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Ow!

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http://www.youtube.com/watch?v=e62M-5-7ajY

Der YouTube-Nutzer michaelm2391 hat vor ein paar Tagen ein ziemlich verstörendes Video veröffentlicht: In "Every Michael Jackson Grunt" hat er alle Stöhner und Schreie aus allen Michael-Jackson-Songs zusammengeschnitten. Einzelne Songs erkennt man dabei wieder, wie "The Way You Make Me Feel" (ab 2:05, ohne Gewähr!). Am Stück gehört ergeben die knapp vier Minuten Ächzen und Stöhnen aber eine verstörende Mischung aus nur halb menschlichen Sexgeräuschen und Schmerzschreien.

Zum Glück setzte Michael Jackson sein typisches Stilmittel sonst wohldosierter ein. Sein "Ow!" hat aneinander gereiht zwar immer noch einen gewissen Flow (so 20 Sekunden lang), doch hört man ein paar Minuten nichts anderes, fragt man sich wirklich, wie es sein kann, dass seine Stöhner und Schreie in jedem einzelnen Song funktioniert haben. Man darf sich nur nicht allzu sehr darauf konzentrieren, sonst ist die Magie vorbei.

Ampeln für alle

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(Quelle)

Aufregung in Wien! An einigen Straßenkreuzungen in der Stadt geben seit ein paar Tagen keine einsamen Ampelmännchen mehr Signale. Stattdessen zeigen unter anderem lesbische und schwule Ampel-Paare den Fußgängern an, wenn sie über die Straße gehen dürfen. 

An etwa 50 Ampeln lässt die rot-grüne Stadtregierung die neuen Ampel-Paare installieren. Dafür wurden Kreuzungen ausgewählt, an denen Fußgänger oft bei Rot über die Straße laufen. So soll Aufmerksamkeit erregt und die Verkehrssicherheit verbessert werden. Um herauszufinden, ob das auch funktioniert, wird die Aktion wissenschaftlich begleitet.

Vor allem aber sehen die Initiatoren die homo- und heterosexuellen Ampel-Paare als Symbol für Toleranz – kurz bevor in Wien drei Großveranstaltungen stattfinden: der Life Ball am 16. Mai, der Eurovision Song Contest ab 19. Mai und die Regenbogenparade am 14. Juni, für die viele Besucher und Journalisten in die Stadt kommen.  

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In Wien sind die Symbole sofort zu einer Touristenattraktion geworden: Auf Instagram und Twitter werden Fotos von den Ampeln geteilt. Aber nicht alle sind mit den neuen Symbolen glücklich: Der Wiener Landtagsabgeordnete der rechtsnationalen FPÖ Toni Mahdalik sprach von "rot-grünem Genderwahnsinn", auch von der konservativen ÖVP wurde Kritik laut.

Leider sind die Ampelfiguren aber sowieso nicht für immer vorgesehen: Die Paare sollen vorerst nur bis Ende Juni bleiben. Danach leuchtet der Ampelmann wohl wieder alleine.

kathrin-hollmer

"Klar, kenn ich!"

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Wir trinken Bier, der Bärtige und ich, und es ist sehr laut um uns herum. Hollywood heutzutage, sagt er, sei ja auch nichts mehr wert. Die wenigsten dort seien wirklich talentiert, und wenn doch, kämen die meistens von woanders. Christoph Waltz, sagt er dann und fuchtelt begeistert mit seinen großen Händen, der sei ja einer von den Guten, das wüsste man spätestens seit "Inglorious Basterds". Den hätte ich doch gesehen, oder?

"Klar", höre ich mich antworten.

Das stimmt nicht. Aber ich mag, wie gut der Bärtige sich auskennt. Und überhaupt wie er aussieht, wenn er redet. Ich möchte einfach nicht, dass er damit aufhört. Dass ich den Film gar nicht gesehen habe, ließe sich natürlich schnell mit ein paar pointierten Fragen herausfinden. Die stellt der Bärtige aber nicht. Es ist nun mal nirgends so leicht, Wissen vorzutäuschen wie in der Popkultur - und nirgends ist es so sozial verträglich. 

"Kennst du den Track?" - "Ja, schonmal gehört."
"Und das Buch?" - "Ui, lange her."



Die Kulturlüge geht nicht nur leicht von der Hand - sie macht auch jedes Gespräch besser!
 

Wissenslücken zu verschleiern ist nicht nur leicht, sondern auch sinnvoll. Denn ein gutes Gespräch fühlt sich an wie eine Karussellfahrt; der eine sagt etwas, dann der andere, woraufhin der eine sich wieder einschaltet und immer so weiter, bis niemand genau sagen kann, wer eigentlich gerade schiebt und wer zieht, und wie alles überhaupt angefangen hat. So geht gute Konversation. Ein "Kenn ich nicht" bringt im schlimmsten Fall alles zum Stehen - auf jeden Fall aber macht es alles flacher.

Denn die kleine Lüge sichert die Qualität, die inhaltliche Substanz. Einem unwissenden Zuhörer wird bloß hastig und oberflächlich der Plot oder der Musikstil beschrieben - der andere könnte ja jederzeit das Interesse verlieren. Wer meint, der andere wüsste, worum es geht, verleiht dem Gespräch dagegen eine ganz andere Tiefe. Statt zum Beispiel erst mühsam erklären zu müssen, wer Lolita ist und worum es in dem gleichnamigen Roman geht, kann man gleich da einsteigen, wo es interessant wird. "Sie isst einen roten Apfel", heißt es dann etwa," einen roten Apfel! Und sie sitzt auf seinem Schoß und er singt dieses Lied – das ist alles so unfassbar zweideutig!"

Am besten klappt das natürlich bei Werken, die so bekannt sind, dass jeder davon ausgeht, man kenne sie. Das sind die, über die man auch dann genug weiß, wenn man sich selbst nie mit ihnen beschäftigt hat. Etwa "Pulp Fiction" oder eben "Lolita".

Auf einer Party brauche ich keine echten Infos über einen Film - es geht nur um die persönliche Leidenschaft des Gesprächspartners.



Wer wagemutiger  ist, kann das aber noch weiter treiben. Und im Getümmel einer WG-Party dem Typen, der da enthusiastisch von einer unbekannten Indie-Band aus Norfolk erzählt, entgegnen: "Kenn ich, klar!" Im schlimmsten Fall fällt das auf. Dann sollte man möglichst eine gute Strategie vorbereitet haben, um sich da wieder rauszumanövrieren: "Ach, Golden Crisis? Sorry, ich hab Oasis verstanden. Ist aber auch laut hier, haha!" Im besten Fall entwickeln sich so aber die allertollsten Gespräche. Weil die Unterhaltung ja gleich eine ganz andere ist, wenn das Gegenüber sich verstanden fühlt. Von Experte zu Experte, sozusagen.

Und seien wir mal ehrlich: Es gibt kaum eine bessere Möglichkeit, jemanden kennenzulernen. Auf einer Party brauche ich über einen Film oder eine Band erstmal keine echten Infos, die kann ich später auch auf Wikipedia nachlesen. Im lockeren Gesprächskarussell will ich vielmehr wissen, warum der andere genau diese Band so abfeiert oder warum dieser Roman jetzt der Beste der letzten fünf Jahre ist! Die Wahrheit ist doch: Es gibt wenig schöneres, als euphorischen Menschen zuzuhören. Weil sie uns mit Leidenschaft Dinge schmackhaft machen, mit denen wir uns selbst nicht auskennen, die uns danach aber tatsächlich interessant erscheinen. Weil so viel gebündelte Energie sexy ist - selbst wenn sie sich auf einen bulgarischen Bildungsroman oder das vorletzte Live-Album von Prince bündelt.

Während der Bärtige also weiter von "Inglorious Basterds" erzählt, mit wilden Gesten und leuchtenden Augen von Szenen schwärmt, die mir nichts sagen, ist er für mich der interessanteste Mensch der Welt. Ich bin von der Leidenschaft gebannt, und die kleine Lüge, die diese Situation eingefädelt hat, ist längst nicht mehr wichtig. Ich möchte gerade nur eines: den Bärtigen küssen. Und danach, vielleicht auch erst morgen, "Inglorious Basterds" schauen. Dabei mag ich gar keine Zombie-Filme.

Tod dem Musikgeschmack

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Eigentlich hat man es als Kind ja schon geahnt, auf der langen Familienautofahrt nach Schweden. Als die Eltern ständig "Abba" und "Klaus Lage" ("Tausendmal berührt!") hören wollten, und man maulte: "Können wir nicht Radio anmachen?". Und dann wurde irgendein öffentlich-rechtlicher Sender aufgedreht, der meistens eine Eins (nein, nicht EinsLive) im Namen hatte und "den besten Mix aus Klassikern, 80-ern und von heute" spielte. Papas und Mamas haben einen altbackenen Musikgeschmack. Und jetzt gibt es endlich auch einen, naja, halbwissenschaftlichen, Beleg dazu:

Der Technikblogger (und Spotify-Berater!) Ajay Kalia hat nämlich mithilfe von Spotify-Nutzungsprofilen die Hörgewohnheiten verschiedener Altersgruppen ausgewertet und diese Ergebnisse dann mit Echo Nest, einer Musikerdatenbank, die auch die aktuelle Beliebheit von Künstlern erfasst, zusammengebracht. Seine Ergebnisse: Jüngere Menschen hören aktuell beliebte Künstler, je älter man wird, umso unpopulärer wird der Musikgeschmack. So wird zum Beispiel Taylor Swift, die in der aktuellen Beliebtheitsdatenbank auf Platz eins steht, hauptsächlich von jungen Frauen unter 18 gehört. 25-jährige Frauen hören lieber Norah Jones, die im Beliebtheitsranking auf Platz 1000 steht und ihren großen Erfolg zwölf Jahre hinter sich hat. Mit Mitte 40 sind sie dann bei Künstlern angekommen, die sich im aktuellen Popularitätsranking eher so auf Platz 3000 befinden. Bei Männern ist die Spanne übrigens noch größer - sie hören bereits mit Mitte 20 Musik vom Polopularitätsgrad 2000, Frauen erst mit 40.

[plugin imagelink link="https://skynetandebert.files.wordpress.com/2015/04/male_female1.png" imagesrc="https://skynetandebert.files.wordpress.com/2015/04/male_female1.png"] Ajay Kalias "Coolheitsspirale des Todes"

Kaila zieht daraus folgende Schlüsse:
  • Im Kinder- und Teenageralter hören Jungs und Mädchen noch gleichpopuläre Musik, ab Anfang 20 driften sie auseinander.

  • Frauen versuchen länger aktuell pouläre Künstler zu hören als Männer.

  • Der Musikgeschmack bleibt bis Mitte 20 aktuell, danach wird er immer weniger mainstreammäßig.


Für das langsame Abgleiten vom Mainstream-Musikgeschmack hat Kalia übrigens auch plausible Gründe: So hören junge Menschen seiner Meinung nach zunächst primär die aktuellen Charts, in denen nunmal nur aktuelle Künstler vertreten sind. Erst später suchen sie sich einen eigenen Musikgeschmack abseits des Mainstreams. Und wenn sie diesen erst gefunden haben, sind die aktuellen Lieder aus der Jugend gar nicht mehr so aktuell. Also freuen wir uns bereits jetzt darauf, wenn in 15 Jahren die ersten 35-Jährigen sagen: "Also dieses Album von Taylor Swift erinnert mich soooo an meine Jugend." Die Kinder auf der Rückbank werden dann sicher auch die Augen verdrehen.

charlotte-haunhorst

Sollen wir nicht mal ...?

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"Ein sicherer, sexy Weg um zu entdecken und privat zu teilen, was dich anturnt." So stellt sich Plsplsme (Please please me) vor, eine weitere App, dieses Mal in 50-Shades-of-Grey-Fetisch-Aufmachung, mit der sich Paare mitteilen können, was sie im Bett gerne mal ausprobieren würden.

Das Ganze funktioniert wie bei Tinder: Erst, wenn beide bei "Fesseln" oder "Rollenspiele" "Ja" auswählen, wird diese sexuelle Vorliebe als erwünscht angezeigt. Gibt einer von beiden an, dass er damit nichts anfangen kann, taucht sie auch nicht auf.





