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Zurück ohne Zukunft

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Nachdem er es mit seinem Auto durch die morgendliche Rushhour von Kabul geschafft hat, ohne dass ihn irgendjemand merkwürdig angeschaut hat und es irgendwo auf dem Weg einen Anschlag gab, nachdem er die Sicherheitskontrolle an der Universität passiert hat und die Wachleute mit ihren Kalaschnikows und Pseudouniformen ihn zum tausendsten Mal nach seinem Ausweis gefragt haben, nachdem er den Klassenraum aufgeschlossen hat, der im Sommer zu heiß und im Winter zu kalt ist, nachdem er die Studenten herein-gelassen hat - Jungs, von denen manche sich kleiden wie ein Schafhirte und manche wie John Travolta, Mädchen, die ihre Figur in beigefarbenen Tüchern verstecken oder sie
in Jeans und Stöckelschuhen betonen -, dann hat Khalil Ahmad Sarbas zehn Minuten, in denen er sich frei fühlt.


„Ich wollte, dass Afghanistan die Wiedergeburt gelingt“, sagt Khalil. Jetzt hat er Todesangst.



Der 29-Jährige unterrichtet Deutsch an der Universität Kabul. Und bevor es um den Konjunktiv oder intransitive Verben geht, spricht Sarbas jeden Morgen zehn Minuten lang mit seinen Studenten über Goethe, Nietzsche oder Grass. Über Kultur und -Werte - Dinge, die vielen jungen Menschen in Deutschland zum Hals raushängen. Hier in Afghanistan darf man darüber erst seit gut zehn Jahren frei sprechen.
Der Konjunktiv spielt nicht nur in Khalils Unterricht eine Rolle. Er ist auch in seinem Leben gerade ziemlich präsent. Denn Khalil könnte jetzt in Deutschland sein. 2011 hat er seinen Master in Deutsch als Fremdsprache in Jena gemacht. Danach hätte er ein Visum für ein Jahr bekommen können, das sich automatisch auf unbegrenzte Zeit verlängert hätte, wenn er in dieser Zeit einen Job hätte vorweisen können. Aber er wollte zurück. „Ich wollte das, was ich in Deutschland gelernt habe, nicht nur für mich behalten, sondern auch an andere weitergeben, vor allem an die junge Generation“, sagt er. Er wollte seinen „Beitrag dazu leisten, dass Afghanistan die Wiedergeburt gelingt“. Aber jetzt, wo ein Großteil der westlichen Truppen, auch der deutschen, das Land verlässt, beginnt er, seine Entscheidung zu bereuen. Er fühlt sich hier nicht mehr frei, eher wie in einem Gefängnis. Er hat Angst, Todesangst.



Khalil unterrichtet Deutsch an der Uni in Kabul. Dass er früher für die NATO und NGOs aus dem Westen gearbeitet hat, erzählt er lieber niemandem.

Der Afghanistan-Einsatz war einer der größten in der Geschichte der Nato und
der größte Auslandseinsatz der Bundeswehr überhaupt. Mit ihm sollten nach den Anschlägen am 11. September 2001 die Taliban vertrieben werden, die seit 1996 über das Land herrschten. Auf seinem Höhepunkt 2011 waren etwa 130 000 Soldaten aus
50 Ländern daran beteiligt, darunter 4900 deutsche. Der eigentliche Krieg war relativ schnell vorbei, fortan sollte es um „Nation Building“ gehen, den Aufbau des Landes. Und dazu sollten zahlreiche zivile und Nichtregierungsorganisationen aus den westlichen Ländern ihren Beitrag leisten. Doch das alles wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung Zehntausender afghanischer Mitarbeiter - Berater, Dolmetscher, Fahrer. Für die war ein Job bei einem westlichen Arbeitgeber ein toller Job. Gute und pünktliche -Bezahlung, finanzielle Sicherheit in einem Land, in dem die Arbeitslosigkeit zeitweise bei 40 Prozent lag.





Nun sind nur noch gut 12 000 Nato-Soldaten im Land, und die Taliban fühlen sich wieder stark genug, um sich zu rächen. Dabei machten sie keinen Unterschied zwischen Helfern der Nato, die sie als „Kreuzritter“ bezeichnen, und denen von zivilen Einrichtungen, sagt Khalil. „Wer mit Ausländern zusammenarbeitet oder gearbeitet hat, egal in welcher Form, gilt als Feind.“ Also auch -Khalil. Er hat viele Einrichtungen als Dolmetscher und Berater unterstützt. Jetzt fühlt er sich von diesen Einrichtungen im Stich gelassen. Die Papiere, die zeigen, dass er mit dem Westen zusammengearbeitet hat, hat er alle versteckt.

Im vergangen Jahr hat sich die Lage deutlich verschärft. Nach Angaben der UN-Mission in Afghanistan (Unama) wurden 2014 rund 3700 Zivilisten getötet und 6800 verletzt. So viele zivile Opfer wie nie zuvor seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2009. Fast jeden Tag gibt es einen Anschlag, immer häufiger gezielt auf zivile westliche Einrichtungen wie auf das französische Kulturzentrum in Kabul im Dezember 2014. Immer wieder werden Menschen entführt oder ermordet, die bei einer westlichen Einrichtung angestellt waren.









