lied interpretiert haben, die anstelle von „der Mann, den ich liebe“ „die Frau, die ich liebe“ singt. Ein sehr tiefes, gefühlvolles Stück, das gefällt Yamuna bestimmt.

lou-zucker
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Die Abi-Wiederholungsfahrt


Hängebusen-Tour 2021. Saupeinlicher Name. Klingt nach Junggesellenabschied aus Rosenheim. Wenn überhaupt. Trotzdem freue ich mich wahnsinnig auf diese Reise.
Die Zutaten werden dieselben sein wie 2001, als wir nach dem Abi losfuhren: Fünf beste Freunde, zwei VW-Busse, zwei Monate Zeit, die Atlantikküste von Frankreich bis Marokko. Okay, zwei Monate werden vielleicht nicht hinhauen, vielleicht werden wir auch nicht bis Marokko kommen, aber das spielt keine Rolle. Wichtig ist, dass wir noch mal zusammen losfahren und diese Reise, die uns damals die beste aller möglichen Reisen zu sein schien, noch mal machen. Das haben wir uns damals geschworen, an einem dieser Absinth-Abende am Strand. Mit Vertrag, der die Bedingungen regeln sollte: Alle müssen mit, es gibt keine Ausreden. Freundinnen oder Frauen dürfen nicht mit. Die Bestverdienenden müssen für die VW-Busse sorgen.
Und den peinlichen Namen haben wir auch gleich festgelegt. Weil damals irgendwer mal „Bus-Tour“ auf eine staubige Scheibe geschrieben hat. Und es jemand anders lustig fand, da „Busen-Tour“ draus zu machen. Und wir es dann alle sehr lustig fanden, das Revival in 20 Jahren dann Hängebusen-Tour zu nennen.

christian-helten
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Das Jahresgespräch


Mein bester Freund und ich – wir kennen uns schon ewig – treffen uns seit fast einem Jahrzehnt jedes Jahr für ein langes Gespräch. Einfach, um sich noch mal an alles zu erinnern, was in den vergangenen zwölf Monaten wichtig war – und das Jahr mit einem Menschen, der einen sehr gut und lange kennt, aufzudröseln. Dabei geht es nicht darum, wie Unternehmensberater unser Leben optimieren. Sondern darum, sich bewusst Zeit zu nehmen, um zurückzublicken und eine Zwischenbilanz zu machen, was gerade passt und was nicht.
Wir fahren dann immer ein Wochenende zum Snowboarden. Aber manchmal kommen wir gar nicht auf den Berg vor lauter reden. Für das Gespräch betreiben wir nämlich vorher einen ziemlichen Aufwand: Am ersten Abend setzt sich jeder für sich hin und schreibt runter, was er das vergangene Jahr gemacht und erlebt hat. Monat für Monat, Ereignisse, Einschnitte, Probleme. Und dann erzählen wir uns das. Stundenlang.
Weil wir uns schon so lange kennen, wissen wir, dass wir dem anderen nichts vormachen können. Wir sind füreinander die Instanz, die die unangenehmen Fragen stellt, die man sich selbst nicht zu stellen trauen würde: Wir sind einander damit eine Kontrollinstanz in Sachen Selbstbeschiss. Wenn ich zum Beispiel erzähle, was ich für einen geilen neuen Job habe, merkt er sofort, ob ich mir das nur einrede. Nach einem dieser Wochenenden habe ich am Montagmorgen darauf meinen Job gekündigt.

David B., protokolliert von christian-helten


Der Verdichter

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Muss man sich mal bewusst machen: Es gibt Menschen, die können den Inhalt einer ganzen Serienstaffel in eine einminütige „Previously on . . .“-Zusammenfassung packen. Mehrere Stunden Handlung, zig Personen und unzählige Dialoge verdichtet auf maximal 60 Sekunden. Diese Menschen, so die Annahme, müssen überlegene Gehirne haben, um den Überblick zu behalten. Oder Tricks. Höchste Zeit, mit einem von ihnen zu reden. Ein Anruf bei Byron Smith, Cutter aus Los Angeles, der unter anderem an „House of Cards“ und „True Detective“ gearbeitet hat.




Guten Tag, wir wollten über die „Previously on . . .“-Zusammenfassungen von Serien reden.
Byron Smith: Ja, das haben die Leute vom Studio schon angekündigt. Und dass ihr die Recaps, so nennen wir die, für eine eigene Kunstform haltet. Stimmt das wirklich?

Ja.
Das freut mich wahnsinnig. Es ist eine Ehre für uns hier im Schnitt, dass so eine Anfrage aus Deutschland kommt. In Amerika interessiert sich niemand für Recaps. Aber uns machen sie sehr großen Spaß! Wie schaust du die Serie?

Meistens auf DVD. Bei „House of Cards“ beginnen da alle Folgen mit einer Zusammenfassung der vorherigen.
Wirklich? Toll!

Man braucht das ja auch. Weil die Serien so kompliziert werden.
Stimmt. Wir sind in unserem normalen Leben schließlich schon so überfrachtet mit Informationen. Es ist unmöglich, sich auch noch jedes Detail einer Serie zu merken. Nach einem langen Tag braucht man Recaps, um den Einstieg wiederzufinden. Und man will ja auch einen Hinweis auf das, was in der kommenden Folge wichtig wird, nicht wahr?

Du verlierst bei Serien, an denen du nicht selbst arbeitest, also auch den Überblick?
Und wie! Ich frage mich beim Serienschauen andauernd: „Wer zum Teufel ist das jetzt schon wieder?“ Wenn bei „Game of Thrones“ in späteren Staffeln eine Figur aus der ersten wiederkommt: puh . . .

Mist. Die Idee war, von dir zu lernen, wie man sich auf das Wesentliche konzentriert. Auch im echten Leben.
Ah, eine Metaebene?!

Genau.
Hm. Ich fürchte, damit kann ich nicht dienen.

Es gibt gar keinen Trick? Nicht mal einen klitzekleinen?
Für mich ist das, was wir tun, eher Handwerk. Oder nein: Vielleicht darf ich es Handwerkskunst nennen?! Für mich sind Recaps inzwischen wie ein zweiter Vorspann. Oder wie eine Art Prolog. Vielleicht sogar wie eine Preview im Kino! In jedem Fall etwas, das wir sehen wollen, weil es zur Tradition geworden ist. Deshalb ging es uns bei „House Of Cards“ auch drum, die Zusammenfassungen zu den besten zu machen, die es gibt. Wir wollten die Idee der Recaps neu erfinden.