Erfunden wurde Plsplsme von Grace Benett - einer Mormonin, die jungfräulich in die Ehe ging. Aufgrund ihrer sexuellen Unerfahrenheit habe sie Probleme gehabt, ihrem Partner zu sagen, was sie gerne ausprobieren würde - und umgekehrt. Mithilfe des Sex-Quizzes hätten sie dieses Problem in den Griff bekommen.

Nun kann es natürlich in einer Beziehung unangenehm sein, dem anderen zu sagen, dass man gerne mal was Neues im Bett – von der Vorliebe bis zum Fetisch – ausleben will. Aber macht eine Fragebogen-App das wirklich einfacher? Spätestens bei der Umsetzung der Fantasie muss man ja doch von Angesicht zu Angesicht darüber sprechen - wird das dann weniger schamhaft?

Zumindest scheinen das viele Menschen so zu sehen. Denn Plsplsme ist nicht die erste App, die auf diese Marktlücke ziehlt. Das deutsche Equivalent "Undercovers" wurde bereits zehntausendfach heruntergeladen.

josephine-schleich

Keine Macht dem Mitbringsel!

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In den Markthallen von Teheran schieben Menschen mit roten Köpfen ihre verschwitzten Gliedmaßen aneinander vorbei. Curry links, Curry rechts, dazwischen ein paar hässliche Haarspangen und gefälschte Markenpullis. Nicht die überzeugendste Auswahl. Aber ich. Muss. Mitbringsel. Kaufen!

Früher war das einfach: Ein paar Muscheln oder Steine am Strand für die beste Freundin gesammelt, schon hatte ich ein nettes Andenken parat. Heute ein paar moosige Steine als Präsent zu überreichen, käme mir mindestens etwas esoterisch vor. Mitbringsel unter Erwachsenen müssen mehr können. Und deshalb fängt der Stress meist gleich am ersten Urlaubstag an. Schon kurz nachdem ich aus dem Flugzeug gestolpert bin und zum Wachwerden auf den nächsten Wochenmarkt gehe, rattert es los: „Oh, wäre diese Mütze hier nicht was für Frank?“ - „Und würde sich Christoph wohl über diesen Alpaca-Pullover freuen?“ - „Kann Franz nicht so einen gehäkelten Beutel gebrauchen?“

Ich nehme das Mitbringsel-Geschäft ernst. Bitterernst. So ernst, dass ich nicht nur sofort nach Ankunft im Reiseland mit der Suche danach anfange - sondern es mich manchmal wochenlang runterzieht. Buchstäblich, übrigens: Einmal schleppte ich einen Monat lang ein Kilo Morrocho-Samen im Rucksack durch Kolumbien, weil ich gleich am ersten Reisetag glaubte, das perfekte Schnäppchen gemacht zu haben. Am Ende verstaubten die Samen in der WG-Küche.



"Oh, wie schön, ein Kühlschrankmagnet!" - Typische Ferienlüge. Hören wir also auf mit dem ewigen Mitbringen!   

Das Mitbringsel-Geschäft ist ein undankbares. Und es hat das Potenzial, jeden Urlaub zu vermiesen. Die Suche nach Mitbringseln nimmt den lang ersehnten Ferien schnell die Leichtigkeit, für die man doch vorher monatelang als Hiwi am Lehrstuhl oder als Kellnerin in der Kneipe geschuftet hat. Von der ersten Reiseminute an unterbewusst nach ausgefallenen kleinen Geschenken für die sieben besten Freunde zu schauen, bereichert einen Urlaub nämlich ungefähr so, als würde man im Kopf noch seine Steuererklärung machen.

Statt sich treiben zu lassen, plant man extra Städtebesuche und Marktspaziergänge. Man spart sich frisch gepresste Säfte vom Mund ab, weil man ja noch Geld für die Töpfervasen braucht, die bestimmt super auf Luisas Fensterbrett aussehen. Und statt faul und gedankenlos am Meer zu sitzen, macht man sich Sorgen darüber, wie die verdammten Töpfervasen eigentlich unbeschadet die Reise überstehen sollen. Wer kann so etwas allen Ernstes von seinen Freunden verlangen?

Urlaub ist Urlaub, und Pflicht ist Pflicht. Wer beides vermischt, macht etwas grundsätzlich falsch. Also Schluss damit!



Trotzdem gibt es da scheinbar dieses ungeschriebene Gesetz: Wer guten Freunden und Familie nicht zumindest ein kleines Stückchen Urlaub mitbringt, ist herzlos, egozentrisch und hat den Urlaub selbst gar nicht verdient. Und so sucht und kauft und sammelt man, um dann am Flughafen wegen Übergewicht doch die Hälfte dazulassen und noch ein Bündel Freundschaftsbänder in die letzten Ecken des Rucksacks zu stopfen. Die es daheim natürlich längst in jedem Afro-Shop zu kaufen gibt, wo sie aber natürlich auch keiner kauft, weil: Wer würde schon Geld für Freundschaftsbänder ausgeben, wenn er nicht gerade verzweifelt am Flughafen von Medellin steht und noch Mitbringsel braucht?

Schon klar: das schlechte Gewissen liegt nah, wenn man sich in Südamerika eine schöne Zeit macht, während die anderen daheim mit dem Blick auf Topfpflanzen vor den Bildschirmen schmoren. Aber muss ich deshalb krampfhaft die Eindrücke meiner Reise zu teilen versuchen, indem ich nutzlosen Kram mitbringe?

Nein, und deshalb kommt hier die Forderung: Hören wir endlich auf mit dem Unsinn. Urlaub ist Urlaub, und Pflicht ist Pflicht. Wer das eine mit dem anderen vermischt, nur weil die Freunde daheim gerade keinen Urlaub haben, macht etwas falsch. Und übrigens sollte auch niemand mehr seine reisenden Freunde um Mitbringsel bitten! Zumal man den Kram, den man dann bekommt, ja auch fast nie brauchen kann. Der rumänische Honig, der seit sechs Jahren bei meinen Eltern im Küchenschrank steht, sei mein Zeuge.

Studieren ohne Papiere

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Markus Kressler, Student aus Berlin, gründet gerade zusammen mit Freunden die Online-Universität Wings University. Dort können Flüchtlinge ohne Papiere studieren, zum Beispiel während sie auf ihren Aufenthaltstitel warten und nicht arbeiten dürfen. Zeugnisse und andere Dokumente brauchen sie erst kurz vor dem Abschluss. Spätestens im Frühjahr 2016 sollen die ersten Studiengänge starten.

jetzt.de: Markus, du gründest gerade eine Universität. Darf man das so einfach?
Markus Kressler: Grundsätzlich kann jeder eine private Uni gründen, ein paar Voraussetzungen gibt es aber schon. Laut Hochschulrahmengesetz braucht man mindestens sieben habilitierte Professoren, eine „funktionierende Universität, an der Lehre nach größter Qualitätsrichtlinie betrieben wird“, und die Studienprogramme müssen gewissen pädagogischen Ansprüchen entsprechen. Mit unserem Konzept ist das relativ einfach nachzuweisen, weil wir Kurse, die bereits an amerikanischen Elite-Unis akkreditiert wurden, in E-Learning-Kurse umarbeiten, und mit einer Partneruni zusammenarbeiten wollen, die im besten Fall Erfahrung mit E-Learning hat. Wir haben schon acht Professoren, die teilweise schon in Harvard unterrichtet haben.

Das wars?
Und man braucht eine Million Euro, die brach auf einem Konto liegt.

Ach so.
Das kommt daher, dass man als Privatuniversität Bankrott gehen kann und für diesen Fall eine Rücklage braucht, mit der man die Studenten fertig studieren lassen kann. Das Geld fehlt uns noch.



2000 Anmeldungen in den ersten fünf Tagen: Markus' Idee findet viel Anklang. Er studiert Psychologie und Kommunikation in Berlin.

Wie bist du auf die Idee gekommen, eine Uni für Flüchtlinge zu gründen?
Grundsätzlich können auch Nicht-Flüchtlinge bei uns studieren, aber für Flüchtlinge und Papierlose ist sie sicher besonders interessant. Die Leute glauben immer, dass Flüchtlinge nichts haben und nichts können, aber das stimmt nicht. Als ich nach Berlin gezogen bin und in der besetzten Schule in Kreuzberg Flüchtlingen mit ihren Papieren geholfen habe, hat mir ein Flüchtling erzählt, dass er nur noch ein Jahr bis zu seinem Abschluss in Ingenieurwissenschaften gebraucht hätte und in Deutschland ein Jahr lang versucht hat, die nötigen Dokumente dafür zu bekommen. So geht es vielen. Hochqualifizierte Flüchtlinge würden gern ein Studium beginnen oder es abschließen, können es ohne Papiere oder Aufenthaltsgenehmigung aber nicht. Das hat mich berührt. Es gibt weltweit 52 Millionen Flüchtlinge, mit einer Unternehmensberatung haben wir ausgerechnet, dass sechs bis sieben Millionen davon studieren oder weiter studieren könnten.

Eine Uni ohne Zugangsvoraussetzungen, ohne Gebühren – klingt sehr nach Utopie.
Ist es aber gar nicht. Die Vorlesungen finden ausschließlich online statt. Wir haben dadurch viel geringere Kosten als eine normale Uni. Eine normale Uni gibt durchschnittlich 15.000 Euro pro Jahr für einen Studenten aus. Wir brauchen 700 bis 800 Euro im Jahr pro Student, das hoffen wir mit Spenden, Crowdfunding und Stiftungsgeldern zu stemmen.

Ist ein Studium ganz ohne Austausch untereinander nicht konterproduktiv für Integration?
Für Flüchtlinge ist eine Online-Universität die einzige Möglichkeit zu studieren, weil sie immer wieder an anderen Standorten untergebracht werden. Unsere Vision ist, dass wir Räume zur Verfügung stellen können, in denen sich die Studenten treffen, wie in einem Coworking-Space. Für die Lehre sehen wir online nur Vorteile. Nehmen wir mal BWL. Hier halten 300 Professoren jedes Jahr die gleichen Vorlesungen. Viele von denen sind didaktisch nicht besonders talentiert und mehr an der Forschung interessiert. Und es gibt die Vorlesungen der Weltbesten in ihrem Fach bereits online. Es ist viel sinnvoller, Vorlesungen online zu hören.

Die Mehrheit der Flüchtlinge will Ingenieurwesen, BWL oder Informatik studieren. Einen Bachelor kann man in einem Jahr durchziehen. 



Ist der Abschluss an deiner Uni dann auch anerkannt?
Als Übergangslösung bis wir selbst den Unistatus haben, wollen wir unsere Studenten bei Partnerunis einschreiben, dadurch haben sie Studentenstatus. Das komplette Studium und die Auswahl der Studenten, die Betreuung, die Korrektur der Examen, alles, was zu einem Studium gehört, übernehmen wir. Der Abschluss wird am Ende von unserer Partneruni verliehen, und erst dann, am Ende des Studiums, müssen die Studenten für ihren Abschluss ihre Identitäten nachweisen. Da wir Studiengänge online nachbauen, die offline bereits existieren, müssen sie nur noch online akkreditiert werden.

Welche Studiengänge werdet ihr anbieten?
Wir fangen mit Ingenieurwissenschaften, Informatik, Wirtschaftswissenschaften an. Wir haben fast tausend Flüchtlinge befragt, mit diesen drei Fächern decken wir 49 Prozent von dem ab, was Flüchtlinge studieren wollen. Danach sollen Agrarwissenschaften, Kommunikation und Politik folgen, damit decken wir 75 Prozent ab. Mehr geht fast nicht. 15 Prozent wollen Medizin studieren, das ist eines der wenigen Fächer, die man nicht online anbieten kann.

Wie wird das Studium konkret aussehen?
Wir gliedern die Studieninhalte in kleine Text- und Video-Häppchen, die man sich auf dem Smartphone oder Computer lesen und ansehen kann. Unterrichtet wird auf Englisch. Wir möchten das Studium so flexibel wie möglich gestalten: Es gibt keinen fixen Semesterbeginn, man kann jederzeit anfangen. Das Bachelorstudium kann man in einem Jahr oder in sechs Jahren durchziehen. Die Studenten können sich aussuchen, ob sie als Prüfung eine Hausarbeit oder Klausur schreiben oder mal in einem Seminar Blogbeiträge über ein Thema erstellen und präsentieren.