Auch Feroz (unten, auf dem Gelände der Uni) hat Angst vor den Taliban. Abends traut er sich nicht auf die Straßen Kabuls, nach der Arbeit fährt er sofort nach Hause.


„Ich fühle mich ständig bedroht, weil die Leute wissen, dass ich mit Ausländern zusammenarbeite“, sagt Khalil. Besonders -außer-
halb Kabuls sei es gefährlich. „Da kann man sehr schnell erhängt werden, solche Geschichten hört man ständig.“
Einer der wenigen, mit denen er über seine Situation sprechen kann, ist Feroz Ahmad Nuranfar, sein Kollege an der Uni Kabul. Beide studierten gemeinsam in Jena. „Man kann einfach keinem mehr trauen“, sagt Feroz. „Außer mit Khalil spreche ich mit niemandem über meine Arbeit. Auch bei meinen Freunden bin ich mir nicht sicher, ob die mich nicht verraten würden.“ Deshalb meidet er sie, schottet sich ab. Nach der Arbeit an der Uni fährt er in seine Wohnung etwas außerhalb Kabuls und verlässt sie meist nicht mehr. Er surft dann oft auf deutschen Internetseiten herum, stellt sich vor, wie es wäre, wenn er geblieben wäre.



Diese Frage beschäftigt ihn ständig. Er hat Depressionen, kann oft nicht schlafen. Die Familie, für viele -Afghanen der größte Rückhalt, lebt im Nordwesten des Landes, und ist damit fast unerreichbar. „Würde ich da als Mitarbeiter des Westens verdächtigt, würde ich alle in Gefahr bringen. Ich besuche meine Familie nur, wenn es absolut notwendig ist.“ Wenn das -Leben von Angst bestimmt ist, wird es auch schnell einsam und eintönig.
[seitenumbruch]
Es war ein britischer Komiker, der die Lage der afghanischen Helfer in den Diskurs brachte. In der Comedyshow „Last Week -Tonight“ des US-Bezahlsenders HBO deckte John Oliver im Herbst 2014 auf, dass es für afghanische Helfer der US-Truppen fast unmöglich ist, ein Visum für die USA zu bekommen, obwohl vielen eine wohlwollende Behandlung versprochen wurde. 80 Prozent der Anträge wurden abgelehnt, sie scheiterten meist an hohen bürokratischen Hürden, wie Oliver nachwies. Teilweise befanden sich 6000 Afghanen mitten im Genehmigungsprozess, auf welcher Stufe, konnten meist -weder sie noch die Behörden sagen. Das sind 6000 Menschen, die jeden Tag Angst haben und deshalb weg wollen, einfach nur weg aus diesem Land.






In Deutschland sieht es etwas besser aus, doch auch hier wird afghanischen Mitarbeitern deutscher Stellen die Aufnahme mehrheitlich verwehrt. Das deckten gemeinsame Recherchen von NDR, WDR und -Süddeutscher Zeitung fast zeitgleich mit Oliver auf. Insgesamt gingen bis dahin nach An-gaben der Bundesregierung 1105 „Gefährdungsanzeigen“ afghanischer Mitarbeiter des Verteidigungs-, Innen-, Außen- und Entwicklungshilfeministeriums ein. Ablehnungsquote: 60 Prozent. Für die Antragsteller gibt es einen Kriterienkatalog. Nur wer das erste Kriterium erfüllt und nachweisen kann, wird in der Regel sofort ausgeflogen. Das Kriterium heißt „akute Bedrohung“. Das bedeutet: Die afghanischen Mitarbeiter müssen belegen, dass die Taliban es konkret auf sie abgesehen haben und bald zuschlagen wollen. Nur warnen die Taliban ihre Opfer selten mehrere Tage im Voraus.



Anschläge wie der Angriff auf diesen Lkw in der Nähe von Kabul sind immer noch allgegenwärtig in Afgha-nistan. 2014 war die Zahl ziviler Opfer höher als je zuvor seit Beginn der Zählungen. Deshalb, sagt Feroz, fühle sich auch kaum ein afghanischer Mitarbeiter westlicher Organisationen sicher.

Einer der größten zivilen deutschen Arbeitgeber in Afghanistan ist die zum Entwicklungsministerium gehörende Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Etwa 1600 von 1735 Mitarbeitern stammen aus Afghanistan. Deren Wissen und Engagement seien „von großer Bedeutung“, sagt GIZ-Sprecherin Anja Tomic. Für die GIZ selbst und „die Zukunft des Landes“. Würde einer der Mitarbeiter sich bedroht fühlen, nähmen Bundesregierung und GIZ ihre Fürsorgepflicht sehr ernst. „Wir versuchen für jeden Mitarbeiter, der sich -wegen einer Bedrohung an uns wendet, eine individuelle Lösung zu finden“, sagt Tomic. Zum Beispiel seien Mitarbeiter bereits in -anderen Distrikten des Landes oder in anderen Ländern eingesetzt worden. Außerdem könnten aktuelle und ehemalige Mitarbeiter eine „Gefährdungsanzeige mit dem Ziel einer Aufnahme in Deutschland“ stellen. Bisher hätten vier ehemalige Mitarbeiter Aufnahmezusagen für Deutschland bekommen, vier weitere Anzeigen befänden sich derzeit in
der Prüfung. Nur einer der aktuellen Mitarbeiter sei wegen einer akuten Bedrohung nach Deutschland ausgereist.

