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Meine Oma, der Flüchtling

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"Flüchtlingskinder hatten in unserer Gegend einen schlechten Ruf, weil sie noch ärmer als der Rest waren."


Maria Bohm, 76, floh von Serbien nach Niederbayern:

„Einen Moment im Jahr 1945 werde ich nie vergessen, dabei war ich da erst fünf Jahre alt. Ich kann mich noch ganz genau an die Worte des Mannes erinnern. Meine Eltern, meine ältere Schwester, ihr Baby und ich waren bei einem Bauern in Niederbayern untergebracht. Besser gesagt, die Amerikaner zwangen ihn, uns aufzunehmen. Er war ein sehr gemeiner Mann, die Situation dort war schlecht. Wir teilten uns zu fünft ein Zimmer und wir Kinder durften drei Monate lang nicht raus zum spielen. Aber: Wir waren auf seine Gnade angewiesen. 



Maria Bohm (Vorderreihe, 3. v. r.) nach ihrer Flucht in Niederbayern und heute.


Wir saßen also eines Abends bei dem Bauern zum Essen, die Milchsuppe stand in einem großen Kessel auf dem Tisch und alle aßen mit der Kelle daraus. Als mein Vater nach einem Teller fragte, sagte der Bauer: ‚Wie ich sehe, bist sogar ein richtiger Feinschmecker. Nix kriegst!‘ Wir fühlten uns gedemütigt. Er wollte uns nicht bei sich haben. Und wir wollten nicht dort sein. Aber wo sollten wir hin?

Im Oktober 1944 sind wir aus dem heutigen Serbien geflohen. Dort lebte meine Familie seit Generationen. Ich, meine Schwester und ihr Baby konnten auf dem Planwagen eines Nachbarn mitfahren, meine Mutter ist die ganze Strecke bis nach Schlesien gelaufen. 

Mein Vater war zu der Zeit bei der Wehrmacht in Deutschland stationiert. Zweimal ist er dort abgehauen, hunderte Kilometer umhergeirrt, um uns zu suchen und uns für ein paar Tage zu begleiten. Ein Mal sogar nur für eine Nacht. Meine Mutter hatte wahnsinnige Angst, dass die Wehrmacht meinen Vater erschießt, wenn sie merken, dass er nicht mehr da ist. Von Schlesien aus ging es in einem Viehwaggon weiter nach Deutschland. Drei Tage waren wir in dem Zug eingeschlossen, ein alter Mann starb darin. Meine Mutter erzählte noch Jahre später davon. 

Die ersten eineinhalb Jahre in Deutschland wurden wir von Lager zu Lager geschickt, kamen dazwischen immer wieder mal bei Bauern wie dem gemeinen in Niederbayern unter. Gott sei Dank waren nicht alle so wie er. Wir waren auch ein paar Wochen in einer Außenstelle des ehemaligen KZs Flossenbürg untergebracht, das zu dem Zeitpunkt erst seit Kurzem leer stand. Ein paar Monate vorher waren dort noch Juden ermordet worden, jetzt waren wir dort. Es gab fast keine Betten oder Pritschen, die Essensversorgung war miserabel. Das war auch die Zeit, als meine Mutter gemeinsam mit einer anderen Frau zum Betteln um Essen auf die umliegenden Höfe ging. Die Einheimischen haben sehr unterschiedlich reagiert. Bei manchen gab es zwei Eier und einen Löffel Schmalz, andere haben die Vorhänge zugezogen und nicht aufgemacht.

In Serbien hatten wir ein schönes Haus, viel Platz, wir mussten uns um Dinge wie Essen oder Kleidung nie Gedanken machen. Und jetzt ging meine Mutter plötzlich betteln. 

Von der Kleidung her gab es auf jeden Fall Unterschiede zu den Einheimischen. Auch wenn alle unter dem Krieg litten, so war ich mit Sicherheit schlechter angezogen als die anderen Kinder. Mein Kleid für den ersten Schultag bestand aus einer umgenähten Wehrmachtsdecke. Manche hänselten mich deswegen. Aber das war mir damals egal, ich mochte es sehr. 

Flüchtlingskinder hatten in unserer Gegend einen schlechten Ruf, weil sie einfach noch ärmer als der Rest waren. Aber das wurde einem nicht direkt gesagt, das waren mehr die Blicke und die Ermahnung an die einheimischen, bayerischen Kinder, nach Hause zu kommen und nicht mit uns zu spielen. Für die Erwachsenen war das sicher auch nicht leichter. Als meine Eltern nach Monaten Arbeit auf einem Gutshof fanden, wurde die ganze Situation langsam besser. Die Einheimischen sahen, dass wir mindestens genauso hart arbeiteten wie sie. Dadurch wurde das Misstrauen geringer.“

patrick-wehner

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"Verzweifelt ging ich ans Seeufer und überlegte lange, hineinzugehen"


Erika Jarchov, 97, ist von Frankfurt Oder nach Schleswig-Holstein geflohen:

Im Juni 1945 kamen wir in Gleschendorf in Schleswig-Holstein an. Es war das Ende der mehrmonatigen Flucht von uns vier Frauen: meiner Mutter, meiner Schwester, meiner Cousine und mir. Oder eigentlich fünf, denn ich war 27 und im achten Monat schwanger. Mit einem Mädchen, wie sich herausstellen sollte. Männer gab es in unserer Familie nicht mehr. Mein Vater, mein Bruder und der Mann meiner Schwester waren gefallen. Mein Mann war an der Ostfront. Am 30. Januar wurde der Befehl erteilt, dass Frauen und Alte Frankfurt an der Oder verlassen müssen. Also machten wir uns auf den Weg. Zunächst war auch meine 90-jährige Großmutter dabei. Mit dem Zug wollten wir nach Berlin. Vor Fürstenwalde fielen die Bomben. Also rannten wir raus. Wir konnten nur mitnehmen, was wir am Körper trugen.



Erika Jarchov mit ihrem Urenkel

Zunächst kamen wir in U-Bahn-Schächten unter. Dann ging es zu Fuß zu unserer Tante in Pritzwalk. Dort erlag meine Großmutter den Strapazen der Flucht. Doch wir konnten nur kurz ausruhen. Die Russen kamen immer näher. Und was die mit Frauen machten, wollten wir uns gar nicht vorstellen. Meine Tante bat uns, ihre 14-jährige Tochter mitzunehmen. Weiter ging es mit  Fahrrädern und zu Fuß. Irgendwie über die Elbe kommen, dann vielleicht nach Schleswig-Holstein, wo eine Freundin meiner Schwester wohnte. Wir schlugen uns durch, stachen Spargel oder rupften Kartoffeln. Dafür gab es Suppe und Wasser. Die Russen blieben uns im Nacken. Manchmal kamen sie nur Stunden später in dem Ort an, den wir gerade verlassen hatten. Einige Zeit verbrachten wir in einem Lager der Engländer auf freiem Feld. Ein paar Wochen lebten wir im Haus eines Straßenarbeiters. Behandelt wurden wir eigentlich überall gut. Viele Menschen halfen uns. Das hatte bestimmt auch mit meinem Zustand zu tun, der unübersehbar wurde.

Als wir endlich in Gleschendorf ankamen, fand ich sofort Arbeit, denn ich war Englischlehrerin. Und Englisch wollten jetzt alle lernen. Ich gab Privatstunden, dafür bekam ich Milch, Kaffee, Brot und manchmal ein bisschen Geld. So brachte ich unseren Frauenhaushalt anfangs durch. Ablehnung erlebten wir nur ganz vereinzelt. Am schlimmsten traf es mich, als ich den Mann der Gemeindeverwaltung fragte, ob es nicht ein Zimmer gebe, wo ich mit dem Baby unterkommen könne. Er antwortete barsch: „Ich kann mir auch kein Zimmer aus den Rippen schneiden. Im Pönitzer See ist Platz genug.“ Verzweifelt ging ich ans Seeufer und überlegte lange, hineinzugehen und nicht mehr wiederzukommen. Aber was wäre, wenn mein Mann zurückkommen und erfahren würde, dass ich und sein Kind, das er nie gesehen hat, es bis hierher geschafft haben – und ich dann aufgegeben habe? Also machte ich weiter, bekam meine Tochter, arbeitete. Während die anderen Frauen sich um sie kümmerten, wurde ich Lehrerin. Mein Mann kam nie zurück. Er war in Ostpreußen von einem Granatsplitter getroffen worden, wie ich Jahre später erfuhr. Meine Tochter aber wurde mein Lebensglück.

Heute bin ich vierfache Groß- und dreifache Urgroßmutter. Ins Elternhaus in Frankfurt an der Oder konnten wir nicht zurück, denn als Ehefrauen von Offizieren hätten wir dort nicht arbeiten können. Als wir es nach der Wende doch noch zurückbekamen, vermieteten wir es. Meine Heimat ist jetzt hier in Schleswig-Holstein.

constantin-wissmann

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"Der Mann, der uns bei der Flucht half, war ein amerikanischer Offizier. Meiner Mutter habe ich nie erzählt, dass er mich kurz vor der Flucht vergewaltigt hat."



Ingeborg Heidler, 87, floh von Egerland in Tschechien nach Stuttgart:

„Ich war in meiner Familie die erste, die geflohen ist. Wir lebten damals im Egerland, in der ehemaligen Tschechei. Ich war 17 Jahre alt. Es ging uns gut, wir besaßen eine Porzellanfabrik bei Karlsbad. 1945 sollte ich zur Zwangsarbeit nach Russland eingezogen werden. Ich war verrückt vor Angst, weil ich dachte, dass ich von dort vielleicht nie wieder zurückkommen würde. Der Mann, der uns bei der Flucht half, war ein amerikanischer Offizier. Meiner Mutter habe ich nie erzählt, dass er mich kurz vor der Flucht vergewaltigt hat. Er konnte uns retten, also schwieg ich. Wir flohen sieben Tage und sieben Nächte lang, versteckten uns in Vieh- und Tankzügen, immer in der Angst, entdeckt zu werden.

Als wir uns endlich trauten, aus den Tanks zu schauen, sahen wir lauter Köpfe vor uns – wir waren erleichtert, nicht die Einzigen zu sein. Die ganze Zeit klammerte ich mich an meinen winzigen Koffer, darin nur eine Zahnbürste und Unterwäsche; meine Mutter hatte einen Pelzmantel dabei.


Ingeborg Heidler damals und heute.

Sobald wir in Stuttgart ankamen, waren wir auf einmal von Autos der Amerikaner umringt. Wir alle mussten eine Nacht ins Gefängnis, weil wir fünf Minuten nach der Sperrstunde ankamen. Hier hofften wir bei meinem Onkel unterzukommen, wussten aber nicht, ob er noch lebt. Als wir an seine Türe klopften, rief er von der anderen Seite: ‚Kommt nur rein, ich habe gerade von euch geträumt!‘ Meine Mutter kehrte dann kurze Zeit später wieder zurück zu meinem Vater und meinem Bruder, bis sie 1946 schließlich aus Egerland vertrieben wurden.

In Stuttgart wurde ich aufgenommen wie eine Tochter. Wir hatten wirklich großes Glück. Ich kochte und putzte für die vierköpfige Familie, sodass die Nachbarn dachten, ich sei die Haushaltshilfe. Als meine Eltern ein Jahr später mit meinem kleinen Bruder nachkamen, lebten wir in zwei winzigen Dachkammern, hatten keine Toilette und wuschen uns in der Küche. Die Zimmer gehörten eigentlich anderen Familien. Deswegen zeigten die Leute mit dem Finger auf uns. Wir waren immer ‚die Flüchtlinge‘, die anderen den Platz wegnahmen. Das war hart.

Keiner konnte sich vorstellen, wie wir alle in ein Land passen sollten. Vergewaltigungen waren nicht selten – ich schmierte mir deswegen manchmal Asche ins Gesicht und stopfte meine Kleider mit Kissen aus, um älter auszusehen.

Wir waren sehr arm, lebten dicht gedrängt. Manchmal gab es deswegen Streit mit den Nachbarn, die oft selbst Flüchtlinge waren. Zu Essen gab es oft nur trockenes Brot. Aber in den Flüchtlingskasernen war es noch viel schlimmer. Ich hatte großes Heimweh, vermisste die Wälder und die Natur. Aber ich hatte Hoffnung, dass es durch die Arbeit besser würde. Ich hätte gerne studiert, hatte aber kein Abitur, also fing ich eine Ausbildung zur Dolmetscherin an. Ich lernte wie verrückt. Nach meinem Abschluss ernährte ich ein Jahr lang die ganze Familie. Mein Vater war mit 50 zu alt, um eine Anstellung zu finden.

Meinen Eltern fiel es schwerer als uns Kindern, die Flucht zu verarbeiten. Sie hatten ihre ganze Existenz aufgegeben, zu Hause eine erfolgreiche Fabrik geführt – und hatten hier plötzlich nichts. Einmal fand mein Vater 1000 Mark in einem alten Anzug. Aber unser Geld war nichts mehr wert. Es brauchte sicher drei, vier Jahre, bis wir uns integriert hatten. Mein Onkel, auch ein Fabrikant, half uns mit allem. Er gab meinen Eltern Arbeit in der Fabrik. Ich weiß nicht, was wir ohne ihn gemacht hätten.