Haben Flüchtlinge denn Computer- und Internetzugang?
Der Zugang zu Wifi ist im Moment das größte Problem. In Berlin wird erst angefangen, Flüchtlingsheime damit auszustatten. In vier bis fünf Jahren wird das kein Problem mehr sein, dann wird im ganzen Land Breitband-Internet verfügbar sein. Wir werden eine App anbieten, mit der man sich die Videos, Unterlagen und Forenbeiträge in einen Zwischenspeicher laden und auch offline nutzen kann. Die Hardware ist tatsächlich fast kein Problem, viele Flüchtlinge haben einen Computer oder ein Smartphone oder wenigstens Zugang zu einem Computer.

Wie viele haben sich schon an deiner Uni eingeschrieben?
Wir haben knapp 5000 Anmeldungen aus 60 verschiedenen Ländern, dabei sind wir erst seit zwei Wochen an der Öffentlichkeit. Schon in den ersten fünf Tagen kamen 2000 Anmeldungen rein. Wir schätzen, dass im Frühjahr 100.000 Flüchtlinge bei uns ihr Studium beginnen.

Hört auf mit der Hühnerkacke!

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Eigentlich müsste ich es auch doof finden. Eigentlich rege ich mich nämlich auch sehr gerne darüber auf, dass die Kellnerin im Frühstückscafé stets mir den Obstsalat mit Joghurt und meinem männlichen Begleiter das English Breakfast mit Bacon und Bohnen hinstellt. Weil es stets mein Bacon ist, der da einfach ungefragt auf die andere Tischseite wandert. Und ich von Obstsalat zum Frühstück gewiss nicht satt werde.

Aber mittlerweile bin ich kurz davor, aus Prinzip auf den Bacon zu verzichten. Damit alle mal wieder runterkommen. Heute wurde nämlich auf Twitter ein Foto geteilt und ging sofort durch sämtliche Netz-Fundstücke-Blogs. Dabei zeigt es eigentlich etwas ziemlich Alltägliches: Zwei Hähnchenschnitzel in Plastikverpackung. Aber so einfach ist es natürlich nicht.

Das eine Schnitzel ist nämlich in einer rosa Verpackung, das andere in einer blauen. Und dann steht auch noch drüber "Für sie" ("lemon fruchtig") und "Für ihn" ("würzig scharf"). Riesendrama! Die Menschen regen sich auf. Nicht, was berechtigt wäre, über das total bescheuerte Wort "lemon fruchtig". Sondern über die veralteten Rollenbilder bei Hähnchenschnitzeln.

[plugin imagelink link="https://pbs.twimg.com/media/CE0GbDKW8AERKvV.jpg" imagesrc="https://pbs.twimg.com/media/CE0GbDKW8AERKvV.jpg"] Die Hähnchenschnitzel allen Übels

Ich ahne bereits, wo das hinführt: Hähnchen-Friki wird sich entschuldigen müssen. Dafür, dass sie Frauen weismachen wollen, sie dürften nur noch Fleisch mit Limonensauce essen. Und bloß nichts aus blauen Verpackungen! Die Buzzfeedliste "27 völlig unnötig gegenderte Lebensmittel" wird um einen 28. Punkt erweitert werden. Und dann wird Hähnchen-Friki das Produkt umbenennen müssen. Zu irgendwas mit "Sommerduft" und "Lagerfeuer" oder so.

Und ein kleiner Marketing-Mensch wird sich in einem dunklen Kühllager die Hände reiben, wie er es geschafft hat, mit den vier winzigen Worten "Für sie" und "Für ihn" die bis dahin unbekannte Firma Hähnchen-Friki populär zu machen. Dann rutschen nämlich auch endlich die hässlichen Google-Ergebnisse von Peta über angebliche Missstände in Friki-FairMast-Betrieben nach unten. Wäre ich Marketing-Mensch - ich würde es genauso so machen.

Den nehm' ich zurück!

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Bevor ich eine Brille bekam, habe ich mich hin und wieder für mich selbst geschämt. Etwa, als ein braungebrannter Typ mit enormen Oberarmen mit dem Fahrrad auf mich zufuhr - da war ich natürlich erstmal aufmerksam. Ist ja klar.

Im Näherkommen erwiderte der Radfahrer meinen Blick, war aber plötzlich nicht nur braungebrannt und muskulös, sondern leider auch rotgesichtig mit starkem Hang zur Akne.

Dass er mir zulächelte, war eigentlich ja schön. Nur senkte ich den Blick und wünschte mir, ich hätte ihn niemals derart angestarrt. Weil er ja leider eben doch nicht das war, wonach er aus der Ferne aussah.



Was du jetzt brauchst: Ein Wort wie "Prost" oder "Foul", das jeder versteht. "Ups, sorry, Blickrückzieher!"

In dieser Zeit habe ich oftmals Freundinnen mit besseren Augen am Ärmel gezupft und gesagt: “Der da, schau mal, der im Grünen... der ist doch süß.” Häufig war das rein objektiv betrachtet leider nicht der Fall und ich habe dafür schon wirklich entsetzte Blick geerntet.

Merkwürdigerweise war das Problem mit einer Brille nicht aus der Welt. Immer noch kommt es vor, dass die Differenz zwischen verklärtem ersten Eindruck und Realität umso größer wird, je länger man den anderen betrachtet.





In einer schummrigen Kneipe passiert es leicht, dass man sich optisch verschätzt. Und wenn man dann vielleicht beim näheren Hinschauen bemerkt, dass der Typ an der Theke nicht geheimnisvoll, sondern heruntergekommen und vor allem Ende vierzig ist, dann ist es meistens schon zu spät. Sobald der dann aufsteht und einen Drink ausgibt, wünscht man sich, man hätte nie den Blickkontakt gesucht.

Der Blickrückzieher sagt, ohne zu verletzen: "Verzeihung, habe mich visuell vertan!"


Was man dann bräuchte: ein Argument, das kompakt, lässig und nicht unnötig verletzend daherkommt. Einen Satz, ein Wort vielleicht, das klar macht, dass man sich verguckt hat. Also nicht verliebt-verguckt, sondern ganz wörtlich: visuell vertan. Ein Wort, dessen Bedeutung irgendwann jeder kennt, so wie “Prost” oder “Foul”.

So einen Begriff gibt es noch nicht. Höchste  Zeit also, ihn zu erfinden. Wir präsentieren: den Blickrückzieher.

Der niedliche Typ im Wartezimmer steht auf und ist plötzlich nur eins sechzig groß? “Sorry, Blickrückzieher!" Der Kerl beim Bäcker hat eine Stimme wie eine frustrierte Grundschullehrerin? “Blickrückzieher!” Der Blickrückzieher ist eine Entschuldigung; eine Möglichkeit, lange Blicke zurückzunehmen, wie man sonst nur Beleidigungen zurücknimmt.

Was wäre das bloß für eine wunderbare Welt, in der man sein Desinteresse auf den zweiten Blick nicht erklären muss? In der ein einziges Wort ausreicht, um einer peinlichen Situation aus dem Weg zu gehen?

Der Typ an der Theke etwa, den ich erst intensiv angesehen und dann für uninteressant befunden habe, wäre nicht sauer, absolut nicht. Ich würde “Blickrückzieher” sagen, bevor er mir ein Getränk ausgibt und er würde verständnisvoll lachen, mir zuprosten und mit einem “Ah ok, alles klar! Kein Problem!” wieder verschwinden. Weil das ja schließlich jedem mal passiert.

Das ist ja auch alles gar nicht böse gemeint - man ist nur eben nicht mehr interessiert. Der Blickrückzieher ist eine Art Joker, der vor befangenem Smalltalk bewahrt.

Darum lasst uns die gute Nachricht verbreiten! Lasst uns das Wort selbst verbreiten und benutzen, bis es jeder kennt! Bis sich in jeder Kneipe, in jeder Bäckerei und jeder Arztpraxis so ein Schöne-Augen-Problem mit nur einem Wort lösen lässt. Wir sollten endlich das Wort etablieren, das - seien wir ehrlich - jeder von uns schonmal vermisst hat. Also los: Sagt es oft und sagt es laut!

„Das sind die Altbauten von morgen“

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Häuser, viele Häuser. Mit großen Fertigteilbalkonen oder riesigen Fensterflächen, glatten Fassaden und flachen Dächern, ohne Stuck und Schnörkel. Das sieht man, wenn man Alexander Fthenakis’ Instagram-Account durchscrollt.
 
Alexander ist Architekt, fotografiert Münchner Nachkriegsbauten und postet sie unter dem Hashtag #506070münchen auf Instagram. In ihrer Geballtheit formen diese Fotos ein Bild der Stadt, das man so kaum kennt. Und das unerwartet schön ist. Vielleicht ist es Zeit, vom Altbautraum zu lassen und die Gebäude der Fünfziger- bis Siebzigerjahre liebzugewinnen? Alexander Fthenakis kann erklären, warum sich das lohnt, warum sie bisher trotzdem fast immer ignoriert werden und wie sie das Münchner Stadtbild und -gefühl prägen.
 
jetzt.de: Wenn man „München“ und „Architektur“ hört, denkt man an Postkartenmotive wie das Neue Rathaus oder die Prunkbauten an der Maximilianstraße. An Nachkriegsarchitektur eher nicht.
Alexander Fthenakis: Die meisten nehmen München nicht als eine modernen Stadt des 20. Jahrhunderts wahr, sondern als sehr altbacken. Und München stellt sich nach außen hin auch selbst so dar. Eine Ausnahme ist das Olympiastadion, das hin und wieder auf Postkarten auftaucht. Dabei hat die Nachkriegsarchitektur eine große Bedeutung für das Stadtbild.
 
Weil München nach dem Krieg zu großen Teilen neu aufgebaut werden musste.
Ja, in der Altstadt und in bestimmten Vierteln, wie zum Beispiel rund um den Bahnhof, in der Maxvorstadt oder in Schwabing wurde die historische Bausubstanz zu 60 oder 70 Prozent schwer beschädigt oder total zerstört. Wenn man Luftaufnahmen von damals sieht, kann man erkennen, welches Ausmaß der Wiederaufbau heute ausmacht.

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Du fotografierst Nachkriegsarchitektur in München und veröffentlichst die Fotos auf Instagram unter dem Hashtag #506070münchen. Warum?
Ich will zeigen, dass diese Architektur typisch münchnerisch ist oder sein kann. Ganze Straßenzüge sind hier von Nachkriegsbauten geprägt. Die Instagram-Fotos sind dabei eine Art Nebenprojekt.
 
Zu welchem Hauptprojekt?
Ich arbeite an einem Buch über die Architektur der Fünfziger- bis Siebzigerjahre, das Anfang 2016 erscheinen soll. Das ist aus einer Studie am Lehrstuhl für Entwerfen und Denkmalpflege der TU entstanden, in der es um die Art und den Umfang der Nachkriegsarchitektur in München ging und wie sie das Stadtbild prägt. Die Fragen, die Stadtplaner und Architekten sich damals stellen mussten, waren ja: Wie verhält man sich, wenn eine Stadt nicht mehr da ist? Wie baut man sie mit den Mitteln der Moderne wieder auf? Wie sie damit umgegangen sind, das ist für uns heute noch sehr wichtig.
 
Und wie sind sie damit umgegangen?
München ist dabei einen eigenen Weg gegangen, der damals als konservativ geschmäht wurde, heute aber immer mehr Beachtung findet. Auf große städtebauliche Experimente wurde fast ganz verzichtet – in typisch münchnerischer Manier könnte man sagen. Stattdessen wurden viele Häuser auf der alten Grundstückstruktur in einer einfachen und unauffälligen Bauweise wiederaufgebaut. Das sind auf den ersten Blick „langweilige“ Häuser, die aber dafür gesorgt haben, dass das Stadtbild als Ganzes wiederhergestellt wurde, ohne dass die Vorkriegsbauten wie Fremdkörper wirken. Ein schönes Beispiel dafür ist die Franz-Joseph-Straße in Schwabing: Da fügen sich die Häuser der Fünfzigerjahre ein zwischen Häusern der Vorkriegszeit. Daneben gibt es aber auch individuelle und exponierte Bauten, die sich ebenfalls großartig ins Stadtbild einordnen: die Patentämter, die Maxburg oder die ehemalige Siemens Hauptverwaltung am Altstadtring zum Beispiel.
 
