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Wir haben verstanden: KW 16

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  • Dringend mal wieder machen: Deine-Mudda-Witze!

  • Dringend bleiben lassen: Deine-Mudda-Witze mit einem Betrunkenen, der zwei Meter groß und bis zu den Fingerknöcheln tätowiert ist.

  • Gast sein ist toll. Überraschungsgast sein ist toller!

  • In guten Bars fragt man dich, ob du deinen Gin Fizz mit Eiweiß willst (und dann antwortest du möglichst souverän "Ohne!", so als hätte man dich das schon hundert Mal gefragt).

  • Wenn man sich mal ein Fixie leiht, merkt man: Fixiefahrer parken am liebsten in Grüppchen um das eigene herum.

  • Manche Städte werden im Regen schöner.

  • Klar, dass eine Eissorte mit dem Namen "Coming to America" Moet-Champagner und Rosenblüten enthält.

  • Auf Im-Vorbeigehen-Pöbler zurückpöbeln ist sehr pöbelig. Aber irgendwie sehr befriedigend.

  • Was Menschen mit Balkonwohnungen ja nie verraten: dass es da entweder ganz viele Fliegen gibt oder sehr laut ist.





  • Um die Menschen, das Leben und sich selbst zu verstehen, muss man gar nicht allein auf Weltreise gehen. Zwölf Tage am Stück mit 17 Menschen durch ein fremdes Land zu reisen, nicht länger als vier Stunden pro Nacht zu schlafen und nur auf dem Klo mal ein paar Minuten für sich zu haben, tut es auch ganz gut.  

  • Ein schöner Satz für die inneren elf Gebote: "La lentezza è molto sexy". Sagen jedenfalls die Italiener. Sagt Chris Dercon.

  • Ein Leben ohne verdunkelnde Gardinen ist möglich, aber sinnlos.

  • Frangelico auf Eis mit Limette: Der beste Sommer-Digestif.

  • Ganz weit oben auf der TopDingsbumsliste des Lebens: Der Moment, in dem das Fieber nachlässt.

  • Griechischen Salat nicht mit gewürfeltem, sondern geriebenem Feta zuzubereiten, macht nicht nur ein ganz anderes Gericht draus (nämlich Schopska-Salat), sondern auch extrem glücklich. 



Schöner Wohnen

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Seit kurzem schneide ich dünne, gleichmäßige Apfelschnitze. Das macht mich glücklich. Jahrelang wahren meine Apfelschnitze nämlich eher unvorhersehbar quadratisch, manchmal zackig und vor allem: ungleichmäßig. Dass ich Obst und Gemüse bis jetzt mehr häckselte, als schnitt, war eigentlich nicht weiter schlimm. Es gehörte zum WG-Leben genau so dazu, wie dass es immer zu viel Müll gab und zu wenig Milch.

Jetzt bin ich umgezogen. In eine Erwachsenen-WG. Da sind alle berufstätig. Und da sind die Dinge anders. Es gibt dort zum Beispiel Messer, mit denen man sehr fein schneiden kann. Klingen aus geschliffenem Stahl, aus Porzellan, ja wenn ich so genau hingucke, vielleicht sogar aus Silber. 



Nett hier: In der Berufstätigen-WG kann man den Fernseher als Ganzkörperspiegel benutzen.

Überhaupt glänzt in der Erwachsenen-WG sehr viel. Die Armaturen und die Töpfe. Der Boden im Bad. Die Fensterscheiben. Die Lampenschirme aus Chrom. Sonst ist hier aber alles normal: Jeder hat ein Zimmer, es gibt eine Küche, ein Bad und einen Fernseher zum Tatort gucken. Nur, dass all das sehr groß ist, besonders der Fernseher. Und dass das Putzmittel ein eigenes Zimmer hat. Es heißt Kämmerchen. Ich bin mir ziemlich sicher: Das ist das Paradies.

WGs sind eigentlich der provisorische Platz zwischen Eltern und eigenem Zuhause. Alle haben wenig Geld, alle wissen noch nicht ganz genau wohin, alle schneiden mit stumpfen Messern und keiner hat Bock auf den Abwasch. Das Leben ist improvisiert, genau wie das Küchenregal aus Spanplatten oder der Bierkasten-Hocker. Das war bis jetzt in Ordnung so. Aber ich wusste ja nicht, dass es da noch was anderes gibt.

Ich komme aus einer Welt, in der Duschvorhänge schimmeln und man rostige Räder fährt.



In der Berufstätigen-WG fühle ich mich plötzlich ungeahnt frei. Ich habe jetzt einen Häcksler. Und ich werde gefragt, wenn jemand eine Banane von mir möchte. Die Möbel sind nicht von IKEA, sondern aus etwas, das ich mir unter „Massivholz“ vorstelle. Alles, was in der Studenten-WG immer kaputt ist, funktioniert hier nicht nur, sondern es gibt sogar zwei davon: der Wäscheständer, der Pürierstab, die Kaffeemaschine. Keine Schrankleichen, tot geliebte und mit verbrannten Gerichten verwachsenen Auflaufformen, Töpfe mit halblockeren Henkeln und ohne Deckel. Töpfe werden hier abgetrocknet und poliert, mit einem Geschirrhandtuch, das nach Mandeln duftet.

Der Duschvorhang  ist kein schimmliger Fetzen, der am Rücken haftet, er ist eine Scheibe mit einem Wischer zum Abziehen. Als ich meinen Mitbewohner neulich fragte, ob er mir vielleicht ein Rad leihen kann, sagte er: „Klar.“ Das traurige Rostgestell, das ich als „Ersatztrad“ erwartete, war in Wirklichkeit ein schlankes, neues Fixie. Und als meine Mitbewohnerin später ein ganzes Glas Bio-Chutney, das ich mir früher einmal im Schaltjahr geleistet hätte, über fein geschnittenem Gemüse in einen glänzenden Chromtopf leerte, verstand ich: hier beginnt ein neuer Abschnitt des Erwachsenseins.  

Ich komme aus einer Welt, in der Duschvorhänge schimmeln und man rostige Räder fährt. Das liegt daran: Meine bisherige Heimat, die Studenten-WG ist ein Auswilderungsbecken für Erwachsenwerder. Man kann hier ganz ungestört für den Ernstfall üben, ohne dass er eintritt. Und deshalb ist es in der Regel auch egal, ob die Übungsutensilien dabei glänzen oder rosten.  

In meiner neuen WG ist das nicht mehr egal. Und das Schöne daran ist: mit dieser Ernsthaftigkeit entsteht auch ein neues Vertrauen. Ich wische zum Beispiel einfach so den Boden oder leere den Müll. Weil ich weiß, dass es das nächste Mal eben jemand anderes macht, ohne dass ich fragen muss. Und das gefällt mir: Ich kann mich auf Dinge verlassen. Dass der Wischer funktioniert, das Regal hält und der Müll leer ist. Wenn Erwachsenwerden bedeutet, dass man sich auf Dinge verlassen kann, man mehr plant und mehr kehrt,  dann ist die Berufstätigen-WG der perfekte Ort, um es zu lernen.

Denn sie ist ein kein Übungsbecken für Erwachsenwerder, sondern für Erwachsene. Noch gibt es das nicht: Kinder, Bausparvertrag und eigenes Zuhause. Und bis dahin schwimmt man eben ein bisschen zusammen, in dem Wissen, dass man es kann.

Kirschblüten anstarren

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Wichtigster Tag der Woche?


Dienstag. Denn da hat meine Oma Geburtstag und die ist ziemlich toll. Oder Donnerstag, da trete ich zum ersten Mal seit ungefähr tausend Jahren und vermutlich auch zum letzten Mal für etwa tausend Jahre bei einem Poetry Slam auf. Wah! Aber wenn die mich halt auch so nett fragen, was soll ich denn dann machen?

Kulturelles Highlight?


Gibt es gleich zwei!

Am Dienstag (dem Tag, an dem meine Oma Geburtstag hat – ich erwähne es nur noch mal, damit ihr es auch wirklich nicht vergesst!) liest die tolle Xifan Yang im Münchner Rationaltheater aus ihrem sicher sehr tollen Buch "Als die Karpfen fliegen lernten", Untertitel: "China am Beispiel meiner Familie". Mit dem Buch-Trailer wurde mein Herz ja schon mal gewonnen:

http://www.youtube.com/watch?v=7NxpAyOE4CE

Und am Mittwoch gehe ich in den Circus Krone zu Marc-Uwe Kling, der dort mit Michael Krebs und Julius Fischer spielt. Das Programm heißt "Viel Schönes dabei" und kann nur lustig werden. Gibt auch noch einige Termine in anderen Städten, kann man hier einsehen.

Politisch interessiert mich...


...das Thema, das schon lange und immer noch und sicher auch lange Zeit noch wichtig ist und sein wird: die Flüchtlinge. Ist ja gerade wieder hochgekocht wegen des Unglücks im Mittelmeer und den Foltervorwürfen an Bulgarien, brodelt aber eigentlich immer und sollte sowieso und überhaupt allen immer präsent sein und nie, nie, nie vergessen werden.

Soundtrack?


Gerade ist das neue Album der Villagers erschienen, "Darling Arithmetic". Habe ich noch gar nicht richtig angehört, dabei mag ich die ganz gerne. Ist halt so softer Indie-Kram, der mir nach etwa 30 Minuten auf die Nerven geht, aber bis Minute 29 ist alles super.

spotify:track:4ycUbcT3euZ3ICarb23fQF

Für alle ohne Spotify hier mein Lieblinglied vom letzten Album:

http://www.youtube.com/watch?v=NaUlo7Nh41I

Auch gerade erschienen und noch nicht angehört: Das Live-Album der Eels, mit denen man mich auch immer kriegt!

spotify:track:4KcAJGp9nV1D4nZEB7h4j4

Noch mal für alle ohne Spotify hier mein Eels-Lieblingslied:

http://www.youtube.com/watch?v=LPGHaeSBONo

Kinogang?


Am liebsten würde ich mal wieder in die Sneak-Preview gehen, aber wegen der oben genannten Abendveranstaltungen geht das leider nicht. Falls ich es trotzdem noch ins Kino schaffe, dann vielleicht in "Big Eyes" mit Christoph Waltz und Amy Adams. Der Film erzählt die auf einer wahren Begebenheit beruhenden Geschichte der Malerin Margaret Keane, deren Bilder von extrem großäugigen Menschen in den 60er Jahren unter dem Namen ihres Mannes verkauft und berühmt wurden. Eine Betrugsgeschichte also und Betrugsgeschichten sind immer gut.

http://www.youtube.com/watch?v=9qVoUUC1svI

Oder, wenn es etwas abgefahrener sein soll: "A Girl Walks Home Alone at Night". Laut Beschreibung ein "iranischer Vampir-Western". Müsste man egentlich allein der Kombination wegen ansehen.

http://www.youtube.com/watch?v=_YGmTdo3vuY

Oh, und ein Helge-Schneider-Porträt läuft auch noch an!

Wochenlektüre?


Muss noch was fertig lesen, wollte mich dann endlich mal "Blutorangen" von Verena Boos widmen. Vielleicht kaufe ich aber bei Xifans Lesung auch "Als die Karpfen fliegen lernten", das muss dann natürlich auch gelesen werden.

Geht gut diese Woche:


Kirschblüten anstarren.

Keine Chance hat diese Woche:


Schlechte Laune, weil das Fahrrad in der Werkstatt ist.

Glück im Kopf

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Bis vor drei Zeilen habe ich nicht daran geglaubt, dass dieser Text an dieser Stelle stehen wird. Dass ich ihn fertig bekomme. Dass die Kollegen ihn gut finden. Eigentlich denke ich nie, dass irgendetwas gut für mich ausgeht. Pessimistisch nennen das manche. Ich bevorzuge: realistisch. Ich bin gerne darauf vorbereitet, dass die Dinge schlecht laufen könnten, und positiv überrascht, wenn sie es doch nicht tun (was gar nicht so selten der Fall ist). Ich finde das vernünftig. Nur: Glücklich macht mich das nicht.