Nur wer eine akute Bedrohung nachweisen kann, wird ausgeflogen. Aber die Taliban warnen ihre Opfer nicht vor.


Einer von 1600? Für Feroz Nuranfar sagt die Zahl viel mehr über die Resignation seiner Landsleute aus als über deren tatsächliche Gefährdung. Er selbst hat nicht direkt für die GIZ gearbeitet. Er kennt aber viele, die dort einen festen Job haben. „Sicher fühlt sich eigentlich keiner von denen“, sagt er. Die meisten würden denken, dass eine Gefährdungsanzeige eh zu nichts führen würde.
Das tägliche Angstgefühl, nicht zu wissen, ob man lebend zurückkommt, wenn man das Haus verlässt, lasse sich nicht als „konkrete Bedrohung“ beschreiben. Sein eigener Eindruck der GIZ sei nicht gerade vertrauen-erweckend gewesen. Einmal habe er einen deutschen Professor zu einem Sicherheitsmeeting begleitet. Man sagte ihm, an wen er sich wenden solle, falls Probleme auftreten. „Mir haben sie da explizit gesagt, dass diese Schutzprogramme nicht für mich gelten, sondern nur für Afghanen, die einen deutschen Pass haben.“

Von der GIZ heißt es, dass in Sachen Sicherheit nicht zwischen nationalen und internationalen Mitarbeitern unterschieden würde.



Mittagspause: Khalil und Feroz holen sich in der Nähe der Uni etwas zu essen.


Solche Erfahrungen schmerzen Menschen wie Khalil und Feroz. Der Erfolg des Wiederaufbaus des Landes mag, vorsichtig gesagt, umstritten sein. Demokratisch, freiheitlich, sicher - all das ist Afghanistan auch heute nicht, nach 13 Jahren, Tausenden toten Soldaten und Zivilisten und vielen Milliarden Dollar und Euro. Aber Khalil, Feroz und viele andere ihrer Landsleute haben ihr Leben dafür riskiert, dass es vielleicht einmal so sein könnte. Und nun soll ihre Sicherheit nicht schützenswert sein, weil sie Afghanen und keine Deutschen sind? Weil sie, anstatt in Deutschland zu bleiben, nach Afghanistan zurückgekehrt sind?
Khalil und Feroz wollen ihre Heimat immer noch nicht verlassen, sie wollen bleiben, solange es geht. „Wir sind im Krieg zur Welt gekommen und aufgewachsen“, sagt Khalil. „Eine schöne Jugend mit all ihren Genüssen kenne ich nicht. Die nächste Generation aber soll ein sicheres und freies Leben führen.“ Daran will er arbeiten, und dafür wünscht er sich Unterstützung, auch aus Deutschland. „Stattdessen aber werden wir vergessen.“










Frankfurt verstehen

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Diese Liste für Neu-Frankfurter erscheint im "Studentenatlas", ein Projekt von jetzt.de und SZ.de. Mehr Infos dazu findest du hier. Eine interaktive Frankfurt-Karte für Studenten findest du hier.


  • Kein Frankfurter sagt „Konstablerwache“. Es heißt „Konsti“. (Aber nicht, dass jetzt jemand denkt, die Hauptwache hieße deswegen “Haupti”.) 

  • Neu-Hessen werden mit "Guten Tag" begrüßt. Wer bereits Freunde gefunden hat, hört "Ei Gude, wie?"

  • „Handkäs mit Musik“, „Äppelwoi“ und „GrünSoß“ schmecken gar nicht so übel wie sie sich anhören. 

  • Es ist nicht abschließend geklärt, ob es nun „Ebbelwoi“, „Äbbelwoi“, „Ebbelwei“ heißt.

  • Auch wenn es etwas teurer ist: Mindestens ein Mal sollte man sich einen Drink in der Lounge des Maintowers gönnen und die Aussicht genießen. 

  • Die arroganten Klischee-Finanz-Fuzzis gibt es. Aber es sind zum Glück nicht viele. 

  • Vom Mainufer in Sachsenhausen aus betrachtet, hat man den besten Blick auf die Skyline.

  • Noch schöner sieht man sie nur vom Holbeinsteg aus, der Fußgängerbrücke, die beide Ufer verbindet.  

  • Das Rhein-Main-Gebiet ist nicht gerade berühmt für seine lokalen Biere – hier dominiert der Wein. 

  • Was dem Kölner der Düsseldorfer ist, ist dem Frankfurter der Offenbacher. Warum, wissen auch viele Frankfurter nicht so genau.

  • Auch „Hessisch babbeln“ gewinnt mit der Zeit an Charme.

  • Das Burger-Restaurant „Die Kuh, die lacht“ wird sehr gehypt – ist aber überschätzt.  