Seitdem war ich ein paar Mal im Egerland. Es ist immer noch meine Heimat. Auch wenn ich akzeptiert habe, dass ich dort nicht mehr leben kann. Bis heute weiß ich nicht, wo ich zu Hause bin.“

sina-pousset

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"Vor der ganzen Klasse wurde ich für mein schlechtes Deutsch gedemütigt"



Friedhelm Höckendorff, 78, ist von Pommern nach Schleswig geflohen:


„Es war der 21. Juni 1946, die Sonne war gerade aufgegangen, als meine Eltern meine beiden Schwestern und mich zur Flucht weckten. Ich war neun Jahre alt. Wir lebten auf einem Bauernhof nahe Stolp (polnisch Slupsk) in Pommern. Pommern gehörte jetzt nicht mehr zu Deutschland, die Russen vertrieben systematisch Familien aus ihren Häusern. Meine Eltern hatten 30 000 Zloty an einen Polen gezahlt, der die Flucht Deutscher aus den Ostgebieten organisierte. Aus Bettlaken und Handtüchern hatten sie Rucksäcke gefertigt und ihre Sparbücher in die Seitentaschen eingenäht. Die Rucksäcke lagen in einem vierrädrigen Handwagen. Daneben, in einige Wolldecken eingewickelt, mein acht Wochen alter Halbbruder Dieter. So zogen wir los.


Friedhelm Höckendorff nach der Flucht im selbstgenähten Mantel und rechts heute.

Nach zehn Kilometern Fußmarsch stiegen wir in einen Güterwaggon, der uns ins Massenlager Stettin-Frauendorf brachte. Wir fühlten uns wie Vieh. Kinder schrien, Mütter stillten, in einer Ecke stand ein Eimer, in den man sich entledigen konnte. Im Flüchtlingslager wurden wir von russischen Soldaten gefilzt. Wer noch Wertsachen hatte, dem wurden sie weggenommen. Die Sparbücher wurden aus unseren Rucksäcken geschnitten, obwohl ich nicht glaube, dass die Soldaten etwas damit anfangen konnten.

Schließlich gerieten wir nach Schleswig-Holstein und lebten wochenlang inDurchgangslagern. Zusammengepfercht mit anderen Familien hausten wir in turnhallenartigen Räumen oder fensterlosen Dachböden auf Holz oder Stroh. Die Menschen kämpften um Nahrungsmittel und Toiletten. Mütter waren überfordert mit der Erziehung ihrer Kinder. Einmal beobachtete ich eine Frau, die ihren Stiefsohn an einem Balken festband und mit einem Gürtel verprügelte.

In einem Barackenlager nahe des Schlosses Gottorfs in Schleswig lebten wir schließlich drei ganze Jahre lang. Not macht erfinderisch, sagt man: Des faden Lageressens überdrüssig, gingen wir Kinder Beeren und Ähren sammeln und sogar jagen. Mit einigen älteren Jungs zusammen fertigten wir Floße, Reusen und Angeln, um in der Schlei Fische und Wildenten zu fangen. Trotzdem mussten wir oft hungrig zu Bett. Besonders schlimm war der erste Winter, der zu allem Unglück auch noch der kälteste seit Jahrzehnten war. Doch war diese Zeit auch abenteuerlich und erlebnisreich. Ich erinnere mich gern daran.

In der Schule war ich gut. Doch unser Lehrer, ein alter, kriegsversehrter Mann, war nicht gut auf Flüchtlingskinder zu sprechen. Vor der ganzen Klasse wurde ich für mein schlechtes Deutsch gedemütigt. Ein Schlüsselerlebnis: Ich nahm mir vor, Lehrer zu werden und niemals einen Schüler bloßzustellen. Viele Jahre später wurde ich Direktor einer Grund- und Hauptschule.

Im folgenden Sommer verdorrte die Ernte auf den Feldern. Hinzu kam, dass die Bevölkerung von Schleswig-Holstein durch uns Heimatvertriebene von 1,6 auf 3,6 Millionen angestiegen war. Alle litten Hunger. Bei den Schulspeisungen entlud sich der Frust der Einheimischen. Wir wurden oft als ‚Flüchtlingspack‘ beschimpft. Ein Mitschüler schleuderte mir einmal seine Essensdose gegen den Kopf. Die Narbe habe ich heute noch.

Nach drei Jahren bezogen wir eine eigene, winzige Wohnung. Mein Vater arbeitete bei der Bahn. Wir lebten von der Hand in den Mund. Wenn der Kohlehändler seine Ware ausfuhr, versuchten wir Briketts zu stehlen, um unsere Wohnung zu heizen. Unsere Lebensumstände waren dürftig, aber ich trat der Evangelischen Jungschar bei, lebte mich ein und fühlte mich schon bald in Schleswig zu Hause.“

mercedes-lauenstein
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"Ein Beamter sagte: ‚So lange ich hier arbeite, haben Sie als Flüchtling gar nichts zu fordern.‘"


Annemarie Haunhorst, †83, ist von Schlesien nach Melle geflohen. Ihre Enkelin war vor ihrem Tod auf ihren Spuren unterwegs:

Im April dieses Jahres war ich das erste Mal in Schweidnitz. Die Stadt heißt heute Świdnica, aber die deutschen Grabsteine vor der Friedenskirche erinnern noch daran, dass Świdnica früher zu Deutschland gehörte. In jene Friedenskirche ging meine Großmutter Annemarie bis 1945 regelmäßig mit ihrer protestantischen Großmutter. Danach musste sie flüchten.

Kurze Zeit darauf berichtete ich meiner Oma von meiner Reise: Dass an der Kathedrale mittlerweile eine hässliche Papst-Statue steht und ich die Flurstraße, in der sie früher wohnte, wegen der neuen Straßennamen leider nicht gefunden hatte. Bei meiner Oma kamen die alten Erinnerungen hoch. Sie erzählte:



Annemarie Haunhorst in dem Kleid, wegen dem eine Frau aus Melle einen Wutanfall bekam. Rechts bei ihrer diamantenen Hochzeit.

„Im Februar 1945, ich war noch keine 13, pochte es bei uns an der Tür. Davor stand deutsche Militärpolizei mit Gewehren, im Volksmund auch ‚Kettenhunde‘ genannt. Sie sagten, wir hätten zwei Stunden Zeit, um unsere Sachen zu packen. Nicht mehr als ein Koffer pro Person. Dann sollten wir zum Bahnhof gehen, ein Zug würde uns wegbringen.

Mein älterer Bruder war zu diesem Zeitpunkt in Norwegen in Kriegsgefangenschaft, meine Mutter war bereits alt und schwer krank. Mein Vater durfte nicht mit uns kommen, er leitete das Telegrafenamt in Schweidnitz und der Betrieb dort sollte aufrecht erhalten werden. Er sagte noch, die Polen oder Russen würden ihm sicher nichts tun, schließlich sei er ja für sie von Nutzen. Als wir meinen Vater das letzte Mal am Bahnhof sahen, hatte er einen kleinen Jungen an der Hand, der nur sagen konnte, dass er „Paul“ heiße. Er hatte seine Eltern verloren. Mein Vater wollte sich um ihn kümmern. Dann stiegen wir ein in einen Güterzug, von dem wir nicht wussten, wohin er uns bringen würde.

Wir waren acht Tage unterwegs, viele Menschen auf engem Raum mit wenig zu Essen. Ich hatte Angst, aber da meine Mutter so krank war, riss ich mich zusammen. In Tschechien wurden wir in einen anderen Zug verladen, der brachte uns nach Erfurt. Dort kamen wir in ein Lager.

Meine Mutter war zu diesem Zeitpunkt sehr schwach. Sie blutete ständig aus dem Unterleib, es gab keine Medizin. Ich versuchte, sie zu pflegen. Zum Glück wurde uns in Erfurt ein Zimmer bei einer netten, alten Frau zugeteilt, die auch sehr gläubig war und mich in die Kirche mitnahm.

Irgendwann in dieser Zeit bekamen wir Nachricht von meinem Bruder: Er war aus Norwegen geflüchtet und lebte nun bei seiner Verlobten in der Gegend von Hildesheim. Von da an versuchten wir, einen Schein zu beantragen, der uns den Zuzug in die Westzone erlaubte, zu meinem Bruder. Der zuständige Beamte sagte jedes Mal, wenn ich kam: ‚So lange ich hier arbeite, haben Sie als Flüchtling gar nichts zu fordern.‘ Das hat mich fast verzweifeln lassen. Ich bin dann mehrmals illegal durch den Wald über die Grenze gelaufen. Da meine Mutter für diese Reisen zu krank war, war allerdings klar, dass wir einen offiziellen Zuzugsschein brauchten.

Im Frühjahr 1948 wurde uns dieser schließlich doch genehmigt. Erst kamen wir bei meinem Bruder unter, dann wurden wir ins niedersächsische Melle verlegt, bei der Familie eines reichen Fabrikbesitzers sollte angeblich Platz für uns sein. Als wir dort klingelten, machte uns niemand auf. Stattdessen hörten wir jemanden sagen: ‚Oh Gott, bloß keine Flüchtlinge.‘ Das Amt hat dann nicht darauf beharrt, dass wir dort wohnen, sondern uns einer anderen Familie zugeteilt.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur noch ein Kleid. Irgendwann hat meine Mutter mir ein neues gekauft, obwohl wir uns das eigentlich nicht leisten konnten. Eine Frau aus dem Ort sah mich darin. Ihr Sohn hat mir später erzählt, wie sie zu Hause wütend das gleiche Kleid aus ihrem Schrank riss und darauf rumtrampelte. ‚Ich trage nicht das Gleiche wie ein Flüchtlingsmädchen‘ hat sie gesagt.

In Melle erfuhr ich auch, dass mein Vater tot ist. Er hatte einen Treppensturz und war im Telegrafenamt nicht mehr nützlich. Das letzte Mal wurde er in Schweidnitz gesehen, wie er im Müll nach Essbarem suchte. Er bekam dann eine Angina und starb. Vielleicht hat sein geschwächter Körper das verschimmelte Brot nicht mehr vertragen.“ 

An dieser Stelle fing meine Oma an zu weinen. Mein Opa hielt ihr die Hand. Die Flucht hatte auch etwas Gutes: In Melle hat meine Oma meinen Opa kennengelernt. 1954 heirateten die Beiden. Da sie kaum Geld hatten, überließ meine verwitwete Uroma ihnen ihren Ehering. Meine Oma hat darin den Spruch „Für meine Mutter“ eingravieren lassen.

Meine Oma Annemarie ist am 17. Juni 2015 überraschend verstorben. Ihren Ehering hat sie mir vermacht. Ich trage ihn jeden Tag. 

charlotte-haunhorst



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"Wie viele meiner Generation habe ich wenig über meine Vergangenheit gesprochen."


Helga Klose, 80, floh zweimal in ihrem Leben:

"Im Januar 1945 war ich zehn Jahre alt. Ich lebte mit meiner Mutter, meinen zwei älteren Schwestern und zwei jüngeren Brüdern in unserer niederschlesischen Heimat Liegnitz (polnisch Legnica). Mein Vater war im Krieg. Die Front rückte näher. Weihnachten war ausgefallen.

Liegnitz befand sich im Chaos. Es herrschte Angst vor der Roten Armee und ein eiskalter Winter. Tausende Flüchtlinge strömten aus dem Osten in die Stadt. Unsere Familie hatte Glück. Eine Tante, die bei der Bahn arbeitete, informierte uns über den letzten offiziellen Zug, der Liegnitz am 31. Januar Richtung Thüringen verlassen würde.



Helga Klose heute.

Der Zug stand weit außerhalb der Stadt. Als meine Mutter sich mit uns fünf Kindern dorthin auf den Weg machte, fragten Nachbarn: „Wollt ihr jetzt schon weg?“ Viele von ihnen kamen später nicht mehr aus der Stadt raus.

Die Fahrt von Liegnitz nach Altenburg hätte normalerweise wenige Stunden gedauert. Doch wegen zerstörter Bahngleise und Tieffliegerangriffen musste der überfüllte Zug immer wieder stehen bleiben. Wir waren drei Tage unterwegs. Jedes Kind hatte einen Rucksack dabei. Pro Familie war ein Koffer erlaubt. Unseren hatte meine Mutter glücklicherweise mit Brot gefüllt, sodass wir nicht hungern mussten. Wasser, auch das für das Milchpulver meines neun Monate alten Bruders, holten wir aus der Kühlung der Lokomotive. Davon wurden wir alle krank.

Dennoch hatten wir großes Glück. Unser Zug blieb von Luftangriffen verschont. Noch heute muss ich daran denken, wie meine Geschwister und ich uns bei jedem Tiefflieger voller Angst unter die Sitze warfen.

Endlich am Bahnhof Altenburg angekommen, wurden wir Flüchtlinge durchgezählt. Kurz vor unserer Familie wurde eine Grenze gezogen. Wie wir später erfuhren, erneut Glück für uns. Denn die Leute vor uns kamen in ein Dorf, das heftig bombardiert wurde. Wir wurden einem Großbauern aus Molbitz zugewiesen. Die nächsten fünf Jahre sollten wir bei ihm wohnen und arbeiten.

In dieser Zeit hatten wir kein fließendes Wasser. Wir Schwestern schliefen gemeinsam auf Strohsäcke. Und wir mussten jeden Tag auf dem Feld helfen. Dafür erhielten wir Zuckerrüben, Mehl oder Kartoffeln. Ich hatte damals oft Bauchweh vor Hunger. Kleider und Schuhe waren Mangelware. Doch von den Menschen in Thüringen fühlten wir uns gut aufgenommen. Ich denke, das lag auch daran, dass wir als tüchtig und ehrlich galten. Meine Mutter ermahnte uns beispielsweise, dass wir Eier oder Äpfel, die wir auf dem Grundstück fanden, immer beim Bauern abgeben sollten. Das haben wir auch getan. Viele Jahre später erkannte der Bauer meine Schwester bei einem Klassentreffen in Altenburg wieder. Er lief auf sie zu und umarmte sie.

In der Schule freundete ich mich mit der Tochter des Bürgermeisters an, die mir Brot mit Fett  mitbrachte. Bei ihrer Oma durften wir manchmal für eine Viertelstunde in den Garten zu den Johannisbeersträuchern. In dieser Zeit lernte ich, Johannisbeeren mit Ameisen zu verspeisen. Dass ich eine gute Schülerin war, gab mir Selbstbewusstsein. Der Rektor war von meinen Leistungen so beeindruckt, dass er mir für das Gymnasium ein Taschengeld anbot.