Was heißt das?
Bei „Mad Men“ machen die Cutter sich zum Beispiel immer mal wieder einen Scherz daraus, eine Art Anti-Recap zu schneiden. Der Inhalt hat dann nichts mit dem zu tun, was in der Folge danach passieren wird. Mein Ziel ist aber immer: Wenn Menschen die vorherige Folge nicht gesehen haben, sollen sie trotzdem vorbereitet sein auf das, was kommen wird. Und in die andere Richtung will ich, dass die Zusammenfassung wie ein Trailer der früheren Folgen funktioniert. Die Leute sollen denken: Mist, ich muss die Folge noch ansehen, weil ich offenbar etwas verpasst habe.

Und wie bekommt man jetzt eine Folge, oder sogar eine ganze Staffel, in 30 bis 60 Sekunden?
Was mir sehr hilft: Ich versuche, das Thema der Folge freizulegen, die ich zusammenfassen muss.

Ha, doch ein Trick!
Wenn du unbedingt willst. Ich versuche also, den roten Faden zu finden. Um Macht geht es bei „House of Cards“ natürlich praktisch immer. Deshalb versuche ich, eine Ebene tiefer zu kommen: Geht es um Rache? Geht es um Eifersucht? Um Neid? Stolz? Sterblichkeit?

Das passt immer in ein Wort?
Meistens. Und dann arbeite ich um dieses Wort herum.

Womit fängst du dabei an?
Ziemlich oft mit einem der Momente, in denen Kevin Spacey sich direkt an den Zuschauer wendet. Die enthalten fast immer die komplette Metaebene mindestens der aktuellen Szene – meistens aber sogar der ganzen Folge.

>> Und wie behält man da jetzt den Überblick??? >>
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Und wie geht der Trick, mit dem man den Überblick behält über die ganzen Handlungsstränge, die Charaktere und die vielen Sätze, die sie sagen?
Da gibt es jetzt wirklich keinen Trick. Ich muss mir einfach die Folge ansehen. Sogar wenn ich sie selbst geschnitten habe. Und dann sehe ich mir ein paar der vorherigen Folgen an. Dabei konzentriere ich mich vor allem auf starke Bilder. Im schlimmsten Fall suche ich sogar nach einem einzelnen Wort, das irgendwer gesprochen hat, weil ich weiß, dass ich das brauche, um die Geschichte zusammenzunähen.

Was sind starke Bilder?
Wenn jemand ein Glas wirft, ist das Gold! (lacht) Das ist außeralltäglich. Es hat eine visuelle Gewalt. Wenn ich dazu noch ein paar Zitate finde, die viel vom Thema einer Folge in sich tragen, genügt das schon fast.

Und die Atmosphäre der Serie?
Die zu verdichten, ist tatsächlich noch schwerer. Eigentlich.

Noch ein Trick?
Nein. Gigantische Darsteller.

Das reicht?
Eigentlich schon. Nimm nur Robin Wright, die Claire Underwood spielt. Ich könnte ihr den ganzen Tag dabei zusehen, wie sie einfach nur herumläuft. Das, was sie ausstrahlt, trägt schon fast die ganze Essenz der Serie in sich. Bei Kevin ist es dasselbe. Wenn er einen Raum betritt, nimmt er ihn sofort für sich ein. Der Raum, die Szene, einfach alles scheint sich auf ihn zu fokussieren. Und da hat er noch nichts gesagt.

Je besser der Schauspieler, desto eher liefert er die Atmosphäre automatisch mit?
Genau. Und obwohl – oder eigentlich weil – „House of Cards“ die besten Dialoge hat, die ich kenne, steckt in der Stille dazwischen die eigentliche Kraft. Wenn ein Schauspieler etwas mit seinen Augen schon ausgedrückt hat, schneide ich das, was er sagt, quasi immer komplett heraus – und zack: habe ich pure Atmosphäre.

Wie viele Menschen sehen eine Zusammenfassung, damit ihr sicher seid, dass man sie versteht?
Ziemlich wenige. Und die dann selten gezielt. Meistens zeige ich die Recaps Leuten, die gerade an meinem Büro vorbeikommen und einen Moment Zeit haben. Denn die sind genau in der Stimmung, in der die Zuschauer das auch sehen.

Gab es Folgen, bei denen die Zusammenfassung besonders schwer war?
Die zweite Hälfte der zweiten Staffel wurde irgendwann sehr hart.

Warum?
Ich glaube, es wird recht zwangsläufig schwierig, Recaps zu schneiden und dabei die Geschichte immer wieder frisch zu erzählen. Man hat die meisten Handlungsstränge schon mal zusammengefasst und mit kommenden verknüpft. Die Gefahr ist groß, dass das irgendwann wie „Malen nach Zahlen“ wird. (lacht)

Und dann?
Muss ich mich dran erinnern, wie viel Spaß mein Job eigentlich macht. In dem Fall habe ich zufällig eine Szene entdeckt, in der Tom Hammerschmidt, der Chefredakteur des Washington Herald, seiner Mitarbeiterin Zoe Barnes ein wütendes „You cunt“ ins Gesicht brüllt.

Das hat gereicht?
Es hat jedenfalls gereicht, damit jeder, der es gesehen hat, laut lachen musste. Offenbar konnte sich keiner dran erinnern. Mission erfüllt!


Warum Masturbation gut für dich ist

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Heute morgen gab es eine sehr skurrile Meldung: Die Ehe von Helmut Berger (den Jüngeren unter uns bekannt als alter Typ, der im Dschungelcamp war, Cineasten auch als Darsteller von König Ludwig II.) lässt sich scheiden. Der Grund: Er hat in seiner Doku-Soap masturbiert und das wurde dann im Fernsehen ausgestrahtl Sein 37 Jahre jüngerer Ehemann packte daraufhin seine Koffer, das war zuviel für ihn.