  • Der Falafel im “Aroma” allerdings ist wirklich so gut wie gemeinhin behauptet wird.  

  • In der Frankfurter Schielestraße wurde 1984 der erste Drogenkonsumraum Deutschlands eröffnet, auch “Fixerstube” oder “Druckraum” genannt. Eine Drogenpolitik, die sich für sicheren Konsum einsetzt, wird darum auch “Frankfurter Weg” genannt.  

  • Lustig ist’s hier auch: Frankfurt hat angeblich die höchste Satirikerdichte des Landes.  

  • Das Schönste an der Kleinmarkthalle ist, dass dort an vielen Ständen Probierschälchen stehen. Einfach durchlaufen und sich leckeres Zeug in den Mund stecken ist eine sehr gute Vormittagsbeschäftigung.

Voll rauschhaft

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Menschenmasse, Köpfenicken, und Rumgezucke: was eigentlich eine Szene aus einer Clubnacht sein könnte, ist das unegwöhnliche Debutvideo des Pariser Elektro-Künstlers Yanis. Denn auch wenn in "Hynotized" junge Menschen tanzen, die auch heftig unter Drogeneinfluss stehen könnten, folgt das auf den eigeblendeten Hinweis: "Every single dance move in this video happened under hypnosis." Das Rauschmittel: Hypnose, keine Drogen.

http://www.youtube.com/watch?v=LcbV9P196KA

Der Mann in schwarz, der da Haare und Arme zum schwingen bringt, ist kein DJ, sondern der französische Hynotiseur Julian Hypnotiseur (so heißt der!), der bereits an der Pariser École Normale Supérieure Massen in den Halbschlaf versetzte. Statt Zahlen oder den eigenen Namen zu vergessen, gab er den Teilnehmern dieses Mal eine einfache Anweisung: Tanzen. Und das Ergebnis sieht so intensiv beglückend und befreiend aus, wie es eine Nacht auf der Tanzfläche im besten Fall auch tun sollte.

Dass es nach Club aussieht, wenn man einer Gruppe Tänzer am hellichten Tag einen Hypnosekünstler zur Seite stellt, zeigt: Tanzen ist ein Rauschzustand. Nur eins ist anders: der Clip, bei dem Ludovic Zuili Regie führte, zeigt den Rausch ohne Alkohol und gedämpftes Licht.

“The thing that’s interesting with hypnosis is that people can’t really lie”, sagte Yanis im Interview gegenüber NOWNESS. Das bestätigt auch die uralte Diskoweisheit: Dance like nobody’s watching. Für ehrlichen Rausch braucht es keine Hilfmittel, sondern einfach ein bisschen Lockerheit. Und die richtige Musik.

Das ist...Matthew Rognlie, Nachwuchs-Star-Ökonom

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Das ist...
Matthew Rognlie, 26 Jahre alt, Doktorand der Wirtschaftswissenschaften am Massachusetts Institute of Technology. Und vermeintlicher Kritiker von Thomas Piketty, dem derzeit wohl bekanntesten Ökonomen der Welt.

Der kann...
zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein – oder zumindest zur richtigen Zeit am richtigen Ort einen kritischen Kommentar hinterlassen. So geschehen im April des vergangenen Jahres unter einem Blogbeitrag zu Thomas Pikettys „Das Kapital im 21. Jahrhundert“. Aus der These des Kommentars ist wegen der großen Resonanz mittlerweile ein wissenschaftliches Paper entstanden, das Rognlie kürzlich präsentiert und unter anderem mit dem Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Solow darüber diskutiert hat. Rognlie wird wegen seiner Piketty-Kritik als großes Ökonomie-Nachwuchstalent gefeiert.

Die Debatte geht, sehr knapp zusammengefasst, so:

2014 hat Piketty „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ veröffentlicht, eine theoretisch-kritische Abhandlung über den Kapitalismus, Vermögensverteilung und finanzielle Ungleichheit. Seine These lautet, dass seit Mitte des 20. Jahrhunderts in den meisten Volkswirtschaften das Wachstum des Einkommens aus Kapitalvermögen größer sei als das Wachstum des gesamtwirtschaftlichen Einkommens, also zum Beispiel der Arbeitsgehälter. Das würde bedeuten, dass die, die die  bereits großes Kapitalvermögen haben, stetig reicher werden, während die Normalverdiener nicht aufholen können. Die Folgen: immer größere Vermögensungleichheit, Machtkonzentration bei den wenigen Reichen, schrumpfendes Wirtschaftswachstum, weniger Innovation.




Thomas Piketty und sein bekanntestes Werk.