Wie viele meiner Generation habe ich wenig über meine Vergangenheit gesprochen. Erst seit ein paar Jahren dringt immer mehr an die Oberfläche. Vieles ist nicht verarbeitet. Doch diese Zeit hat mich gelehrt, worauf es im Leben ankommt.

In meinem Mann habe ich jemanden gefunden, der mich versteht. Als wir uns beim Tanz in Altenburg kennen lernten und feststellten, dass er ebenfalls aus Liegnitz geflohen war, schweißte uns das ein Leben lang zusammen. Gemeinsam flohen wir später ein weiteres Mal – aus der DDR."

nadine-gottmann




Der Mann, der das Fest in Heidenau möglich machte

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Michael, seit Sonntag bist du „der Student mit der erfolgreichen Verfassungsbeschwerde“. Was war da bei Dir am Wochenende los?
Meine Geschichte beginnt eigentlich schon am Donnerstag – da verhängte der Landrat ein Versammlungsverbot in Heidenau für das gesamte Wochenende. Angeblich wegen des dort herrschenden polizeilichen Notstandes. Ich habe mich darüber geärgert – schließlich sollte am Freitag ja ein Willkommensfest für Flüchtlinge sein. Ich hatte das Gefühl, da muss man was tun. Also habe ich um Mitternacht angefangen, einen Antrag an das Verwaltungsgericht Dresden zu schreiben, in dem ich dieser Entscheidung widerspreche. Den habe ich dann morgens um sechs eingereicht.

Und dann?
Dann bin ich ins Bett gegangen (lacht). Um neun kam aus dem Faxgerät die Eingangsbestätigung des Verwaltungsgerichts – zusammen mit jeder Menge Papierkram, den der Landrat dort vorsorglich eingereicht hatte, um zu begründen, warum der polizeiliche Notstand in Heidenau gerechtfertigt ist. Da habe ich also schon geschluckt. Um 12.30 Uhr ratterte das Faxgerät erneut, heraus kam der Beschluss vom Verwaltungsgericht Dresden, der mir Recht gab und das Versammlungsverbot aufhob. Ich bin erstmal vor Freude wie ein kleiner Junge rumgehüpft. Mein Gegner war immerhin eine große Behörde, ich hatte nie damit gerechnet, dass da mein Antrag durchgeht.


Michael Fengler, 25, studiert Jura in Bonn. Parallel arbeitet er seit drei Jahren bei einer Kanzlei in Brühl. 

Jetzt sind wir ja erst beim Verwaltungsgericht – wie ging es weiter?
Am Nachmittag ratterte das Faxgerät wieder, das war dann ein Schriftsatz des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Bautzen, in dem stand, dass der Landrat bei ihnen Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt habe und dass ich bis 17.30 Uhr doch bitte Stellung nehmen solle. Da war es 17.15 Uhr.

Klingt nicht machbar.

Ja, rückblickend ist aber das Kurioseste, dass man für Stellungnahme vor dem Oberverwaltungsgericht einen Anwalt braucht – ich habe aber keine Anwaltszulassung. Theoretisch hätte ich mir also erstmal einen Anwalt suchen müssen, der für mich dann einen Antrag auf Fristverlängerung stellt.
Zu dem Zeitpunkt war mir das zum Glück gar nicht bewusst, ich habe eine Stellungnahme geschrieben und die um 17.40 Uhr zurückgeschickt. Um 18.30 Uhr kam dann ein Fax mit dem Beschluss, dass das Willkommensfest genehmigt sei, das zu dem Zeitpunkt ja bereits lief, alle anderen Versammlungen an diesem Wochenende aber nicht.

Außerdem hat mir das Oberverwaltungsgericht einen Großteil der Kosten für das Verfahren auferlegt – ungefähr 1000 Euro. Da fielen mir dann schon die Augen aus dem Gesicht. Ich habe mit meinem Chef gesprochen und dann kamen wir gemeinsam auf die Idee, das Verfassungsgericht einzuschalten. Um halb elf Freitagabend haben wir das alles hingefaxt, das Bundesverfassungsgericht hat für solche Fälle bis ein Uhr nachts einen Notdienst.

Das Bundesverfassungsgericht ist ja aber nur zuständig, wenn jemand in seinen Grundrechten beschnitten wird. Wie hast du da argumentiert?

Ich wurde in meinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt, an dem Wochenende in Heidenau durfte sich ja niemand mehr spontan versammeln und es sollte noch andere Veranstaltungen außer dem Willkommensfest geben. Außerdem in meinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit, denn wenn ich mich nicht versammeln darf, darf ich auch meine Meinung nicht frei äußern. Und mein Recht auf wirksamen Rechtsschutz wurde verletzt, da das OVG mir nur 15 Minuten für meine Stellungnahme eingeräumt hat, was viel zu kurz ist.

Um 12.30 Uhr am Samstag kam dann der Beschluss des Bundesverfassungserichts per Fax, der mir in allem recht gegeben hat. Das war natürlich ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Aber auch traurig, denn ich kann jetzt sagen: Der Freistaat Sachsen hat meine Grundrechte verletzt und eigentlich ist das ein Armutszeugnis.

Du sagst selber, dass du nicht an den Erfolg deines Antrages geglaubt hast. Warum hast du ihn dann überhaupt eingereicht?

Wenn ich es nicht tue, macht es ja keiner! Ich dachte, die Gegenseite würde Argumente liefern, von denen ich noch nie gehört habe, dem war aber nicht so. Daraus kann man die Erkenntnis ziehen: Jeder hat die Möglichkeit, vor dem Bundesverfassungsgericht Recht zu bekommen.

Was wurde aus den 1000 Euro Prozesskosten?

Sigmar Gabriel rief am Samstagmorgen um neun Uhr bei mir an. Ich lag noch im Bett, da es am Abend zuvor durch den Antrag an das Bundesverfassungsgericht ziemlich spät geworden war. Er gratulierte mir zu meinem juristischen Erfolg und dankte mir dafür, dass ich das Willkommensfest am Freitag ermöglicht hatte. Außerdem sagte er mir zu, dass er die 1000 Euro Verfahrenskosten übernehmen will. Schlussendlich ist das aber nicht mehr notwendig gewesen, da durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts drei Stunden später der Beschluss des OVG Sachsen aufgehoben wurde. Heißt: der Freistaat Sachsen muss meine Auslagen tragen.

Letzte Frage: Warum, zum Teufel, hast du ein privates Faxgerät?

Tja, vielleicht für genau solche Fälle? Irgendwann kommt der Punkt im Leben, an dem man diese veraltete Technologie nochmal braucht, ich sag es euch!

To-Do-Liste: Kanyes Weg zum US-Präsidenten

"Syrien und Assad waren untrennbar verbunden"

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Luna Al-Mousli, 25, ist in Damaskus aufgewachsen und mit 14 mit ihrer Familie nach Österreich gezogen. Im vergangenen Jahr hat sie ihr Diplom in Grafikdesign an der Universität für angewandte Kunst in Wien gemacht – mit einem komplett selbstgemachten Buch über ihre Kindheit in Syrien: 44 poetische Mini-Geschichten, illustriert mit privaten Fotos. "Eine Träne. Ein Lächeln." erscheint jetzt in einer limitierten Auflage im Verlag weissbooks.w.
Im Interview spricht Luna über Syrien damals und heute, darüber, wie ein ein autoritäres Regime auf ein Kind wirkt, und wie man Erinnerungen abbildet.

jetzt.de: Luna, wann warst du das letzte Mal in Syrien?
Luna Al-Mousli: Ein Jahr vor dem Bürgerkrieg, also 2010.

Sind deine Verwandten noch dort?
In Damaskus leben noch meine Großeltern väterlicherseits, meine Cousine und meine Tanten, bis auf zwei, eine ist im Libanon und eine in Saudi-Arabien.

Habt ihr regelmäßig Kontakt?
Ja, wir skypen oder schreiben uns.

Sprecht ihr dann über den Krieg?
Wenn, dann nur sehr vorsichtig – aber es geht meistens sowieso darum, wie es ihnen geht, was sie so machen, ganz alltägliche Sachen. Sie reden nicht so gern über den Krieg, vor allem nicht darüber, dass es ihnen schlecht geht.

Aber der Bürgerkrieg ist in deinem Leben trotzdem präsent, oder?
Ja, aber mit der Zeit wird es extrem ermüdend, sich damit zu beschäftigen, weil es keine guten Nachrichten gibt. Irgendwie ist auch das kleine, naive Mädchen in mir gestorben, das die ganze Zeit an ein Happy End geglaubt und das jetzt kapiert hat, wie viele Ebenen es in diesem Konflikt gibt. Und natürlich ist es auch eine persönliche Sache, wenn ich zum Beispiel in den Nachrichten sehe, dass ein Luftanschlag an einem Ort war, an dem Leute wohnen, die ich kenne.

In deinem Buch erinnerst du dich an deine Kindheit in Syrien. Sind die Geschichten, die du erzählst, irgendwie "typisch syrisch"?
Ich glaube schon, vor allem die aus der Schule und über das politische System. Ich habe das Buch auch Leuten gegeben, die wie ich dort gelebt haben, und sie haben bei verschiedenen Sachen schmunzeln müssen und gesagt: "Genau das ist mir auch passiert."

"Wenn man jeden Tag in der Schule vorm 'guten Morgen' 'Bis in alle Ewigkeit Assad' sagt, ist das ein totales Brainwashing."


In der Verlagsvorschau wird dein Buch mit einem Zitat angekündigt: "Inspiriert von Hakauwati, dem Erzähler, der das Leben mit seinen Geschichten verzaubert..." Wer ist dieser Hakauwati?
Hakauwati ist das arabische Wort für Geschichtenerzähler. In Damaskus in der Altstadt gab es immer welche. Da saß dann das Publikum in einem Café auf kleinen Hockern, der Hakauwati saß ein bisschen höher vor ihnen und hat aus einem Buch vorgelesen. Alle haben unglaublich konzentriert zugehört. Das fand ich toll.


Lunas Buch.


Das Zitat geht weiter: "...verspüre ich den Drang, meinen Freunden in Europa Geschichten aus Damaskus zu erzählen."
Genau. Weil das Thema Syrien in letzter Zeit so extrem präsent ist und zwar nur mit negativen Geschichten, die traurig machen, hatte ich den Drang, mehr darüber zu informieren, wie der Alltag dort vorher war. Und dabei auch die ernsteren, politischen Seiten zu zeigen, um nachvollziehen zu können, warum das alles passiert ist. Wenn die Kinder nicht in der Schule geschlagen worden wären, wenn es gerechte Bildung und freie Meinungsäußerung gegeben hätte – dann wäre das alles ja nicht notwendig gewesen.

Du erzählst zum Beispiel, dass du jeden Morgen aus dem Fenster auf einen Assad-Schriftzug geschaut hast, in der Schule Parolen der Baath-Partei aufsagen musstest und von der Direktorin mit einem Stock auf die Finger geschlagen wurdest, weil du das Tuch mit dem Parteilogo nicht getragen hast. Das war schon politisches Brainwashing, oder?
Auf jeden Fall! Für mich war es darum auch unfassbar, als die Revolution ausbrach. Syrien und Assad waren bis dahin immer untrennbar verbunden. Das war, als würde man lernen "Der Himmel ist blau" – und plötzlich steht man auf und er ist gelb.


Luna illustrierte das Buch mit Ausschnitten von Familienbildern. 


Aber dass die Baath-Partei nicht das einzig Wahre ist, hast du doch sicher vorher schon gemerkt.
Klar, es wurde ja auch Zuhause kritisch darüber gesprochen. Aber man lebt ja trotzdem in diesem System und artikuliert die Kritik nicht nach außen. Und wenn man jeden Tag in der Schule vorm "guten Morgen" "Bis in alle Ewigkeit Assad" sagt, ist das ein totales Brainwashing.

Das Buch ist zweisprachig, auf Deutsch und Arabisch. In welcher Sprache hast du zuerst geschrieben?
Auf Deutsch. Die Idee mit Arabisch hat sich bei einem Skype-Gespräch mit meiner Cousine ergeben. Ich habe ihr erzählt, dass ich grade meine Kindheitserinnerungen aufschreibe, sie sagte "Oh, schick mir mal was". Ich habe ohne drüber nachzudenken Copy Paste gedrückt – und sie schrieb: "Luna, it’s in German???" Da bin ich erst drauf gekommen, wie unpassend es ist, dass diese Menschen, mit denen ich diese Geschichten erlebt habe, sie gar nicht lesen können. Wo ich doch so darauf brenne, sie auch ihnen zu erzählen.

Hat deine Familie das Buch schon gelesen?
Ja und das war ganz lustig, weil sie sich an viele Sachen auch erinnern konnten – aber anders. Dann haben sie gesagt: "Luna, so war das gar nicht!" oder "Nein, der war doch gar nicht mit!" Erinnerung ist eben sehr subjektiv.

In dem Buch sind ja auch Fotos oder besser: Ausschnitte aus Fotos. Sind die aus euren Familienalben?
Ja! Die Familienalben sind eine der wenigen Sachen, die wir damals aus Syrien mit nach Österreich genommen haben. Aus diesen Alben habe ich Fotos rausgenommen, extrem vergrößert und einen Ausschnitt gemacht, sodass man nur ein Detail sieht.

Warum?
Weil genau das auch in der Erinnerung passiert. Man erinnert sich ja zum Beispiel nicht an einen ganzen Raum, sondern an die Pflanze links in der Ecke oder an das Glas, das auf dem Tisch stand. Während ich die Geschichten geschrieben habe, tauchten bestimmte Bilder auf und ich habe versucht, mir den ganzen Rest rundherum auszumalen. Die vergrößerten Fotos sollen dieses Erinnerungsprozess wiedergeben.