Könnte man jetzt sagen: Armer Helmut Berger. Oder aber, wenn man ganz wissenschaftlich sein will: Totaler Quatsch die ganze Geschichte. Denn die Wissenschaft hat gerade erst bewiesen, dass Masturbation, entgegen dem was die Kirche und Sittenwächter seit Jahren propagieren, total gesund ist. Nix mit "Macht blöd/Rückenschmerzen/impotent". Und damit auch jeder die Wissenschaft versteht, haben die Youtuber von ASAP Science ihre Erkenntnisse in einem kleinen Video zusammenfasst:

https://www.youtube.com/watch?v=GU3JqoUDkjA

Wer das jetzt trotz der schönen Bilder nicht gucken will, hier noch mal die Erkenntnisse:
  • Masturbation hilft gegen Schmerzen, deshalb ist es insbesondere für Frauen mit Unterleibskrämpfen interessant

  • Sie senkt das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken

  • Spermien von Männern, die regelmäßig masturbieren, sind fitter und gelangen eher ans Ziel

  • Wer häufiger masturbiert, bekommt stärkere Beckenbodenmuskeln, was wiederum den Spaß an Sex steigert


Wenn man übrigens weiter auf "Masturbation" und "Gesundheit" rumgoogelt, findet man bei Wikipedia noch den Hinweis, dass es in bestimmten Fällen doch gesundheitsschädlich sein könnte. Dort steht: "Masturbation (...) wird nur dann als störend oder sogar krankhaft gewertet, wenn sie öffentlich bzw. zwanghaft ausgeübt und zur Sucht wird." Man könnte Helmut Bergers Ex-Partner also doch verstehen.

merle-kolber

"whatthehellamidoing?"

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Natürlich ist es der GAU: Da meldet man sich auf einer Seitensprungplattform an, die offensiv damit wirbt,  superseriös-geheim zu sein. Und dann: Wird sie gehackt, Millionen Namen gehen an die Öffentlichkeit und du solltest sehr schnell eine Rechtfertigung für deinen Partner haben, warum dein Name auch darunter steht. So gerade erst passiert bei der Plattform Ashley Madison, einer der Betroffenen hat erst kürzlich der SZ im Interview erzählt, wie er sich in diesem Moment fühlte ("Ich saß zitternd vor dem Computer").

Und ja, auch uns tun die Menschen leid, die jetzt von Arbeitskollegen verspottet werden und deren Ehen in die Brüche gehen. Aber: Was der TechBlog Ars Technica nun über die Passwörter der Ashley-Madison. Nutzer enthüllt hat, ist leider auch sehr lustig.

Neben den Klassikern "123456" oder "password" haben nämlich viele der Nutzer ihr moralisches Dilemma während der Passwortvergabe reflektiert. Anders ist nicht zu erklären, wie Passwörter wie:

ishouldnotbedoingthis
ithinkilovemywife
thisiswrong
whatthehellamidoing
whyareyoudoingthis
cheatersneverprosper
donteventhinkaboutit
isthisreallyhappening
likeimreallygoingtocheat
justcheckingitout
justtryingthisout
goodguydoingthewrongthing

zustande kamen. Besonders traurig: Wie Boing Boing enthüllt, hatten manche auch sehr großes Vertrauen in die Seite. Sie wählten als Passwort "youwillneverfindout". Es kam anders.

charlotte-haunhorst



Die Flüchtlings-Uni

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Markus Kressler hat sich viel vorgenommen. Er will  Tausenden Flüchtlingen in Deutschland, die in ihrem Heimatland bereits ein Studium begonnen haben oder es könnten und jahrelang warten, bis sie alle Zugangsvoraussetzungen erfüllen, zu einem Studium verhelfen.

Schon im Mai hatte Kressler, der in Berlin Psychologie und Kommunikation studiert, angekündigt, unter dem Namen „Wings University“ eine Online-Uni für Flüchtlinge und Menschen ohne Ausweisdokumente zu gründen, 2016 sollten die ersten Kurse starten. (hier im Interview mit jetzt.de) 

Nun sollen bereits im Oktober die ersten Flüchtlinge ihr Studium dort beginnen, das sich in zwei Phasen teilt: Der erste Teil wird online gelehrt, der zweite vor Ort an Partnerunis oder auch per Fernstudium. Neu ist auch der Name. „Markenrechtlich war ‚Wings University’ schwierig, weil es in den USA viele Universitäten mit ‚Wings’ im Namen gibt“, sagt Markus Kressler. Darum heißt seine Uni nun „Kiron University“ – Cheiron, eine Figur der griechischen Mythologie, gilt als weiser und gerechtester Kentaur, ein Mischwesen aus Pferd und Mensch.  

Zwar können bereits in einigen Bundesländern Asylbewerber als Gasthörer Vorlesungen besuchen, in München können sie sich wie Austauschstudenten Studienleistungen anrechnen lassen, in Niedersachsen dürfen Flüchtlinge mit guten Deutschkenntnissen und einer sehr gut bestandenen Aufnahmeprüfung auch ohne Zeugnisse studieren. Doch bis auf diese wenigen Ausnahmen gibt es für Flüchtlinge bislang kaum eine Möglichkeit, richtig zu studieren.  

15.000 Anmeldungen in einer Woche  


Wie wichtig ein Studienangebot für Flüchtlinge ist, zeigt schon alleine die erste Resonanz. Seit vergangener Woche haben sich 15.000 Flüchtlinge angemeldet. „Dabei machen wir nicht einmal Werbung dafür“, sagt Markus Kressler. Die meisten Anmeldungen kommen von syrischen Flüchtlingen, viele von afghanischen, irakischen und somalischen Asylsuchenden.    

An der Kiron University haben Studierende zwei Jahre Zeit, ihre Unterlagen einzureichen. Um sich einzuschreiben brauchen sie nicht einmal einen Ausweis. „Man benötigt nur einen Nachweis, dass man auf der Flucht ist, den bekommen die Flüchtlinge, sobald sie in Deutschland registriert werden“, sagt Markus Kressler.  

Der erste Teil des Curriculums soll über Moocs (Massive Open Online Courses) gelehrt werden – Onlinekurse, die mit Videos, Lesematerial und Foren eine Studiensituation digital simulieren – und somit von Flüchtlingsunterkünften in ganz Deutschland abrufbar sind. Vorausgesetzt natürlich, es gibt dort Internet. Inhaltlich beginnen die Studenten mit einem Studium Generale, danach wählen sie eine Fachrichtung. Bislang stehen fünf Kurse auf Englisch zur Auswahl: Computer-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften, außerdem Architektur und Intercultural Studies.