 
Ich bewundere die Kollegin, die selbst bei den aussichtslosesten Projekten ruft: „Das wird gut!“ Es wird nämlich immer gut bei ihr. Ich bewundere meine Oma, die über den misslungensten Teig sagt, dass der Kuchen hinterher sicher ganz toll wird. Er wird nämlich immer ganz toll bei ihr. So will ich denken. Ich will Optimistin werden. „Völlig überambitioniertes Projekt, klar!“, will ich eigentlich nachschieben. Aber das wäre hier ja kontraproduktiv.
 
Wenigstens bin ich nicht allein. Das Thema Optimismus ist seit Jahren so präsent wie sonst höchstens noch Veganismus. Es gibt Hunderte Studien, die belegen, dass Optimismus automatisch zu Erfolg führt. Dass Optimisten gesünder und länger leben, mehr Freunde haben, beliebter sind und bessere Beziehungen führen. Es gibt sogar Tee in der Sorte „Purer Optimismus“, mehrere Apps und natürlich Bücher. Viele Bücher. Auf Amazon finde ich mehr als 8000 zum Thema. Ich klicke, natürlich, als erstes auf: „Smile or die – Wie die Ideologie des positiven Denkens die Welt verdummt“. Kein guter Start. Ich will ja lernen, positiv zu denken. Und habe dafür sieben Stationen auf meinem Plan.
 

Der Verein


Als erstes rufe ich Peter Breidenbach an. Er ist Rechtsanwalt, Heilpraktiker und Familientherapeut und hat 2009 den Verein „Optimisten für Deutschland“ gegründet. Die Facebook-Seite hat knapp 60 000 Fans, sein Buch „In 30 Tagen Optimist!“ ist bereits in der dritten Auflage erschienen. Als ich ihn frage, wie Optimismus gehe, lacht er. „Als die Fußballnationalmannschaft zur Weltmeisterschaft nach Brasilien fuhr“, sagt er, „haben die Spieler nicht über die heißen Temperaturen vor Ort oder ihre verletzten Kollegen geklagt, sonst wären sie nie Weltmeister geworden. Sie haben an sich geglaubt. Und das ist Optimismus.“
 
Optimismus hat also mit Selbstvertrauen zu tun. Beneide ich bei anderen immer. Bei mir selbst: wackelige Angelegenheit. Breidenbachs Rat: „Schreiben Sie 20 Dinge auf, die Sie an sich mögen oder die Sie geschafft haben, und kleben Sie den Zettel an Ihren Badezimmerspiegel.“
 
20 Dinge sind viel. Meinem Freund fällt schneller etwas ein, zusammen schreiben wir die Liste voll. Beim Zähneputzen am nächsten Morgen lese ich, dass ich zuverlässig bin (habe ich aufgeschrieben). Und dass ich gute Ideen habe (hat er hingeschrieben). Bereits nach dem Haareföhnen ist mir so viel Eitelkeit peinlich und ich stecke die Liste in meinen Kalender. Auf dem Weg zur Arbeit denke ich trotzdem: Eigenlob tut ziemlich gut.
 

Die Selbstüberschätzer


Optimismus liegt mir auch deshalb nicht, weil ich Angst habe, mich zu überschätzen und ja, mich zu blamieren. Bei Pessimisten ist das Angst-Zentrum im Hirn vergrößert, habe ich in den Optimismus-Ratgebern gelesen, die für die Recherche seit ein paar Wochen auf dem Nachttisch liegen. Dass ich mich lieber unterschätze, hat aber auch Vorteile: Ich werde nie bei einer Casting-Show teilnehmen und auf der Bühne gedemütigt werden oder am Roulette-Tisch Geld verlieren. Andererseits werde ich auch nie eine Casting-Show oder viel Geld am Roulette-Tisch gewinnen.
 
Prof. Dr. Christian Schicha ist Medienwissenschaftler und beschäftigt sich seit 2010 mit den Motiven von Teilnehmern an Casting-Shows und Sendungen wie „Big Brother“. „Bei vielen Teilnehmern kann man nicht mehr von gesundem Optimismus sprechen, der sie da auf die Bühne treibt. Das ist einfach Selbstüberschätzung, und ich finde, dass man vor allem junge Teilnehmer vor sich selbst schützen sollte“, sagt er. Und bewundert doch auch das Selbstvertrauen der Teilnehmer: „Da ist die Lust, etwas auszuprobieren und das Beste für sich herauszuholen, größer als die Angst vor einer Blamage, das verdient Anerkennung.“
 
Es muss ja nicht gleich die Casting-Show sein. Es gibt jeden Tag Dinge, die aussichtslos erscheinen und die ich deshalb gar nicht erst versuche. Zum Beispiel meine Lieblings-Hamburger Olli Schulz und Fahri Yardim fragen, wie man Optimist wird.
 

Die Hamburger


In Hamburg leben Studien zufolge nämlich die optimistischsten Menschen Deutschlands. Olli Schulz und Fahri Yardim haben übrigens beide zehn Minuten nach meiner Anfrage abgesagt. So viel zum positiven Denken. Der Sprecher vom ersten Bürgermeister Olaf Scholz jedoch antwortet mir nach wenigen Minuten, er sei „optimistisch“, dass mir Herr Scholz einen Tipp geben kann. Kurz vor Abgabetermin schickt er immerhin ein Statement: „Hamburg ist eine Ankunftsstadt. Hierher kommen seit Jahrhunderten und bis heute Bürgerinnen und Bürger, die ein besseres Leben für sich und ihre Kinder erhoffen. Diese Hoffnung speist sich aus dem Optimismus, dass es auch klappen wird, wenn man sich anstrengt. Dieser Optimismus prägt die Stadt bis heute – auch wenn es um ganz große Herausforderungen wie die Ausrichtung der Olympischen und Paralympischen Spiele geht. Wir sollten uns große Dinge zutrauen.“ Vielleicht liegt es also an München, an Bayern, dass das mit mir und dem Optimismus nicht klappt. Ich kann jetzt nicht nach Hamburg ziehen. Aber ich lerne: Einfach mal naiv etwas zu versuchen, kann etwas bringen – und sei es auch nur ein Bürgermeister-Zitat.

>>>Peter Neururer sagt: "Egal, wie beschissen meine Situation ist, es gibt immer noch Möglichkeiten."<<<
[seitenumbruch]

Die Neurowissenschaft


Eines der Optimismus-Bücher auf meinem Nachtkästchen trägt den Titel „In jedem steckt ein Optimist. Wie wir lernen können, eine positive Lebenseinstellung zu gewinnen.“ Auf Amazon hätte ich fast nicht draufgeklickt. „Esoterik-Quatsch!“, dachte ich mit Blick aufs Cover (und bestellte es dann, weil ich ja Muster durchbrechen will). Die Autorin, die irische Professorin für Psychologie und Neurologie Elaine Fox, sagt tatsächlich vieles, das sich nach Selbsthilfegruppe anhört: „Pessimisten übersehen das Positive in ihrem Leben“, zum Beispiel. Sie hat allerdings wissenschaftlich belegt: Das Gehirn gewöhnt sich mit der Zeit daran, alles Negative zu speichern.




 
Ich denke zurück, was mir aus den vergangenen Wochen in Erinnerung geblieben ist. Ich war an meinem Geburtstag krank, was superfies ist, denn ich liebe Geburtstage! Ich musste einen Kurztrip absagen, weil ich arbeiten musste. Ich erinnere mich an viel Stress, einen geplatzten Auftrag, viel zu viele Abende zu Hause statt unterwegs.
 
Bin ich einfach unzufrieden? Oder sind tatsächlich nur meine optimistischen Hirnregionen ein wenig eingerostet? Letzteres ließe sich wieder umkehren. Neurowissenschaftler wie Elaine Fox empfehlen, jeden Abend aufzuschreiben, was man tagsüber Erfreuliches erlebt oder geschafft hat. Ich notiere: ein gutes Interview geführt. Zwei tolle Menschen kennengelernt. Mit einem lieben Menschen Kaffee in der Sonne getrunken. Mit einem anderen lieben Menschen einen schönen Abend verbracht. Optimistisch fühle ich mich deshalb noch nicht. Aber noch einmal etwas positiver. Ähnlich wie schon beim Eigenlob-Zettel am Spiegel. Ich schlafe ziemlich zufrieden ein.
 

Die App


Positive Wahrnehmung kann man angeblich auch mit „CBM“ steigern. CBM ist kein Medikament, sondern steht für: „Cognitive Bias Modification“, die Korrektur von Wahrnehmungsmustern. Natürlich gibt es dafür eine App, mehrere sogar. Ich lade mir eine aufs Handy: Auf einem Bildschirm voller mürrisch dreinguckender Menschen muss ich immer auf das eine lachende Gesicht drücken. Am Anfang muss ich ziemlich lange nach dem einen versteckten Lächeln suchen, dann geht es immer schneller. Nach jeder Runde Gesichterklicken werde ich gelobt: „Gut gemacht, jetzt atme tief ein und du bist startklar.“
 
Das Gehirn soll sich so darauf einstellen, in jeder Situation das Erfreuliche herauszufiltern. Davon spüre ich noch nichts. Dafür macht die App ein wenig süchtig, wie „Flappy Bird“ oder „Doodle Jump“. Das ist praktisch, weil das Training angeblich erst nach zwei Monaten und drei bis vier Mal Training pro Woche wirken soll. Optimist werden braucht also auch Zeit.
 

Der Feuerwehrmann


Der Fußballtrainer Peter Neururer wird in der Branche „Feuerwehrmann“ genannt, weil er gern von abstiegsbedrohten Vereinen angeheuert wird. Er muss doch wissen, wie man Optimismus lehrt. Ein Anruf also: In seiner Telefon-Warteschleife läuft „Born to be wild“ und als erstes lobt er meine freundliche Stimme. Wie baut so einer also demotivierte Spieler auf? „Ich kenne keinen Profi-Fußballer, der nicht motiviert ist“, sagt er. Deshalb vermittle er auch nur „realistische Zuversicht“: „Den Spielern muss klar sein, dass es jedes Jahr einen Meister gibt. Alle anderen Vereine werden nicht Meister, ein paar werden sogar absteigen.“ Optimismus bedeutet für ihn, sich realistische Ziele zu setzen. „Egal, wie beschissen meine Situation ist, es gibt immer noch Möglichkeiten. Alles andere wäre unrealistisch. Ich kann aber nicht, wenn wir als Tabellenletzter noch zehn Spiele in der Saison vor uns haben, sagen: ‚Wir gewinnen jetzt alle zehn Spiele, um nicht abzusteigen‘. Es geht immer um das nächste Spiel. Ich muss überzeugt sein: Das werden wir gewinnen!“ Und wenn er auch mal einen schlechten Tag hat? „Das habe ich nie. Gerade bin ich allerdings unzufrieden. Ich habe keine Aufgabe, meine gute Laune beim Aufstehen ist jetzt dosierter“, sagt er. „Ich kann mir keinen Job suchen, denn als Trainer wird man gefunden. Aber ich weiß, das wird passieren.“
 
Zuversicht ist das wohl. Ein noch größerer Begriff als Optimismus. Bevor ich aufgebe, frage ich meine Freunde auf Facebook, wie das geht mit dem Zuversichtlichsein. Und stoße auf Sandra aus Brasilien. Sie ist Unternehmensberaterin in New York.
 

Das Vorbild


Im vergangenen Jahr starb Sandras Verlobter. Mit 30 Jahren. An einem Herzinfarkt während eines Basketballspiels. Drei Monate vor ihrer Hochzeit.
 