Rognlie hingegen sagt: Alles halb so wild. Piketty beziehe sich nämlich nur auf die Erträge aus Kapitalvermögen vor Abschreibungen und Investitionen. Nach diesen seien die Erträge viel geringer, weil auch die Vermögenden ja regelmäßig investieren müssen, um zum Beispiel eine Fabrik auf dem neusten Stand zu halten oder etwas reparieren zu lassen. Er geht außerdem davon aus, dass sich diese Investitionen in Zukunft eher noch erhöhen, weil der schnelle technologische Fortschritt dafür sorgt, dass man zum Beispiel alle paar Jahre eine komplett neue Soft- oder Hardware braucht. Nur in einem Bereich treffe Pikettys These wirklich zu: bei den Immobilien. Das Vermögen derjenigen, die Immobilien besitzen, wachse aktuell wirklich bedeutend und auch in Zukunft noch, weil die Mietpreise ständig steigen. Wer Vermieter ist, hat also einen extremen finanziellen Vorteil gegenüber dem Mieter. Allerdings, so relativiert Rognlie noch, sei der Immobilienbesitz weiter verbreitet als zum Beispiel der Besitz einer Fabrik, das heißt mehr Menschen profitieren von den Kapitalerträgen, was wiederum eine weniger große Ungleichverteilung bedeuten würde.

Der geht...
gerade durch die Medien und wird dort heftig diskutiert. Zahlreiche französisch- und englischsprachige Medien haben sich mit ihm beschäftigt, jetzt ist er auch in Deutschland angekommen. Da wird zum Beispiel behauptet, dass er Picketty „attackiert“ (FAS) oder seine „Thesen auseinandernimmt“ (Die Welt). Allerdings gibt es auch Stimmen, die einen ähnlichen Ton anschlagen wie Rognlie selbst und sagen: Alles halb so wild. So schreibt zum Beispiel die Wirtschaftswoche, dass Rognlie Pikettys These gar nicht widerlege, sondern ja eigentlich sogar untermauere oder komplettiere.

Wir lernen daraus, dass...

die Wirtschaftswissenschaften immer noch Hoheitsgebiet weißer Männer der Baby-Boomer-Generation und ihrer Nachfolgegeneration sind – und man demzufolge als junger Mensch ein kleiner Star werden kann, wenn man sich traut, ihnen etwas entgegenzusetzen. Das wird allgemein für sehr mutig befunden. Und manchmal auch ein bisschen zu sehr gehypet. Ist ja auch eine gute Geschichte: junger Doktorand mit Topfschnitt und ohne Bartwuchs weist Starökonomen und Bestseller-Autor zurecht.

Nur Google weiß über ihn, dass...

der Hype nicht bedeutet, dass er in Wirklichkeit gar nichts draufhat. Rognlie hat schon zahlreiche Stipendien erhalten, zum Beispiel eines des renommierten United States Presidential Scholars Program (und zwar schon im Jahr 2006 – da war er ja noch jünger). Seine Personenbeschreibung dort liest sich als ziemlich niedlich-coole Mischung, mit so schönen Sätzen wie „Since moving to Oregon, he has begun to explore other pursuits, most notably math and waffle-making“.

Reich, reicher, Instagram

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"All teenagers are using the internet all the damn time." So, wie das New York Magazine eine neue Studie beschreibt, lässt sich das Thema Internetnutzung und Jugendliche ganz gut zusammenfassen. Das Magazin teilte eine Grafik, die die perfekte Symbiose aus Teenager und Internet (9 von 10 sind täglich online, 24 Prozent "andauernd") näher beleuchtet. Sagt aus: Auch wenn alle das Internet lieben, lieben nicht alle das Internet gleich. Denn soziale Netzwerke werden von verschiedenen sozialen Schichten unterschiedlich genutzt: Teenager aus wohlhabenderen Familien tendieren weniger zu Facebook – und mehr zu Instagram.

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Die Studie bestätigt also, was wir spätestens seit Rich Kids Of Instagram wissen: Instagram ist nicht nur das unangefochtene Königreich von Salat-Posern, sondern auch von reichen Schnöseln. Dass das daran liegen könnte, dass Rich Kids im vergleich zu Jugendlichen aus Familien mit geringerem Einkommen ein Smartphone zur Verfügung haben, stimmt jedoch nicht: fast 90 Prozent aller US-Teenager besitzen eines.



"Wir sind jung, wir sind reich – wir nutzen Instagram!"

Wenn man sich so durch die Insagram-Posts der oberen Gehaltsklassen klickt, wird vielleicht klarer, warum Instagram sich als Medium der Reichen eignet. Zu sagen haben die in der Regel wenig, aber dafür mehr zu zeigen. Das passt hervorragend zur Unternehmensethik der schönen Bilder, die sich gleich mit einem riesigen Pool aus Fremden teilen lassen. Die Rolex-Reihe, der fette Benz oder der Hund mit Diamandhalsband – funktioniert ohne Worte. Aber nicht ohne Publikum.

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sina-pousset

Aufgedrückt

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"What the fuck just happened?", fragt Drake das tobende Publikum und wischt sich den Mund ab. Abgesehen von den fast 20 Jahren Altersunterschied trennt ihn und Madonna für ein paar ziemlich lange Sekunden: nichts. Drake scheint davon nur halb so begeistert wie einst Britney.

Und das könnte nicht nur am Altersunterschied oder Madonnas Netzstrumpfhosen liegen, sondern auch an ihrer rabiaten Technik. Sie stolziert auf ihr Kussopfer zu, drückt den Kopf des sitzenden Drake in den Nacken und presst Gesicht auf Gesicht. Dennoch: Es ist nicht unbedingt die feine britische Art, während des Kusses mit der Queen of Pop wie ein Ertrinkender mit den Armen zu rudern.