Wie viele Bilder hast du schon auf Instagram veröffentlicht?
Sicher um die 3000.
 
So viele?
Ja. Ich mache dafür ja keine geplanten Touren, die Bilder entstehen immer, wenn ich grade sowieso irgendwo bin.
 
Warum ist Instagram für dein Projekt besonders gut geeignet?
Es wird dadurch erst mal mehr wahrgenommen. Es sehen Menschen die Bilder, die vielleicht gar nicht drauf aus waren. Fotografisch gefällt mir daran vor allem das Miniatur-Prinzip, es hat Schnappschuss-Charakter und nicht den Anspruch, hochwertig zu sein. Das Spannendste ist aber, die wesentliche Qualität eines Gebäudes oder einer Situation in einem Schnappschuss wiederzugeben.
 
Was heißt das?
Auf einem Bild von der Schwanthalerhöhe zum Beispiel kann man bei schönem Wetter einen Kontrast erzeugen zwischen dem Grün drum herum, dem blauen Himmel und dieser großen Baustruktur. Dadurch denkt man dann nicht mehr unbedingt sofort: „Krasser Betonbunker!“
 
Du manipulierst!
Ja, das sind dann ein bisschen manipulativ aufgenommene Bilder. Mit Fotografie kann man eine Ästhetisierung von Dingen erreichen, die man sonst gar nicht wahrnehmen würde. Da kann auch eine Blechverkleidung am Hauptbahnhof gut aussehen, obwohl der insgesamt in einem furchtbaren Zustand ist. Aber das schaffen nicht alle Bilder, viele sind einfach nur dokumentierend.




Alexander Fthenakis, 37, ist Architekt und gründete 2008 das Münchner Architekturbüro Fthenakis Ropee. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Sanierung von Nachkriegsbauten. Auf Instagram postet er seine Fotos unter @fthenakis.
 
Kannst du immer zweifelsfrei erkennen, aus welchem Jahrzehnt ein Gebäude ist?
Bei einigen Sachen bin ich mir unsicher, aber in der Regel kann man es gut erkennen. Bei dem Instagram-Projekt konzentriere ich mich manchmal auch nur auf Details. Ein Schaufenster aus den Fünfzigern in einem Haus aus dem 19. Jahrhundert etwa, oder das Geländer an der Treppe der Antikensammlung am Königsplatz.

>>>Es wird nicht darüber nachgedacht, was diese Häuser für das Stadtbild bedeuten. In zehn Jahren wird man sagen: „Mein Gott, wie konnte man das abreißen?!“<<<
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Jetzt musst du mal erklären: Was ist denn das Besondere an der Nachkriegsarchitektur?
Das kann man pauschal nicht sagen. Auf Instagram unterscheide ich zwar nicht zwischen den Jahrzehnten – aber in Wirklichkeit sind das natürlich 30 Jahre, da passiert in der Architektur viel.
 
Okay, dann der Reihe nach. Was steht für die Fünfzigerjahre?
Über die Unauffälligkeit haben wir ja schon gesprochen. Dazu hat die Architektur eine gewisse Leichtigkeit und Eleganz. Und noch viel Handwerk, aufwendige Schreiner- oder Schlosserarbeiten zum Beispiel. Zur Zeit werden solche Häuser komischerweise oft rot oder gelb angestrichen.




 
Und für die Sechziger?
Die sind eine Übergangszeit.
 
Und für die Siebziger?
Da sieht man deutlich, dass sich das Bauen und die Bautechnik total verändert haben. In den Siebzigern gab es einen großen Fortschrittsglauben und noch immer ein wahnsinnig großes Vertrauen in Stadtplanung und Architektur, gepaart mit einem wirtschaftlichen Boom und neuen industriellen Massenbauweisen wie der Betonfertigteilkonstruktion. In dieser Zeit wurden wahnsinnig große Projekte realisiert, die nicht mehr dem klassischen Stadtbild von Haus-Straße-Block entsprachen, sondern ganz neue Stadträume bildeten: der Arabellapark zum Beispiel, Neuperlach Süd oder die Schwanthalerhöhe.
 
Diese großen Wohnblöcke sind heute nicht gerade beliebt.
Und deshalb jeden Tag vom Aussterben bedroht. Es wird nicht darüber nachgedacht, was diese Häuser für das Stadtbild bedeuten und sie werden einfach verändert oder abgerissen. Dabei sind das die Altbauten von morgen. Die Häuser, über die man in zehn Jahren sagen wird: „Mein Gott, wie konnte man das abreißen?!“ So, wie man in den Fünfzigern Jugendstilhäuser, die vom Krieg beschädigt waren, von allen Dekorationen befreit und gesagt hat: „Pfui Teufel, dieser ganze Kitsch!“
 
Aber sind diese Wohnblöcke nicht auch „objektiv“ hässlich?
Die Wahrnehmung ist auch deswegen so schlecht, weil die Bauten in einem schlechten Zustand sind, ungepflegt und durch die Nutzung extrem überformt. Das sieht man zum Beispiel in der Schwanthalerhöhe: Die ganze Großstruktur mit ihren Wohntürmen ist schmutzig, es gibt überall Schilder und Absperrungen. Und bei Sanierungen wurden Schriftzüge von Läden und so weiter an die Fassaden gehängt, die nie geplant waren. Oder Fenster eingesetzt, die nicht zum Bestand passen. Man muss das mal mit der Schweiz und Österreich vergleichen, wo das Bewusstsein für Bauten dieser Zeit ganz anders ist. Die werden viel mehr gepflegt. Da hat man nicht das Gefühl, dass man vor einem Betonklotz steht – sondern vor einem Original aus einer anderen Zeit.
 
Wollen deswegen alle im Altbau wohnen? Weil die Nachkriegs-Häuser nicht wertgeschätzt werden und verkommen?
Das ist sicher ein Teufelskreis. Viele Häuser dieser Zeit haben aber auch tatsächlich bautechnische Probleme. In den Fünfzigern wurde mangels Geld oft schlecht gebaut, aus Restmaterialien, mit zu dünnen Außenwänden. Und die Betonfertigteile der Siebziger sind sehr schwer instand zu halten.
 
Sind Gründerzeitbauten also qualitativ besser?
Das sind Massivbauten aus Ziegelmauerwerk, wahrscheinlich robuster als so manches, was in der Nachkriegszeit gebaut wurde. Der Ziegelbau war im 19. Jahrhundert ja auch schon eine bewährte Technik, Sichtbetonbau und große Verglasungen wie in den Siebzigern waren neue Techniken, da hatte man noch keine Erfahrungen. Das war experimentell. Die älteren Häuser haben aber ja auch so ihre Probleme. Feuchte Keller zum Beispiel.
 
Hat man in den Nachkriegsbauten und den Vierteln des Wiederaufbaus ein besonderes Wohngefühl?
Natürlich. Ein Wohngefühl beginnt ja nicht erst bei den Innenräumen, sondern geht los beim Stadtviertel und dann weiter über die öffentlichen Räume eines Wohnhauses, wie die Treppenhäuser, bis zu den Wohnräumen. Straßenzüge wie die Görres- oder die Zentnerstraße haben eine ganz eigene Farbigkeit, Maßstäblichkeit und einen eigenen Rhythmus verglichen mit Straßen die weniger vom Wiederaufbau geprägt sind. Die Siedlungen der Fünfziger und Sechziger bieten oftmals offene und durchgrünte, parkartige Räume zwischen den Häusern, die dann wiederum den Innenraum der Wohnungen prägen.
 
In den Fünfzigerjahre-Wiederaufbauhäuschen fallen vor allem die sehr niedrigen Deckenhöhen auf.
Viele haben auch kleine Fenster, aus Spargründen. In ein oder zwei Räumen gibt es dann ein größeres Fenster, das das kompensiert. Die Häuser der Siebzigerjahre wie in Neuperlach öffnen sich viel mehr nach außen, zwar mit niedrigen Räume, aber großen Verglasungen, Loggias und halb offenen Küchen. Die haben eine ganz eigene Stimmung.
 
Heute ist es noch Trend, in unsanierten Altbauten zu wohnen – wird es irgendwann Trend sein, in Siebzigerjahre-Bauten zu wohnen?
Ich glaube, das entwickelt sich langsam schon. Diese Gebäude ziehen jetzt schon Leute an, die kulturell, künstlerisch oder architektonisch interessiert sind. Und das ist ja normalerweise ein Indiz dafür, dass es irgendwann auf ein breiteres Interesse stoßen könnte.

In die Pampa

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Wie viele Esel sieht man, wenn man von München nach Dubrovnik trampt? Die Frage mag bescheuert klingen. Sie ist es aber nicht, wenn man für jeden dieser Esel zehn Euro bekommt. Und wenn diese zehn Euro an die UNO-Flüchtlingshilfe gespendet werden. Und darum geht es bei dem Studentenprojekt namens BreakOut: Möglichst weit zu reisen, ohne einen Cent dafür auszugeben. Und damit möglichst viel Geld für einen guten Zweck einzusammeln.


Bescheidene Ziele: Henrike kam weit über Salzburg und Wien hinaus.

„Man muss die Autofahrer direkt an einer Raststätte oder Tankstelle ansprechen, ob sie einen mitnehmen. Da hat man viel bessere Chancen, als wenn man nur den Daumen an der Straße raushält“, sagt Henrike. Sie muss es wissen. Im vergangenen Jahr ist sie mit ihrem Teampartner von München immerhin bis nach Griechenland gekommen. Ohne Geld. Sie hatte 36 Stunden Zeit, um möglichst viel Entfernung zwischen München und sich zu bringen – egal wie. Anfang Juni startet die zweite Runde des Münchner Studentenprojekts.

Die teilnehmenden Zweier-Teams suchen sich dafür Sponsoren. Die spenden für jeden Kilometer, den die Teams vorankommen. Ob ein Cent oder ein Euro pro Kilometer, ob Geld vom örtlichen Apotheker oder der eigenen Familie – jeder Betrag hilft. Denn das durch die Reise zusammengekommene Geld geht an die Deutsche Akademische Flüchtlingsinitiative Albert Einstein (DAFI), ein Stipendienprogramm für begabte Flüchtlinge, das von den Vereinten Nationen geleitet wird.

Beim ersten BreakOut im Juni 2014 sammelten Leonore Merck und ihre Teampartnerin Lavinia Thelen auf ihrer Reise nach Dubrovnik mit 1831 Euro und bekamen dafür die Urkunde „Höchste Spendensumme“ verliehen: „Wir hatten nur drei Wochen Zeit für die Sponsorensuche und haben das total ernst genommen“, erzählt Leonore. „Wir haben also unseren ganzen Freundes- und Bekanntenkreis mobilisiert, kleinere Unternehmen angefragt und die haben uns neben 1-Cent-pro-Kilometer-Spenden auch verschiedene Challenges gestellt, für die wir feste Summen bekommen haben, wenn wir sie auf Foto oder Video festgehalten haben. Dadurch war unsere Route auch schon ziemlich klar“, erzählt sie.

Sie trampten von München in Richtung Osten. Auf der berühmten Brücke in Mostar in Herzegowina musste das Team Luftballons in Deutschlandfarben verteilen. Eine weitere Challenge bestand darin, das sich zum 100 Mal jährende Attentat auf Franz Ferdinand in Sarajewo nachzuspielen und zu filmen. Der zweistündige Dreh in Bosnien brachte ihnen weitere 170 Euro ein. Und für jeden Esel, den sie fotografierten, bekamen sie zehn Euro. „Weil wir es dann noch bis nach Dubrovnik in Kroatien geschafft haben, konnten wir diese tolle Summe einfahren“, sagt Leonore.