Und in Sandras Skype-Profil steht: „The state of being happy“. „Ich weiß, ich werde mich wieder verlieben und wieder heiraten“, sagt sie, als wir skypen. „Als mein Verlobter starb, war ich so allein, so verloren. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich nicht die Wahl, mein Schicksal zu bestimmen. Da habe ich beschlossen, optimistisch zu sein.“
 
Kann man das: einfach akzeptieren, was passiert ist, und entscheiden, dass man ab jetzt alles nur noch positiv sieht? „Ich habe mir mein zukünftiges Leben vorgestellt und mich entschieden, nicht aufzugeben. Manchmal verliert man. Das ist eine banale, aber wichtige Erkenntnis. Darum muss man alles andere schätzen und nicht daran festhalten, was man verloren hat. Das war die größte und wichtigste Entscheidung, die ich je getroffen habe.“
 
Bisher habe ich Optimismus vor allem in der Bestätigung von außen gesucht. Und ihn gefunden: Auf der Liste am Spiegel, die mein Freund viel schneller füllen konnte als ich. In einem Mittagessen mit Kollegen, die mich motiviert haben, mich mehr zu trauen. In der SMS einer Freundin. Sandra hat einfach entschieden, optimistisch zu sein. Forscher behaupten übrigens, wir hätten gar keine Wahl: Wir seien alle Optimisten, das sei uns nur nicht bewusst. Sonst würde niemand heiraten, rauchen, bei Rot über die Ampel gehen oder überhaupt morgens aufstehen. Ich bin also unterbewusst schon Optimistin. Vielleicht muss ich das nur noch auf die bewussten Entscheidungen anwenden, die ich jeden Tag treffe. Vielleicht heißt Optimismus, die Zweifel aushalten. Weiterschreiben, trotz eines geplatzten Auftrags. Weiterspielen, auch wenn man glaubt, man hat schon verloren. Weiter machen. Raus kommt man eh nicht. Dann kann man genauso gut das Beste draus machen. Und so schlimm sind die Zweifel gar nicht. Sonst wäre dieser Text nie erschienen.

Um die Frauenkirche ist Disneyland

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Ich war selten in einer Stadt, die so sehr aussieht wie ihre eigene Postkarte. Es ist ein April-Samstagnachmittag, und die Gebäude in der Dresdener Neustadt wirken sogar im echten Leben irgendwie gephotoshopt. Als seien sie extra für Touristen in der Nachmittagssonne ausgeleuchtet. Trip Advisor kürte Dresden zur viertbeliebtesten deutschen Reisestadt, gleich nach Berlin, München und Hamburg. Verständlich. Ich mache jedenfalls im Minutentakt Bilder: Frauenkirche, Semperoper, der Zwinger, in dem Adelige im achtzehnten Jahrhundert barocke Open-Airs gefeiert haben. Sehr schön, das alles. Aber auch ein wenig kulissenhaft. Ist das wirklich Dresden?




Wenn man fürs Studium in eine neue Stadt zieht, gibt es viele Fragen: In welchem Viertel wohne ich am besten? Wo trifft man sich und wo gibt es die besten Drinks? Was muss ich wissen, um die Stadt zu verstehen? Wir beantworten diese Fragen im Studentenatlas auf jetzt.de und SZ.de für deutsche Studentenstädte. Auf Frankfurt und Dresden folgt nächste Woche Freiburg. Alle Informationen findest du unter sz.de/studentenatlas.

Als es dunkler wird, fahre ich in die Neustadt auf der anderen Elbseite. „Bermudadreieck“ wird die Kreuzung zwischen Louisen- und Görlitzer Straße genannt. Urbane Legenden besagen, dass dort die Feiernden oft in die Nacht verschwinden und erst Tage später auftauchen. Erinnerungslos. Hier sitzen Menschen auf Fensterbänken, lehnen rauchend an Häuserwänden und trinken Spätkaufbier. Das Bermudadreieck ist das Herz der „Äußeren Neustadt“ – der Dresdener Ausgehmeile. Die konzentriert sich auf drei Straßen (Görlitzer, Louisen- und Alaunstraße) und wirkt wie eine Mischung aus einem heimeligen Kiez mit Brooklyn-Allüren und Vergnügungspark. Gelegentlich schiebt sich eine Klassenfahrtgruppe in einen der Läden, die Restaurant, Bar, Cocktail- und Shishalounge in einem sind. Babos Dönerpoint reiht sich an Ararats Döner Lounge. Für 3,50 Euro kann man Cocktails zum Mitnehmen im Plastikbecher kaufen – und damit an den Bars mit den unverputzten Betonwänden und dem Naturfrisör vorbeigehen. Ein Schild in den Fenstern eines leeren Studios kündigt an, dass dort bald ein Yoga-Shop aufmacht. Im Restaurant Lila Soße gibt es Essen in Weckgläsern (Currywurst im Glas mit Hibiskusblüte, zum Beispiel).

Dafür darf man im Hebeda’s , Empfehlung eines Kumpels, in zwei Räumen rauchen. Den halben Liter Bier gibt’s ab 2,10 Euro, Zigaretten werden einzeln für 30 Cent verkauft. Die Wand ziert eine vollbusige und vollbewaffnete Amazone. In einem Raum mit Zebrastoff an den Wänden wird getanzt. Ich weiß nicht genau, ob die Verranztheit Stilelement ist, oder der Nebeneffekt von Exzessen, finde die Kneipe aber auch deshalb grundsympathisch.

Nächste Station: Altes Wettbüro– ein Club mit einen Sommergarten, der heute Zehnjähriges feiert. Dort sollte ich eigentlich mit Michael Schuhmann, einem der Clubgründer, über die Dresdener Szene reden. Aber der ist so mit Organisieren und Feiern beschäftigt, dass wir uns stattdessen für den nächsten Nachmittag verabreden. Ich schließe mich für ein Weilchen den Duttmädchen und Dreitagebartjungs an, die auf der Tanzfläche schwitzen. Ein Elektro-DJ aus Chicago legt auf, aus dem Sommergarten dringt wieherndes Lachen.

„Für mich ist Dresden eine der lebenswertesten Städte in Deutschland“, sagt am nächsten Tag Ronnie Haberland, 37, Inhaber der Boutique The Store in der Neustadt. Für ihn macht der Alltag das Leben in Dresden aus, nicht die Fotomotiv-Orte: „Es ist eine langsame Stadt. Wunderschön, grün, provinziell. Gemütlich bis zur Lähmung.“ Die Trends brauchen schon ein paar Jahre länger, um hier anzukommen, das sei aber nicht unbedingt ungesund: „Man kann’s auch so sehen: Dresden macht nicht jeden Scheiß mit. Diese Berliner Hässlichkeit als Modestatement zieht hier zum Beispiel nicht. Der Dresdener Look ist unaufgeregter, egaler.“ Im The Spot verkaufen sie größtenteils skandinavische Labels: Minimalismus, cleane Looks, Schnitte, die nicht so schnell aus der Mode kommen. Außerdem bringen sie zusammen mit der Modedesign-Fakultät der Fachhochschule Dresden eine eigene Kollektion raus. Und Konzerte und Lesungen veranstalten sie auch noch. Seit 2008 betreibt Haberland seinen Laden in der Äußeren Neustadt, und muss zusehen, wie die Gegend immer teurer wird. „Studenten können es sich langsam jedenfalls nicht mehr leisten. Zum Weggehen und Abhängen kommen alle her – wohnen tun sie inzwischen aber in Pischen oder Friedrichstadt.“

In Friedrichstadt, 15 Tram-Minuten von der Neustadt entfernt: Viele Altbauten, nicht allzu viele Leute – und wenn man welche trifft, dann schlendern sie und sind entspannt. Ich steige auf den grünen Hügel, auf dem man eine tolle Aussicht auf die Stadt hat, den Alberthafen an der Elbe, die Messe Dresden, und die Flutrinne – eine Wiese an der Elbe, auf der ein paar Tage später 15 000 Pegida-Anhänger zusammenkommen werden, um dem Rechtspopulisten Geert Wilders zuzuhören.

Auf dem Hügel, auf dem ich stehe, führen die Dresdener Hunde aus, rodeln im Winter, gucken an Silvester Feuerwerk. Es ist ein Trümmerberg, gemacht aus dem Schutt, den der zweite Weltkrieg zurückließ. Doch die wenigsten wissen das, erzählt Danilo Hommel. Er bietet Touren an: Einen Nightwalk durch die Neustadt, eine Streetart-Tour und eine Kurt-Vonnegut-Tour – nach Vonneguts kriegskritischem Kultroman „Schlachthof 5“. Durch die Altstadt führt er nicht: „Die Gegend um die Frauenkirche nennen wir Disneyland.“ Die meisten Besucher der Kurt-Vonnegut-Tour seien Amerikaner oder Briten. Deutsche kommen nicht ganz so oft. „Dresden bleibt zu sehr an der Nabelschnur der Hochkultur hängen. Dabei ist die Stadt so viel mehr als Semperoper und Frauenkirche. Und natürlich mehr als Pegida“, sagt Hommel auch noch.

Nachmittag, zurück in der Neustadt. Michael Schuhmann, 43, sitzt im Sommergarten vom Alten Wettbüro , verkatert und glücklich nach der erfolgreichen Jubiläums-Party. Schuhmann kommt aus dem Speckgürtel von Dresden und hängt in der Stadt ab, seit er Teenager ist. Er hat die Jahre nach der Wende erlebt, als die Leute in der Neustadt die „Türen zu Ruinen eingetreten, einen Eimer Farbe an die Wand geschmissen und das Ganze Club genannt haben.“ Anfang der Nullerjahre war die wilde Zeit vorbei: Vor zehn Jahren haben Schuhmann und sein Partner die Überreste eines halb-legalen Clubs im Industriegebiet zusammengepackt und in den Räumen eines alten Wettbüros wieder aufgebaut. Später kam ein Biergarten dazu und Mittagsküche. „Wir haben vier Clubs, die diesen Namen verdienen: Sektor, Paula, Sabotage und uns“, sagt Schuhmann. „Alles ist ein bisschen gemächlicher, familiärer. Aber wer will, kann jeden Tag etwas Cooles erleben: Es gibt junges Theater, Kunstausstellungen, Kneipen, die Elbe, ein halbes Dutzend Badeseen in der Nähe, die sächsische Schweiz.“

Wann er das letzte Mal in der Altstadt war, daran kann sich Schuhmann nicht erinnern. Und wahrscheinlich ist genau das auch die richtige Mischung, wenn man in Dresden lebt: Man wohnt dort, wo man sich’s leisten kann, hängt in der Neustadt ab, spaziert an der Elbe, fährt oft ins Grüne und geht in die Postkartenstadt, wenn die Eltern zu Besuch sind.

Laut ohne laut zu sein

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Die Erfindung, die vielleicht die Erfindung des Jahrhunderts wird, könnte nicht dämlicher heißen: "Masn´live©". Masn´live© ist ein Prozessor, den man in ein Soundsystem einbaut und mit dem Konzerthallen und Clubs die Lautstärke bei gleichbleibendem Schalldruckpegel erhöhen können. Oder einfacher ausgedrückt: Mit Masn´live© kann man Musik voll aufdrehen, ohne dass die Nachbarn etwas davon mitbekommen.





Hinter der Erfindung steckt der spanische Mastering-Ingenieur Xergio Córdoba. Er schafft es teilweise, die Lautstärke bei gleichbleibendem Dezibel-Wert zu verdoppeln. Dafür nutzt er die Psychoakustik. Im Interview mit Vice erklärt Córdoba das so: "Man hört sich eine MP3-Datei mit seinen Kopfhörern an. Das Schlagzeug oder der Bass setzt ein, aber die Kopfhörer sind zu klein, um den Sound richtig wiederzugeben. Unser Gehör versucht dann, diesen Umstand auszugleichen – ein Vorgang, den wir auch oft beim Mastering anwenden und der bei unserem System ebenfalls zum Tragen kommt, damit wir unsere Ziele erreichen."

[plugin imagelink link="http://assets2.vice.com/images/content-images/2015/04/14/dank-dieses-typen-kannst-du-jetzt-richtig-laut-musik-spielen-ohne-dabei-deine-nachbarn-zu-nerven-398-body-image-1429024161.jpg" imagesrc="http://assets2.vice.com/images/content-images/2015/04/14/dank-dieses-typen-kannst-du-jetzt-richtig-laut-musik-spielen-ohne-dabei-deine-nachbarn-zu-nerven-398-body-image-1429024161.jpg"] Xergio Córdoba mit seiner Patenturkunde (Quelle)

Auch im Freien und auf Privatpartys kann Córdobas Erfindung eingesetzt werden, dafür braucht man nur ein gutes Soundsystem. Wütende Nachbarn und Polizisten, die die WG-Party stören, könnten also bald der Vergangenheit angehören.