Ist Syrien eigentlich noch dein Zuhause?
Ich bin hier und dort Zuhause, aber ich war jetzt fünf Jahre nicht in Syrien und es geht mir extrem ab. Der arabische Teil in mir muss jetzt immer durch andere Sachen am Leben erhalten werden.

Wodurch zum Beispiel?
Durch das Lernhilfe-Projekt für Flüchtlinge, bei dem ich mitarbeite und in dem auch Arabisch gesprochen wird. Durch Skypen mit meiner Cousine und meinen Tanten. Am meisten aber durch arabische Musik und durch arabisches Essen, syrische Spezialitäten, die in meiner Familie manchmal gemacht werden. Das ist schon was Besonderes.

Letzte Frage: Hast du Hoffnung für Syrien?
Auf jeden Fall! Ich bin ein sehr positiv eingestellter Mensch und glaube, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt – die Frage ist nur, wie lange es dauert.

Luna Al-Mousli: Eine Träne. Ein Lächeln. Text-/Bildband, 156 Seiten, 38 Euro. Limitierte Auflage im Sonderformat mit Samtbezug. Die ersten Exemplare sind nur über den Verlag zu beziehen (info@weissbooks.com), ab dem 9. September ist das Buch auch im Buchhandel erhältlich.

"Seid nicht traurig, ich bin glücklich und tanze!"

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Eigentlich ist das Phänomen so eine Art Taschenspielertrick in der Literatur: Der Hauptheld, aktuell in einer lebensbedrohlichen Lage, verfasst ein Schreiben, das mit dem Satz "Wenn ihr diese Zeilen lest, bedeutet das, dass ich nicht mehr bin" beginnt. Danach folgen dann, je nach Genre, große Offenbarungen, schmutzige Geheimnisse, ein Testament und oft auch einfach alles zusammen. Und: Natürlich werden diese Botschaften im Laufe des Buches immer gefunden, auch wenn der Hauptheld überlebt.




Vielleicht kannte Emily Philipps diesen Trick, vielleicht misstraute sie auch einfach nur ihrer Familie. Auf jeden Fall hat die im Mai verstorbene 69-jährige Amerikanerin es geschafft, dass ihr selbstgeschriebener Nachruf momentan viral geht - wenn auch leider unter einem anderen Namen.

Ihr Nachruf beginnt mit den Worten

"
It pains me to admit it, but apparently, I have passed away",

was an sich schon ein tragikomischer Satz ist. In den folgenden Zeilen entspinnt sich dann die sehr schöne Lebensgeschichte von Emily Philipps. Keine "Sie war eine bewundernswerte Frau"-Floskeln, sondern ganz konkret. Sie erzählt, wie in ihrer Kindheit die Mutter ein Huhn tötete, damit sie einen Sonntagsbraten essen konnten. Wie sie 1967 den Mann ihrer Träume heiraten durfte ("groß, dunkel, gutaussehend") und sie zwei Kinder bekamen. Wie sie schließlich Großmutter wurde. Ein "normales" Leben, würden viele sagen. Auch Philipps weiß das. Aber trotzdem zeigt sie auf charmante Weise den tieferen Sinn auf. Sie schreibt:

"
So, I was born; I blinked; and it was over. No buildings named after me; no monuments erected in my honor"

um dann im Anschluss direkt zu sagen:

"But, I DID have the chance to know and love each and every friend as well as all my family members. How much more blessed can a person be?"

Die Geschichte könnte hier zu Ende sein. Aber das ist sie nicht. Genau dieser Nachruf verbreitet sich nämlich gerade rasant im Netz. Aber nicht unter dem Namen Emily Philipps sondern, leicht abgeändert, als Nachruf der 104-jährigen Dorothy McElhaney. Die ist Anfang August gestorben und ihre Tochter hat kurzerhand den Nachruf von Emiliy Philipps abgekupfert und auf das Leben ihrer Mutter angepasst. Mittlerweile hat sie sich dafür entschuldigt, aber zu spät - wie immer bei solchen Fällen ist es dem Internet ziemlich wurscht, wie genau die Geschichte eigentlich ablief. Hauptsache, sie klingt gut. Und 104 ist vermutlich eindrucksvoller als 69.

Deshalb teilen nun alle weiterhin den Nachruf dieser uralt gewordenen Frau. Freuen sich, dass er voller echter Lebensweisheit ist. Keine Postkarte, auf die mit Comic Sans "Tanze nicht dein Leben sondern Lebe deinen Traum" geschrieben wurde. Kein "Carpe Diem", tätowiert unter der Brust. Sondern ehrliche Sätze wie:

"I'll leave you with this, please don't cry because I'm gone; instead be happy that I was here (or maybe you can cry a little bit. After all, I have passed away). Today I am happy and I am dancing."

Schade allerdings, dass McElhaneys Tocher sich hier dann doch nicht ganz genau an den Wortlaut von Emily Philipps gehalten hat. Bei der hatte dieser Satz noch eine interessante kleine Wendung. Sie schrieb: "Today I am happy and I am dancing. Probably naked."

Das wäre für eine 104-Jährige dann doch zuviel.

charlotte-haunhorst 

Plötzlich wieder da

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Freund X. rief vor kurzem an. Wir kennen uns noch aus der Schule und sind auch Freunde geblieben, als er in eine andere Stadt zog. Wir sehen uns nicht oft, aber dann intensiv. Und jetzt geriet X. ins Schwärmen: Er bekomme vielleicht einen Job in meiner Stadt. Wie toll das doch wäre! Und ich? Wurde nervös. Und das verwirrte mich. Der Freund gehört zu meinen Lieblingsmenschen, warum konnte ich mich also nicht so für die Idee begeistern wie er?



Und dann ist er auf einmal da, der Mensch aus der Vergangenheit

Man kennt das Problem von Freundschaften, die sich geografisch verändern, sonst ja eher andersherum: Menschen ziehen weg und damit kommt die Frage, wie man die Beziehung trotzdem nah hält. Das haben Freund X. und ich soweit gut hinbekommen. Aber jetzt geht die Veränderung in die andere Richtung: Er kommt dahin, wo ich lebe.

Und damit zieht ein Flashback unserer Freundschaft vor meinem geistigen Auge vorbei: Unsere gemeinsame Schulzeit war im Ganzen der Höhepunkt unserer Beziehung. Seitdem haben wir eine stabile Freundschaft. Natürlich hat sie sich mit den Jahren auch weiterentwickelt, aber nicht sehr ausgeprägt. Bisher hat das auch nie gestört. Ab und zu, aber regelmäßig, haben wir uns getroffen, sehr gerne sogar. Meistens in der Stadt der gemeinsam verbrachten Jugend, wo die Eltern einen sowieso immer jung sein lassen.  Dort waren wir jedes Mal automatisch wie früher. Und wenn wir einander in unseren neuen Städten besucht haben, planten wir immer aufregende, außeralltägliche Dinge. Weil die Zeit zu zweit so besonders ist. Stundenlang konnten wir nostalgisch über früher reden und die Besonderheit der Beziehung betonen. Und wenn man sich diese Begriffe ansieht: „nostalgisch“, „früher“, „besonders“, „außeralltäglich“, dann merkt man: Im Grunde ist unsere Freundschaft eine Zeitkapsel.

Wie soll ich den Freund jetzt in die begrenzte Zeit zwischen Studium, Beziehung und Freundesclique integrieren?


Aber jetzt wird an der etablierten Art unserer Beziehung gerüttelt. Und auf diese Veränderung scheine ich nicht vorbereitet zu sein. Ich stellte mir viele Fragen: Wie soll ich den Freund jetzt in die begrenzte Zeit zwischen Studium, Beziehung und Freundesclique, also in meinen Alltag, integrieren? Ich habe dieses ungute Gefühl, dass ich dafür verantwortlich bin, dass ab seinem Eintreffen alles super läuft. Für ihn. Und für uns. Müssen wir dann 24 Stunden aufeinander hängen? Oder reicht für einen langjährigen Freund einmal in der Woche Kaffee trinken? Wie viele Biere verdient der beste Freund im Monat? Und was passiert, wenn wir uns irgendwann zwischen dem zweiten und dem fünften total nerven? Wenn uns die Geschichten ausgehen und wir kein „Weißt du noch, als...“ mehr aufbringen können?

Und dann, nachdem ich mir all diese Fragen gestellt hatte, merkte ich, worum es wirklich geht:

Es geht nicht um Kaffee oder Biere. Es geht nicht mal um den Kampf „besondere Momente vs. Alltag“. Es geht in Wirklichkeit darum, dass ich die Zeitkapsel nicht mehr anmachen kann, wann ich es will. Oder darum, dass ich für meinen weit entfernten Freund nicht mehr Protagonistin meiner tollen Lebensstorys sein kann. Geschichten, an denen ich ihn, als Außenstehenden, als Zuhörer teilhaben lasse.

Dieses Dilemma ist nur eine peinliche Projektion meiner Unsicherheit und Angst vor dem Neuen. Gute Freundschaften zeichnen sich doch genau dadurch aus, dass sie immer wieder verschiedene Situationen meistern. Der Anfang in einer neuen Stadt ist schwer. Freund X. scheint bei Nachfrage aber ziemlich zuversichtlich zu sein, was die neue Ära unserer Freundschaft anbelangt und vertraut darauf, dass wir uns ihr anpassen. Deshalb sollte ich wahrscheinlich auch die langen Jahre der Beziehung als ein gutes Zeichen für die Flexibilität unserer Freundschaft sehen.

Alten Freundschaften sollte man auch die Chance geben, sich neu zu definieren. Um neue Zeitkapseln zu schaffen.

"Zeichen setzen" wörtlich genommen

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Wir versteigen uns jetzt mal in der Behauptung: Es ist schon eher selten, dass Regionalzeitungen Graffitis loben. Wenn sie überhaupt thematisiert werden, dann liest man etwas von "Schmierereien" und "Sachbeschädigung", oft in Verbindung mit dem Wort "Geldstrafe".

Umso spannender ist das, was gerade in Dresden passiert. Zwei Sprayer haben dort nämlich einen Regionalzug besprüht und es wird von "einem Zeichen für die Menschlichkeit" gesprochen - zumindest von der Zeitung, von der Bahn gab es noch keine Aussage dazu.

Hier das Graffiti, um das es geht:
[plugin imagelink link="http://ilovegraffiti.de/wp-content/uploads/2015/09/11951217_680203488747543_4169954609649473482_n.jpg" imagesrc="http://ilovegraffiti.de/wp-content/uploads/2015/09/11951217_680203488747543_4169954609649473482_n.jpg"] via ilovegraffiti.de

Übersetzt steht dort, dem Blog "Ilovegraffiti" zufolge "ahlan wa sahlan", also "Herzlich willkommen" auf Arabisch. Und der Zug, der da besprüht wurde, fährt täglich von Dresden nach Pirna, so dass ihn viele sehen können. Die Nähe zur Stadt Heidenau, in der es vergangene Woche gewalttätigen Protest gegen Asylbewerber gab, ist dabei kein Zufall.

Hintergrund der ganzen Aktion ist, wie die beiden als "Bastian" und "Marco" firmierenden Sprayer der Sächsischen Zeitung erzählten, dass sie ein Zeichen gegen den Fremdenhass setzen wollten. Eines, das alle verstehen. Deshalb hätten sie in einem Online-Wörterbuch auch nachgeschaut, was "Herzlich willkommen" auf Arabisch heißt und es dann auf den Zug gesprüht. Die größte Angst der Beiden war dabei allerdings weniger, dass sie erwischt werden, sondern vielmehr, dass man dieses Vergehen auch den Flüchtlingen anhängen würde. Vielleicht haben sie deshalb ja das Interview in der Zeitung gegeben?
[plugin imagelink link="http://ilovegraffiti.de/wp-content/uploads/2015/09/Unbenannt-2.jpg" imagesrc="http://ilovegraffiti.de/wp-content/uploads/2015/09/Unbenannt-2.jpg"]

charlotte-haunhorst

"Mir fehlen die Berührungen meiner Familie"

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Ahmed, Mohammed und Abdallah, drei junge Männer aus dem Nahen Osten, die alle drei mitlerweile in Europa leben, haben auf einer Konferenz im schwäbischen Bad Bollüber die politische Entwicklung ihrer Heimatländer referiert. Aber wie geht es ihnen eigentlich, fern der Familie? Wo fühlen sie sich Zuhause? Und was haben die Ereignisse in Ägypten, Gaza und Syrien mit ihnen gemacht? Ein Gespräch über Heimat und Heimweh und über Träume am Tag und in der Nacht.

Ihr kommt aus Ägypten, Gaza und Syrien und lebt jetzt in Europa. Was erinnert euch hier an eure Heimatländer?

Ahmed:
Ich schaue jeden Morgen nach dem Aufstehen als erstes auf Facebook: Was gibt es Neues in Ägypten? In der arabischen Welt? Und ich vermisse das Essen meiner Mutter. Manchmal koche ich es hier selbst nach. Daran merke ich, dass ich meine Heimat mit mir trage. Und wenn ich andere Araber treffe, so wie euch jetzt, dann fühlt es sich auch gleich mehr nach Heimat an.
Mohammed: Wir Araber haben doch eine unnormale Verbundenheit zu unseren Heimatländern, oder? Wir gehen nur, weil wir uns gezwungen sehen (lacht).
Abdallah: Es gibt hier nichts, was mich nicht an die Heimat erinnert. Syrien ist in jedem meiner Gedanken.