Für den zweiten Teil des Studiums sucht Markus Kressler derzeit nach Partneruniversitäten, an denen die Studenten ihre Ausbildung beenden – in Vorlesungen gehen und Prüfungen ablegen. Mit rund 30 Universitäten ist er gerade im Gespräch. „Nach zwei Jahren, oder sobald die Studenten eine bestimmte Anzahl an Leistungspunkten erreicht haben, wechseln sie an eine Partneruni. Die Uni Heilbronn, die Macromedia Hochschule Berlin und die University of Westafrica haben schon zugesagt.“ Diese Unis rechnen den Studenten ihre Onlinekurse an und verleihen am Ende den Abschluss - somit wird Kresslers Kiron-Universität genau genommen keine eigene Universität, kann Flüchtlingen und Papierlosen aber den Weg zum Studienanschluss ermöglichen.   

Auch Sprachkurse und eine psychosoziale Betreuung will Markus Kressler den Flüchtlingen anbieten, Studierende ohne Computer und Internetzugang außerdem mit gebrauchten Laptops und Wlan-Sticks ausstatten. Pro Student rechnet er mit Kosten von etwa 400 Euro im Jahr. Den ersten Jahrgang will Kressler mit einer Crowdfunding-Kampagne finanzieren – 1,2 Millionen Euro hat er sich als Ziel gesetzt, in zehn Tagen hat er fast 82.000 Euro gesammelt (Stand: 15.9.2015).

Im Oktober startet die Kiron University mit 1000 Erstsemestern. Kressler kann sich vorstellen, dass irgendwann 100.000 Flüchtlinge über seine Plattform studieren. „Wir lassen erst einmal alle Anmeldungen zu. Nur wenn sich 1,5 Millionen anmelden, hätten wir ein Problem mit den Kapazitäten an den Partnerunis“, sagt Markus. In Zukunft will er zwei Drittel über Fundraising, Stiftungen und Unternehmen finanzieren, ein Drittel soll der Staat übernehmen. „Ich bin im Gespräch mit verschiedenen staatlichen Institutionen, die Resonanz ist bisher positiv.“



Markus Kressler

Flucht als Super-Mario-Level

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http://www.youtube.com/watch?v=jmI2456CzJY  

Der Held läuft ausschließlich von links nach rechts, springt über Hindernisse, Feinde oder auf Flöße – so weit funktioniert "Refugee Mario" wie "Super Mario". Nur schießen aus den Fragezeichen-Blöcken keine magischen Pilze, Feuer-Blumen oder Sterne, die unverwundbar machen, sondern ein Koffer und 2000 Dollar. Die Gegner sind keine kleinen brauen Pilze oder Schildkröten, sondern Schlepper und Grenzpolizisten. Über grüne Tunnel passiert Mario innereuropäische Grenzen und landet am Ende in einem Flüchtlingscamp.  

Hinter dem Video, das seit dem Wochenende über die sozialen Medien verbreitet wird, steckt ein 29-Jähriger, der sich Samir Al-Mufti nennt. Samir hat in Homs Französisch studiert und in einer PR-Agentur gearbeitet. 2011, nachdem zwei seiner Brüder getötet worden waren und auch, weil er bei den Protesten gegen das Regime von Baschar al-Assad dabei war, ist er mit seinen Eltern und seiner Schwester aus Syrien geflohen, über Ägypten in die Türkei. Im Moment lebt er in Istanbul. "Viele meiner Freunde sind nach Europa geflohen. Aus Gesprächen mit ihnen habe ich eine genaue Vorstellung davon, was sie durchgemacht haben und von den lebensgefährlichen Risiken, die sie auf sich genommen haben", sagte er der BBC. "Vor fünf Monaten ist mein bester Freund im Meer ertrunken, als er von Izmir in der Türkei nach Griechenland fahren wollte. Der Motor des Bootes ist explodiert. Da hatte ich die Idee, dieses Video zu machen."  

Videospiele funktionieren auch ohne Sprache, und "Super Mario" ist auf der ganzen Welt bekannt, darum habe er dieses Medium gewählt, sagt Samir: "Es ist wie Musik, eine universelle Sprache." Samir veröffentlicht regelmäßig animierte Videos, in denen Assad parodiert, was auch deshalb so gut funktioniert, weil seine Stimme fast wie die des syrischen Präsidenten klingt.

Natürlich kann man "Refugee Mario" zu spielerisch und verharmlosend finden, trotzdem macht es den mühsamen Weg von Flüchtlingen, samt Hindernissen und Rückschlägen in einfachen Bildern deutlich – nur dass es dort nach einem Game Over immer noch einen weiteren Versuch gibt.

kathrin-hollmer 

Messaging ohne ohne Wlan und Datentarif

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Eigentlich gibt es ja genug Messaging-Apps. Für Bequeme und Datenschützer, für Minimalisten und Nackt-Selfies-Verschicker. Eine weitere geht gerade in den USA viral: Jott wurde in nur drei Monaten eine Million Mal installiert, jeden Tag kommen bis zu 20.000 neue Nutzer dazu.  

Jott hebt sich, anders als die vielen Messenger-Konkurrenten, die sich nur in Details voneinander unterscheiden, wirklich vom übrigen Markt ab: Die App funktioniert nicht übers Internet, man braucht dafür auch keinen Handyvertrag. Das Programm nutzt eine AirChat-Verbindung, einen anonymen Verbindungsaufbau zwischen Endgeräten. Die Technologie wurde von der Hacker-Gruppe Anonymous entwickelt. Dabei werden Bluetooth oder Router genutzt, um ein geschlossenes Netzwerk aufzubauen. Im Umkreis von wenigen hundert Metern können Nutzer Texte und Daten untereinander verschicken – ohne dass sie dafür eine Internetverbindung brauchen. Eigentlich benötigt man nicht einmal ein Smartphone, ein bluetooth-fähiges Gerät, etwa ein MP3-Player, reicht aus.  