Vor Hörschäden durch Lärm schützt Masn´live© allerdings nicht. "Hörschäden kommen durch zu hohe Dezibel-Werte und die Dauer, die deine Ohren diesen Werten ausgesetzt sind, zustande", sagte er der Vice. "Leider bietet unser System davor keinen Schutz, aber es lässt dein Gehirn die Musik lauter wahrnehmen, als sie eigentlich ist. So minimiert man die Belastung durch schädliche Frequenzen."

kathrin-hollmer 

Viertelkunde: Dresden

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Dieser Text erscheint im "Studentenatlas", ein Projekt von jetzt.de und SZ.de. Mehr Infos dazu findest du hier. Eine interaktive Dresden-Karte für Studenten findest du hier.


Neustadt/Hechtviertel


Das bekommst du hier: hippe WGs; Spätis; immer was Gutes (auch Veganes) zu essen; die gemütlichsten Cafés; Programmkino in der Schauburg; Menschenkino im Alaunpark; junge alternative Familien; kleine Galerien und Straßenkunst; die besten Bars; den besten White Russian im Big Lebowski; die Dresdner Heide vor der Tür. Hier leben alle, die es entspannt, bunt und ein bisschen bekloppt mögen.
Das bekommst du hier nicht: direkte Uninähe; deine Ruhe; spießige Nachbarn; Langeweile.
Durchschnittsmiete Innere Neustadt: 8,10 €/qm

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Altststadt/Innenstadt


Das bekommst du hier: historische Bauten und Sandstein-Mania zum Schwindligwerden; Touristenströme und Pferdekutschen auf Kopfsteinpflaster; überteuerte Kneipen und Eierschecke in Omi-Cafés; Dampfschiff-Touren; Einkaufsmeilen-Drängelei; Theater, Ballett und Opern.
Das bekommst du hier nicht: bezahlbare Altbauwohnungen; studentische Nachbarschaft; bunte Kneipenkultur; günstiges gutes Essen; Kulturentzug; Party.
Durchschnittsmiete Altstadt/Innenstadt: 8,77 €/qm

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Striesen/Johannstadt


Das bekommst du hier: schnieke Villen in der Nachbarschaft; Elbidylle; Biergärten (zu empfehlen: Fährgarten Johannstadt und El Horst); Mediziner-Campus vor der Nase; Programmkino-Ost; das beste Softeis im Café Lösch; orthopädische Schuheinlagen.
Das bekommst du hier nicht: Nähe zum TU Campus; Kneipen; modische Inspirationen auf der Straße; Party.
Durchschnittsmiete: 7,53 €/qm (Striesen), 7,85 €/qm (Johannstadt)

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Friedrichstadt


Das bekommst du hier: sehr günstige Wohnungen; Poco Domäne; gute Anbindung und Nähe zur Innenstadt und zum Sportgelände Ostragehege (Eissport, Fußball, Rugby); Katzensprung zur Elbe.
Das bekommst du hier nicht: alles andere, was Spaß macht.
Durchschnittsmiete Altstadt/Innenstadt: 7,26 €/qm

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Südvorstadt/Löbtau


Das bekommst du hier: günstige und große Wohnungen; die Uni, die Mensen und die Unibibliothek SLUB in Reichweite; 8er-WGs; Studentenclubs.
Das bekommst du hier nicht: (Straßen-)Kultur; Kneipenszene; die Elbe vor der Tür.
Durchschnittsmiete Altstadt/Innenstadt: 7,43 €/qm

 


Hinweis: Die Durchschnittsmiete ergibt sich jeweils aus den Zahlen des Mietspiegels der Stadt Dresden. Die Zahlen sind Durchschnittswerte ohne Berücksichtigung von Lage, Größe und Ausstattung der Wohnung.

Sei nicht vegan!

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Tinder-Profile zu lesen, ist oft peinlich, aber immer lustig. Wussten wir schon. Dass Tinder-Bios gut zu einer Klavierbegleitung passen, wussten wir dagegen noch nicht. Jamie Foxx hat in der vergangenen Woche diese Wissenslücke geschlossen. Bei seinem Auftritt bei Jimmy Kimmel am vergangenen Freitag sang er, begleitet von einem Klavier, ein Lovesong-Medley, dessen Text ausschließlich aus Tinder-Bios besteht – das Ergebnis ist ziemlich sehens- und hörenswert:

http://www.youtube.com/watch?v=wIVzRnf8jdg

Wenn wir das nächste Mal "Ich bin nicht hier für eine Affäre. Außer, äh, du bist es. Dann sollten wir sprechen!" oder "Bitte sei nicht vegan. Bitte sei nicht vegan. Bitte sei nicht vegan" auf Tinder lesen, denken wir daran: Eigentlich ist das Kunst!

kathrin-hollmer

Es hat sich ausgeräkelt

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Wir gehen nicht davon aus, dass die Oberbosse der Shanghai Auto Show Fans der Rapper von Blumentopf sind. Und selbst wenn sie es wären, würden sie jetzt wohl einen Song von ihrer Playlist streichen: „Autos und Frauen“ heißt der, und der Refrain geht so: „Es dreht sich alles nur um Autos und Frauen / denn Autos und Frauen machen uns glücklich.“

Autos und Frauen machen die Oberbosse der Auto Show nämlich gar nicht mehr glücklich. Im Gegenteil: Sie haben diese Kombination von den Messeständen verbannt. Auf der diesjährigen Shanghai Auto Show, die am Montag begann und noch bis zum 29. April täglich 100.000 Besucher erwartet, räkeln sich keine langbeinigen Models in knappen Kostümchen auf Motorhauben. Die Autoshow sei zu einer Fleischbeschau verkommen, hieß es, man wolle wieder die Autos in den Mittelpunkt rücken. Die seien ja die wahren Stars der Veranstaltung. Deshalb sieht man dort dieses Jahr nur noch Frauen, die auch wirklich Autos verkaufen. Vollständig bekleidet.

Tatsächlich buhlten die Autorhersteller auf der chinesischen Autoshow in der Vergangenheit vor allem um die Aufmerksamkeit der Besucher, indem sie möglichst viel Haut um ihre Autos tanzen ließen. Was jetzt einige vermissen: Nach der Ankündigung des Räkelverbots waren im Netz viele enttäuschte Kommentare zu lesen.

Und die Models selbst? Finden die Regel wohl auch blöd. Laut China Daily ist die Messe für viele die wichtigste Einnahmequelle des Jahres, und sie fürchten, dass in Zukunft andere Veranstalter nachziehen werden. Gilt natürlich nur für die weiblichen Models. Für die männlichen Kollegen scheint sich hingegen eine neue Marktlücke aufzutun. Denn von leichtbekleideten Muskelmännern, die Autos polieren, hat in dem Verbot wohl niemand was gesagt. Der chinesische Autohersteller Star Coach hat das schnell geschnallt:



(Foto: reisbetriebeneroboter.tumblr.com)

christian-helten

"Sieh dem Mann doch in die Augen, er vögelt dich gerade!"

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Uh, Ah, Ah: Falsch gestöhnt ist halb verloren, so der Pornokritiker.

jetzt.de: Don, wann ist eine Sexszene gelungen?

Don Houston: Was eine gute Szene ausmacht, ist das, was guten Sex ausmacht: dass die Leute Spaß haben, dass es danach aussieht, als hätten sie eine gute Zeit miteinander. Augenkontakt zwischen den Protagonisten, der Gesichtsausdruck, Mimik, Gestik müssen stimmen. Vor allem kommt es auf die Chemie zwischen den Darstellern an.

Und was macht einen guten Pornostar für dich aus?
Also erstens sollte man mindestens 18 sein. Außerdem hilft es, Sex zu mögen.

Viele Menschen mögen Sex – das macht sie noch lange nicht zu einem guten Pornodarsteller.
Das ist wahr. Aber es hilft, dass es dir nichts ausmacht, wenn noch zehn andere Leute mit dir in einem Raum stehen und dir beim Sex zusehen. Du solltest offen für Neues sein und eine exhibitionistische Ader haben. Es hilft natürlich auch, gut auszusehen.

Wann bekommt ein Film von dir schlechte Kritiken?
Schlecht wird es, wenn die Protagonisten irgendwie künstliches Gestöhne von sich geben (stöhnt); da denkt sich jeder: “Oh wow, was für ein Fake!”. Es muss glaubhaft sein. Insbesondere ältere Pornos haben dieses Problem. Schlimm sind auch diese “Clockwatcher”, die Frauen, die die ganze Zeit auf irgendeine Wanduhr starren und auf die nächste Szene warten. Sieh dem Mann doch in die Augen, er vögelt dich gerade! Amüsier’ dich!

Aber es gibt ja auch Pornos, in denen es gerade darum geht, dass die Protagonistin keinen Spaß hat.
Das sind dann eher die Fetischpornos, Bondage, BDSM und so weiter. Da ist es nicht wichtig, ob die Protagonisten Spaß haben, hier wollen die Zuschauer nur sehen, wie weit sie mit ihrer Sexualität gehen können. So etwas ist dann aber eher nicht mein Ding, denn ich mag Frauen und ich möchte, dass sie Spaß haben.

"Pornos porträtieren das echte Leben"



Wie bist du überhaupt Pornokritiker geworden?

Ein Freund von mir begann, eine Website mit Pornofilmen zu betreiben und suchte jemanden mit Erfahrung, der die Pornos bewerten könnte.

Und du bringst die Erfahrung mit?
Also bitte! Ich schaue seit 35 Jahren Pornos!

Beeindruckend!
Der Job ist wirklich jeden Tag anders!

Schreibst du nur Pornokritiken oder machst du noch was anderes nebenbei?
Mittlerweile bin ich in Rente und habe genug zusammengespart, um meine Zeit nur mit Pornos zu verbringen.

Wieviele Reviews hast du denn schon geschrieben?
Um die 6500.

Und es ist trotzdem nur ein Hobby?
Ja, vollkommen. Ich genieße Pornos und sehe es gerne, wenn sich Produktionsfirmen die Mühe geben, sie weiter zu entwickeln.

Es gibt dann also auch kein Geld für deine Kritiken?
Nein, aber ich habe öfters für verschiedene Websites oder Produktionsfirmen geschrieben, bei denen ich um die 25 bis 50 Dollar für ein Review bekommen habe. Aber ich schreibe lieber unabhängig meine Kritiken, denn man ist glaubwürdiger, wenn man nicht im Auftrag von irgendeiner Produktionsfirma schreibt.

Macht es einen nicht fertig, einen vierstündigen Porno anzuschauen?
Ich schaue nun schon so lange Pornos, das ist wirklich kein Problem mehr für mich. Manchmal schreibe ich über den ganzen Film, weil er wirklich von Anfang bis Ende gut war. Das ist aber eher selten der Fall. Meistens schreibe ich ja nur über die interessantesten Szenen.

Wir haben uns die Gewinner des XRCO Awards 2015 (Anm. der Red.: wichtiger Preis in der Pornobranche) näher angesehen und haben den Film “Wetwork” gefunden, der in der Kategorie “Best Epic” gewonnen hat. Der sieht eher nach einem Actionthriller aus als nach einem Porno. Lenkt so viel Handlung nicht eher ab?
Oft ist es so, dass einfach nur der Sex im Vordergrund steht. Da sieht man dann auch nur den Akt und nichts anderes, was okay ist. Bei Filmen wie “Wetwork” geht man einen Schritt weiter und versucht, ein Stück weit die Realität nachzuahmen. Seht euch doch nur mal die Hollywood-Filme an: In keinem dieser Filme haben die Protagonisten wirklich Sex, meistens zeigen sie nur zwei Menschen, die aufeinanderliegen und so tun. Aber Menschen haben nun mal Sex, immer und überall. Pornos sind da ehrlicher: Sie porträtieren das echte Leben.

Also denkst du, dass Pornos realistischer sind als Hollywood?
Ich denke, in manchen Aspekten sind sie realistischer als normale Filme. Insbesondere der Regisseur Eli Cross von ”Wetwork” hat darauf bestanden, einen richtigen Film zu machen. Nur eben mit echtem Sex.