Und wie fühlt sich das Leben in der neuen Heimat an? 
Mohammed:
In Deutschland fühle ich mich oft wie ein Botschafter für Gaza (lacht). In Palästina sage ich nicht ständig, dass ich aus Palästina bin, aber hier spreche ich dauernd über unsere Kultur und darüber was wir Palästinenser wollen.
Abdallah: Oh ja, das Gefühl kenne ich. 
Mohammed: Ich habe auch gemerkt, dass ich Deutschland und Gaza unbewusst ständig vergleiche. Als ich ankam, war ich fasziniert davon, wie die Menschen hier in Freiheit leben. Jeder kann ungehindert zur Schule oder zur Arbeit gehen. In Gaza gibt es Menschen, die gar nicht mehr wissen, wie ein Leben in Frieden und Sicherheit ist – sie haben es nie erlebt. Denen möchte ich von Deutschland erzählen und ihnen sagen: Stellt euch gegen die Unterdrückung, ihr könnt etwas erreichen!
Abdallah: Das wünsche ich mir für Syrien auch. Könnten wir dort einen Staat für alle seine Bürger aufbauen, wäre das schließlich auch meine Chance auf eine gerechtere Zukunft. Im Moment lebe ich nur für diese Idee.
Mohammed: In Deutschland gibt es auch Leute, die uns Araber als Menschen sehen, die weniger wert sind. Denen versuche ich ein anderes Bild zu geben. Ich erzähle dann häufig, dass in Palästina prozentual gesehen mehr Menschen einen Uni-Abschluss machen als in Deutschland.



Abdallah, Mohammed und Ahmed (v.l.n.r.)

Abdallah Schaar, 25, organisierte in seiner Heimatstadt Salamiya Demonstrationen für ein demokratisches Syrien, wurde festgenommen und gefoltert. Abdallah gelang die Flucht in den Libanon. Als auch dort sein Leben bedroht wurde, kam er 2014 auf Einladung der Botschaft nach Schweden.

Im größten Gefängnis der Welt sei er groß geworden, sagt Mohammed Matter, 28. Er stammt aus Gaza, kämpfte als Teenager für die Hamas. Später schrieb er als Aktivist für "Gaza Youth Breaks Out" gegen Israels Blockade und die Herrschaft der Hamas an. 2013 floh er nach Deutschland.

Als Ahmed Maher, 29, in Ägypten Abitur machte, hingen in den Schulen noch Bilder von Husni Mubarak. Als der Diktator stürzte, studierte er bereits in Deutschland Maschinenbau. Ahmed fliegt nur noch zu Besuch in die Heimat.

"Als meine Schwester vor einem halben Jahr geheiratet hat, da wollte ich sie so sehr umarmen – aber zwischen ihr und mir war ein Bildschirm."


Ihr lebt ja alle drei nicht ganz freiwillig im Ausland. Wollt ihr  irgendwann wieder zurückgehen?
Ahmed:
Also inzwischen kann ich mir vorstellen, in Deutschland zu bleiben. Das hätte ich nie gedacht, als ich mich damals in Ägypten von meinen Freunden verabschiedet habe. Aber nachdem ich mir hier ein Leben aufgebaut habe, ist es mir irgendwie nicht mehr so wichtig, in welchem Land ich lebe, solange ich dort zufrieden bin.
Abdallah:
Mohammed, hast du mal darüber nachgedacht, nach Gaza zurückzukehren?
Mohammed: Ja. Ich habe es mit allen Mitteln versucht. In Gaza ist das nicht so einfach mit Israel, der Hamas und Ägypten an den Grenzen. Aber ich will irgendwann zurückkehren.

Deine Familie kann Gaza nicht verlassen, du kommst nicht mehr hinein. Steht ihr trotzdem in Kontakt?
Mohammed:
Ich spreche ich mit meiner Familie über Skype. Das ist schön, aber mir fehlen die Berührungen. Als meine Schwester vor einem halben Jahr geheiratet  hat, da wollte ich sie so sehr  umarmen – aber zwischen ihr und mir war ein Bildschirm. Versteht ihr das?
Ahmed: Ich wache manchmal nachts auf, weil ich von meiner Familie geträumt habe. Ich kann mich nie erinnern, was genau passiert ist, bin aber jedes Mal ganz bedrückt. Vielleicht ist das Traurigkeit, vielleicht sind es auch Gewissensbisse, weil ich meine Familie allein gelassen habe.

>>> Über Träume und Albträume – und was passiert, wenn es draußen plötzlich laut knallt.
[seitenumbruch]

Sind eure Träume heute andere als früher?
Mohammed:
Sie wurden zu Albträumen! Diese Umbrüche, die wir erlebt haben, in Palästina und Syrien und Ägypten, die haben uns ja nicht nur gezwungen, zu gehen: Wir waren als Jugend dort einfach gar nicht mehr vorhanden, niemand hat uns ernst genommen.

Plötzlich ist eine laute Explosion zu hören. Alle drei schrecken auf.

Mohammed: Da kommt der Albtraum wieder! Das war eine echte Explosion, wie…
Abdallah: Ist Bashar al-Assad jetzt hergekommen?
Mohammed: Ich schwöre bei Gott: Das hörte sich an wie eine israelische Bombe!

Wieder knallt es, diesmal leiser. 

Abdallah: Im Libanon wäre das normal gewesen, aber hier?

Wir unterbrechen das Gespräch, um herauszufinden, was passiert ist: Das Dorf feiert heute Schützenfest. Abdallah und Mohammed atmen auf. Trotzdem schauen sie bei jedem weiteren Knall um sich, bis der Wind nur noch Musik von der Festwiese herüberträgt.

Zurück zu den Träumen. Oder Albträumen...
Abdallah:
Seit ich in Schweden bin, habe ich das erste Mal richtige Albträume. Da ist es so ruhig, ich fühle mich sehr sicher – und mit einem Mal kommen die dunklen Erinnerungen zurück. An die Folter, die Angst. Ich spüre die Foltermale auf meinem Körper bis heute. Als sie mich haben gehen lassen, hatte ich zwei gebrochene Rippen, meine Füße waren voller Wunden von Schlägen mit Elektrokabeln. Die spüre ich wieder, wenn ich davon träume.

"Meine sind Träume gewachsen. Ehrlich gesagt schüchtern sie mich manchmal richtig ein."


"Träumen" bedeutet ja auch "Wünsche haben". Was sind eure?
Ahmed:
Als in Ägypten 2011 die Revolution begann, da hatten alle so große Träume! Damals bin ich öfter hingeflogen, es hat sich auf einmal alles so frei angefühlt, man musste keine Angst mehr haben, ein falsches Buch in der Tasche zu tragen oder lange Haare zu tragen und damit "den Volksfrieden zu stören". Dieser Enthusiasmus ist wieder verflogen...
Abdallah: Ich habe immer davon geträumt, Syrien zu verändern. Im Grunde wünsche ich mir weiterhin dasselbe: ein freies Syrien. Dazu kommt jetzt der Traum von dem Tag, an dem ich nach Syrien zurückkehre.

Und eure ganz persönlichen Wünsche?
Abdallah:
Ich wollte immer Politik studieren, doch da kam die Revolution dazwischen. Das will ich nachholen und dann selbst in Syrien arbeiten – wenn das Regime weg und der Krieg zu Ende ist.
Ahmed: Ich hätte nicht aus Ägypten weggehen müssen. Aber ich wollte eine gute Ausbildung, für mich, aber auch um einmal etwas für mein Land tun zu können. Deshalb bin ich nach Deutschland gegangen – immer mit dem Ziel zurückzukehren.
Mohammed: Früher waren meine Träume ziemlich beschränkt. Ich wollte einmal ein Haus haben, eine Familie gründen, solche Sachen. Von Freiheit habe ich früher nicht geträumt, ich wusste gar nicht, was das war. Aber jetzt, nachdem ich erlebt habe, was für Möglichkeiten es gibt, sind meine Träume gewachsen. Ehrlich gesagt schüchtern sie mich manchmal richtig ein. Ich habe das Gefühl, weil ich jetzt mehr weiß, habe ich auch eine riesige Verantwortung.

"Ich hoffe, es bringt was"

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Als Maximnoise betreibt Max Jäger aus Neuss seit 2010 einen Youtubekanal. Sein aktuelles Musikvideo "Mit offenen Armen" ging vergangenen Samstag online. Max sieht sich selbst hauptsächlich als Musiker, der seine Sachen auch auf Youtube veröffentlicht. Er produziert seine Alben und Videos selbst.

https://www.youtube.com/watch?v=huYBZcR1EE0

Würdest du sagen, dass du ein politischer Musiker bist?

Ich würde eher sagen, dass meine Lieder meistens gesellschaftliche Themen behandeln. Wirklich politisch ist das nicht, ich appelliere eher an die Menschlichkeit in jedem. Mir ist es wichtig, nicht immer ein schwarzes Bild von der Welt zu zeichnen sondern über das zu reden, was um mich herum passiert. Und das sind jetzt gerade die Flüchtlinge.

Wie kam es zu "Mit offenen Armen"?
Ich habe den Song ein bisschen auf das Video hin geschrieben. Meistens war es bisher so, dass mich etwas Aktuelles so sehr beschäftigt, dass ich direkt dazu etwas loswerden möchte. Das Thema "Flüchtlinge" hat sich allerdings eher über längere Zeit aufgebauscht, denn ich habe mir lange Gedanken gemacht, wie ich es mit Würde behandeln kann. Neuss war zwar schon immer sehr bunt, bereits Ende letzten Jahres fiel mir aber auf, dass da immer mehr Leute mit einem anderen Hintergrund dazukamen. Und dann ging die Berichterstattung über Flüchtlinge los, mittlerweile sind die Nachrichten voll damit. Dann sind diese Sachen in Freital und Heidenau passiert und das hat mich sauer gemacht. Ich habe verstanden, dass viele Menschen ganz anders mit Flüchtlingen umgehen, als ich mir das wünschen würde. Das war die Initialzündung zu sagen: Diese Menschen muss man auch erreichen.

Dein Video spielt mit dem Gedanken, was wohl passieren würde, wenn Deutsche auf einmal flüchten müssten. Schlecht behandelt werden, weil sie Christen sind und weiß. Funktioniert die Idee?

Ja, die Reaktionen sind bisher super. Am Samstag war ich in Neuss auf dem sogenannten „Bürgerschützenfest“, das ist, vorsichtig formuliert, eine eher traditionelle und heimatverbunde Veranstaltung. Da kam jemand auf mich zu und sagte „Ey Max, ich hab dein Video gesehen und ganz ehrlich: Die letzten Monate habe ich so einen Hals gehabt, dass die alle hierherkommen. Und jetzt denke ich da auf einmal ganz anders drüber nach!“ Ich habe ihm das geglaubt. Der war kein Typ, der mich volllabert, damit ich ihn mag. Der meinte das so. Ehrlich gesagt hatte ich mit so positiven Reaktionen nicht unbedingt gerechnet. Das Internet ist ja manchmal gnadenlos. Ich hatte auch Sorge, dass manche die Symbolik falsch verstehen.

Unter anderem werden in dem Video ja eine Deutschlandfahne und ein Kreuz abgebrannt…

Genau, das habe ich aber gemacht, um zu symbolisieren, wie es sich anfühlt, wenn einem das Heiligste genommen wird. Da haben dann viele, typisch Internet, mit Halbwissen drunterkommentiert: „Das mit dem Flagge verbrennen ist aber gegen § 90a StGB, darauf steht Gefängnis“. Da muss ich zum Glück gar nicht drauf antworten, weil direkt andere Leute reagieren und erklären, dass das ja in einem künstlerischen Kontext stattfindet, als Metapher auf den Angriff auf Deutschland. Daneben brennen ja auch ein Wackeldackel und eine Haribo-Schale. Ich rufe nicht dazu auf, gegen Deutschland vorzugehen, sondern will die dargestellte Situation spiegeln. Das gilt auch für das Kreuz: Was wäre, wenn nicht Muslime sondern Christen auf einmal abgelehnt würden?

Aber ist es nicht auch traurig, wenn Menschen nur anfangen über Flüchtlinge nachzudenken, wenn ihnen klar wird, dass es sie selbst auch mal treffen könnte?

Ne, das finde ich nicht. Der Mensch ist einfach so, das muss man akzeptieren. Ich glaube auch, dass viele Menschen schon sehr empathisch sind, die Situation mit den Flüchtlingen aber bisher zu weit weg für sie war. Sie beschäftigen sich dann mit Kosmetik, Mode, Fußball – Flüchtlinge haben mit ihrem Leben nichts zu tun. Und es ist doch gut, wenn die jetzt umdenken.

In einer anderen Szene stehst du in Köln auf der Domplatte mit verbundenen Augen und lässt dich von jedem, der möchte, umarmen. Wie hat sich das angefühlt?
Unglaublich schön. Ich habe mich da hingestellt und nach 45 Sekunden kamen die ersten Leute um mich zu umarmen. Afghanen, interessanterweise. Bereits nach zehn Minuten hat sich ein Halbkreis aus Leuten um uns herum gebildet und die haben jedes Mal, wenn jemand mich umarmt hat, geklatscht. Als ich dann nach einer halben Stunde Dreh die Augenbinde abgenommen habe, standen da 70 oder 80 Leute.

Es wird oft behauptet, Youtube sei ein unpolitisches Medium, auf dem die Menschen am liebsten Tiervideos und Schminktipps anschauen. Wie siehst du das?
Man kann ja an meinem Beispiel sehen, dass das Medium sehr wohl auch für politische Inhalte funktioniert. Das Video hat mittlerweile mehr als 10.000 Daumen hoch.

"Gutmenschentum" wird auch gerne Leuten vorgeworfen, die sich politisch auf Youtube äußern. Was erwiderst du auf diesen Vorwurf?

Nicht alle können verstehen, warum ich sowas mache, das muss ich akzeptieren. Aber ich kann von mir sagen: Seit ich mir diese Zeilen vom Herzen geschrieben habe, kann ich besser schlafen. Weil ich weiß, dass ich meine Kanäle, meine Reichtweite, meinen Mund benutzt habe, um zu diesem Thema Stellung zu beziehen. Man kann diesen Song auch nicht kaufen oder T-Shirts dazu bestellen. Darum geht es mir nicht. Wenn ich andere damit inspiriere, reicht mir das schon. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben und möchte sie auch nicht aufgeben, dass so etwas was bringt.