In den USA ist Jott vor allem für Schüler interessant. Zwar haben die meisten Teenager dort ein Smartphone, aber viele haben keinen Datenvertrag und somit an öffentlichen Schulen, wo es meistens kein Wlan gibt, keine Möglichkeit, Nachrichten zu verschicken. Dem CEO und Mitgründer Jared Allgood zufolge betrifft das Problem zwei Drittel der Schüler. 

Die örtliche Begrenzung schränkt die App zwar lokal ein, macht sie für Schulen, aber auch Wohnhäuser, Bürogebäude, Festivalgelände und Sportstadien, wo das Mobilfunknetz oft überlastet ist, interessant. Ebenso für die Kommunikation bei Ausnahmesituationen wie Naturkatastrophen. Bluetooth-fähige Geräte werden damit zu Walkie-Talkies umfunktioniert. Ein weiterer Vorteil, der Datenschützer freut: Mit Jott verschickt man Nachrichten und Daten von Gerät zu Gerät, ohne Umweg über einen Server.

kathrin-hollmer

Die Urlaubs-Helfer

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Annika ist 19 Jahre alt und studiert seit April Medizin an der Charité in Berlin. Ihre 20-jährige Freundin Paula jobbt seit ihrem Abi und fängt im Oktober an, in Wien zu studieren. Während ihrem diesjährigen Urlaub fuhren sie spontan auf die griechische Insel Lesbos, wo an einem Nachmittag bis zu 70 Schlauchboote und tausende Flüchtlinge ankommen.



Eine Bilder-Collage aus dem Instagram-Account der beiden Helferinnen. 


"Wir sind zusammen nach Athen geflogen, weil wir uns mit einer studentischen Medizinergruppe der Charité die griechischen „Clinics of solidarity“ anschauen wollten. Als zukünftige Ärztin wollte ich sehen, wie dort kostenlose ärztliche Versorgung möglich gemacht wird.
In Athen sah man überall Flüchtlinge. Egal, wo man sich befand. Aus Deutschland kannten wir die Flüchtlingsthematik eigentlich nur durch die Medien. So kam es, dass wir am letzten Tag unseres Athenaufenthalts auf dem „Victoria Square“, wo sich sehr viele Flüchtlinge befinden, drei Aktivisten aus England kennenlernten. Sie fragten, ob wir sie nicht nach Lesbos begleiten wollten, weil dort akute Hilfe gebraucht wird. Es war eine reflexartige Entscheidung, da wir überall Flüchtlinge sahen und dann Menschen trafen, die uns noch mehr dazu erzählten und erklärten. Mich packte vor allem die Abenteuerlust und so dachten wir uns: Wieso denn nicht? Mit einer Fähre fuhren wir über Nacht auf die Insel Lesbos, doch mit dem, was uns da erwartete, hatten wir einfach nicht gerechnet.

Einmal gingen wir mit den Aktivisten vor Ort an die Stelle am Strand, wo die Boote meistens ankommen. Und tatsächlich waren dort Dutzende Flüchtlinge. Frauen, Männer, Kinder. Sie waren zwar erschöpft, aber erstmal nur glücklich, es geschafft zu haben. Sie riefen auf Englisch „Danke, Danke“, als sie sahen, dass sie es heil geschafft hatten. Einige von ihnen trugen Rettungswesten, ihre Kleidung war völlig durchnässt. Das war krass. 

In Deutschland haben wir natürlich von den Flüchtlingen mitbekommen, aber hier zu sein, hat uns noch mal ganz anders getroffen. Zu sehen, wie es hier abläuft und Menschen kennenzulernen, die uns die Geschichten ihrer Flucht erzählen, nimmt uns sehr mit. Das sind hier die Menschen, die dann irgendwann in München ankommen. Mytilini, die Hafenstadt, in der wir uns befinden, ist nicht nur ein Touristenort, hier leben auch viele Studierende, es gibt viele NGOs.

"Trotz der schlimmen Lage erleben wir hier viele schöne Momente"


Wir beide helfen hier so gut, wie wir können. Gestern haben in einem der zwei Flüchtlingslager beim Putzen geholfen, dort werden die Menschen registriert. Sobald wir nützlich sein können, packen wir mit an. Aber man muss selbst gucken, wo es etwas zu tun gibt. Wir haben mit jungen und älteren Männern, aber auch mit Frauen mit sehr kleinen Kindern gesprochen. Sie sind allein deswegen schon froh, dass wir ihnen überhaupt zuhören. Sie finden es bemerkenswert, dass zwei junge Menschen und dann auch noch Frauen hierher gereist sind. Deshalb dokumentieren wir vieles mit Fotos und Interviews, damit auch andere junge Menschen sehen, was hier los ist.

Weil wir als zwei junge Blondinen auffallen, haben schon viele mit uns Selfies gemacht. Drei verwandte Syrer haben wir zufällig mehrmals getroffen, worauf wir beschlossen, E-Mail-Adressen auszutauschen. Wir hoffen, dass wir uns in Deutschland wieder sehen. Dafür müssen sie es aber erstmal nach Ungarn schaffen.

Doch trotz der schlimmen Lage erleben wir so viele schöne Momente. Wir sehen sehr viele lächelnde Gesichter. Es kommen viele junge Männer in unserem Alter. Mit einigen haben wir Freundschaft geschlossen, denn sie interessieren sich genauso für unsere Geschichte. Ich war am Anfang sehr überwältigt und hab mich gefragt, was ich hier eigentlich mache. Aber ich hab schnell gemerkt, dass die Menschen sich freuen, auf Solidarität zu stoßen. Das hat mich aufgemuntert.



                                                      Annika Welte. 

Die Erstversorgung hier vor Ort wird komplett von ein paar einzelnen Menschen gestellt. Eigentlich dachte ich immer, in solchen Situationen könne man sich auf die UNHCR verlassen, doch wir wurden hier bitter enttäuscht. Die meisten Flüchtlinge kommen im Norden von Lesbos an, von wo sie dann weiter in den Süden müssen, um danach weiter auf das Festland zu kommen. Doch die Fernbusse fahren so selten, dass die Leute die 65 bis 80 km in den Süden sogar laufen. Bei glühender Hitze. Ein paar Aktivisten sammeln erschöpfte Menschen vom Straßenrand auf, obwohl sie das nicht dürfen. Aber das ist ihnen dann egal. Ich finde es unglaublich, dass es wirklich nur auf die kleinen NGOs und Privatpersonen ankommt, die aus Eigeninitiative heraus, den Menschen Wasser zur Verfügung stellen. Hier im Süden, wo wir uns befinden, ist nichts für einen längeren Aufenthalt organisiert. Die Flüchtlinge sollen so schnell wie möglich aufs Festland weiter. Es gibt viel zu wenige Dolmetscher oder übersetzte Info-Schilder. Alle Geräte hier sind alt und am Wochenende arbeitet „Ärzte ohne Grenzen“ überhaupt nicht.