"Ein Mal wurde ich von einem Typen mit einer Waffe bedroht."




Wie ist es denn, über Fetische zu schreiben, die man persönlich nicht mag?
Also, man weiß ja nie, was man eigentlich so mag, bevor man es gesehen hat. Ich versuche immer, meine eigene Komfortzone zu verlassen und auch Neues zu wagen.

Hattest du schon mal Ärger wegen einer Kritik? 
Einmal hat man mir gedroht, mich aus der Branche zu verdrängen, indem man mir Filme vorenthalten hat. Ein anderes Mal wurde ich von einem Typen mit einer Waffe bedroht. Selten schreiben mich die Darsteller persönlich an – meistens, um sich zu bedanken oder, wenn die Kritik negativ war, um sich zu rechtfertigen. Die meisten sind von sich und ihrem Film total überzeugt und können gar nicht nachvollziehen, wenn man sie schlecht findet. Ich denke, das liegt auch daran, dass sich die meisten Pornodarsteller ihre Filme gar nicht ansehen und nicht wissen, wie sie beim Sex aussehen.

Wieso nicht?
Wer schaut sich schon gerne bei der Arbeit zu? Viele schauen sich ja nicht einmal Pornos an, geschweige denn ihre eigenen. Somit haben sie auch keine Möglichkeit, sich mit andern zu vergleichen. Als Zuschauer ist man da sowieso auf einer ganz anderen Ebene: Man ist ja nicht derjenige, der gerade Sex hat, man schaut nur zu. Oft können die Darsteller den Unterschied zwischen dem, was zu sehen ist und ihren subjektivem Erleben nicht nachvollziehen.

Könntest du uns ein paar Filme empfehlen?
Jederzeit. “Wetwork” ist auf jeden Fall einen Blick wert. Auch der diesjährige XRCO Gewinner des Preises für Beste Parodie, “Barbarella, XXX: A Kinky Parody”, ist empfehlenswert. Ein guter Lesbenporno wäre “Angela loves women”, der Titel ist da wirklich Programm.

Und dein Lieblingsporno?

Ich mochte wirklich sehr “Corruption” aus dem Jahr 2006, von demselben Regisseur wie “Wetwork”. Das war eine der ersten größeren Produktion mit einem großen Budget.

Wir werden jetzt mal ein wenig persönlich: Regt sich beim Pornoschauen noch was bei dir, nach fast 7000 Pornokritiken?

Diese Frage stellen mir viele. Aber ja, ein guter Porno macht mich auch noch heute an.

Würdest du sagen, dass deine Arbeit einen positiven Effekt auf dein Privatleben hat?
Definitiv. Einige meiner Ex-Freundinnen hat meine riesige DVD-Sammlung genervt und sie verlangten von mir, sie wegzuwerfen. Da erkennt man dann, wer einem gut tut und wer nicht. Andere wollten sie sich mit mir ansehen. Meine letzte Ex-Freundin kommt heute noch manchmal vorbei. (lacht)

Um Pornos zu schauen?

Klar. Sie hilft mir dann bei den Kritiken. Das alles hat mein Sexleben nie negativ beeinflusst. Im Gegenteil, ich habe vieles von Pornos gelernt und auch schon oft andere beraten. Privat schaue ich mir aber eigentlich weniger Pornos an.

Grob geschätzt: Wie viele Rezensionen schreibst du in einer Woche?
Eigentlich schon zwei bis drei Stück pro Tag.

Wie bitte?
Ich schreibe eben sehr gerne. Ich denke, das ist es, was mich so motiviert. (lacht)

Neustadt für Anfänger

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Freitags ist es am schlimmsten. Noch vor Sonnenuntergang spucken die Straßenbahnen am Albertplatz junge Menschen in unerträglich großer Zahl aus. Hipster und Punks, Atzen und Biedermenschen, Mediziner und Maschinenbauer. In der Alaunstraße, der Einflugsschneise zur Dresdner Neustadt, verknäulen sie sich, mit dem Rad kommt dann nur noch durch, wer Wagemut beweist und sehr, sehr gute Bremsen hat.  

Gar nicht mehr durch kommt man mit dem Rad in diesen Wochen. Warum? Das Lösungswort im Unglücksrad zählt 21 Buchstaben: Sommersemesterauftakt. Geführte Gruppen von Erstsemestern schieben sich wie mobile Barrikaden durch die Straßen. Von oben muss das aussehen, als habe der Weltgeist sein altes Nokia 3210 herausgeholt, um eine Partie human snake zu spielen. Kommt man mit dem Rad trotzdem durch, findet man ein paar hundert Meter weiter im Alaunpark keinen Platz mehr und wenn doch, dann nur dort, wo kurz vorher der Hund eines Punkers oder der Punker selbst einen mächtigen Haufen hingekringelt hat. Die Kneipen? Sind natürlich auch alle voll, also geht man nach Hause, man legt sich vor der Zeit ins Bett, aber das hilft nichts, weil das kubanische Restaurant unter einem im Innenhof die Grillsaison eröffnet. Gegen zwei Uhr überlegt man, eine Petition für das Verbot von Bongos zu starten.  

Freitags ist es am schönsten. Am Albertplatz sieht man Atzen und Punks einander zulächeln, in der Alaunstraße sammeln sich herrlich viele Erstsemestergruppen. Man lächelt ihnen zu und denkt, Freunde, wir brauchen Euch, gerade hier, in dieser manchmal etwas onanistischen, sich selbstbefriedigenden und selbstzufriedenen Stadt. Man geht zum Dönermann, bis es klirrt im Beutel (“Sterni 80 Cent, Bier 1,50 Euro”), und im Alaunpark trifft man wie immer zufällig Menschen, die man kennt und die zu sehen man sich freut. Man führt Gespräche mit Medizinern über die Alltagstauglichkeit von Anästhetika, mit Maschinenbauern überlegt man nach Google-Anfragen, die möglichst wenige Ergebnisse liefern, mindestens aber eines (“Blauwalpenis Hitler” ist lange im Rennen, scheitert aber im Praxistest). Irgendwann am Morgen, wenn es schon wieder hell wird, fällt man glücklich ins Bett. Man überlegt, sich ein Paar Bongos zu kaufen.  

Willkommen in der Dresdner Neustadt. Einem Viertel, so sagenumwoben, so anders und dann doch wieder kreuznormal, dass man sich ihm am besten anekdotisch nähert. In Gänze ließe sich die Neustadt sowieso nicht vermessen. Gleich also soll es ums Asi-Eck gehen, um Prohibition im Jahr 2015 und um ein jährliches Frühstück der Tausenden. Vorher müssen wir aber den Pflichtstoff durchnehmen. Es wird nicht lang dauern, versprochen.  


Als es die DDR noch gab, wohnte meine Oma in der Neustadt, Katharinenstraße. Gäbe es meine Oma heute noch, sie würde gewiss nicht mehr hier wohnen. Das liegt nicht am üppigen Gründerzeitbestand, der natürlich immer noch reizvoll ist. Es ist vielmehr so, dass sich das Wesen des Viertels komplett verändert hat. Die verbrauchten Lederhäute in den Räucherstübchen erzählen noch heute vom Früher wie von einem höllischen Paradies, das überlebt zu haben keine Selbstverständlichkeit sei: Zum Mauerfall wuchsen Birken aus maroden Dächern, darunter saßen Punks und Nazis beeinander. Orientierungslosigkeit, Haulust, und, Mensch, was haben wir gesoffen! 1990 noch wurde das gegründet, was man heute eine Mikronation nennt. Die Bunte Republik Neustadt (BRN) war ein kaum hoch genug zu schätzender Versuch, sich “den Verhältnissen” entgegenzustellen. Überhaupt, Verhältnisse, wie das immer klingt. Als hätte man keinen Einfluss darauf.  

Auch in der Neustadt haben sich die Verhältnisse irgendwie durchgesetzt. Von den damals jungen Wilden sind viele geblieben, sie sind jetzt milde und nicht mehr ganz so jung, sie haben Kinder, und der ganze Gentrifizierungsirrsinn geschieht in der Neustadt in ähnlich flirrenden Farben wie anderswo. In dem Laden, in dem man gestern noch sein Gemüse holte, wird am nächsten Morgen schon tibetische Heilmedizin verkauft, die Autos werden mehr und dicker, der Mietspiegel kennt seit Jahren nur eine Richtung. Als Student zieht man da im Zweifel lieber auf die schlechte Elbseite, Altstadt, nach Löbtau zum Beispiel, wo es auch Gründerzeit gibt, aber - face it, Löbtau! - leider kein Leben. Nullinger.  

Was die Neustadt aber immer noch unterscheidet, das ist eine seltene, geheimnisvolle Widerstandskraft gegen die Verhältnisse, die man nur manchmal und mit Glück zu sehen bekommt. Damit sind wir, endlich, bei den Anekdoten.  

Straßenbahn-Blockieren am Asi-Eck


Erstens: Asi-Eck (auch: buntes Eck, Bermudadreieck). “An einer Straßenecke zu stehen und auf keinen zu warten, das ist Power.” Großer Satz von Gregory Corso. Und allabendliche Sommerrealität am Asi-Eck, Rothenburger-Ecke Louisenstraße. Dort sitzen die Leute, sie trinken Bier, sie warten: auf niemanden, nicht mal auf die Straßenbahn. Weil sie Bier trinken und ihnen manchmal langweilig ist, haben sie im vergangenen Sommer einen neuen Trendsport entwickelt. Straßenbahn-Streicheln. Fährt eine vorbei, hält man die Patschen dran. Albern? Auf jeden Fall. Gefährlich? Unter Umständen ja. Ein paar Mal mussten Bahnen sogar umgeleitet werden, weil die Menschen am Asi-Eck Straßenbahn-Blockieren spielten.  

Zweitens: Prohibition. Damit die Straßenbahnstreichelei aufhört und anderer Heranwachsenden-Quatsch, gibt es in den Spätshops der Neustadt am Wochenende nach 22 Uhr keinen Alkohol mehr. Wer einen Händler seines Vertrauens hat und ein Kunde dessen Vertrauens ist, der kommt natürlich trotzdem an Stoff und der kann große prohibitionistische Momente erleben. Erwachsene Männer stehen hibbelig Schmiere, andere erwachsene Männer verstauen die Pulle Jäger im Sichtschutz des Tresens im Jutebeutel.

Drittens: das Frühstück. Die BRN mag sich als Nation nicht durchgesetzt haben, als Stadtteilfest hat sie überlebt. Drei Tage im Juni, jedes Jahr. An deren letztem, dem Sonntag, stellen alle möglichen Menschen Tische und Stühle vor die Tür, es gibt ein großes, gemeinsames Stadtteilfrühstück. Diesen kleinen Tick hat sich die Neustadt bewahrt, auch wenn dabei inzwischen eher mal ein veganer Frühlingsquark geöffnet wird als eine weitere Pulle Sterni. In der Kombination aus beiden und dem Vielen dazwischen haben sich die Bewohner der Neustadt im Grunde recht gut eingerichtet.

200 Dollar zahlen, 50 Dollar bekommen

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Zunächst mal möchten wir uns bei Starbucks bedanken. Denn mit ihrer Aktion hat die Kaffeekette zumindest ein bisschen was Gutes geleistet: Sie hat uns dran erinnert, dass bald Muttertag ist. Und somit verhindert, dass wir es erst an besagtem Sonntag merken und wieder aus Mangel an Alternativen für unsere Mütter Tulpen von einer Verkehrsinsel pflücken.

Das war’s aber auch schon mit dem Lob. Denn der Geschenkegutschein, den Starbucks eigens für den Muttertag anbietet, ist schon eine ziemliche Dreistigkeit. „It’s more than a gift card“, sagt Starbucks über sein Angebot mit dem ausladenden Namen „Limited Edition Mother’s Day Premium Starbucks Card“. Und wirklich, es ist mehr als eine Geschenkekarte: ein Lehrstück in Sachen Kundenausnehmen.