Die Idee zu BreakOut hatte Gründer Robert Darius ebenfalls auf Reisen: „Während meines Erasmus-Semesters in Paris habe ich von zwei Studenten von Jailbreak gehört, dem englischen Vorbild von BreakOut. Ich wollte an so etwas auch in München teilnehmen, aber das gab es gar nicht.“ Also sprach er mit seinem Freund Moritz Berthold, mit dem er das Projekt Anfang Juni 2014 mit nur zwei weiteren Organisatoren auf die Beine stellte – etwas provisorisch und unter Zeitdruck, aber mit immerhin 24 teilnehmenden Teams, die 10.000 Euro Spenden sammelten und es zusammen um die halbe Welt schafften.

Ziemlich viele Kilometer machte damals das „Team Henny“ und bekam dafür eine Urkunde für die „meisten bereisten Länder“ verliehen. Henrike von Zimmermann und Henrik Hecht überquerten sieben Ländergrenzen in 36 Stunden. Von München aus trampten sie aber erst mal nach Bad Reichenhall: „Dort haben wir einen Mann an einer Tankstelle angesprochen, ob er uns nach Wien mitnehmen kann und er hat direkt ja gesagt.“ In Wien angekommen, vergaß das Team seinen Edding im Auto des Fahrers. Der drehte wieder um, als er es bemerkte, und weil das Team nicht weiterkam, bot er ihnen an, sie mit nach Budapest zu nehmen. „Auf der Fahrt rief er dann eine Freundin dort an, die nach Nachtzügen schaute, damit wir möglichst schnell weiter konnten“, erzählt Henrike.  

Seine Hilfsbereitschaft ging sogar so weit, dass er ihnen am Bahnhof die Zugtickets nach Belgrad bezuschusste und ihnen Proviant schenkte. Nach einer schlaflosen Nacht ging es am nächsten Morgen weiter mit dem Zug nach Skopje in Mazedonien. „Irgendwo in Mazedonien haben wir dann den Zug verlassen, weil wir gesehen haben, dass wir in der Nähe der Autobahn sind. An der Autobahnauffahrt haben wir dann aber richtig lang warten müssen. Ein Auto hielt irgendwann an, fuhr aber sofort wieder los, als wir sagten, dass wir Deutsche sind.“

Nach einer Weile hielt ein Italiener, mit einem Auto, in dem die Anschnaller kaputt waren: „Er heizte dann mit einem wahnsinnigen Tempo über diese alte mazedonische Autobahn, auf der man nicht schneller als 100 fahren sollte, das war richtig abenteuerlich“, erzählt Henrik.


Start in München, Zieleinlauf in Dubrovnik

Mit Ablauf des 36-Stunden-Countdown setzte sie ein anderer Fahrer abends dann auch an einer geschlossenen Raststätte an der mazedonisch-griechischen Grenze ab. „Wir haben auf der Reise trotzdem viele tolle Leute kennen gelernt, die alle sehr hilfsbereit waren und auch Umwege in Kauf genommen haben“, erzählt Henrik. Neue Länder und Leute kennenlernen, tolle Erinnerungen sammeln, an Grenzen stoßen – genug Gründe für Henrike und Henrik auch in diesem Jahr wieder dabei zu sein.

In diesem Jahr soll dann alles noch besser werden, wünscht sich Organisator Robert: „Wir wollen alle zusammen um die ganze Welt reisen und noch mehr Aufmerksamkeit auf die Flüchtlinge und deren Situation lenken.“ Auch die Teamzahl soll sich verdoppeln, so der Organisator. Das scheint nicht so unwahrscheinlich, denn jetzt kümmern sich schon zwanzig Studenten um das Gelingen des Projekts: Über eine App können die Teams nun während der Reise Fotos und Texte hochladen und so ihre Unterstützer und Sponsoren mitfiebern lassen, aber auch den Fortschritt anderer Teams verfolgen. Und damit auch jeden Esel zwischen München und Dubrovnik sehen. 
 
BreakOut – Start: 4. Juni, 9 Uhr. Anmeldung bis 17. Mai. Weitere Infos: break-out.org

Jungs, wollt ihr eine beste Freundin?

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Liebe Jungs,

einige meiner Freundinnen haben einen besten Freund. Die beneide ich. Meistens sind das eh schon lässige Mädchen, die in einer Band spielen oder Filme drehen oder Häuser bauen. Durch den besten Freund werden sie aber noch etwas lässiger. Der zeigt ihnen seine Lieblingsplatten, nimmt sie mit in den Kletterurlaub, erzählt lustige Witze und repariert ihren Computer. Für uns ist es die pure Kumpelharmonie und die Schatten der Pubertät, in denen das Verhältnis zwischen Jungs und Mädchen noch so viel schwieriger war, wirken plötzlich ganz weit weg.





Aber wir haben den Eindruck, für euch ist das anders. Viele meiner Freundinnen haben nämlich auch einen Freund – im Sinne von Partner. Und wenn es um den geht, fangen die bis dahin so lockeren Kumpel auf einmal an zu leiden. Und melden sich nicht mehr, nur weil auf einmal ein neuer Mann im Leben aufgetaucht ist. Dabei schließt ein fester Freund doch einen besten Kumpel nicht aus. Zumindest nicht in unserer Welt. Ach so: Außerdem sind es in meiner Wahrnehmung fast immer die Typen, die sich verlieben. Andersherum erlebe ich es selten.

Also: Was geht da bei euch ab? Zieht ihr nur mit uns um die Häuser, solange ihr die einzigen Männer in unserem Leben seid? Ist es für euch nicht auch zumindest ein kleiner Coolness-Faktor, dass ihr eine beste Freundin habt? Schließlich zeigen wir euch manchmal auch neue Bands, Bars oder Bücher. Geht ihr nur mit uns in die Kneipe, damit ihr irgendwann auch ins Bett mit uns könnt? Wir wollen das nicht glauben. Bitte klärt uns auf.

>>>Die Jungsantwort von jakob-biazza<<<


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"Freundschaften zwischen Jungs und Mädchen brauchen Lebenserfahrung. Und da sind wir euch eben eine ganze Zeitlang hinterher."






Wir kennen uns noch nicht so gut, deshalb muss ich mal eben schätzen: Anfang, maximal Mitte zwanzig, gell? Und wenn die Jungs dann ungefähr genauso alt sind, dann ist das tatsächlich noch schwierig. Die Hormone. Kannst du machen, was du willst: Das kriegst du nicht kontrolliert. Harte Zeit. Lehrt Demut.

Aber der Reihe nach. Bei uns ist das mit besten Freundinnen, denen also, mit denen wir Pferde stehlen, bevor wir ihre Computer auch nicht reparieren können, nämlich ein Stufenprozess. Genau genommen hat der Prozess wohl nur eine Stufe. Aber die ist dafür sehr hoch und reicht bei ein paar von uns auch bis ins hohe Alter.

Denn dass wir das auch wollen, eine beste Freundin, die uns coole Platten vorspielt und neue Klettermoves zeigt oder uns für unsere alten auslacht, das steht außer Frage. Klar wollen wir das. Das ist für sich genommen ja schon das quasi Beste der Welt. Und dazu ist es in der Außenwirkung auch noch der Wahnsinn: Denn eigentlich sind es ja wir, die durch eine beste Freundin cooler werden. Was für ein souveräner, abgeklärter Hund muss das schließlich sein, der mit dieser tollen Frau in der schummrigen Bar abhängt und trinkt und schwelgt und absolut nichts von ihr will? Eben.

So, und jetzt kommt wieder eine dieser grundlegenden Boshaftigkeiten des Lebens ins Spiel. Um diesen Souveränitäts-Boost zu bekommen, glaubwürdig, braucht es, genau: bereits eine gewisse Portion Souveränität. Es geht von allen Seiten sehr gut und sehr reibungsfrei, dass Typen und Frauen befreundet sind. Auch eng. Auch mit Schnaps-Saufen und Pimmel-Raus-Stimmung-Humor und dann Arm in Arm heimtorkeln und dabei den liebsten Oasis-Song grölen („Champagne Supernova“ in dem Zustand, immer; eh klar).

Das geht aber selten einfach so. Freundschaften zwischen Jungs und Mädchen brauchen Lebenserfahrung. Eine gewisse Abgeklärtheit. Und da sind wir euch eben eine ganze Zeitlang hinterher.

Ihr werdet in aller Regel früher angemacht oder auf eine der vielen angenehmen und unangenehmen Ebenen gut gefunden. Von Fremden, von Freunden, von Bekannten. Bei uns kommt das, wenn es denn überhaupt kommt, meistens später. Worauf ich hinaus will: Ihr kennt schon viele Nuancen von Vertrauen und Aufregung und Erregung, während wir da mit lausiger Erfahrung (aus lausiger Empirie) lange durch Nebel navigieren. Und wenn dann in so einer kumpeligen DVD-Couch-Kuschel-Stimmung mal versehentlich ein kleineres Licht aufblitzt, halten wir das eben leicht mal für einen Leuchtturm. Und mit etwas Pech halten wir auf den zu. Und dann verknallen wir uns halt doch. Oder vielleicht doch auch nicht, aber dann ist das Kind eben schon in den Brunnen gefallen.

Dass wir einen neuen Partner an der Seite unserer besten Freundin mit Argwohn empfangen, also auch, wenn wir nicht in euch verknallt sind, das ist übrigens eher was anderes: Beschützerinstinkt vielleicht. Auf diesem etwas archaisch-doofen "Finger weg von meiner kleinen Schwester"-Film. Oder einfach ganz banale Verlustangst. Ohne Souveränität klammerst du dich an die Dinge, die dir wichtig sind, ja schnell etwas energischer als es nötig oder sinnvoll ist. Das ist aber wiederum unisex.

Also: Ja, wollen wir auch! Fällt uns aber schwerer, solange sich eine gewisse Grundabgeklärtheit noch nicht eingestellt hat. Und für die, sorry, gibt es leider keine feste Altersmarke. Das ist was ganz Diffiziles, das manchmal sehr spät kommt – und manchmal auch gar nicht. Aber wenn es mal da ist, Alter, dann raus mit uns und dann alle so „Someday you will find me/Caught beneath the landslide/In a Champagne Supernova in the sky!“

Wir haben verstanden: KW 20

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  • Sich an Popcorn sattzuessen, ist wirklich nie eine gute Idee.

  • "Ex machina" ist ein ziemlich geiler Film. Aber danach möchte man seine Handykamera gerne zukleben.

  • Wenn man das erste Erdbeerhäuschen sieht, fühlt sich's draußen gleich zehn Grad wärmer an.

  • Nicht verstanden: Keiner hat sich getraut, nach der Evakuierung des Topmodel-Finales Witze mit "Bombenstimmung" oder "Bombe platzen lassen" zu machen. Boulevardmedien, was ist los mit euch?

  • Die allgemein anerkannte Fahrradfahr-Temperatur scheint 26°C zu sein.

  • Es kommt ein Punkt, an dem das Lob von Kollegen tatsächlich wichtiger wird als das der Eltern. Aber nie viel.

  • Ein wichtiges Angekommen-Gefühl: Wenn in der neuen Wohnung das erste mal das Telefon klingelt und nicht die Stadtwerke dran sind.

  • Elektronische Selbstbedienungs-Kassen erweitern die Supermarktkassen-Problematik ("Wo stelle ich mich an??") um den unberechenbaren Faktor Mensch gegen Maschine.

  • Man kann Menschen immer und überall glücklich machen, indem man ihnen ihren Lieblingsnachtisch mitbringt.

  • Jetzt bricht die gemeine Zeit an, in der es Spargel und Erdbeeren gibt, aber keins der beiden schon schmeckt.

  • Man soll ja nicht verallgemeinern, aber AC/DC-Fans sind in ihrer Intoleranz allem gegenüber, was nicht AC/DC ist, schon eine Herausforderung an die eigene Toleranz.

  • Die Band selbst dafür: Hochachtung! Ist live noch großes Tennis – wenn auch mit schweren Holzschlägern.

  • Kajakfahren im Regen hat eine ganz eigene Romantik.