Für die Syrer geht es schnell weiter, weil sie bessere Chancen haben, anerkannt zu werden. Alle anderen müssen tagelang auf einen Termin in einem ehemaligen Gefängnis warten.
Mittlerweile hat es sich herumgesprochen, was sie in Ungarn erwartet, wenn sie dort ankommen. Die Flüchtlinge werden trotzdem die gewöhnliche Route nehmen, um nach Österreich zu kommen. Das bekommen wir in den Gesprächen hier mit. Eine Woche sind wir noch hier. In Deutschland werden wir dann versuchen den Flüchtlingen zu helfen, die es bis zu uns schaffen."

"Wir holen Flüchtlinge mit dem Flugzeug!"

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jetzt.de: Die Idee klingt unrealistisch und visionär zugleich an. Wie kommt man darauf?
Susanne Najafi: Wie die meisten Leute in Europa haben wir die Bilder der Flüchtlinge in den Medien gesehen. Irgendwann konnte ich deshalb nicht mehr gut schlafen. Was Flüchtlinge angeht, ist das die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Ich bin eigentlich Unternehmerin und gut darin, Lösungen zu finden. Also habe ich angefangen zu recherchieren. Und dann habe ich von dieser Verbindlichkeits-Richtlinie der EU gelesen.  

Was besagt die?
Mal in kurz: dass Fluggesellschaften die Verantwortung haben, zu überprüfen, wer die Leute sind, die mit ihnen fliegen. Sie müssen beim Check-in sicherstellen, dass nur Menschen mit dem richtigen Pass oder einem Visum in die EU einreisen. Wenn sie Personen ohne Einreisegenehemigung nach Europa mitnehmen, müssen die Airlines die Kosten für deren Aufenthalt und Rücktransport übernehmen. Es ist also nicht gegen das Gesetz, diese Menschen zu transportieren. Sondern einfach ein finanzielles Risiko, das die Fluggesellschaften damit eingehen. Aber, und das ist der Knackpunkt: Diese europäische Richtlinie aus dem Jahr 2001 gilt nicht für Menschen mit Recht auf Asyl. Diese sollten eigentlich nach Deutschland oder Schweden fliegen dürfen.  

Warum nehmen dann Flüchtlinge mit syrischem Pass nicht einfach das Flugzeug? 
Weil die Fluggesellschaften nicht so schnell beim Check-In entscheiden können, wer asylberechtigt ist und wer nicht. Also lehnen sie alle ab, die kein gültiges Visum vorweisen können. Auch syrische Flüchtlinge. Als uns dieses System bewusst wurde, dachten wir darüber nach, wie wir das ändern können. Jetzt wollen wir allen Menschen mit einem syrischen Pass ermöglichen zu fliegen.  

 

                                                      Susanne Najafi. 

  

Wie genau soll das funktionieren?
Wir haben mittlerweile tausende Menschen auf unserer Facebook-Seite, die uns mit ihrem Wissen unterstützen. Wir werden ein Flugzeug chartern - und schicken es in einen Nachbarstaat Syriens, in dem viele Menschen in Flüchtlingslagern leben. Nach Jordanien zum Beispiel , oder in die Türkei. Da haben wir Kontakt zu lokalen NGOs, die die Flüchtlinge vor Ort auf ihren Asylanspruch überprüfen werden. Dann werden die ausgewählten syrischen Flüchtlinge ins Flugzeug steigen und direkt in Schweden Asyl beantragen. Wir wollen ihnen eine sichere Einreisemöglichkeit bieten. 

Und wer entscheidet, wer von den syrischen Flüchtlingen fliegen darf?
Es ist wichtig für uns, dass nicht wir das entscheiden werden, sondern die lokalen NGOs. Die sind die Experten in dieser Frage. Wir wollen einfach zeigen, dass wir nicht die einzigen sind, die so etwas können. Wir wollen so eine Art Blaupause für Fluggesellschaften schaffen. Damit sie sehen, dass es völlig legal passiert und kein finanzielles Risiko bedeutet.  

Werdet ihr die Kosten für den Rückflug übernehmen, wenn manche Mitreisenden doch an der schwedischen Grenze abgelehnt werden?
Die Regelung besagt, dass man plausibel nachweisen muss, dass man alles getan hat, um herauszufinden, ob die Personen Anspruch auf Asyl haben. Wenn man nicht wissen konnte, dass sie nicht syrisch sind, ist man nicht verantwortlich. Also gibt es da kein finanzielles Risiko.  

Dafür müsst ihr aber NGOs finden, die die Überprüfung übernehmen und geeignete Kriterien finden, um zu entscheiden, wer mitfliegen darf.
Wir sind nicht naiv. Wir denken nicht, dass wir das gesamte Problem mit einem Flugzeug lösen können. Uns geht es darum, dass andere unsere Idee kopieren, damit es dann Flugzeuge für alle Flüchtlinge mit Recht auf Asyl gibt. Außerdem arbeiten wir mit anerkannten NGOs zusammen, die ihre Aufgabe bewältigen können.  

Nach welchen Kriterien entscheiden die, wer beim ersten Flugzeug mitfliegen darf und wer nicht?
Was ich sagen kann, ist, dass die Reise mit dem Flugzeug es vor allem Menschen ermöglichen soll, in die EU zu kommen, die sonst wegen der Gefahren erst mal  zurückbleiben. Frauen und Kinder zum Beispiel. Genauere Kriterien werden wir mit den NGOs abstimmen. Auf jeden Fall wird Geld bei der Auswahl keine Rolle spielen.  