Schaufensterkritik: Anführungszeichen setzen

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Ja, die Reinigung Iris in der Fraunhoferstraße. Ein Traum in weiß-blau, der alles anbietet, was sich der haushaltsgeplagte Kunde so zu wünschen traut. Und das auch sagt: Angepriesen auf perfekt symmetrisch angeordneten Schildern wird hier klar kommuniziert, was von Reinigung bis Schneiderei alles möglich ist. Sogar ein kleiner Blumenstrauß hat noch seinen Weg ins Fenster gefunden. Warum „Iris“ sich selbst allerdings in Anführungszeichen setzt, das bleibt ein Rätsel.

Als suchte er in meiner Hose nach einem Schlüsselbund

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Einer der Texte liest sich wie ein Kuchenrezept für den perfekten Orgasmus. Um diesen zu, ähm, "backen", muss man genau 17 Schritte in 15 Minuten ausführen, außerdem braucht man zwei Personen und ein weiches Bett. Die jeweiligen Schritte lauten zum Beispiel: "Zieh mir die Unterwäsche aus und leg sie auf den Fußboden" oder "Leg einen Finger drauf, schieb den zweiten Finger rein und streichel weiter".



Texte wie dieser sind Teil des Blogprojekts "How to make me come", in dem Frauen anonym erzählen können, wie sie am besten zum Orgasmus kommen. Klingt profan für uns hypersexualisierte Gegenwartsmenschen, aber wenn man sich das Blog genauer durchliest, merkt man schnell: Da gibt es doch noch jede Menge zu lernen. Denn trotz des sehr eindeutigen Blogtitels, erzählen die meisten Frauen eher von den Situationen, in denen sie nicht gekommen sind, statt von denen, in denen sie erfolgreich kamen. Da fallen dann Sätze wie:

"Your hand was down my pants rummaging around like you were looking for lost keys in a purse."

"My boyfried was a hopelessly misguided creative guy whose idea of romance was an Edible Arrangement and relentlessly trying to dry hump me while we watched a movie on the couch."

"Last night my boyfriend and I had sex in the park in our neighborhood, in the hall outside our apartment, and were on our way to the roof but were foiled by the fire alarm. (..) Boy did we have fun. These things did not make me cum."

Natürlich gibt es dazwischen auch die positiven Geschichten. Geschichten von multiplen Orgasmen, Ekstasetränen beim allerersten Orgasmus und so weiter. Aber viele der Geschichten sind eben auch sehr traurig. Weil sie zeigen, dass Männer oft immer noch kein Verständnis dafür haben, dass das Leben halt doch kein Porno ist.

"You were screaming at me you didn’t mind if I squirt. I was never going to, because this isn’t porn, and I didn’t even come close."

Und daraus kann man etwas über den angeblich so mysteriösen weiblichen Orgasmus lernen. Die meisten Geschichten, in denen die Frauen kamen, haben nämlich eines gemeinsam: Der Typ nahm sich Zeit. Es gab keinen Druck zu kommen und keine Special Moves sondern einfach ein bequemes Bett und zwei Menschen, die sich mögen. Und das sind doch eigentlich gute Nachrichten.

merle-kolber

Psssst ...!

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Seien wir ehrlich: Es fällt schwer, ein Wort zu finden, dem so wenig Inhalt, so wenig echte Bedeutung geblieben ist wie „Geheimtipp“. Menschen, die sich auf Partys wichtig machen wollen, benutzen es noch. Ein paar Blogs vielleicht. Und Zeitungen. Klar, die schon auch noch. Die beste Pizza, der schönste Ausblick, der ruhigste See, der hippste Laden. Immer super geheim. Immer Superlativ. Immer super Blödsinn. Weil: Kennt doch eh jeder. Wegen Instagram zum Beispiel. Oder, im schlimmsten Fall, sogar aus dem „Lonely Planet“. Und weil das so ist, präsentieren wir unsere Geheimtipps – nicht. Zumindest nicht genau. Wir haben sie verrätselt. Und wer die Rätsel löst, der kann sogar etwas gewinnen: Und zwar den Tipp, den geheimen. Das sollte leichtgehen. Man kennt sie ja. Alle.




 

Die längste Abendsonne


Licht. Diese Stadt lebt von ihrem Licht, das über die Berge in sie hinein fällt. Besonders natürlich im Sommer. In München scheinen die Tage dann extralang. Und hier, zu Füßen eines berühmten Mineralogen und Volksdichters, verweilt das Licht länger als irgendwo sonst in der Stadt. Nirgends bekommt man mehr Abendsonne, und das nach nur wenigen Metern sanften Aufstiegs.
 
Im direkt angrenzenden Biergarten, der immer sehr voll ist, holt man ein Glas und setzt sich auf den Stein. Oft ist man fast alleine. Und wartet, friedlich abendgesonnt, dass die letzten Minuten auch noch gehen. Schaut ein bisschen auf den Fluss. Und wartet noch ein bisschen. Bis zum letzten, späten Sonnenstrahl.

friedemann-karig
 

Das beste Helle der Stadt


Ich habe lange gedacht, ein Helles ist ein Helles. Bis ich diesen Ort fand. Diese Festung des guten Biergeschmacks, in der das Helle immer ein deutliches Stück besser schmeckt als irgendwo sonst. Es ist schwer, genau zu benennen, was daran so gut ist. Ich kann nur von meiner Reaktion berichten, wenn Wirt Klaus mir ein Glas Augustiner hinstellt. Die erste Hälfte der Halben ist innerhalb von 20 Sekunden weg. Das hat mit Durst oder Trinklaune nichts zu tun, ich habe das getestet: an 36-Grad-Sommertagen genau dasselbe wie an Acht-Grad-Herbstmatschabenden. Man kann nicht anders, als nach dem ersten Schluck noch mal ansetzen. Und dann gleich noch mal.
 
Irgendwann habe ich Burgherr und Wirt Klaus gefragt, ob er was Besonderes anstellt mit seinem Bier, oder ob ich mir dessen Superheit nur einbilde.
 
Klaus antwortete freundlich und bescheiden, dass es eventuell daran liegen könne, dass seine Bierfässer niemals direkt vom Lieferwagen an die Zapfanlage wandern. Sie ruhen eine Woche im kalten Keller seiner Burg. Da können sie sich erholen von dem Geschüttel des Transports. Und vor allem können sie da unten, wo es immer genau gleich kalt ist, langsam aber sicher die exakt richtige Temperatur annehmen, die den Geschmack zu voller Entfaltung bringt.

christian-helten
 
>>>Isarplatzplatz mit Pool und die entspannteste Weinhandlung<<<
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Die entspannteste Weinhandlung


München ist nicht sehr münchnerisch in dieser Ecke. Auch wenn die Straße des sehr berühmten Physikers an vielen anderen Stellen inzwischen renovierte Fassaden aus Glas und Beton bekommt – an diesem Block zieht die Gentrifizierung noch grußlos vorbei. Und auch drinnen in dieser Weinhandlung, die aussieht wie ein rotzfrecher Getränkemarkt, ist es weder edel noch ordentlich.

Wasser-, Bier- und Saftkästen stehen ohne erkennbares System im Weg herum. Es ist dunkel und gedrängt. Im Sommer riecht es, als würde der Fußboden kleben, die Menschen geben ihr Leergut flaschenweise zurück und am Eingang lehnen immer mindestens zwei leere Europaletten. Gut möglich, dass es immer (noch) dieselben sind. Das Letzte, was man hier also erwarten würde, ist eine gute Weinauswahl. Und das Allerletzte wohl Menschen, die sich mit der Auswahl auch noch auskennen – und ihr Wissen so vermitteln, dass man gerne fragt.
 
Die gibt es aber. Und das Geheimnis hinter allem lautet: Reduktion. Es gibt wenige Weine, aber die sind gut. Und die Verkäufer labern nicht. Wenn Weine The Berry Box und The Pepper Pot heißen, sagen sie: „Die schmecken genau wie sie heißen. Wenn du zwei sehr unterschiedlich gute Rote zu einem deftigen Essen mitbringen willst, dann nimmst du die beiden.“ Whisky haben und können die übrigens auch.

jakob-biazza
 

Isarplatz mit Pool


Ich fand diesen perfekten Ort an der Isar an einem Hochsommertag Anfang August. Aus reiner Verzweiflung darüber, nie den perfekten Ort am Fluss zu finden. Und zwar erst recht nicht an Hochsommertagen Anfang August. Perfekt heißt: Wenig bis gar keine Menschen. Klare, leicht zugängliche Bademöglichkeit. Direkt daneben gemütliche Liegemöglichkeit, halb Sonne, halb Schatten. Und bitte irgendwie noch in der Stadt, von Schwabing aus mit dem Rad in höchstens zwanzig Minuten zu erreichen.
 
Ich fuhr also im nördlichen Englischen Garten mit dem Rad immer weiter flussabwärts und fand nichts dergleichen. Bis ich irgendwann, als ich bereits unter zwei großen Straßen und einer Eisenbahnbrücke hindurch gefahren war, aufgab. Desillusioniert und erschöpft ließ ich mein Rad eine nur ganz leicht ausgetretene Böschung hinunterrollen und fand plötzlich, was ich die ganze Zeit gesucht hatte: In das Ufer hat sich zwischen einige Bauminseln eine Art Gumpe gefressen, die ständig von frischem Wasser geflutet wird und damit einen stattlichen Mini-Pool abgibt.
 
Menschen waren nur am gegenüberliegenden Ufer zu erkennen und auch da nicht viele. Keine Grillschwaden. Keine Boomboxen. Nur der Pool, nur ich allein, bis zum Hals im Wasser und über mir Bäume und neben mir Baumwurzeln und Isarkies und in der Mitte des Flusses Steine und türkisfarbenes Rauschewasser.
 
Hilflos setzte ich auf der Karte meines iPhones eine ungefähre Stecknadel. So einen Ort darf man nie wieder vergessen. Bisher habe ich ihn immer wiedergefunden.

mercedes-lauenstein

>>>Der stärkste Drink und Suppe für die Seele<<<
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Suppe für die Seele


Viele denken beim Stichwort „Suppe“ ja: „Macht nicht satt.“ Oder: „Ist bloß eine Vorspeise.“ Oder einfach: „Schmeckt nicht“, weil sie direkt Bilder von einer braunen Plörre mit Eierstich drin im Kopf haben.
 
Alles falsch. Suppe ist eines der unterschätztesten Essen der Welt. Das versteht man erst, wenn man in diesem einen Lokal war. In der Straße, die den Buchstaben „S“ dreimal hintereinander im Namen hat. Da kocht die Brühe nämlich 24 Stunden vor sich hin, bevor sie in Tonschüsseln ausgeschenkt wird, und man fragt sich immer, wie die das mit dem Brandschutz regeln. Ist da wohl 24 Stunden am Tag jemand da und schaut ihr beim Köcheln zu?
 
Die Zeit scheint die Suppe aber zu brauchen, sie schmeckt zumindest wahnsinnig intensiv und hat gleichzeitig eine gute Schwere. So, dass man sie bei kaltem Wetter gerne zum Aufwärmen isst, bei gutem Wetter aber auch Lust hat, sie im benachbarten Park zu essen. Vorausgesetzt, man bringt seinen eigenen Topf zum Transport mit. Offiziell gibt es diese Suppe nämlich nicht zum Mitnehmen, bei selbst mitgebrachten Gefäßen machen sie aber gerne eine Ausnahme.

charlotte-haunhorst
 

Der stärkste Drink


Die Autorität von Barkeepern hängt ja stark von ihrem Habitus ab. Deshalb ist es gut, dass alle, die in dieser winzigen Bar Drinks mixen, mit ihren hochgeknöpften Hemden, den Westen und Krawatten eine quasi-militärische Strenge entwickeln. Wenn sie nämlich sagen, dass man sich für diesen speziellen Drink mindestens 40 Minuten Zeit lassen sollte beim Trinken, dann haben sie damit nämlich sehr recht.

Wer ihn trotzdem hinunterstürzt, der hat gute Chancen, rundum beseelt von den Tramlinien 15 oder 25 erfasst zu werden, die nah am Ausgang vorbeifahren. Der Drink besteht quasi nur aus Schnäpsen. Und von denen hat mindestens einer 80 Prozent. Ob er damit wirklich der stärkste ist? Unsicher. Wir haben die Recherchen mit ihm beendet. Ach so: Schmecken tut er auch.

jakob-biazza

Meine Straße: Nockherstraße

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Niemand kennt eine Straße so gut wie die Menschen, die in ihr leben. Deshalb bitten wir hier regelmäßig junge Münchner, uns ihre Straße zu zeigen – die schönsten Ecken, die besten Läden, die schrulligsten Typen, die nettesten Anekdoten. Heute:




Dennis, 25


Ich wohne seit 25 Jahren in der Nockherstraße und noch immer in meinem Kindheitshaus – nur nicht mehr in derselben Wohnung. Diese Ecke der Stadt ist für mich aber nicht nur deshalb von einem nostalgischen Gefühl beseelt. Hier stehen noch richtig alte Herbergshäuser, die den Krieg unversehrt überlebt haben. Sie sind teils winzig, wie im Dorf, mit kleinen Stufengärtchen am Hang zum Bahndamm hinauf. Bis in die Siebzigerjahre gab es hier sogar noch Milchwirtschaft und Tierzucht. Und was ich auch einen irgendwie coolen Gedanken finde, ist, dass unter diesen Häusern der Auer Mühlbach fließt.
 
Lokale oder Geschäfte gibt es hier eh nicht. Nur das Hotel am Nockherberg. Ich war da zwar noch nie drin, aber ich stelle mir vor, dass man München von diesem Hotel aus komplett anders wahrnimmt als von anderen Hotels der Stadt. Vielleicht wacht man auf und weiß gar nicht, ob man überhaupt in einer Stadt ist.
 