  • Ein Mail-Account, mit dem man zwar vom Laptop aus senden, den man aber auf dem Telefon nicht empfangen kann, und einer, den man zwar überall empfangen kann, bei dem das Senden vom Laptop aber nicht funktioniert, ergeben nur mit gewiefter Taktik eine lückenlose Kommunikation.

  • Lieber nicht: Von der Arbeit direkt zum Fußballschauen und mit Restwut im Bauch eine Flasche Rotwein aufmachen.

  • Weil: Um 3 Uhr nachts kotzen, während im Fernsehen nur „2 Broke Girls“ läuft (deutsch synchronisiert): Das hat man ab einem gewissen Alter eigentlich nicht mehr nötig.

Die perfekte Woche zum Rollschuhfahren!

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Wichtigster Tag der Woche
Dienstag. Da packe ich endlich mal wieder die Kletterschuhe aus und teste die neue Kletterhalle in München-Freimann.

Kulturelles Highlight ...

"Wenn ich ein Vöglein wär’" und die Woche frei hätte, flöge ich ganz schnell zur kulturellen Landpartie ins Wendland. Dort werden jedes Jahr zwischen Himmelfahrt und Pfingsten Workshops in den verschiedensten Bereichen angeboten: Imkern, Siebdruck oder Beatbox. Zwischen Schafherden und Lagerfeuer vor dem Bauwagen sitzen, sich im Rapsfeld verstecken oder vom Steg in den See hupfen, geht da auch ziemlich gut.

Politisch interessiert mich ...

...wie immer das Thema Flüchtlinge: Malaysia will nicht mehr „nett“ zu Flüchtlingen sein, Malta will Staatsbürgerschaften verkaufen und Bundesinnenminister Thomas de Maizière will Asylzentren nach Afrika auslagern. Viel Stoff zum Nachdenken. Außerdem bin ich gespannt, wie die BND-Affäre weitergeht.





Soundtrack
Schon reingehört: The Go! Team haben dieses Frühjahr eine neue Platte rausgebracht, „The Scene Between“. Sie klingen gut gelaunt wie immer. Ich habe lange darauf gewartet und bin zufrieden. Dazu habe ich mir die Vinyl gekauft und gleich vom Plattenladenbesitzer Props für meinen Musikgeschmack bekommen. Immer ein gutes Zeichen – oder nur gute Verkaufsstrategie. Naja.
http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=iw_F3tzI3NM

Noch am Einhören: Das neue Lied von Nicolas Jaar „No One is Looking At U“ klingt etwas verschwurbelt, aber auch schön tiefsinnig.
http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=WaPw3dSuMDU

Wochenlektüre

Gerade lese ich die letzten Seiten von „Abschied von Chautauqua“ von Stewart O’Nan fertig. Ein echter Klotz, aber wer auf unaufgeregte US-amerikanische Erzählungen steht, liest gerne die 700 Seiten und trainiert nebenbei noch den Bizeps.

Danach steht mal wieder was Sachliches an. Das neue Buch von Laurie Penny: „Unsagbare Dinge“. Die junge feministische Bloggerin aus London hat viele gute Tips für junge Journalistinnen und Journalisten.

Kinogang

Bevor er nicht mehr in den Kinos ist, wollte ich noch schnell „Das ewige Leben“ mit Josef Hader sehen. Dieser österreichische Akzent ist spätestens seit Wanda charmant, gä?

http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=FnUyX6zyV8o

Seit gestern ist ein spannender Dokumentarfilm in den Kinos. „La Buena Vida“ handelt von einer kolumbianischen Dorfgemeinschaft, die wegen des Kohleabbaus umgesiedelt werden soll. Ein Thema, das auch Europäer interessieren könnte. Denn für die ist die Kohle bestimmt

http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=5E8XTeQQyyk


Geht gut diese Woche

Skaten lernen im Sonnenschein. Aber nicht mit diesen neumodernen Reihen-Rollern, sondern immer schön im Viereck bleiben und die alten Rollschuhe von früher auspacken. Zwei inspirierende Skate-Videos schon mal hier:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=F4H-6O8X4OY
http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=VlEwiO6HNnQ

Geht gar nicht

Die komische Plakat-Kampagne von Vox mit dem Verschwörungstheoretiker Xavier Naidoo. Eigentlich bin ich ja ein Neunzigerjahre-Fan. Aber bei dem ollen Reichsbürger muss ich da eine Ausnahme machen.

Und sonst so...

Puh, vielleicht schaff ich es endlich mal, dem ADAC zu kündigen. Daumen gedrückt.  

"Hier sitzt mein Koffer"

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Ansage, die


Kommunikationsform des Fahrers mit seinen Gästen, die stimmlich von Samt bis Serienmörder variiert. Seine gehauchten oder abgehackten Sätze sind es, die fortan durch den Tag/die Nacht führen. Sie geben dem Fahrer die Möglichkeit, nicht nur als gesichtsloses paar Hände mit Gasfuß aufzutreten, sondern den Raum mit Persönlichkeit zu füllen. Inhaltlich irgendwo zwischen Therapiesitzung („Hallo. Mein Name ist Peter Uhland, ich bin dreifacher Familienvater.“) und kalaueriger Stadtführung zu verorten („Rechts sehen Sie Europas größtes Einkaufszentrum. Bitte drücken sie jetzt auf Nothalt.“).
 

Busunternehmen, das


Der Bus wird zumindest für ein paar Stunden zum improvisierten Zuhause. Einen Anbieter auszuwählen, ist deshalb wie einen Heimatverein festzulegen: Einmal dabei, immer dabei. Wer sich einen ersten Überblick verschaffen will, findet ihn zum Beispiel unter www.fernbusse.de.
 

Cineast, der


Reisender, der im Bus stets mit Laptop oder Tablet auftritt. Anstatt vor sich hinzuvegetieren, zieht der Cineast es vor, seine ohnehin verlorene Lebenszeit mit Kulturprogramm zu füllen. Er lädt deshalb, in Erwartung des miesen → Internets, exakt so viele Serienfolgen vor, wie er während der Reise anschauen kann. Gibt es dazu noch Snacks, fühlt er sich fast wie im Kino. Seine natürlichen Feinde: → Steckdosenlücke → verdeckter Ermittler. Und ein abstürzender Browser.
 

Dunkelheit, die


Wichtigste Voraussetzung, um im schaukelnden Bus ein heimeliges Mutterschoßgefühl zu empfinden. Ermöglicht ungestörtes Sich-Gehenlassen (Chipstüte auf, Schuhe aus). Hochphase des → Cineasten, meist einhergehend mit ersten Problemen im Bereich → Quadratzentimeter. Der Moment, in dem das Licht wieder angeht, ist ähnlich ungemütlich wie im Club.
 

Echt keine Ahnung, wo ich hier bin


Vom Reisenden während der Fahrt oft gedachter Satz. Kann zum Zeitvertreib durch Whatsapp-Nachrichten mit angehängtem Ödnis-Foto an die Außenwelt kommuniziert werden, um von Freunden Mitleidsbekundungen zu erhalten.
 

Fernbeziehung, die


Moderne Beziehungsform, der gefühlt zwei Drittel der Passagiere eines Fernbusses angehören. An Haltestellen deshalb vor der Abfahrt ständig zu beobachten: Knutsch- oder Heulwolken in Paarformation. Für Unbeteiligte erschwert das zwar Ein- und Ausstieg (→ Gepäcktetris), für die Fernbeziehung aber ist der Fernbus das rettende Stück Treibholz, das preisgünstig von Wochenende zu Wochenende trägt.
 

Gepäcktetris, das


Versuch, möglichst viel Gepäck passgenau zu verstauen. Funktioniert ähnlich wie das Spiel mit den Klötzchen, ist nur weniger unterhaltsam. Sicherheitsbedürftige spielen ausschließlich mit ihrem eigenen Gepäck um ihren Sitz herum („Hier sitzt mein Koffer.“). Entspanntere überlassen hingegen den Kampf dem Busfahrer an der Großladefläche, wo der Koffer aber auch zerdrückt werden kann (→ ’Tschuldigung). Generell gilt: ein Gepäckstück plus Handgepäck. Sperrgepäck wie Fahrräder transportieren einige Unternehmen gegen einen Aufpreis von etwa zehn Euro.
 

Hintensitzer, die


Profis lässiger Fahrkultur, die schon in der Grundschule wussten, wie man richtig Bus fährt: versteckt vor der Autorität in den hinteren Reihen. Hier riecht es nach Anarchie, Drogen und vielleicht ein wenig nach ewiger Jugend. Während der nervöse Vornesitzer die Verkehrslage kommentiert und sich der Mittelsitzer fragt, wie er diesem penetranten WC-Geruch entfliehen kann, summt der Hintensitzer stattdessen G. Love: „All the cool kids on the back of the bus/High like Mt. Everest looking for some leverage/Floating like some vapors coolin like a beverage.“

>>> Der sinuskurvenartige "Ja nichts vergessen!"-Moment
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Internet, das


Hauptablenkungsmethode zur Füllung der Reisezeit. Dabei ist das Wlan meist so zuverlässig wie das Auftauchen eines Nordlichts am Fjord. Alternativ bieten Busunternehmen neben spannenden Reisebroschüren in der Vordersitztasche („Entdecken Sie Krefeld“) eine Mediathek mit Filmen an. Achtung: Fehlendes Entertainment führt zu Ersatzhandlungen (→ Zuckerschock) und gehäuftem Auftreten des → verdeckten Ermittlers.
 

Ja nichts vergessen!


Gedanke, der Sinuskurvenförmig verläuft: Kurz nach der Abfahrt wird hysterisch in der Tasche gekramt („Scheiße, wo ist mein Perso/Ladekabel/Handy?!“) um dann zu entspannen. Kurz vor Ankunft geht die Kurve dann wieder nach oben („Hab ich auch unterm Sitz geschaut?“).
 

Klimazonenwechsel, der


Die Temperaturen variieren im Bus je nach Fahrt- und Tageszeit zwischen arktisch, Savanne und tropisch. Erfahrene Busreisende tragen deshalb atmungsaktive Funktionskleidung (Jogginhose) oder zwiebeln sich von einem Klimaumschwung zum nächsten. Wichtige Begleiter: Socken und Schal.
 

Langsamkeit, die Entdeckung der


Mit einer Maximalgeschwindigkeit von 100km/h ist der Bus der Maulesel der Straße. Aber nach ein paar Stunden Busgebrumme ist alles plötzlich beruhigend: die Dauerschleife aus Landstraßen, Feldern, Ausfahrten, sogar die immer gleichen Nicht-Orte, an denen Menschen ein- und aussteigen. Denn obwohl etwas passiert, passiert eigentlich absolut nichts. Es bleibt nur, wie damals mit den Eltern auf dem Weg in den Urlaub: zurücklehnen und sich fahren lassen.
 

Müllproblem, das


Problematik, die sich mit der Länge der Busfahrt verschärft. Leere Wasserflaschen, Apfelschnitze und Kekspackungen stehlen wichtige → Quadratzentimeter. Ist der Mülleimer überfüllt oder außer Reichweite, sind eigene Lösungsansätze gefragt: Verdrängungstaktik (alles zurück in die Tasche), Babouchka-Methode (das Nächstkleinere in das Nächstgrößere) oder Kindergarten (alles auf den Boden).

Nadelstreifenträger, der


Immer häufiger in Fernbussen auftretender Gast, der sich vom restlichen Buspublikum durch Tragen eines Anzugs unterscheidet. Vermutlich Markforscher im Auftrag der Bahn. Versteht den Bus als fahrendes Büro: Mit Laptop auf dem Schoß und Konferenz am Ohr verbreitet er mit seinen Zwischenrufen Wallstreet-Flair („Wir müssen bei 500 K dicht machen!“). Hat von seinen Kollegen gehört, dass die Pendelei mit dem Fernbus von Frankfurt am Main nach Berlin ein hervorragendes Kosten-Nutzen-Verhältnis habe.
 

Ohrstöpsel, die


Wichtigste Reisebegleiter, die die Fahrt nicht nur durch konstante Versorgung mit Lieblingsmusik angenehmer machen, sondern auch Umgebungslärm wie Knutschgeräusche oder Telefongeschrei abblocken.
 