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Seitdem das Foto auf sämtlichen Netzwerken viral ging, ist Drake auf Rechtfertigungstour. Nachdem er zuerst selbst ein Foto des Kusses mit dem Zusatz “Dinge, die ich meinen Enkeln erzählen kann” bei Instagram teilte, versuchte er weiter, das Ganze geradezurücken: “Don’t misinterpret the shock”, schrieb er gestern, “I got to make out with the queen Madonna and I feel [100] about that forever. Thank you @madonna." Nach Dankbarkeit sah das im ersten Moment leider nicht aus. Stattdessen bot Drakes Ekel-Reaktion hervorragenden Stoff für zahlreiche Memes und Gifs, die diesen Moment für immer unvergessen machen.

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Besonders rührend: Der verzweifelte Rapper behauptet nun, seine Abwehrreaktion habe nichts mit Madonnas Lippen, sondern nur ihrem furchtbar ekligen Lipgloss zu tun. Netter Versuch, Madonnas (und seine) Würde zu wahren. Verstehen kann man Drake trotzdem. Es ist und bleibt unmöglich, sich elegant aus einem ekligen Kuss herauszuwinden. Das gilt auch für Küsse von Madonna.

Freiheitskrampf

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Es war ein sehr schizophrener Nachmittag. Mein Freund und ich hatten uns wirklich die gleiche Regenjacke gekauft und ich hatte diese Entscheidung einerseits wild befeuert („Kack doch drauf, was die Leute denken, ich hab überhaupt kein Bock an so was zu denken, ist doch ne voll geile Jacke!“) und andererseits strengstens verboten („„Das darf man nicht!“, „Jetzt ist alles vorbei!“, „Jetzt sind wir eins von diesen Paaren!“, „Das geht wirklich zu weit!“, „Das kann ich nicht vertreten!“, „So ein Leben will ich nicht leben!“). Jedenfalls hatten wir sie schließlich gekauft und geschworen, drauf zu scheißen. Aber eine Stimme tief in mir drinnen hörte nicht auf, mich als bequem gewordene Pärchenspießerin zu beschimpfen.

Weil: Es herrscht ja so eine Art Spottpflicht über Paare, die zu sehr Paar sind. Die gleich nach drei Monaten Verknalltheit zusammenziehen, fortan in einem großen Bett mit einer großen Bettdecke schlafen, die Tapete rosafarben, weil sie es süß fand und er sich ergeben musste. Zwei Leselampen, für jeden eine, immerhin, die aber doch meist gemeinsam ausgeschaltet werden, weil einer müde ist und Ruhe braucht. Paare, die die gleiche Regenjacke kaufen, weil es bequem ist. Einmal in den Laden, mit zwei Jacken wieder rauskommen – praktisch! Oder auch: Widerlich! Ich reihe mich bei dem Spott über solche Paare immer gern ein. Weil ich den Gedanken furchterregend finde, dass aus zwei vorher so interessant eigensinnigen Menschen innerhalb kürzester Zeit ein einziger, halbgarer Kompromiss wird.





So weit, so schön schwarz-weiß. Am besten funktioniert dieser Pärchenspott, wenn man Single ist. Problematisch wird es, wenn man irgendwann selbst in einer Beziehung ist, in der alles ein bisschen verschmilzt und man das sogar genießt. So erging es mir eines Tages. Plötzlich konnte ich all die postmodernen Cool-Single-Sätze meiner Discoschorlenvergangenheit nicht mehr glaubwürdig vortragen („Monogamie ist doch eh ein überkommenes Konzept“, „Nur Feiglinge und Schönfärber glauben an die ewige Liebe“). Jemanden zu haben, mit dem man durchs Leben gehen kann, ist vielleicht das Beste der Welt, ahnte ich. Aus, Ende, Punkt. Niemand will für immer einsam sein. Jeder will exklusiv geliebt werden, und wer was anderes sagt, lügt.

Eine Beziehung kann man natürlich auch maximal unbeziehungsmäßig führen – indem man zum Beispiel nicht sofort zusammenzieht (vielleicht auch nie), weiterhin getrennt in den Urlaub fährt, weiterhin eigene Freundeskreise behält, die man auch ohne den Partner aufsucht undsoweiter. War immer mein oberstes Ziel. Hauptsache ein eigener Mensch bleiben (was auch immer das überhaupt heißen soll). Nun bleiben ja gewisse Synchronisationsbedürfnisse auch in der solomäßig inszeniertesten Beziehung nicht aus, wenn man sie ernst nimmt. Man schafft sich früher oder später vielleicht ein gemeinsames Konto an, weil es praktischer ist beim Einkaufen oder beim Essengehen. Man richtet sich einen gemeinsamen Kalender für gemeinsame Termine ein, neben dem jeweils eigenen natürlich, weil es praktischer ist für die gesamte Alltagskoordination. Und weil man sich so mag und soviel teilt, interessiert man sich immer öfter für dieselben Dinge. Mag dieselben Regenjacke, denselben Duft, dieselbe Lampe, dieselben Klamottenmarken.