Wenn ich aus meiner Straße den Hang raufgehe, komme ich in den Kronepark, von dort kann man über die ganze Stadt sehen. Wenn ich mich sonnen will, lege ich mich da hin, wenn ich spazieren gehen will, kann ich da hin, wenn ich abends noch was draußen trinken will mit Freunden und dabei über die Dächer sehen, ist das der beste Ort. Außerdem gibt es einen alten Garagenkomplex, der mir so etwas wie eine geheime Autowerkstatt zu sein scheint, aus der nachts perfekt gepimpte Karren gefahren kommen. Nach offiziellen Angaben ist es aber nur eine Taxiwerkstatt.
 
Alles andere, was ich über diese Straße erzählen kann, ist sehr persönlich, immerhin steckt fast mein ganzes bisheriges Leben in ihr drin. Ich denke zum Beispiel an einen älteren Herrn, der hier allein gewohnt hat und der 21 Katzen hatte, die immer in der ganzen Straße herumstreunten.
 
Den Bahnhang sind wir immer hochgeklettert, einmal bin ich ihn leider auch heruntergefallen. Und zwischen den U-Bahn-Aufzügen an der Haltestelle Kolumbusplatz, haben wir immer Fußball gespielt. Eine Freundin, mit der ich hier aufgewachsen bin, ist gerade zurückgezogen. Die wollte unbedingt, dass ihr Kind in dieser Straße aufwächst.

"Oh-ho-hooo – ARSCHLOCH!"

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Eigentlich war der Song ja nie so richtig weg. Er lief immer wieder auf Klassenpartys in der Grillhütte zu später Stunde, alle sprangen dazu herum, blieben auf einmal stocksteif stehen, erhoben die Bierflaschen und grölten gemeinsam: "Oh-ho-hooo – ARSCHLOCH!" In der Grillhütte war "Schrei nach Liebe" von Die Ärzte also all die Jahre präsent, in den Charts allerdings seit dem Erscheinungsjahr 1993 nicht mehr.

Das will Gerhard Torges ändern. Der Musiklehrer aus Niedersachsen hat vergangenen Sonntag die "Aktion Arschloch!" gegründet. Mission Statement: "Die Aktion Arschloch! will auf einfache Weise dazu beitragen, ein Zeichen gegen die in Deutschland grassierende Fremdenfeindlichkeit zu setzen. Dazu haben wir uns vorgenommen, das Lied ‚Schrei nach Liebe’ von Die Ärzte wieder in die Charts und ins Radio zu bringen."

http://www.youtube.com/watch?v=6X9CEi8wkBc

Der Zusammenhang ist klar. "Schrei nach Liebe" ist ein Song gegen Neonazis, in dem einer von ihnen beschimpft ("Du bist wirklich saudumm") und bemitleidet ("Deine Eltern hatten niemals für dich Zeit"), ja, vielleicht sogar ein bisschen verstanden ("Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe") wird. Die Ärzte schrieben ihn 1993 als Reaktion auf die rassistischen Übergriffe und Brandanschläge in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen. Es war auch das erste Lied, mit dem die Band, die eigentlich immer auf Spaßmusik gesetzt hatten, eine klare politische Aussage traf. "Schrei nach Liebe" erreichte damals die Menschen und immerhin Platz 9 der deutschen Charts. 2015, mitten in der Flüchtlingskrise, fühlen sich viele an 1993 erinnert, wieder gibt es rassistisch motivierte Ausschreitungen, wieder brennen Asylbewerberheime, die Orte heißen diesmal zum Beispiel Freital und Heidenau. Und darum will Gerhard Torges diesen Song wieder in den Charts sehen.

"Ich will Aufmerksamkeit erzeugen", sagt Torges. "Es gibt gerade viele Menschen, die ‚Das wird man ja wohl noch sagen dürfen’ rufen und klar, wir haben hier Meinungsfreiheit und jeder darf sagen, was er will – aber die Meinungsfreiheit hat Grenzen, wenn jemand dadurch bedroht und verletzt wird."





Am Sonntag hatte ein Bekannter von ihm die Idee zur "Aktion Arschloch", Torges setzte sie sofort um, mit Seiten bei Google + und Facebook und einer Homepage (als Hintergrundbild sieht man dort eines der ausgebrannten Häuser in Mölln). Er erstellte eine Liste, wie man den Song pushen kann. Zum einen natürlich, indem man ihn kauft und danach positiv bewertet, aber auch durch Klicks auf Youtube oder, indem man ihn sich bei Radiosendern wünscht (den Tipp, das Lied bei Streaming-Diensten anzuklicken, musste Torges zurückziehen – die Ärzte sind dort nämlich nicht vertreten).

Kritiker sagen, mit der "Aktion Arschloch!" mache man höchstens Die Ärzte reicher


Auf der Homepage gibt es laufend kurze Updates, zum Beispiel, dass "Schrei nach Liebe" gestern bei Google Play Platz 1 erreichte und Platz 12 im "Aufsteiger des Tages"-Ranking bei Amazon. Die Facebook-Seite zur Aktion wurde bisher etwa 7.700 Mal geliket, es gibt viele positive Reaktionen und Kommentare. Ob ein Einstieg in die Charts wirklich gelingt, ist schwer einzuschätzen, weil sich die Verkaufszahlen nicht genau nachvollziehen lassen und weil weder die GfK noch Labels Angaben dazu machen, wie hoch diese überhaupt sein müssen, damit ein Song weit vorne platziert wird. Aber möglich ist es schon. Das beweist eine Geschichte aus dem Jahr 2009, als eine Facebook-Gruppe es schaffte, den Song "Killing in the Name of" von "Rage Against the Machine" zu Weihnachten auf Platz 1 der britischen Charts zu bringen – aus Protest gegen die Casting-Show-Sternchen, die dort seit Jahren zu finden waren.

Kritiker merkten an, mit der "Aktion Arschloch!" mache man höchstens Die Ärzte reicher. "Klar, das ist ein Nebeneffekt", sagt Torges, "aber wenn man zu einer Demo fährt, muss man sich auch ein Zugticket kaufen und unterstützt die Deutsche Bahn." Auf der Homepage betont er, die Aktion sei keine Werbeveranstaltung für die Band. Er hat Die Ärzte allerdings um ein Statement gebeten, bisher ohne Rückmeldung. Auch auf unsere Anfrage, wie die Band zu der Aktion steht, hat das Label bisher nicht reagiert.

Auch wenn "Schrei nach Liebe" heute wieder aktuell ist, Eins zu eins in die Gegenwart übertragen lässt sich der Song natürlich nicht. Wenn man das Musikvideo anschaut, muss man über die Neunziger-Jahre-Ästhetik schmunzeln und auch dem Text merkt man ab und zu an, dass er aus einer anderen Zeit kommt: Der Song-Neonazi ist ein Neunziger-Skinhead mit Springerstiefeln, heute erkennt man Neonazis und Rechtsextreme nicht mehr ganz so eindeutig an solchen modischen Merkmalen – und die "besorgten Bürger", die vor Asylbewerberheimen Parolen rufen und Schilder hochhalten schon gar nicht. Aber die Gesinnung, die ist leider nicht aus der Mode gekommen. Und die wird man auch nicht mit einem gemeinschaftlichen "Oh-ho-hooo – ARSCHLOCH!" weggrölen können. Aber besser als schweigen ist das allemal.

Perfekte Doppelgänger im Netz gefunden

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Im April haben sich Niamh, Harry und Terrence auf die Suche nach ihren Doppelgängern gemacht (und wir haben darüber geschrieben). Online konnte man mitverfolgen, wie jeder der Drei versuchte, innerhalb von vier Wochen den Menschen auf der Welt zu finden, der ihr oder ihm möglichst ähnlich sieht. Gewonnen hat Niamh:

http://www.youtube.com/watch?v=L4jv1Vafpgo

Damit war die Aktion „Twin Strangers“ aber nicht vorbei. Plötzlich wollten sehr viele Menschen ihren fremden Zwilling finden. Darum kann man sich auf der Seite von „Twin Strangers“ registrieren und dort auf einen Fund hoffen. Und weil man laut Statistik zwar etwa sieben Doppelgänger auf der Welt hat, aber es auf eben dieser Welt auch fast 7,3 Milliarden Menschen gibt (die nicht alle Internet haben und wenn doch trotzdem nicht alle auf twinstrangers.com rumhängen), ist die Chance, dass es klappt, nicht sehr hoch.

Aber: Jetzt dann doch. Vor ein paar Tagen wurde im „Twin Strangers“-Facebookkanal ein Video gepostet, das das Treffen von Ambra und Jennifer zeigt. Den bisher vielleicht perfektesten Twin-Strangers. Zwar ist die eine 23 und die andere 33 und wenn sie nebeneinander stehen gibt es da auch einen beträchtlichen Größenunterschied – aber ihre Gesichter ähneln sich extrem. Findet sogar Jennifers Mutter. Die nicht Ambras Mutter ist.

http://www.youtube.com/watch?v=0HUg6RCHG08

Nadja Schlüter

"Schrei nach Liebe" von den Ärzten auf Platz eins

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So sahren Bela, Farin und Rod 1993 aus. Im Gegensatz zu ihren Outfits ist einer ihrer alten Songs jetzt wieder sehr aktuell.

Manchmal werden alte Sachen plötzlich wieder sehr aktuell. Von heute auf morgen, ganz plötzlich. Wer heute früh einen Blick in die deutschen Download-Charts geworfen hat, konnte Zeuge eines solchen Ereignisses werden.

Über den üblichen Verdächtigen von Justin Bieber bis Sido prangte da ganz oben auf einmal ein Song von 1993: „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten.





Zu verdanken hat die Band diesen aufgewärmten Erfolg einem Musiklehrer aus Niedersachsen – und der Macht des Social Web. Am Sonntag rief der Lehrer eine Online-Kampagne ins Leben, mit Webseite, Accounts bei Google+, Facebook. Er nannte sie „Aktion Arschloch“, in Anlehnung an das markante Refrain-Ende des Ärzte-Songs: „Oh-ho-hoooo-Arschloch!“

Ziel der Aktion war es, „ein Zeichen gegen die in Deutschland grassierende Fremdenfeindlichkeit zu setzen“ – die Band hatte den Song damals als Reaktion auf die rassistischen Anschläge der frühen Neunzigerjahre geschrieben.

Das ist nun in erstaunlicher Geschwindigkeit gelungen: Die Likes auf Facebook explodierten, der Hashtag #AktionArschloch verbreitete sich auf Twitter. Medien berichteten (auch jetzt.de sprach mit dem Initiator der Aktion), Radiosender spielten den Song, die Leute klickten bei iTunes auf den Kaufen-Button und hievten ihn auf Platz eins der Download-Charts.

Und die Ärzte? Waren wohl erst mal ein bisschen geschockt. Es dauerte bis Donnerstag Abend, bis sie ein Statement veröffentlichten:

"Die Ärzte finden es gut und wichtig, dass im Radio Stellung bezogen wird. Die Aktion wäre auch mit jedem anderen Anti-Nazi-Song cool. Wenn es unser Lied sein soll, unterstützen wir das aber natürlich gern.
 Wir wollen an dieser Sache definitiv nichts verdienen und werden alle Einnahmen von 'Schrei nach Liebe' (auch aus der GEMA) an Pro Asyl spenden.
 Wir wünschen allen Nazis und ihren Sympathisanten schlechte Unterhaltung.
Bela, Farin, Rod."

Jungs, warum tut ihr so, als wärt ihr Arschlöcher?

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Liebe Jungs,
 
mir ist da etwas aufgefallen letztens. Aus einer eher persönlichen Szene heraus. Es gibt da jemanden, den ich sehr mag und den ich treffe. Ich würde ihn nicht meinen Eltern vorstellen, aber immerhin kenne ich seine Schuhgröße und seinen Lieblingswein. Und manchmal gibt es tatsächlich sehr schöne Momente zwischen uns.




 
Letztens also war da wieder so ein Moment – mit Blickkontakt und Ineinanderatmen und Haare-aus-der-Stirn-streichen – und er sagte mit beängstigender Ernsthaftigkeit etwas wie: “Irgendwann werd’ ich dir wehtun. Ich bin ein Arschloch, weißt du.”
 
Badumm. Zum Verständnis, Jungs: Das ist einer, der mitten in der Nacht die Bettwäsche wechselt, weil ich nicht mag, wie die fusselt. Kein Arschloch, definitiv.
 
Und bevor ihr jetzt pöbelt und euch beschwert, warum ich hier skurrile Einzelfälle verallgemeinere: Ich bin nicht allein. Recherchen im Freundinnenkreishaben haben ergeben: Hat fast jede schon mal gehabt, so ein Pseudo-Arschloch.
 
Es gibt sogar zwei Kategorien, jaha, wirklich. Die einen meinen, sie müssten ihre Umwelt in Edward-Cullen-artiger Manier vor sich selbst warnen. Und das machen sie so nachdrücklich, als seien sie tatsächlich Vampire, die in der Sonne zerfallen. Die anderen, das sind die, die mit bodenloser Selbstgefälligkeit erzählen, wie sie am Wochenende zwei schwedische Erasmus-Studentinnen aufgerissen haben. Und dass dazwischen gerade genug Zeit war, um zu Hause duschen zu gehen.
 
Es soll Frauen geben, die auf fiese Jungs stehen. Will ich überhaupt nicht bestreiten. Stimmt absolut. Aber mit dem Arschloch-Sein und drüber reden ist das so eine Sache. Der Reiz liegt, meine ich, im Unausgesprochenen. Wer Dinge sagt wie der Mensch, den ich treffe, der entzaubert die eigene Masche. Und, was viel schlimmer ist: Die meisten Männer, die sich selbst als Arschloch bezeichnen, sind überhaupt keins.

Darum, Jungs, meine Frage: Warum sagt ihr solche Dinge? Und glaubt ihr euch echt selbst, wenn ihr es sagt? Wärt ihr also heimlich wirklich gerne Arschlöcher? Und wenn ja, warum? Oder wollt ihr so schon mal vorsorglich mögliche Fehler entschuldigen?