Pinkelfrage, die


Unausweichliches Dilemma der Busreise: Der Klogang wird mit der Reisedauer zur hygienischen und logistischen Herausforderung. Es gilt: Je früher, desto besser. Neben Zielgenauigkeit sind Beinmuskulatur und Festivalerfahrung von Vorteil.

Quadratzentimeter, der


Lebenswichtiger Stauraum zwischen Knie und Vorderlehne sowie Ellenbogen und nächster Armlehne, der entscheidend für den Fahrkomfort ist. Grundsätzlich immer zu klein. → Hintensitzer, Treppensitzer und Gangsitzer erhöhen die Quadratzentimeteranzahl durch ihre taktische Sitzplatzwahl. Bei Nachtfahrten größtes Glück: Eine Sitzreihe für sich! Besonders freuen sich darüber große Menschen, deren → U-Beine sich bereits zur Brezel formen.
 

Rastplatz, der


Beton, etwas Baum und Flutlicht: gesichtslose Haltestellen im Nichts („So sieht also Köln-Mülheim aus!“) bilden die Knotenpunkte von Busreisen. Nie wird klar, wie andere Menschen ohne Bus dort hinkommen und warum es trotzdem meistens Essen gibt. Deshalb zentraler Ort der Snackversorgung für Anspruchslose („Hinten links gibt es einen Imbiss/Mäckes/Penny“) und halbelegante Lösung der
→ Pinkelfrage.

>>> Was macht ein verdeckter Ermittler im Bus?
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Steckdosenlücke, die


Busphänomen, bei dem die Stromversorgung in jeder Sitzreihe außer der eigenen zu funktionieren scheint. Die Folge ist Fassungslosigkeit beim Blick auf benachbarte Sitze, auf denen sich gut verkabelte Menschen tümmeln.
 

‘Tschuldigung


Gehört zum Grundwortschatz einer jeden Busreise. Schlichtendes Wort im Umgang mit alltäglichen Herausforderungen wie → Gepäcktetris, → Quadratzentimeter und → Müllproblem. Synonym für: Toleranzgrenze, die.
 

U-Beine, die


Beinstellung, die durch im Fußraum platziertes Gepäck auftritt. Einziger Ausweg bleibt die frontal breitbeinige Auslagerung der Füße. Praktisch, da sich das Ladekabel, Snacks oder die Jackentasche unmittelbar erreichen lassen, aber spätestens nach der zweiten Ausfahrt setzen Wadenkribbeln und Kniescheibenstarre ein.
 

Verdeckter Ermittler, der


Arme Wurst, die sämtliches Entertainment entweder vergessen oder aufgebraucht hat und nun auf der Suche nach intellektueller Stimulation jeglicher Form am Bildschirm von Mitreisenden hängenbleibt. Wird er enttarnt, tut er so, als schaue er interessiert aus dem Fenster in die Nacht hinein.
 

Wurstbrotfalle, die


Spezielle Form von Futterneid, die durch mitgebrachten Proviant anderer Passagiere ausgelöst wird. Faustregel: Einer von ihnen hat immer, immer ein Wurstbrot oder anderes Vesper dabei, dessen Duft irgendwann die eigene Nase erreicht. Führt zu Magenknurren, Frustkauf beliebiger Riegel beim Fahrer oder völliger Vernichtung der eigenen Snackvorräte (→ Zuckerschock). Wirklich Abhilfe gäbe es aber nur, dürfte man beim Nachbar einfach mal kräftig abbeißen.
 

Xerophobie, die


Angst vor Dürre und Austrocknung, die in Busreisen besonders durch die Veränderung der → Klimazone und Leerung der Wasserflasche einsetzt. Löst sich in einem zermürbenden Kreislauf mit der Pinkelfrage ab.
 

Yeah-Rufer, die


Passagiere, deren Mentalität stark mit Berufspendlern und restlichen Reisenden kollidiert. Meistens sind sie auf dem Weg zu einer Feierlocation, (Junggesellenabschied, Technoweekend oder Kurzurlaub), für die sich im Bus direkt schon mal eingegroovt wird (→ Ohrstöpsel).
 

Zuckerschock, der


Resultat allgemein erhöhter Snack-Lust auf Reisen und dem kulinarischen Angebot im Bus. Über mehrere Stunden verteilt wächst durch Mangel an Alternativen der Essensdrang, wodurch auch ein totgekühltes Mars aus der Tiefkühlbox des Fahrers oder andere traurige Rastplatzsnacks immer attraktiver werden. Führt, neben einem ungleichmäßigem Herzschlag, zur Verschärfung des → Müllproblems.

„Was guckst du so, Denis Moschitto?“

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jetzt.de: Denis, wenn du das aktuelle deutsche Fernsehprogramm in einem Satz zusammenfassen solltest, wie würde der lauten?
Denis Moschitto: Oh, da müsste ich sehr vorsichtig sein, um nicht zu ausfallend zu werden (lacht). Ich schaue wirklich sehr wenig bis gar kein Fernsehen, weil ich es stellenweise unerträglich finde. Mir kommt Fernsehen manchmal vor wie die Werbebeilage eines Wochenendmagazins, das keiner liest.



Ab Donnerstag ist Denis einmal wöchentlich im Gefängnis zu sehen: auf ZDFneo in der Sitcom "Im Knast".

Auch keine Lust aufs Öffentlich-Rechtliche?
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen wird sehr geprügelt, wegen der GEZ-Gebühren. Ich habe aber das Gefühl, dass dort immer noch das beste Programm zu finden ist. Dort wird weiterhin gute journalistische Arbeit gemacht, genau wie bei Arte und 3sat, die ich total toll finde. Der Rest interessiert mich eigentlich nicht.

Weißt du denn, wie es so schlecht wurde?
Schwierig zu sagen, denn das Fernsehen ist ja längst ein bunter Strauß aus Problemen. Zum einen sitzen viele Leute in Entscheidungspositionen, bei denen ich mich frage: Wie um Himmels Willen seid ihr in diese Berufe geraten? Ich spreche da schlichtweg von Inkompetenz.

Gibt’s denn auch irgendetwas, wofür du doch noch gerne den Fernseher einschaltest?
Regelmäßig gucke ich nichts. Das liegt aber auch daran, dass ich kaum „live“ fernsehe. Eher schaue ich mir mal später etwas im Netz an, in den Mediatheken. Selbst das „Neo Magazin“ habe ich noch nie geguckt, wenn es im Fernsehen kam. Das wiederum – und generell Jan Böhmermann, der ja eine Entwicklung in Sachen Fernsehunterhaltung angestoßen hat –  finde ich super.

Du selbst bist ab Donnerstag wieder im Fernsehen: In der Sitcom „Im Knast“ auf ZDFneo spielst du Erdem, einen kleinkriminellen Deutsch-Türken. Du hast mal gesagt, du hättest dir am Anfang deiner Schauspielkarriere deinen „Asi-Sprech aus Köln-Bickendorf“ mühsam abtrainiert. War die Arbeit an „Im Knast“ nun wie eine Reise in die Vergangenheit?
Das wäre etwas zu viel gesagt. Ich hatte damals diesen klassischen „Sch“-und-„Ch“-Fehler, den ja viele junge Leute haben und pflegen. Und zugegeben, ich hatte auch eine etwas ungehobelte Art, mich auszudrücken. Aber Erdem macht schon noch weit mehr als das. Er ist ein kleiner Dummkopf, hat aber ein großes Herz.

Er ist zu lieb und nett, um der harte Gangster sein zu können, der er gerne wäre. Kennst du das Phänomen aus eigener Erfahrung?
Ja, das ist schon ein bisschen meine persönliche Geschichte. Ich war früher eigentlich auch nie hart genug, um bei den Spielchen der großen Jungs mitspielen zu können. Ich habe allerdings auch gemerkt, dass viele Menschen, die man vordergründig als gefährlich einstufen möchte, an sich von Grund auf sympathisch sind.

Hast du ein Beispiel?
In Berliner HipHop-Kreisen erlebt man das immer wieder. Das sind alles sehr herzliche Menschen.

Man wundert sich ein bisschen, dass du die Rolle des Erdem spielst. Schließlich wolltest du, wie du es nanntest, „nie mehr der ‚Migrantenhans’ sein.“
Erdem ist in meinen Augen nicht der typische „Migrantenhans“. Es wird auch nie wirklich thematisiert, dass er Türke ist. Ich habe grundsätzlich auch nur dann Probleme mit einer Rolle in deutschen Filmen, wenn ich jemanden spielen soll, dessen Migration als Problem dargestellt wird. Das gibt es ja immer wieder zu sehen: Ständig müssen im Film türkische Jungs ihre Schwestern verheiraten. Das ist das eine Extrem. Das andere ist, wenn Migranten im Film plötzlich deutscher sind als jeder Deutsche und nur noch Kartoffeln essen und solche Sachen. Das ist doch grotesk und schießt komplett an der Realität vorbei.

Erdems einzige negative Seite ist seine Kleinkriminalität: Autodiebstahl und Alkohol am Steuer. Durch seine Taten erhofft er sich, ein „richtiger Knast-Mann“ zu werden. Bist du als Jugendlicher selbst mal, sagen wir: unangenehm aufgefallen?
Zunächst mal bin ich sehr behütet aufgewachsen. Meine Eltern haben sich immer sehr um meine Schwester und mich gesorgt. Ich bin eben nur in einem Stadtteil groß geworden, in dem es auch mal ruppig zu gehen konnte. Dort musste man sich erstmal positionieren. Und aufgrund meiner Statur – ich bin ja nicht gerade der Größte oder der Breiteste -, hatten sich gewisse Rollen automatisch erledigt. Ich habe damals einfach nur aufgepasst, dass ich durch diese Zeit irgendwie durchkomme, ohne auf die Fresse zu bekommen. Und das ist mir, denke ich, auch ganz gut gelungen.

Was hat dir beim „Durchkommen“ geholfen? Cleverness?
Als clever würde ich mich im Nachhinein nicht unbedingt bezeichnen. Ich habe damals schon auch den einen oder anderen Blödsinn gemacht.

Welche Art von Blödsinn?
(lacht) Diebstahl war tatsächlich nie dabei. Es gab aber eine Phase, in der ich ein bisschen randaliert habe. Wir haben einfach auf der Straße abgehangen und dort rumgepöbelt.

Und was hat dich vor Schlimmerem bewahrt?
Was mich vielleicht gerettet hat, war meine Angst vor Gewalt. Es gab Leute, die sich sehr über Gewalt profiliert und darin ihre Identität gesucht haben. Ich fand das immer nur abstoßend. Ich hatte nie Freude daran, mich zu prügeln, hätte auch niemandem ins Gesicht schlagen können. Und meine Schwester war damals auch sehr hilfreich für mich.

Neues Nippelgate

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Eigentlich ist Thomas Gottschalk so überhaupt nicht unsere Welt. Okay, die Kollegin Hollmer fand ihn schon irgendwie gut, aber das ist schon gut zwei Jahre her. Dementsprechend wären der 65. Geburtstag des "Showgiganten" und die heute Abend live ausgestrahlte Fernsehsendung "Herbstblond - Gottschalks große Geburtstagsparty" mit "Star-Gästen" wie Hugo Egon Balder, Barbara Schöneberger und Otto Waalkes auch eigentlich kein Thema für uns.

Wären.

Seit heute kursiert nämlich bei Twitter folgende angebliche Mail von einer Casting-/ Hostessenagentur:

[plugin imagelink link="https://pbs.twimg.com/media/CFSWkpHW0AEPOf3.jpg:large" imagesrc="https://pbs.twimg.com/media/CFSWkpHW0AEPOf3.jpg:large"] via Missy Magazine

Wer sich das jetzt nicht alles durchlesen mag: RTL sucht noch kurzfristig Frauen, die bereit sind, sich für 220 Euro heute Abend auf der Bühne live von Hugo Egon Balder den BH zerschneiden zu lassen (Tino Hahn zufolge waren's am Donnerstag noch 350 Euro). Anlass ist ein lustiges Ratespiel, bei dem auf Nippelpatches Fotos und Filmszenen mit Gottschalk abgebildet sind, die irgendwer als solche identifizieren soll - ob das nun ein wirklicher Anlass ist, sei dahingestellt. Dabei ist die Mail ansonsten recht detailliert: Die Nippel seien durch die Patches vollständig bedeckt, die BHs werden vom Veranstalter gestellt und wer beim Casting für die Rentnerparty durchfällt, bekommt zumindest immer noch 40 Euro. Besonders lustig wird dieses Casting durch ein Interview, das Gottschalk vorab gegeben hatte: Er werde ja nicht 30 und benötige deshalb auch keine tanzenden Models mehr, hat er gesagt. Aber das stimmt ja irgendwie auch - "Tanzen" steht nicht in den Anforderungen und vielleicht weiß Tommy ja auch gar nix von der Überraschungsaktion heute Abend - kann ja sein.