Die Karte kostet nämlich 200 Dollar. Man könnte also annehmen, dass der Beschenkte mit dieser Karte Produkte im Wert von 200 Dollar einkaufen kann. Stimmt aber nicht: Auf der Karte ist ein Guthaben von 50 Dollar. Noch mal, ganz langsam, zum Sackenlassen: Man zahlt 200 Dollar, damit Mami für 50 Dollar Chai Lattes trinken kann. Man muss einräumen, dass die Karte in einer hübschen Geschenkebox geliefert wird und nicht einfach aus Plastik ist, sondern aus Metall und Keramik, mit, Obacht: „laser-etched floral details and satin ceramic finish“. Trotzdem: 150 Dollar Unterschied?

Jetzt darf man aber eigentlich gar nicht sauer auf Starbucks sein: denn die bieten das ja nur an, weil sie genau wissen: Es gibt Menschen, die sowas kaufen. Ihre „Silver Card“ ist ausverkauft, sie kostete ebenfalls 200 Dollar und war mit 50 Dollar Guthaben aufgeladen. Ein Jahr vorher gingen innerhalb kurzer Zeit 1000 goldene Karten weg, für 450 Dollar, mit einem Guthaben von 400 Dollar. Solange es also Kunden gibt, die für solch dämliche vorgegaukelte Exklusivität viel Geld hinlegen, wird Starbucks weiter auf dieser Schiene bleiben. Und wir können nur hoffen, dass sie uns dabei wenigstens weiterhin an Daten erinnern, die wir leicht vergessen.

christian-helten

Dresden verstehen

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Diese Liste für Neu-Dresdner erscheint im "Studentenatlas", ein Projekt von jetzt.de und SZ.de. Mehr Infos dazu findest du hier. Eine interaktive Dresden-Karte für Studenten findest du hier.


  • Der Blick von der Brücke auf die Altstadt macht glücklich. Jeden Tag aufs Neue!

  • Junges Leben und Kneipenkultur konzentriert sich in Dresden fast komplett auf ein einziges Viertel. Das macht die Dresdner Neustadt schon fast wieder zum Dorf – voller Hipster und junger Familien.  

  • Kuchen schmeckt nirgendwo so gut wie bei Tante Leuk auf der Louisenstraße.

  • Kultur ist überall in Dresden – nicht nur rund um die Frauenkirche. Einen Besuch wert: das Zentrum für zeitgenössische Kunst Ostrale, das Kulturzentrum Scheune und das Ladenatelier und Veranstaltungsort Hole of Fame.

  • Das Festival „Bunte Republik Neustadt“ (BRN) macht eigentlich keinen Spaß mehr. Trotzdem gehen immer alle hin

  • Dresden ist schön. Die Natur drumherum noch mehr. Besonders schön: die Dresdner Heide, die Weinhänge in Richtung Meißen und das Märchenwunderland Elbsandsteingebirge.

  • Das Assi-Eck ist die Tresenverlängerung der Neustädter Kneipen. Auf Fensterbrettern und dem Fußweg zu sitzen gehört zum guten Ton.

  • Gut zu wissen: Nach 22 Uhr wird in den Spätis kein Alkohol mehr nach draußen verkauft.

  • In der Kunfthofpassage gibt es viele gute Ecken zum heimlich Knutschen.

  • Im Alaunpark sind die heißen bärtigen Männer, die Mädchen mit den hübschen Dutt-Frisuren und mehr Müll als Rasenfläche.

  • Im Großen Garten bekommt man Naturidyll, Hoppelhäschen und Ruderboot-Romantik.

  • Dresden ist bunt und offen für Alle! Und das soll auch so bleiben. 

  • Ziemlich überschätzt: der „Strietzelmarkt“ an Weihnachten. 

  • In der Fotokiste an der Scheune entstehen die schrecklich schönsten Schwipps-Bilder überhaupt.

  • Die optimale Auslastung der Fotokiste beträgt exakt vier Personen.

Katerfrühstück an der Elbe

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Ulrike Straube, 24, studiert Germanistik und Romanistik


Im Unterschied zu anderen Städten gibt es in Dresden alles auf einem Fleck: eine Alternativen- und Partyszene, eine historische Altstadt und unglaublich viel Grünfläche an der Elbe. Das klingt banal, macht aber im Alltag unheimlich viel aus. In der Innenstadt sind immer sehr viele Touristen, das kann schon mal nerven – da muss man sich als Student eben abkapseln.

Die meisten Studenten wohnen wie ich in der Neustadt, das ist das Szeneviertel auf der anderen Flussseite. Da gibt es natürlich ganz viele tolle Cafés. Das beste Softeis gibt es direkt am Alaunpark im Café Komisch, im Elbsalon gibt es frischgepresste Säfte. Zum Hostel Mondpalast gehört das Bon Voyage, da legen regelmäßg DJs entspannte Musik auf und man kann nach Feierabend gut was trinken gehen. Auch hier boomt natürlich die Veganszene: sehr lecker ist es im Dicken Schmidt, da gibt es veganes Gyros und veganen Döner; Brot und Gemüse stammen aus der Region.

In Dresden gibt es ja die Hochschule für bildende Künste (HfBK), die machen immer ganz coole Veranstaltungen, zum Beispiel werden Partys mit Ausstellungen kombiniert. Interessant ist auch das Hygienemuseum - da kostet der Eintritt für Studenten 1,50 Euro.

Jeden Samstag ist in Johannstadt der Elbeflohmarkt direkt am Flussufer, da trifft man immer jemanden - viele Studenten gehen frühmorgens direkt vom Club aus dahin. Oft kaufen sich Leute dort dann Stühle und setzen sich damit direkt an den Fluss und genießen den Morgen. Im Sommer finden auf der anderen Elbseite die Filmnächte statt. Da schaut man dann bei Sonnenuntergang mit Blick auf die Frauenkirche und die Semperoper einen Film auf einer großen Leinwand an.

Man ist außerdem unheimlich schnell im Elbtal und in der sächsischen Schweiz, generell im Grünen. Das ist auch für junge Leute ein toller Ausgleich zum Studium und zum oft sehr stressigen Leben in der Stadt. Manchmal reicht ein Tag in der Natur, da muss man nicht immer gleich in den Urlaub fahren.

[seitenumbruch]




Tom Kaulfuß, 25, studiert Kommunikations- und Politikwissenschaften


Ich habe das Gefühl, dass die Menschen in Dresden zufriedener sind als der Durchschnitt, die Stadt hat ja auch kulturell einiges im Angebot, das beeinflusst natürlich das Lebensgefühl, egal, ob man das alles nutzt oder nicht. Im Vergleich zu anderen sächsischen Städten wirkt Dresden auf mich oft weniger wild und vielleicht sogar ein bisschen gediegener - das ist aber gar nicht schlimm.

Die Viertel in Dresden sind sehr stark aufgeteilt: Die Innenstadt ist hauptsächlich für Touristen interessant, andere Stadtteile sind reine Wohngebiete. Das studentische Leben findet größtenteils in der Neustadt statt. Als Kneipe kann ich das das Hebedas empfehlen, das ist eine ganz urige Raucherkneipe: immer total voll, aber man lernt die verschiedensten Leute kennen. Am Wochenende wird auch getanzt. Was ich noch empfehlen kann, ist die Chemiefabrik. Die kennt man hier unter Jugendtanz Dresden, das ist eine ganz alte Baracke, die ab und zu zur Eventlocation umfunktioniert wird.

Dresden ist eine tolle Kneipenstadt. Gerade im Sommer gibt es viele Möglichkeiten, draußen ein Bierchen zu trinken und zu grillen. Da ist man dann tagsüber in der Natur und geht abends in die Neustadt. Dort kann ich den Burgermeister sehr empfehlen, da gibt es bis nachts um fünf selbstgemachte, gute Burger – erfekt also, wenn man nach dem Feiern noch Hunger hat.

Am nächsten Tag kann man dann an der Elbe oder durch die Wälder rund um Dresden laufen gehen. Das sportliche Zentrum ist das Ostragehege: viel Platz, viele Fußball- und Basketballplätze. Mein Lieblingsbiergarten ist der Schillergarten, da hat man einen tollen Blick auf die Elbe und das blaue Wunder und weiter oben ist das japanische Palais – zwar immer sehr belebt, aber es lohnt sich.

[seitenumbruch]




Sibylle Rönisch, 27, Mitarbeiterin in einer Kommunikationsagentur


Ich wohne schon so lange hier, aber ich bin immer noch oft total beeindruckt, wie schön die Stadt ist – besonders, wenn man mit dem Fahrrad über die Brücken fährt oder an der Elbe entlangläuft. Dresden ist einfach eine wunderschöne Stadt: zum einen die Altstadtkulisse, zum anderen aber auch die bunten Stadtteile wie Neustadt oder Hechtviertel.

Wie viele Städte im Osten ist Dresden natürlich auch sehr alternativ, vor allem die jungen Viertel. Fast so, als wollte man den Berliner Alternativenvierteln nacheifern. Trotzdem läuft hier natürlich alles etwas gemütlicher und im kleineren Rahmen ab – wenn man in der Neustadt unterwegs ist, trifft man oft dieselben Leute, obwohl Dresden 500 000 Einwohner hat.

Abends geh ich am liebsten zu kleineren Konzerten, zum Beispiel im Ostpol oder in der Groove Station. Ich mag keine riesigen Clubs, sondern eher nette Bars, wo man auch gut tanzen kann, wie zum Beispiel das Hebedas: Da ist es immer wahnsinnig eng, aber das Ambiente stimmt. Schön sind auch die Electro- oder Indie-Partys in der Zille.

Im Sommer gibt es in Dresden total viele spontane Open Airs auf der Elbwiese oder in der Dresdner Heide, die werden oft gar nicht angekündigt und man muss dann die richtigen Leute kennen, um davon etwas mitzubekommen.

Wenn man mal Lust auf richtig gute, kreative Cocktails hat, kann man ins Room64 gehen, das ist wie eine Kneipe aus den zwanziger Jahren eingerichtet. Allgemein sind alle Bars rund ums sogenannte Assi-Eck sehr zu empfehlen. Schön und gemütlich ist das Café Combo, das ist im sechziger-Jahre-Stil eingerichtet und da kann man auch abends einfach einen Kaffee trinken. Was ich lustigerweise selbst erst letztes Wochenende entdeckt habe, ist der Weingarten am Schloss Albrechtsberg direkt am Weinhang an der Elbe, wo man total gut zwischen Weinstöcken picknicken kann – mit Blick aufs Elbtal.

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Christian Düreth, 27, studiert Maschinenbau


Ich wohne in der Dresdner Neustadt, das ist ein sehr junges Viertel und im Prinzip das optimale Umfeld für junge Menschen: Es gibt viele Bars, alternative Kunstprojekte und Galerien – alles zu Fuß zu erreichen. Löbtau ist auch ein Studentenviertel, allerdings eher bekannt für die billigen Mieten und die Nähe zur Uni, nicht für das Nachtleben. Am Wochenende kommen also doch alle in die Neustadt.

Gerne gehe ich ins St. Pauli Eck im Hechtviertel, da gibt es sehr leckere Cocktails und auch gutes Essen. Für Kaffee und Kuchen ist das Wohnzimmer super, da findet alle zwei Monate sonntags eine Matinee mit Livemusik statt. Beim Imbiss Keké auf der Louisenstraße gibt es den besten Döner der Stadt, aber auch Kumpir, die gefüllten Kartoffeln, sind hier sehr gut. Abends gehe ich oft ins Alte Wettbüro, das ist sehr House- und Hip-Hop-lastig, manchmal auch ins Sektor, wo viel Techno gespielt wird. Im Atelier Schwartz finden ab und zu im Keller spanische oder brasilianische Nächte statt, während oben weiterhin eine Ausstellung zu sehen ist. Relativ unbekannt, aber auch toll ist das Lion’s Den in einem alten Fabrikgebäude in der Großenhainer-Straße.

Zweimal die Woche gehe ich in der Dresdner Heide joggen, die ist per Fahrrad in fünf Minuten zu erreichen. Es gibt auch Boulder-Hallen, wo man ohne Seil klettern kann oder man fährt zum Klettern diekt in die sächsische Schweiz, die ist ja quasi nebenan.