>>>Die Jungsantwort von jakob-biazza<<<
[seitenumbruch]Hey du,

weil du ja im Kleinen – bei dir – angefangen hast, mache ich das auch mal. Und tippe: Anfang zwanzig, höchstens. Eher jünger. Also der niedliche Vampirtyp, der Nachts noch die Laken wechselt. Falls er tatsächlich älter sein sollte, würde ich dir raten, mal zu schauen, ob es nicht noch andere Typen mit Schuhgröße und Lieblingswein gibt.





Wenn ich mit dem Alter recht habe, ist alles okay. Einigermaßen jedenfalls. In Zeiten auslaufender Postpubertät sagen wir solchen Unsinn tatsächlich noch, wollen ihn uns ganz doll unbedingt selbst glauben – und wissen tief in uns drinnen doch, dass er eben Unsinn ist. Aber das weißt du ja auch schon. Du hast die Mechanismen und Gründe ja eigentlich schon genannt. Beide.

Manche von uns benutzen den Satz vom Arschloch, der auch mal in den Tarnversionen „Ich bin gerade in einer komischen Phase“ oder „Irgendwie bin ich da gerade nicht ich selbst“ daherkommen kann, tatsächlich als eine Art Persilschein. Als pro-aktives Mea culpa für zu erwartende Fehltritte: Ich habe da keinen Einfluss drauf, soll das dann heißen. Ich bin halt so. Wenigstens gerade. Erwarte lieber nichts von mir. Dieser Kram. Heißt übersetzt meistens: Ich bin mir nicht sicher mit dir/der Beziehung/der Affäre.

Im zweiten Fall geht es ums genaue Gegenteil: Wir wollen uns interessant machen. Wir kapieren da langsam, dass ihr es manchmal ein bisschen gefährlich mögt. Ein bisschen kompliziert vielleicht auch. Habt ihr uns hier auch schon mal erzählt. Weil wir uns in diesem Alter aber meistens in dieser für alle Seiten sehr anstrengenden Zwischenphasen befinden, in der soziales Gespür langsam einsetzt, echte Souveränität aber noch sehr fern ist, tun wir das unbeholfen.

Wir haben schon kapiert, dass man ab und zu Distanz schaffen muss, um Nähe zu bekommen. Wir beherrschen die Kunst der Auslassung, die Kraft des Ungesagten aber noch nicht. Also nutzen wir, was wir an Arsenal haben: plumpes Aussprechen. „Ich bin voll das Arschloch.“ Boooh! Heißt übersetzt: Ich mag dich, merke aber, dass wir noch das Spiel mit Nähe und Distanz spielen müssen, mit dem man sich füreinander spannend macht. Und weil ich das noch nicht so gut kann, tölpel ich jetzt halt diesen Satz raus und hoffe, dass du mich ein bisschen verwegen findest deswegen.

So, und jetzt weiß ich schon, was du fragen willst: Woher weiß man, wann welcher Fall vorliegt, stimmt’s? Kann man nicht wissen. Tief drinnen weiß man’s aber komischerweise trotzdem fast immer. Glaube ich. Der Lakenwechsler jedenfalls, der klingt zumindest aus der Distanz aber doch ziemlich süß.

Gesucht: Songs, die bleiben

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Die Liste großartiger Songs der vergangenen Jahrzehnte ist lang. So lang, dass man sich über den allerbesten endlos streiten könnte. Aber: Es gibt dazu jetzt neue Zahlen. Die Website Polygraph entwickelte mit Hilfe von Spotify eine Methode, die belegt, was die Welt so ganz insgesamt am liebsten hört. Bis jetzt erfassten Hitlisten nicht, wie beliebt ältere Songs aktuell sind, sondern vor allem, was gerade gekauft und heruntergeladen wird. Auf Spotify finden sich jedoch Hits aller Jahrzehnte, man kann alle jederzeit anhören. Das macht sie vergleichbarer.

Und welcher ist jetzt Polygraph zufolge der allergeilste Song of all time ever? Luft anhalten. Eminem's "Lose Yourself". Kopfnicken, okay, das kann man machen. Aber of all time, wirklich?





Polygraph liefert noch weitere Zahlen: Aus den Neunzigern, Quelle unzähliger musikalischer Sternstunden, dominiert eine Hymne. Nirvana‘s „Smells Like Teen Spirit“. Ein Song jedoch taucht sowohl im Bereich Hip-Hop als auch in den regulären Charts in den Top 5 auf: „No Diggity“ von Blackstreet. M-mhhhm.
 





Über dieses Ergebnis darf man jetzt natürlich ebenso streiten (zumal Künstler wie die Beatles oder Taylor Swift nicht auf Spotify vertreten sind). Aber zumindest illustriert das Experiment eines: Die großen Hits, die Jahrzehnte überdauern, spiegeln selten den Erfolg von damals wieder. Häufig tauchen in der Spotify-Platzierung Titel auf, die in ihrem Jahrzehnt eher auf mittlerer oder zumindest niedrigerer Chart-Position standen.





"Smells Like Teen Spirit" schaffte es 1992 nicht mal in die Top 5 der Billboard-Charts. Andere Songs und Künstler, die damals erfolgreich waren, wie zum Beispiel Pearl Jam oder LeAnn Rimes' "How Do I Live" (laut Billboard Nummer 1 der Neunziger): Auf der Polygraph-Liste nicht vertreten.  





Und woher kommt das? Haben wir nach ein paar Jahren einfach einen anderen Geschmack?  

Tatsächlich ist ein Grund, dass die jüngere Generation die Trends maßgeblich mitbestimmt. Sie klickt wesentlich unabhängiger vom damaligen Image der Bands. Und: Sie verspürt bei den Hits keine Nostalgie. Unabhängig vom Image ist die Wertung trotzdem nicht. Nirvana zum Beispiel profitierten davon, dass sie nach dem Tod von Kurt Cobain zum Inbegriff der Grunge-Neunziger wurde.

Damit ist eine Frage immer noch nicht beantwortet: Was macht ihn denn jetzt aus, den echten Hit? Die Antwort, so zeigen die Grafiken, ist ziemlich kompliziert. 
Wie unstetig sich die Beliebtheit eines Hits entwickelt, verdeutlicht auch ein Blick auf die Charts des vergangenen Jahres. Vom Chartskomet "Get Lucky" ist bis zum nächsten Sommer vielleicht nichts mehr übrig.





sina-pousset
 




„Die Politik schreitet erst ein, wenn es brennt“

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Der Hass gegen Flüchtlinge scheint vielerorts grenzenlos. Egal ob im Internet oder auf offener Straße: Rechte hetzen gegen alles Fremde, die Wortwahl wird immer drastischer. Was ist da los? Kippt da gerade etwas um in unserer Gesellschaft? Wie tief geht das Problem der aktuell hochkochenden Fremdenfeindlichkeit?


Einer, der das nüchtern und fundiert beurteilen kann, ist Prof. Dr. Wolfgang Benz. Er ist Historiker und Vorurteilsforscher, lehrte an der TU Berlin und leitete das Institut für Antisemtismusforschung.





jetzt:de: Herr Benz, was muss passieren, damit Vorurteile und Parolen in reale Gewalt umschlagen?
Wolfgang Benz: Der Hass ist in den Köpfen dieser Menschen schon länger latent vorhanden und bricht jetzt aus ihnen heraus. Sie glauben, sie kämen zu kurz und Flüchtlinge würden ihnen etwas wegnehmen. Diese Angst wird von Stichwortgebern wie Thilo Sarrazin oder der Pegida-Bewegung stimuliert und dient als Durchlauferhitzer für solche Taten. Der Islam wird als feindselige Religion denunziert und es wird erzählt, dass dumme Muslime sich hier schneller vermehren, als gescheite Deutsche. Das schürt kriminelle Energie. Menschen kommen nicht von selbst auf die Idee, Turnhallen oder Häuser abzufackeln.

Welchen Einfluss haben Politiker auf Vorurteile?
Viele Politiker bedienen sich momentan einer fahrlässigen Wortwahl. Ich will das nicht speziell an einzelnen Parteien festmachen. Meine These ist, dass in der Mitte der Gesellschaft der Rechtsradikalismus beginnt. Es wird immer davon gesprochen, dass man besorgte Bürger dort abholen müsse, wo sie stehen. In Sachsen hat man lange gesagt, bei Pegida sei nicht das geringste Rechtsextreme zu sehen. Klar: Wenn man nur nach Menschen in Springerstiefeln sucht, die „Juda verrecke“ brüllen, bleibt man blind.

Im Social Web scheint dafür eine Art zweite Öffentlichkeit zu entstehen, in der man sogar unter Klarnamen schreibt, was man sonst – zumindest laut – noch nicht sagen würde. Trainieren rechte Hetzer online für das echte Leben?
Ja, so kann man es sagen. Die Ebenen vermischen sich. Diese Leute denken: Was man ungestraft bei Facebook posten darf, darf man auch öffentlich auf der Straße sagen. Sie haben auch das Wesen der repräsentativen Demokratie nicht verstanden.

Was heißt das?
Sie gehen in aller Regel nicht wählen, aber auf die Straße. Und beschimpfen dann die Bundeskanzlerin als Hure oder Schlampe. Sie beanspruchen den Slogan „Wir sind das Volk“ für sich. Sie denken, dass sie stellvertretend für die Gesellschaft handeln und handlungsbefugt seien.

Wir müssen denen klar machen: Ihr seid eine abscheuliche Minderheit.


Versagt die Politik da?
In Teilen: ja. Ich mache der Politik den Vorwurf, dass sie immer erst einschreitet, wenn es irgendwo brennt. Dann ist die Empörung groß, dann wird sich entrüstet geäußert. Wenn Frau Merkel sich nach Tagen der Meditation zu Wort meldet, findet sie den richtigen Ton. Dann sagt sie, was der normale, demokratische Bürger hören will. Aber die Zeichen vorher zu erkennen, das Potential von Pegida rechtzeitig zu erkennen – da versagt die Politik total. Sie ist bestrebt, alles solange gut zu finden, bis etwas in Flammen steht.

Was können normale Bürger jetzt tun?
Den Hetzern und Molotovcocktail-Werfern muss klar werden, dass sie von der überwiegenden Mehrheit abgelehnt werden und keineswegs im Sinne des Volkes handeln. Wir müssen denen klar machen: Ihr seid unerwünscht, ihr habt hier keinen Auftrag, ihr seid eine abscheuliche Minderheit. Es muss alles getan werden, dass diese Leute unschädlich gemacht werden und hinter Schloss und Riegel gelangen. Vorgänge, wie die schier grenzenlose Hilfsbereitschaft in München, zeigen: Wir sind viel mehr als Molotovcockail-werfende Dumpfbacken.

Haben Sie Angst, dass die rechte Gewalt komplett aus dem Ruder laufen könnte?
Nein. Ich habe das, was gerade passiert, schon mehrere Male erlebt. Als 1964 die NPD gegründet wurde und vor einem vermeintlichen Siegeszug stand, hat man gedacht: Hitlers Rückkehr steht bevor. Rechte Parteien kommen und gehen, das folgt bestimmten Gesetzmäßigkeiten. Sie versprechen besorgten Bürgern Problemlösungen, nachdem sie die nicht erbringen konnten, versinken sie wieder in der Bedeutungslosigkeit. Generell wird gerne behauptet, alles würde immer schlimmer. Mit Tatsachen hat das aber nichts zu tun. Fakt ist: Wir sind eine starke, stabile Gesellschaft.

Aber erlebt Europa nicht einen Rechtsruck? Frankreich, dann die Niederlande, jetzt Deutschland. Rechte Strömungen scheinen immer stärker zu werden.
Diesen Rechtsruck, den gibt es mal hier, mal da. Er ist nicht neu, wir hatten ihn vor 30 Jahren auch schon. Und: Er ist nicht der Erdrutsch, als der er immer dargestellt wird. Wenn der Front Nationale in Frankreich gerade erfolgreich ist, könnte das Pendel auch dort wieder zurück schwingen. Ich warne vor den Parabeln der Demagogen, denen nichts dramatisch genug ist.

An der Angel

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Ein erhebendes Gefühl muss es gewesen sein. Der riesige Fisch zuckte, der Mann zog, was folgte, war ein Todeskampf, so alt wie die Menschheit: Mann gegen Tier. Vielleicht floss auch ein bisschen Blut, bis der Fisch in den Armen seines glücklichen Fängers landete. So lassen zumindest manche Fotos erahnen, mit denen junge Männer auf Tinder nach Matches jagen. Die schönsten Motive, die auch in Schwarzweiß an den Wänden von Großvaters Angelverein hängen könnten, sammeln Blogs mit Namen wie guysholdingfishontinder, whitetinderboysholdingfish oder great catch.

Ist die Kombination von attraktivem Mann mit beliebigem Gegenstand sonst extrem erfolgreich, schneiden die Fischerjungs im Vergleich eher schlecht ab. Warum, hat dieser junge Mann verstanden: „They hate us because they ain‘t us.“ Stimmt. Wir finden das auch völlig unfair.

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"A great pessamist" – Humor haben die Traumboys auch!

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Super Titel für die Autobiografie: Er fing den Hai mit dem Lasso.

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Der Urban Cowboy in seinem Revier.

Dabei beweisen die „Urban Cowboys“ (siehe Christian, 29) doch nur, dass sie über wirklich wichtige Qualitäten verfügen. Es ist, als würden ihre stolzen Augen sagen: Da, Puppe, ich kann dich ernähren, auch wenn mein Dispo futsch ist und ich noch bei Mutti wohne. Denn Gewinner, so demonstrieren die Beweisfotos von – bestenfalls Oberkörperfreien – Helden der See, sind sie trotzdem. Daumen hoch für diese Steinzeitversion von Männlichkeit. Und Daumen runter für die Damen, die anbeißen.

sina-pousset
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