Bei jedem einzelnen dieser Schritte, Kompromisse, oder nennen wir sie schlicht: Entscheidungen, sei es das Konto, der Kalender oder dieselbe Lampe, hatte ich diese beknackte Angst im Bauch: Werde ich jetzt zu einem Pärchenwaschlappen? Was denken die anderen, wenn ich sage, dass ich erstmal in „unseren“ Kalender schauen muss? Was denke ich von mir selbst? Ich will doch cool sein. Für mich selbst stehen. Unabhängig sein. Und gleichzeitig war mir, wenn ich ganz ehrlich war, gar nicht so unwohl bei all den Gemeinsamkeiten. Ich wollte sie ja. Sie machten mein Leben einfacher. Und ich fühlte mich ganz und gar nicht, als ich hätte ich durch sie einen Teil von mir aufgeben müssen.

Nach der Sache mit den Regenjacken wurde mir dann endgültig klar: Nicht, dass man auf die gleichen Sachen steht oder einige praktische Kompromisse in einer Beziehung schließt, macht einen spießig. Spießig macht es einen, nicht mehr das zu tun, womit man sich wohlfühlt, sondern das, was einen nach außen hin cool aussehen lässt. Einen Dreivierteltag lang darüber nachzugrübeln, was jemand über einen denkt, aufgrund der Regenjacke, die man trägt, das ist spießig. Spießig ist die Angst.

Neulich war ich dann in der Stadt unterwegs und vor mir lief ein sehr cool aussehendes, sehr hübsches Paar, wahrscheinlich Ende 20. Sie trugen exakt dieselben Sneaker, sogar in derselben Farbe. Und ich dachte: Cooler Move. Wenn die das können, kann ich das auch.

Und dann fiel mir auf, dass ich schon wieder eine Erlaubnis von anderen gebraucht hatte, um mich nicht spießig zu fühlen. Und dann hatte ich es, ein für alle Mal kapiert: Es gibt nichts Spießigeres, als nicht spießig sein zu wollen.

Fremde Zwillinge

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Es gibt ja diese Fragen, von denen man denkt, dass man sie nie wird beantworten können. Eine davon hat sich wahrscheinlich jeder von uns schon mal gestellt, als er oder sie vor dem Spiegel stand: „Gibt es irgendwo auf der Welt jemanden, der nicht mit mir verwandt ist und trotzdem genauso aussieht wie ich?“ Die Statistik sagt: Ja. Und zwar nicht nur eine Person, sondern gleich sieben. Aber was bringt einem schon eine Statistik. Sehen will man die Menschen, ihnen ins Gesicht schauen und denken: „Krass. Krass! Krass!!“ (So wie die Charaktere aus "How I Met Your Mother", die immerzu auf der Suche nach ihren Doppelgängern sind.)

Harry, Niamh und Terrence wollen das auch. Darum haben sich die drei Freunde vor etwa zwei Wochen auf die Suche gemacht und sie zu einem Wettbewerb ausgeweitet: Es gewinnt derjenige, der innerhalb eines Monats den perfektesten Doppelgänger findet. Auf der Homepage und der Facebook-Seite zu „Twin Stranger“ haben sie Fotos von sich gepostet und dazu aufgerufen, sich zu melden, wenn man ihnen ähnlich sieht oder jemanden kennt, der ihnen gleicht. Wer ebenfalls seinen Twin Stranger finden möchte, kann sein Foto einsenden, es wird dann auf der Facebook-Seite der Aktion geteilt.

Auf ihrer Homepage zeigen die drei laufend, wen sie schon gefunden haben. Führend im Wettbewerb der drei Freunde ist gerade Niamh, denn die hat schon Karen gefunden – und getroffen. Das Video des Treffens beweist, dass die beiden sich wirklich extrem ähnlich sehen: http://www.youtube.com/watch?v=L4jv1Vafpgo

Klar: Das ist sicher eine Aktion, die kein Mensch braucht. Aber sie macht Spaß. Wenn man weltweit sucht, dann rücken dadurch vielleicht auch Menschen zusammen, die sich sonst nie kennengelernt hätten. Und wenn man fündig wird, ist das sicher spannend. Man schaut dann jemanden an, der ein ganz anderer ist, aber in der gleichen Hülle steckt wie man selbst. Der diese Hülle ganz anders ausfüllt, etwas ganz anderes mit ihr macht. Vielleicht kann das auch ein Anstoß sein, um noch mal über die ganz großen Dinge nachzudenken: über Einzigartigkeit und Individualität, darüber, was uns unterscheidet oder eben nicht, über Körper und Charakter, über Zufall und Schicksal. Oder, wenn einem das zu weit führt, einfach nur über die eigene Frisur – weil die des Menschen, der einem so ähnlich sieht, ihm ziemlich gut steht.

Es gibt also Fragen, von denen man dachte, dass man sie nie wird beantworten können. Und dann kam das Internet.

nadja-schlueter

Skyscraper meets Fachwerkhaus

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Lina Wullenweber, 23, studiert Produktgestaltung





Frankfurt ist auf jeden Fall sehr international und vielfältig, schon allein wegen des Flughafens, der Messe und der vielen Banken. Es gibt ganz tolle Restaurants aus der ganzen Welt, zum Beispiel der libanesische Imbiss “Aroma” im Oeder Weg oder Thailänder “Aroydee” an der Hauptwache.