Wenn es warm ist, gehen viele Studenten in Parks, etwa der Große Garten oder der Alaunpark oder fahren zur Kiesgrube in Leuben – da gibt es sogar eine Wasserskianlage. Dresden hat tatsächlich auch viele gute Biergärten wie das Watzke oder Katy’s Garage in der Neustadt, wo sogar Liegestühle aufgestellt sind. Die Showboxx direkt an der Elbe hat im Sommer draußen eine Bar aufgebaut und man kann Beachvolleyball spielen – vorausgesetzt, es ist mal etwas frei.

Welcome to Down Under

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Nicht nur in Europa gibt es derzeit eine Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen. Auch auf der anderen Seite des Planeten, in Australien, wird darüber seit Jahren heftig diskutiert.

Den neuesten Diskussionsstoff liefert der Hashtag #realaustralianssaywelcome: Damit versehen werden vor allem Bilder, die ausdrücken wollen: Flüchtlinge sind hier willkommen.

Denn die Regierung sieht das anders: Australien fährt einen sehr strikten Kurs gegenüber Flüchtlingen und Asylsuchenden, wie schon im Wahlkampf 2013 angekündigt. Premier Tony Abbott lässt beispielsweise sämtliche Flüchtlingsboote stoppen und zurückschicken – von Marineschiffen, die in der „Operation Sovereign Borders“ die Küsten bewachen. Aktuell rät Abbott auch den Europäern zu dieser Härte. Außerdem wendete sich die Regierung mit einer abschreckende „No Way“-Kampagne direkt an die Flüchtlinge.

http://www.youtube.com/watch?v=BypuBsE_Eq8

Darauf folgt der Gegenangriff aus der Bevölkerung: Schon im März beginnt die Geschichte des Hashtags #realaustralianssaywelcome. Damals tauchten in Australiens Großstädten plötzlich mehr und mehr Plakate mit dem einfachen Slogan „Real Australians Say Welcome“ auf. Aufgehängt hatte sie der Künstler Peter Drew, das Geld dafür hatte er vorab per Crowdfunding eingesammelt. Insgesamt will er bis Juni 1000 Plakate im ganzen Land verteilen.

Viral ging der Slogan dann vergangene Woche, nachdem die populäre Webseite Design Files über Instagram Künstler, Illustratoren, Fotografen und andere Kreative dazu aufrief, ihre eigene Interpretation des Spruchs anzufertigen und in die Welt zu schicken. Die Resonanz war groß und sah, unter anderem, so aus:
























We are one big welcome mat... #realaustralianssaywelcome @thedesignfiles @thedesignkids Ein von Mitch Walder (@mitchwalder) gepostetes Foto am 16. Apr 2015 um 20:33 Uhr





Und warum wählte Peter Drew ausgerechnet diesen Slogan? Weil er damit daran erinnern will, dass letztlich alle Australier außer den Ureinwohnern mal mit dem Schiff angekommen sind. Das werde sogar in einer – von vielen längst vergessenen – zweiten Strophe der Nationalhymne besungen, die ihn dazu inspiriert habe:

“For those who’ve come across the seas / We’ve boundless plains to share / With courage let us all combine / To advance Australia fair”.

christian-helten



Drückerkolonnen

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Klingelschilder zu lesen, ohne eine bestimmte Person aufsuchen zu wollen, ist eine ähnlich sinnfreie Angelegenheit wie in Telefonbüchern zu blättern, ohne jemanden anrufen zu wollen. Aber es hat etwas sehr Poetisches, einfach auf dem Gehweg stehen zu bleiben und die Namen auf den Tafeln zu überfliegen. Man fühlt sich dabei, als sei man einem Geheimnis auf der Spur, einer verborgenen Wahrheit über die Logik der Stadt, in der man lebt. Hier wohnen sie also, hier wohnen die, von denen man sagt, sie seien „die Bürger“, „die Münchner“ oder „die Menschen dieser Stadt“. Hier, nur wenige Stockwerke entfernt, sind all jene ganz bei sich, die man sonst ja nur in den Trams und Bussen und Bahnen sitzen und irgendwohin fahren sieht. All jene, die vor dem Wurstregal im Tengelmann stehen und sich nicht entscheiden können, oder jene, die im Sommer am Eisbach sitzen und sich mit einer Hand den Rücken einzucremen versuchen.

Natürlich kennt man selten einen Namen, den man da liest. Und selbst wenn, dann weiß man eben doch nie genau, ob es sich bei diesem Namen wirklich um jenen handelt, den man dahinter vermutet. Dennoch ist man stets bereit, so etwas auszurufen wie: „Ha, hier wohnt also der Dübel!“, ganz egal, ob man weiß, wer der Dübel wirklich ist und warum man ihn gesucht haben sollte und ob es nicht vielleicht eine Frau Dübel ist oder eine ganze Familie Dübel oder zwei Schwestern Dübel.
 


 

 


Aus der vagen Ahnung eines völlig fremden Lebens entsteht eben sofort eine sehr konkrete Fantasie darüber, was sich hinter dieser verblichenen Gravur oder dem halb abgerupften Aufkleber mit der flüchtigen Kugelschreiberschrift verbergen könnte. Man malt sich aus, welche Sorgen und Zweifel und geheimen Leidenschaften hier wohl jeden Tag über die Türschwelle getragen werden. Man freut sich über die Erkenntnis, dass auch Christine Kube aus dem fünften Stock wohl einmal ihre Möbel durch diese Tür getragen haben muss. Vielleicht ist die fette Schramme da oben rechts im Türrahmen ja von ihrem roten Sofa, das sie von der verstorbenen Tante geerbt hat und nur mithilfe von drei Freunden ohne Aufzug nach ganz oben bugsieren konnte.

Und wie oft in der Nacht klingelt wohl jemand bei Frau Licht, die im Erdgeschoss wohnt?



Und vielleicht ist das schon sieben Jahre her und mittlerweile gibt es das Sofa gar nicht mehr, weil jemand draufgekotzt hat in einer wilden Nacht. Und dann hat diese fiktive Christine es am nächsten Morgen, noch total verkatert, vielleicht zusammen mit ihrem neuen Freund einfach vom Balkon geschmissen, wo es, schon ganz morsch geworden, in mehrere Einzelteile zerbrach und nicht mal zum Wertstoffhof gefahren werden musste, weil es derart zerborsten einfach in den Müllcontainer passte. Und irgendwann sieht man in jedem Hauseingang die Geister der dort Wohnenden. Das ist schön.
 



 

 

Am schönsten sind aber eigentlich die Schilder, die aus dem Raster fallen. Das Wohnhaus, in dem die drei einzigen Bewohner denselben Nachnamen und offenbar jeweils eine ganze Etage für sich zu haben scheinen, weil alle übrigen möglichen Klingelschilder leer bleiben. Was ist das für eine seltsam eingeschworene Familien-Gang? Oder das Haus, in dem über dem regulären Sammelklingelschild noch ein „Kleiner Bruder“ mit ganz eigener Klingel lebt – wie klein ist der wohl noch nach all den Jahren? Und wo leben die großen Brüder? Oder wohnt hier am Ende gar ein Herr Kleiner mit einer Frau Bruder?
 
Und wie oft in der Nacht klingelt wohl jemand bei Frau Licht, die im Erdgeschoss wohnt und deren Klingelknopf jeder mit dem Lichtschalter verwechselt? Noch verwirrender: die Namen oder Bezeichnungen Glocke und Licht untereinander. Da bleibt doch nur Spekulation.
 
Oder natürlich solche Tafeln, die völlig verwildert sind. Bei denen offenbar kein penibler Hausverwalter darüber wacht, dass auch ja alle Namensschilder sachgemäß angebracht und wieder abgenommen werden. Häuser, die wirken, als befänden sie sich seit Jahrzehnten in den Händen fluktuierender WGs. Keiner weiß mehr, wer eigentlich mal zuerst da war. Die Namen einiger Bewohner tauchen niemals auf, andere wurden dafür wohl über die Jahre vergessen und nie entfernt, obwohl ihr Besitzer hier nur zwei Monate lebte.
 
Fängt man einmal damit an, von Haus zu Haus zu gehen und die Klingelschilder zu lesen, kann das süchtig machen. Man sucht und sucht und sucht nach Namen und weiß nie genau, nach welchem und warum eigentlich.

 



Mit dem Fantasieren über Klingelschilder kann man deshalb tatsächlich ganze Tage zubringen, ohne sich zu langweilen. Weil: Wen interessiert denn bitte nicht, wie der Doppelname Guth-Holz entstanden ist? Tatsächlich durch Hochzeit? Oder doch die andere Möglichkeit: Dass der Name nur ausgedacht ist und sich in Wirklichkeit dahinter zum Beispiel ein Massagestudio der anderen Art befindet, das man nur über die Kleinanzeigen der Zeitungen findet.
 
Oh, und noch etwas: das eigene Klingelschild! Wie man auch davor manchmal stehen bleibt und sich fragt, wie lange das da wohl noch stehen wird. Wo es einen selbst und damit den Schriftzug eines Tages hinverschlagen wird. Und was für eine persönliche Dimension es entwickelt, in einer Stadt, in der man mal gelebt hat, Jahre später noch mal ans alte Klingelschild zu treten und festzustellen, dass sich dort jetzt jemand anderes ganz und gar aktuell und einzigartig fühlt mit der Adresse, die mal die eigene war. Oder aber, vielleicht sogar noch persönlicher: Festzustellen, dass der eigene Name dort noch immer an der Tür steht.

Kau den Ohrwurm weg

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So geht das hier los:

http://vimeo.com/19314561

Erste Erkenntnis:
Schon ein auf vielen Ebenen befremdlicher Text.

Zweite Erkenntnis:
Jede Wette, dass die Band sich eingenässt hat vor Freude, als diese Melodie plötzlich da war und allen bewusst wurde, dass man da jetzt einen echten bad-ass Hit hat. Man merkt so etwas als Musiker ja.

Dritte Erkenntnis:
Wer die Melodie jetzt trotzdem wieder loswerden will: Mal eben einen Kaugummi besorgen. Und ihn kauen. Schnell! Es ist ja gefährlich, den Song zu lange im Schädel mitzuführen. Dann zurückkommen und weiterlesen.

Wieder da? Dann die Erklärung: Britische Wissenschaftlern der University of Reading wollen in einer Studie herausgefunden haben, dass Kaugummikauen gegen Ohrwürmer hilft. Dafür spielten sie 98 Freiwilligen „Play Hard“ von David Guetta und „Payphone“ von Maroon 5 vor. Die seien nämlich „catchy“.





Anschließend gab es den Auftrag, drei Minuten lang nicht an die Songs zu denken. Und ein Begleitprogramm: Eine Gruppe sollte Kaugummi kauen, eine andere mit dem Finger herumtrommeln. Die Menschen in der dritten Gruppe taten nichts. Fand die Musik dennoch ihren Weg ins Bewusstsein, mussten die Probanden einen Knopf drücken.

Ergebnis: Die Kaugummikauer dachten deutlich seltener an die Stücke. Außerdem lief die Musik weniger vor ihrem geistigen Ohr ab. Und als ob das der Welt nicht so schon viel Elend ersparen würde, liefert das Ganze auch noch einen möglicherweise ernsthaft brauchbaren Zugang gegen echtes Leid:

Möglicherweise lassen sich mit dem Ansatz auch andere innere Stimmen dimmen. Dr. Phil Beaman, der die Studie leitete, hofft jedenfalls– weitere Forschungen vorausgesetzt –, einen Weg zu finden, die Symptome von Zwangsstörungen abzumildern.

jakob-biazza

High Fives für den Arbeitsplatz von morgen

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Die Stadt verändert sich mit den Menschen, die kommen, und mit denen, die gehen. Am Montag, 27. April, kommt Markus Herrmann nach München. Er ist 29 und bloggt auf hermsfarm.de. Diese zwei Eigenschaften führen ihn auf ein Podium in der TU München (Immatrikulationshalle, Arcisstraße 21, 18.30 Uhr). Er diskutiert dort mit Studenten, jungen Arbeitnehmern, Unternehmensgründern, einem Microsoft-Experten und einem jetzt.de-Redakteur darüber, wie junge Menschen heute arbeiten – und arbeiten wollen. Muss man jeden Tag ins Büro gehen, wenn man alles online erledigen kann? Sind Studenten viel weiter als ihre zukünftigen Arbeitgeber? Vorher hat Markus aber unseren Kommen & Gehen-Fragebogen ausgefüllt.
 