Wie viel soll das Ticket denn kosten?
Es soll ungefähr so teuer wie ein normaler Flug sein, also um die 200 Euro. Zum Vergleich: Für einen Schmuggler bezahlen die Flüchtlinge mindestens 2000 Euro. Wir prüfen gerade, ob sie das Flugticket aus eigener Tasche zahlen müssen, oder ob wir sie dabei unterstützen können.

Kooperieren die Fluggesellschaften?
Vergangene Woche haben sich mehrere Fluggesellschaften an Politiker in Schweden gewandt und gefordert, die Verbindlichkeits-Regelung abzuschaffen. Wir haben mit einigen dieser Fluggesellschaften Kontakt. Leider kann ich noch keine Namen nennen, aber wir sind gerade dabei, diesen ersten Flug gemeinsam mit einer Airline zu planen.  

Wann kann realistischerweise das erste Flugzeug starten?
Unbedingt noch vor Wintereinbruch, weil es dann richtig kalt in den Flüchtlingslagern wird. Das schaffen wir auf jeden Fall.

Miss America war auch mal dicker

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Was mit Körpern und wie sich das Schönheitsideal verändert hat? Geht immer! Will man sehen!

So auch hier: Bei PsychGuides.com, einer Art psychologischen Ratgeber-Seite, haben sie ausgewertet, wie sich die Körper der „Miss America“-Gewinnerinnen seit der ersten Wahl von 1922 verändert haben. Zum einen optisch, zusammengefasst als GIF:

[plugin imagelink link="http://fractlstaging.com/clients/rehabs/morph/morph-with-frame.gif" imagesrc="http://fractlstaging.com/clients/rehabs/morph/morph-with-frame.gif"]
Zum anderen in Zahlen, genauer gesagt beim BMI-Wert. Der ist laut der Grafik von PsychGuides.com im Laufe der Jahre und Jahrzehnte immer kleiner geworden, von Werten zwischen 21 und 23 hin zu Werten zwischen 16 und 18 (ab 18,5 gilt man als untergewichtig). Im Gegensatz dazu ist der BMI der durchschnittlichen Amerikanerin im besten Miss-America-Alter (20 bis 29 Jahre) immer größer geworden: von einem BMI zwischen 15 und 17 in den Zwanziger Jahren zu etwa 27 bis 28 heute (und ab 24,9 gilt man als übergewichtig). Allerdings ist der Grafik nicht ganz zu trauen, weil sie nur Tendenzen zeigt – und es erste erfasste Werte zur Durchschnittsamerikanerin zum Beispiel erst in den 1960ern gab. Seitdem sind sie aber tatsächlich beträchtlich gestiegen. Die erfassten Werte der Miss Americas Ende in den Neunzigern, sind bis dahin aber offensichtlich gesunken.

[plugin imagelink link="http://static.psychguides.com/wp-content/uploads/graph-1.jpg" imagesrc="http://static.psychguides.com/wp-content/uploads/graph-1.jpg"]
Jaja, wir wissen alle, dass der BMI sowieso nicht so besonders aussagekräftig ist (jeder Körper ist anders etc. pp.), aber wenn er sich so stark verändert wie in diesem Falle, dann belegt er wohl doch etwas. Erstens: eine Gewichtsabnahme der gekürten Miss Americas und eine Gewichtszunahme der Miss Americas, die ungekürt durch die Straßen laufen. Zweitens: einen gegenwärtig sehr großen Graben zwischen dem Ideal, das die Schönheitsköniginnen verkörpern, und der Realität. Und Drittens: dass sowohl Ideal als auch Realität sich auf ungesunde Extreme zubewegen.

Die Grafik gibt auch an, dass der BMI der Preisträgerinnen und der Durchschnittsamerikanerinnen in den 1940ern und 1950ern ungefähr auf einem Level gewesen sein muss. Und im obigen GIF kann man erkennen, dass die Miss Americas in dieser Zeit tatsächlich sehr natürlich aussahen. Und sehr gesund.

Und zum Schluss mal kurz alle Schönheitsideal- und Schönheitswettbewerb- und Körperbilder- und  Wasauchimmer-Kritik beiseite für diese Frage: Wie unfassbar süß war denn bitte die erste Miss America?




Nadja Schlüter

"Das war ironisch gemeint, oder?"

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Das Date


Wer schreibt?

Zwei, die sich mögen. Oder gerade anfangen, sich zu mögen. Oder herausfinden wollen, ob sie anfangen können, sich zu mögen (ist aber sehr wahrscheinlich, dass ja).

Und warum und wie?

Jens und Anna haben sich auf einer Party kennengelernt. Danach: Facebookfreundschaft und Facebookchat, denn das macht man in den 2010er-Jahren so. Danach: Nummern austauschen und sich weiter Nachrichten schreiben (anstatt sich anzurufen, das macht man in den 2010er-Jahren nämlich gar nicht mehr).

Der Dating-Chat ist eine aufregende und schöne, aber auch sehr komplizierte Angelegenheit. Man kennt ja die Kommunikationsgewohnheiten des anderen noch nicht und hat Mühe, Feinheiten wie etwa Ironie eindeutig zu erkennen, oder einzuschätzen, was eine Gesprächspause bedeutet (nichts? Alles? Was Gutes? Was Schlechtes?). Und so missverstehen die beiden sich mindestens zwei Wochen lang aufs Feinste, weil Anna zum Beispiel dazu neigt „Aha“ zu schreiben und es neutral zu meinen, Jens „Aha“ aber nur benutzt, um Desinteresse auszudrücken. Ansonsten schreiben die beiden sich belangloses Zeug, weil sie natürlich am liebsten andauernd Kontakt hätten. Bis sie dann irgendwann anfangen, sich zu treffen, und in den Nachrichten auf einmal sehr viel weniger passiert als draußen in der echten Welt.


Und wie sieht das konkret aus?

Bitte lächeln, Bär!

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Ach Menschheit, dumme, dumme Menschheit! Immer wieder verlierst du Vertreter, weil sie nicht aufgepasst haben, oder, besonders tragisch: weil sie beim Selfie-Machen nicht aufgepasst haben! In Russland haben sie deswegen eine Kampagne für dich gestartet, die dir sagt, wann und wo du besser erst gar nicht versuchst, dich selbst zu fotografieren. Zum Beispiel vor einem Zug oder oben auf einer Treppe. So dumm bist du, Menschheit, dass man dir das extra sagen muss.