Eine Sache hat RTL mit dieser, dem Missy Magazine über eine Leserin zugespielten Mail, auf jeden Fall geschafft: Viele werden reinschalten. Einfach um zu wissen, ob's Fake ist. Oder um vielleicht zumindest zu verstehen, warum das Ratespiel auf Frauenbrüsten stattfinden muss. Vielleicht erschließt sich uns der Sinn da ja noch.

Update (17.21 Uhr): Der Zündfunk hat die Hostessen-Agentur erreicht, anscheinend wurde die Aktion abgeblasen - aus Zeitmangel.

charlotte-haunhorst



Indie Anna Jones

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Im kommenden Jahr sollen – endlich! – weibliche „Ghostbusters“ im Kino Geister jagen. Wie das werden könnte, zeigt uns allerdings schon jetzt die Schauspielerin Anna Kendrick in einem Video, das seit dem Wochenende auf Twitter und Facebook geteilt wird: Für die Benefiz-Aktion Red Nose Day des US-amerikanischen Senders NBC am 21. Mai ist sie in die Rolle eines anderen, männlichen Kinohelden geschlüpft: Sie spielt, stilecht mit Lederjacke und Peitsche, Indiana Jones in einer Szene aus „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“.

http://www.youtube.com/watch?v=lnjqFhWMBKQ

In der Szene trifft sie auf den Ritter (dargestellt von Schauspieler und Comedian Brett Gelman), der in einer Höhle den Heiligen Gral bewacht. Er lobt sie beiläufig für ihr gutes Aussehen, woraufhin sie ihn mit ihrer Peitsche schlägt und sagt: „Mann, ich bin eine angesehene Archäologie-Professorin. Die Zeiten haben sich geändert!“

Ganz so genau nimmt sie es in der zweieinhalbminüten Szene mit dem Vermeiden von weiblichen Stereotypen aber nicht. Am Schluss nimmt sie alle Becher in der Höhle mit, nicht nur den Heiligen Gral, – als Deko für zu Hause.

Dennoch überzeugen Anna Kendrick und Brett Gelman. Ihre Parodie ist so sympathisch, dass wir uns statt einer Indie-Fortsetzung mit Harrison Ford ein Reboot mit den beiden wünschen. Kendrick als Indiana Jones funktioniert mit Sicherheit auch zwei Stunden am Stück. Wenigstens ein Mem dürfte ihr Auftritt lostreten. Das hoffentlich genauso erfolgreich und oft fortgesetzt wird die YouTube-Reihe „Honest Film Trailers“.

kathrin-hollmer 

Blöd, wenn nur das Aussehen zählt

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Keine Angst: Tinder lässt uns nicht oberflächlich werden bei der Partnersuche. Das sind wir längst. Auch in Cafés, U-Bahnen oder der Kassenschlange, dem sogenannten echten Leben, entscheidet das Gehirn innerhalb von Millisekunden, ob wir unser Gegenüber sympathisch oder ätzend finden.



Das Tinder-Prinzip wird jetzt auch für die Jobsuche angewendet. Das ist gut - für alle, die gut aussehen.

Doch während der Alltag in der Regel Zeit für einen zweiten Eindruck lässt, hetzt uns Tinder weiter durch den Liebeskatalog: Weg, weg, wow, weg – die schnelle Wisch-Navigation der Dating-App sorgt dafür, dass wir beim hastigen Entscheiden auch schon mal wegswipen, wen wir vielleicht doch gern getroffen hätten. Den zweiten Blick haben die Programmierer einfach wegrationalisiert.

Nochmal: Das ist okay so. Tinder wurde erfunden, damit Menschen sich digital so kennenlernen können, wie sie es auch in einer Bar oder einem Club tun. Da muss nicht jedes Detail in die Beurteilung einfließen. Der erste Eindruck reicht. Trotzdem könnte das Tinder-Prinzip künftig immer mehr zum Problem werden.





Aufgrund des Erfolgs der App klonen Entwickler die intuitive Swipe-Navigation zunehmend in für ihre eigenen Software-Erfindungen. Unter anderem funktioniert der Klamottenratgeber Swipy nach dem Tinder-Prinzip, ebenso die App Great Little Places, die statt potentieller Liebschaften die attraktivsten Hot Spots fremder Städte vorschlägt. Auch das ist zunächst nicht weiter schlimm: Wenn eine hübsche Klamotte oder eine schicke Sehenswürdigkeit vorschnellem Wischen zum Opfer fällt, lässt sich das verkraften. Doch gefährlich wird das Tinder-Prinzip spätestens bei der App Selfiejobs. Hier swipen sich Arbeitgeber durch Bewerberprofile. Hier geht es um Jobs, nicht um schnellen Sex. Bei letzterem ist es okay, wenn nur das Aussehen und der erste Blick zählen. Wenn es um Arbeitsplätze geht, hört der Swipe-Spaß auf.

Mit Selfiejobs könnenArbeitsuchende Profile erstellen, um nach potentiellen Arbeitgebern zu fischen. Platz für einen ausführlichen Lebenslauf wie bei Xing und LinkedIn bietet die App dabei nicht. Stattdessen prangt in jedem Nutzerprofil ein großes Foto und wahlweise ein Vorstellungsvideo von maximal 22 Sekunden Länge. Die Bewerber können sich durch die Inserate von Unternehmen wischen wie durch Tinder-Partnervorschläge, die Arbeitgeber können sich einen Jobsuchenden nach dem anderen vorsetzen lassen. Dabei wird ihnen ein Foto, Name, Alter und der Wohnort von Bewerbern angezeigt. Liken sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer, kommt es zum Kontaktaustausch.

Dieses Prinzip mag einfach sein und wirkt deshalb auf den ersten Blick nutzerfreundlich. Aber die Vorstellung, dass Arbeitgeber durch die Fotos von Bewerbern wie durch Dating-Profile swipen, ist schwer auszuhalten. Denn dabei bekommt der Ersteindruck aus Profilbildes und Videos mehr Bedeutung, als er haben sollte. Es geht um Aussehen und Auftreten, aber  und nicht um Kompetenz. Das Kriterium, das eigentlich darüber entscheiden sollte, ob jemand eine Chance auf einen Job hat, wird in den Hintergrund gedrängt.

Das Absurde: Die App geht damit in eine ganz andere Richtung als der generelle Trend bei Bewerbungen. Immerhin versucht die Politik seit ein paar Jahren, für Chancengleichheit bei Bewerbungen zu sorgen. Seit 2007 dürfen deutsche Unternehmen nach EU-Vorgabe keine Bewerbungsfotos mehr einfordern. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes konnte zwischen 2010 und 2012 Unternehmen und Behörden davon überzeugen, anonymisierte Bewerbungsverfahren nach Vorbildern aus den USA, Kanada und Großbritannien auszutesten. Eineinhalb Jahre lang haben fünf Unternehmen und drei öffentliche Arbeitgeber anonymisierte Bewerbungen getestet, unter ihnen die Deutsche Post, L'Oréal und das Bundesfamilienministerium. Die Arbeitgeber bekamen in den Bewerbungen keine Infos über Alter, Geschlecht und Herkunft des Bewerbers – und natürlich auch keine Fotos. Die Personalchefs reagierten positiv auf den Versuch, einige Unternehmen behielten die anonymen Auswahlverfahren bei.

„Wir sind längst nicht so minimalistisch wie Tinder“, verteidigt Selfiejobs-Gründer Martin Hall seine Jobapp. „Bei uns lassen sich Angaben zum Alter, zu den bisher gesammelten Erfahrungen, Stärken und auch zur Ausbildung machen.“ Der Fokus habe bei der Entwicklung der App auf der Nutzerfreundlichkeit gelegen. „Für uns war es wichtig, eine App zu entwickeln, die sich leicht bedienen lässt und es den Bewerbern so einfach wie möglich macht, sich potentiellen Arbeitgebern zu präsentieren“, sagt der Internetunternehmer. „In Schweden und Dänemark kommt das bereits sehr gut an.“ ÜDie Zahlen belegen das: 10.000 Arbeitsuchende zwischen 20 und 25 Jahren sollen sich sind nach Angabe des jungen Unternehmens bereits bei Selfiejobs registriert haben. Ein paar Hunderte kommen auch aus Deutschland, wo die App seit wenigen Wochen verfügbar ist.

Als Bewerber findet man bei Selfiejobs vor allem Stellen im Servicebereich von Hotels oder Bars, für die ein gepflegtes Äußeres wichtig ist. Es ist davon auszugehen, dass derjenige einen zweiten Blick bekommt, wer auf seinem Foto gut rüberkommt. Der Rest wird weggeswipet. In einem Sekundenbruchteil.

Als Bewerber findet man bei Selfiejobs momentan vor allem Stellen im Servicebereich von Hotels oder Bars. Solchen Arbeitgebern ist ein gepflegtes Äußeres natürlich wichtig. Ob der gutaussehende Kellner dann auch ein Tablett unfallfrei zu einem Tisch transportieren kann, sieht man auf den ersten Blick aber nicht.

Riesenindustrie, geringer Lohn

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7,25 Dollar - also knapp 6,50 Euro - so viel verdient die 20-jährige Mona Lee die Stunde in ihrem Job bei McDonald's in Kansas, Missouri. Obwohl sie noch einen zweiten Job mit gleicher Bezahlung hat, reicht das Geld für sie nicht zum Leben. Mona hat sich deshalb der Initiative "Fight vor 15$" angeschlossen, die einen Mindestlohn für Mitarbeiter im amerikanischen Fastfood-Gewerbe fordert. Und um zu zeigen, wie ein Leben in den USA mit 7,25 Dollar Stundenlohn aussieht, hat sie bei der Fotoausstellung "I, too, am America" mitgemacht, die momentan in Kansas läuft.

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Mona, links, auf der Arbeit bei McDonald's

Die Fotos zeigen Menschen, die sich zu dritt ein Zimmer teilen müssen. Leere Wohnungen, in denen nur ein Tisch und ein Fernseher stehen. Und immer wieder: Leere Kühlschränke und Einkaufswagen, weil das Geld für Grundsätzliches nicht reicht.

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Aus dem Leben einer Subway-Mitarbeiterin

Das ist besonders bitter, wenn man überlegt, wie riesig der Umsatz der Fastfood-Industrie in den USA ist. Mehr als 604 Milliarden Dollar lassen amerikanische Familien dort im Jahr, knapp die Hälfte der Mahlzeiten außer Haus werden in Fastfood-Restaurants gegessen. Und auch, wenn oft der Trend zu gesünderen Mahlzeiten und das Ende der Fastfood-Industrie beschworen werden - der Branche geht es in Amerika gut. McDonald's hat 2014 weltweit 27,44 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet - das war im Verleich zu 2013 zwar ein Rückgang um knapp 700 Millionen Dollar, aber immer noch acht Milliarden mehr als beispielsweise 2005.

Dass Fastfood-Mitarbeiter wie Mona Lee Macht haben und mit ihren Forderungen nicht alleine dastehen, hat sich übrigens erst kürzlich wieder gezeigt: Bei einer Demonstration für den 15-Dollar-Mindestlohn gingen am 15. April dieses Jahres 60.000 Menschen auf die Straße. In New York State und New York City haben Gouverneure angekündigt, den Mindestlohn für Fastfoodmitarbeiter anzuheben - auf 9, bzw. 11,50 US-Dollar.

charlotte-haunhorst
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