Woher kommst du und was machst du da den ganzen Tag über?
Aus Berlin und dort bin ich einer dieser – Überraschung! – Wasmitmedienheinis. Die meiste Zeit denke ich mir also lustige Sachen fürs Internet aus.
 
Was bringst du uns mit?
Lustige Sachen fürs Internet? In jedem Fall ein paar Diskussionsansätze, wie zeitgemäßes Arbeiten im besten Falle aussehen sollte. Und High Fives.

Was ist der größte Unterschied zwischen München und deiner Heimatstadt?
Das Verständnis dafür, was ein Park ist und wie man diesen behandelt. Sobald der erste Sonnenstrahl Berlin erreicht hat, legt sich ein Teppich aus Müll, anstrengenden Menschen und Ketchup über jede erdenkliche Grünfläche. Noch eklatanter sind die Unterschiede eigentlich nur beim Verständnis dafür, was eine vernünftige Butterbreze(l) ist.
 
Und was die größte Gemeinsamkeit?
Wir sind echt merkwürdig hier, aber alle anderen sind noch viel merkwürdiger.
Welches Foto wirst du in München wahrscheinlich schießen und auf Instagram posten?
Wie ich kurz vor einer Podiumsdiskussion in einem Hörsaal der TU sitze und vortäusche, Ahnung von irgendwas zu haben.
 
Wenn du München in fünf Hashtags beschreiben müsstest – wie würden sie lauten?
#BiergärtenWoAuchSpeziGutSchmeckt
#SoSiehtDeutschlandImAuslandAus
#Weltfussballhauptstadt
#IstHierNochPlatzOkayDannHängenWirDaEinenJesusHin
#ICHKANNDIEALPENSEHEN

Wegen eines Jobs nach München ziehen – vorstellbar oder nicht?
Grundsätzlich vorstellbar, auch wenn ich vor kurzem erst einen Job in München abgesagt habe. Ich bin mit meiner Frau gefühlt gerade erst so richtig sesshaft in Berlin geworden, da mag ich nicht schon wieder weg. Außerdem wache ich manchmal nachts schweißgebadet auf und habe Alpträume davon, eine Wohnung in München suchen zu müssen.
 
Welchen Münchner oder welche Münchnerin würdest du gerne kennenlernen?
Uli Hoeneß. Weil er einen erheblichen Anteil an so mancher Freudenträne in meinem bisherigen Leben hatte. Aber der hat ja leider Gottes gerade nicht so viel Zeit.
   
München bei Nacht – wo geht’s hin?
Über die Dächer der Stadt, um Verbrechen zu bekämpfen. Das darf aber niemand wissen.
 
Was soll dir mal nachgesagt werden?
Dass ich eigentlich immer Recht hatte.

Weil man doch atmen muss

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Wann ist Popmusik eigentlich am politischsten? Wenn sie Pamphlete brüllt? Wenn sie anprangert? Wenn sie klagt, hasst und verurteilt? Oder wenn sie all das nicht tut zugunsten eines Gefühls, das alles offen lässt – und genau damit womöglich alles beantwortet?





Oder halt. Gleich noch mal alles auf Anfang. Wahrscheinlich ist die Frage die falsche. Zumindest als Einstieg. Weil ihr ja bereits eine Annahme zugrunde liegt. Und diese Annahme würde lauten: Popmusik ist immer politisch. Sie kann gar nicht anders. Weil sie ja immer Haltung zur Welt transportiert: Ablehnung zum Beispiel, Begeisterung, Rückzug, Konfrontation, Widerstand oder Gleichgültigkeit. Ja, auch Gleichgültigkeit. Wenig ist schließlich so politisch wie Gleichgültigkeit.

Wahrscheinlich müsste die Frage also eher lauten: Wann ist Popmusik eigentlich am besten? Und auch, wenn klar ist, dass diese Frage ebenfalls sehr groß ist für dieses Format, ein Versuch: Popmusik ist immer dann am besten, wenn es ihr gelingt, ein großes, unklar umherwaberndes Thema zu etwas zu verdichten, dass jeder spüren kann, hören, riechen, aufsaugen – und dann wieder, gefiltert und reflektiert, in die Welt entlassen. Das kann eine besonders erhebende Melodie sein oder ein aufwühlender Streichersatz. Es funktioniert über Sounds, verstörende Produktionen, Videos. Und natürlich über Textzeilen.

„Killing In The Name“ wäre da sicher auf mehreren Ebenen ein Beispiel. „Leider Geil“ oder „Yippie Yippie Yeah“ aber schon auch. Um dieses bemühte Superlativ-Gedresche also auf die Spitze zu treiben: Popmusik ist vielleicht dann immer am besten, wenn sie auf ein T-Shirt gedruckt funktioniert.

Langer Exkurs. Aber mit dem im Hinterkopf ist dafür schneller erklärt, warum Rihannas neuer Song „American Oxygen“ (den es gerade in keinem Format gibt, das wir hier einbinden können) so ein verdammt dickes Pop-Brett ist. Mindestens das dickste dieser Woche. Eher dieses Monats. Und warum die Welt also gerade tatsächlich diskutiert, ob die Dancefloor-Sängerin nun Patriotin ist oder Kritikerin ihrer Nation.

Da steht sie also vor wehender US-Fahne. Wind im Haar, die Arme immer wieder adlergleich ausgebreitet. Dazu gibt es Einspielungen von großen – oder vielleicht besser: prägenden – Momenten der US-Geschichte: Die Mondlandung, Martin Luther Kings „I have a dream“-Rede, die Vereidigung des ersten schwarzen Präsidenten. Und dann aber auch: Kriege, Aufmärsche des Ku Klux Klan, 9/11, Straßenkrawalle oder Luftverschmutzung durch gewaltige Industrieanlagen. Feuerwerk und Atombombenexplosionen, sklavenhafte Arbeitsbedingungen, Bootsflüchtlinge und Wirtschaftswunder.

"I can't breathe" flehte Eric Garner im Würgegriff eines Polizisten. Elf Mal. Dann war er tot.


Und da ist diese eine gewaltige Zeile: „Breathe out, breathe in – American oxygen“. Brutal gut ist die. Man atmet doch, zumal im amerikanischen Selbstverständnis, schließlich so viel mehr als nur Luft. Man atmet Freiheit, Gründergeist, ein Streben nach Größe: „Every breath I breathe/chasing this American dream/We swet for a nickle and a dime/turn it into an empire.“

Und gleichzeitig ist das Atmen in den USA mit dem Tod von Eric Garner ja auch gerade Symbol für eine rigide Exekutive geworden. Für Polizeigewalt und Rassismus. Garner war im Würgegriff eines Polizisten erstickt. „I can’t breathe“ hatte er zuvor gefleht. Elf Mal.

Viel mehr Gegenwart, viel mehr Ambivalenz, viel mehr Zeitgeist auch passt ja wohl nicht in einen Pop-Text, in einen Song, in ein Video. Viel besser, um das noch mal klar zu sagen, kann Popkultur nicht sein. Den (schon auch sehr großen) Beat haben übrigens Kanye West und Alex da Kid produziert. Klar. Noch zwei so hyperempfindliche Zeitgeist-Seismographen. „Just close your eyes and breathe“ heißt es irgendwann auch noch. Himmel, wie gut das alles ist.

jakob-biazza

“Dann gründe ich eben mein eigenes Land!”

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jetzt.de: Vít, wie schwierig ist es, in Europa einen Staat zu gründen? Vít Jedlička: Gar nicht so schwer. Man braucht nur einen Platz, den niemand für sich beanspruchen will. Und den haben wir zwischen Kroatien und Serbien gefunden.
Und dann?Haben wir unsere Flagge gehisst.
Hat denn niemand was dagegen, dass ihr euch einfach so das Land genommen habt?Nein, bisher nicht. Im Gegenteil, die Leute freuen sich, weil wir dem Gebiet mit Konjunktur und neuen Arbeitsstellen einen Aufschwung bringen können.
Aber offizieller Staat ist Liberland noch nicht.Erst erfolgt die Bekanntmachung der Staatsgründung. Wir haben ein Hoheitsgebiet. Wir haben Menschen, die hier wohnen möchten und wir versuchen durch diplomatische Gespräche von so vielen Ländern wie möglich anerkannt zu werden. Auch wenn das nicht in jedem Fall funktionieren sollte, ist es uns wichtig, dass die Leute von unserem Staat wissen.
Seit der Staatsgründung am 13. April 2015 haben ja schon ein paar Menschen von Liberland gehört... Wir haben schon über 280.000 Registrierungen für eine Staatsbürgerschaft! Die werden wir erst mal bearbeiten und sortieren. Wir haben auch schon Anfragen an alle Staatsoberhäupter versendet.
Und, schon jemand da?Bisher sind hier nur Journalisten und Menschen, die an einer Staatsbürgerschaft interessiert sind. Und Neugierige, die sich informieren wollen.
Was glaubst du: Warum wollen so viele Liberländler werden?Viele Menschen sind unzufrieden mit den Vorschriften in der EU, sie glauben auch, dass die Regierung nicht mehr so stark in das leben Einzelner eingreifen sollte. Die Menschen wünschen sich ein freieres Leben. Ich denke, es ist wichtig, einen Raum zu haben, in dem man die Freiheit hat, seine Visionen und Ideen in die Realität umzusetzen. Insbesondere die hohen Steuern und die unübersichtliche Bürokratie machen es in der EU schwer, Veränderungen anzustreben.
Wäre es nicht einfacher, die Situation in den Ländern selbst zu verbessern?Ich habe selbst versucht, in der Politik etwas zu bewegen, aber die Gesetzes- und Staatsstrukturen machen es unmöglich, einen anderen Weg einzuschlagen. Wir haben gefordert, die Steuern zu senken und Reformen herbeizuführen, aber wir hatten keinen Erfolg. Meine Gegner riefen mir dann zu, wenn es mir hier nicht passe, soll ich doch meinen eigenen Staat gründen. Das habe ich dann auch gemacht.
Und jeder kann Staatsbürger werden?Es kann prinzipiell jeder rein, außer Nazis, Kommunisten oder jegliche andere radikale Extremisten.Aber wir wählen schon die Leute aus, die wir für besonders geeignet halten.
Zum Beispiel?Menschen mit Visionen, die das Land mit ihren Fähigkeiten aufbauen können. Die die Idee der freien Marktwirtschaft teilen, die sich für Demokratie, Freiheit und Toleranz begeistern können.
Welche politischen Strukturen soll es denn geben?Wir werden die dreigeteilte Gewaltenteilung natürlich beibehalten: Judikative, Exekutive und Legislative. Zudem glauben wir fest an die Demokratie und an die Menschenrechte. Liberland soll ein Gebiet sein, in dem alle Menschen in Frieden und Freiheit miteinander leben können, ohne diskriminiert zu werden.
Das klingt nach großen Zielen.Wir wollen die Dinge eben besser machen: Die Regierung soll transparenter und übersichtlicher sein, zudem wollen wir die Bürokratie abbauen. Wir würden gerne in das Freihandelsabkommen der EU, denn damit hätten wir eine Möglichkeit, unsere Wirtschaft aufzubauen.
Und das alles Steuerfrei!All unsere Projekte auf Liberland werden durch Crowdfunding auf Kickstarter finanziert. Wir haben schon über 500 Sponsoren, meistens Privatpersonen, die uns mit ihren Spenden finanzieren. Mit diesem Geld renovieren wir erstmal das einzige Gebäude auf Liberland. Das wird unser Regierungsbüro.
Unterstützen euch auch andere Länder?Nein, natürlich nicht.








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