[plugin imagelink link="https://mvd.ru/upload/site1/folder_page/006/158/477/selfie_new2.JPG" imagesrc="https://mvd.ru/upload/site1/folder_page/006/158/477/selfie_new2.JPG"]
Ach Menschheit, dumme, dumme Menschheit, du weißt es ja eigentlich selbst. Deswegen ist das Internet voll mit Bildergalerien, die die gefährlichsten Selfies zeigen. Oder mit Geschichte wie der von der Frau, die von einem Bison angegriffen wurde, als sie sich mit ihm fotografieren wollte. Warum bloß bist du so heiß auf Selbstporträts? Und auf Geschichten von misslungenen Selbstporträts?

Neuste Entwicklung: In Colorado musste man dich wegen deiner Selfie-Sucht jetzt tatsächlich aus einem Naturpark aussperren. Der Waterton Canyon kann bis aufs Weitere nicht besucht werden, weil zu viele Besucher Selfies mit Bären gemacht haben. Ja, mit Bären, das sind diese sehr großen, sehr gefährlichen Tiere.

[plugin imagelink link="https://igcdn-photos-e-a.akamaihd.net/hphotos-ak-xaf1/t51.2885-15/e15/10520232_1440897866188900_1883291346_n.jpg" imagesrc="https://igcdn-photos-e-a.akamaihd.net/hphotos-ak-xaf1/t51.2885-15/e15/10520232_1440897866188900_1883291346_n.jpg"]
Ein Manager des Parks schrieb in einem Blog Post: "The current situation is not conducive for the safety of our visitors or the well-being of the wildlife.“ Mit ihren Selfie-Sticks kämen die Menschen den Tieren viel zu nah. Sie stören sie und bringen sich selbst in Gefahr. War übrigens nicht das erste Mal – in Lake Tahoe mussten die Selbstporträt-Süchtigen auch schon mal zur Ordnung gerufen werden, weil sie zu viele Bären-Selfies gemacht haben. Dabei ist gleich der zweite Punkt in „Dumb ways to die“, einem unserer Lieblingslieder: „Poke a stick at a grizzly bear“. Aber okay, müsste man vielleicht mal ändern in „Point a selfie-stick at a grizzly bear“.

http://www.youtube.com/watch?v=IJNR2EpS0jw

Nadja Schlüter

Meine Straße: Lohstraße

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Luc, 35, ist Projektkoordinator und Festivalprogrammer


Die Lohstraße kennt fast niemand, es ist fast, als würde ihr dafür schon im Namensklang etwas fehlen: Viele verwechseln sie gleich mit der Lothstraße. Tatsächlich ist sie eine unscheinbare, eher dunkle Straße direkt am Auer Mühlbach in Untergiesing. Der fließt hier noch offen und nicht wie so oft unterirdisch. Das ist schon sehr besonders. Dank einer Stromschnelle hört man das Wasser immer. Auf unserem Balkon, bei offenen Fenstern, wenn man nach Hause kommt. Meistens ist es sogar das einzige, was man hört. Rauschen bedeutet: Zuhause.

Aber es gibt eh so einen Heimkomm-Moment, den ich liebe. Ich komme in den Hof hinein, der Bach fließt mir entgegen und über den Baumwipfeln in der Ferne sehe ich die Flutlichter des Grünwalder Stadions. Die sind mir zwar als Bayernfan prinzipiell ein Dorn im Auge, aber vom Urbanitätsgefühl her ist dieser Blick wunderschön. Ich meine: Soviel Bach, Bäume, Grün, Stille, da denkt man ja manchmal, man ist gar nicht mehr in der Stadt. Die Flutlichter sind ein Kontrast, die reißen das wieder raus.

Dass die Lohstraße so versteckt ist, ist natürlich auch das Schöne an ihr. An einigen Stellen sind links und rechts Bäume und wilde Wiesen, fast wie auf einem Wanderweg. Es gibt Strom über Oberleitungen und man darf noch ohne Parkschein parken. Am Hang steht ein kleiner Brunnen, aus dem die Menschen sich hier schon vor mehr als einem Jahrhundert ihr Wasser geholt haben. Ein Stück weiter kommt noch ein Jugendzentrum am Auer Mühlbach und ein Schlittenberg, an dem jedes Jahr ab November Strohballen vor die Bäume gebunden sind, damit die Kinder sich nicht verletzen. Und dann ist man ist in kürzester Zeit schon so gut wie auf dem Land, im Biergarten Siebenbrunn in Harlaching, und muss dafür nicht einmal vom Bach wegfahren oder das Grün verlassen.

Läden gibt es in der Lohstraße kaum. Nur eine alte Schlosserei und ein Fachgeschäft für Toner und Tinte. Dafür umso mehr Geschichte: Hier stand bis 1930 die ehemals größte Lederfabrik Europas. Wie das gestunken haben muss damals! Heute ist nur noch ein Denkmal übrig, ein in Stein gehauener Gerber an einer Brücke vor meiner Tür. Man kann solche Sachen auf einer ganz coolen Internetseite namens auer-muehlbach.de nachlesen. Das macht ziemlich Spaß.

Und natürlich regiert in dieser Gegend auch der Giesinger Patriotismus. Immer wieder werden in Nacht- und Nebelaktionen irgendwelche öffentlichen Orte in den Löwen-Farben angemalt. Neulich traf es die Schweizer Treppe, die von der Lohstraße den Giesinger Berg zum ehemaligen Kaffee Giesing hinauf führt. Weiß-blau angemalt. Auf der Straße sind noch Farbflecken zu sehen und die Spuren der Autos, die durchgefahren sind. Ich finde diesen Viertel-Patriotismus ziemlich interessant. Dass das immer noch – oder eher: wieder – so gut funktioniert. Das Giesinger Bräu wurde vor ein paar Jahren noch um die Ecke in einer Garage gebraut, es war ein Liebhaber-Ding. Jetzt wird es in der ganzen Stadt ausgeschenkt. Giesing wird immer angesagter, aber auf eine andere Art als in anderen Vierteln, viel uriger und gemeinschaftlicher. Apropos: Der Wahnsinn sind natürlich immer die Derby-Tage, wenn die Amateure der Löwen und der Bayern spielen. Da kocht und brodelt hier alles.
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