Eigentlich gibt sich Frankfurt aber größer, als es ist - im Grunde ist das hier ein “Großstadtdorf”. Auf den ersten Blick fallen die Studenten im Stadtbild nicht so sehr ins Auge, vielleicht auch, weil viele etwas außerhalb wohnen; darum würde ich Frankfurt nicht als klassische Studentenstadt bezeichnen.

Einen Besuch wert ist auf jeden Fall das Mainufer, da ist im Sommer immer viel los, auch bis abends, wenn die Sonne hinter der Skyline untergeht. Schön ist das Viertel rund um die Berger Straße mit vielen Cafés und Bars. Das Bahnhofsviertel ist das ehemalige Rotlichtviertel, da konzentriert sich die kreative Szene Frankfurts, in den letzten zehn Jahren ist hier eine richtig gute Bar- und Clubszene entstanden. Schön sind da die Bars “Plank” und “Pracht”, das “Moloko” an der Alten Brücke ist auch gut und kultig.

Wenn es warm ist, ist das "D3" eine gute Anlaufstelle - ein Boot auf dem Main, wo es Electro- und Hip-Hop-Partys gibt. Etwas außerhalb liegt der Schwedlersee, da sind im Sommer auch immer Open-Air-Events. Die beste Eisdiele der Stadt ist übrigens definitiv “Eis Christina” in der Eckenheimer Landstraße, die gibt es schon seit 40 Jahren.

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Kaleb Erdmann, 23, ist Poetry-Slammer und studiert politische Theorie im Master





Ich bin erst ein Semester hier, aber man merkt sofort, dass es in Frankfurt eine extrem lebendige und studentische Kultur gibt. Der AStA ist extrem aktiv, es gibt viele Vorträge und Workshops von studentischen Gruppen und eine studentische Zeitung, die echt interessant ist.

Was ich toll an Frankfurt finde, ist, dass die Stadt diesen großstädtichen Charme hat, obwohl sie eigentlich nur halb so groß ist wie München. Ich mag diese amerikanische Uptown-Downtown-Struktur auch total gerne - die Stadt entwickelt sich in Kreisen um die Wolkenkratzer herum.

Am Schaumainkai, der Promenade am Main, gibt es eine Reihe von ganz tollen Museen: allen voran der Städel, aber auch das Museum für moderne Kunst ist bemerkenswert. In der Kleinkunst, als auch bezüglich Poetry-Slams, ist lange relativ wenig passiert. Mittlerweile gibt es aber einige Veranstaltungen, es sind verschiedene Slams und Lesebühnen aus dem Boden geschossen. Am Liebsten mochte ich bis jetzt die Molotow-Slamshow in der Fabrik, schön ist auch der Slam “Wo ist Hola?” in der Kulturkirche Sankt Peter.

Frankfurt ist eine Kiezstadt: Alteingesessene Frankfurter bleiben eher in ihrem Viertel. Bockenheim zum Beispiel ist ein ehemaliges Studentenviertel, da gibt es immer noch ganz viele kleine Kneipen. Der Stadtteil Sachsenhausen ist ja als Touri-Viertel verschrien, hat aber auch ganz nette Seiten. Einerseits gibt es da diese traditionellen Apfelwein-Kneipen, wo man im Sommer auch schön in den Gärten sitzen kann, andererseits ist hier auch eine Art “Klein-Malle” mit den ganzen witzigen, runtergekommenen Bars - mit gefällt dieser Kontrast.

Auf der Alten Brücke, die Sachsenhausen mit dem Norden verbindet, sieht man total gut, was Frankfurt ausmacht: auf der einen Seite das historische Frankfurt, auf der anderen Seite das Bankenviertel.
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Ann-Marie Flegel, 23, studiert Geschichte im Master





Ich wohne noch nicht so lange hier, weil ich meinen Bachelor in Mainz gemacht habe. Ich fand Frankfurt immer so spannend, weil es ja schon eine Großstadt ist, aber trotzdem ist alles nah zusammen: Die Altstadt, die Kulturszene, aber auch das Bankenviertel mit den großen Firmen, wo man später dann auch beruflich durchstarten kann. Es ist heute immer noch jedes Mal überwältigend, wenn man mit dem Zug kommt und direkt auf die Skyline zufährt.

Der Kontrast zwischen den einzelnen Stadtvierteln ist wahnsinnig groß. Das Studentenleben spielt sich hauptsächlich zwischen Konstablerwache, Hauptwache und der Uni ab, mit dem dem Bankenviertel habe ich kaum Berührungspunkte. Eine typische Studentenstadt ist Frankfurt aber nicht, sondern eher eine Stadt zum Arbeiten. Viele sagen auch, das sei keine Stadt zum Leben, das finde ich überhaupt nicht - man kann total viel hier machen. Und mit dem neuen Campus Westend wird hier mit der Zeit alles viel studentischer.

Im Sommer gehe ich gerne zur schönen Aussicht direkt am Main, da gibt es total viele kleine Restaurants und Cafés wie  die “Sugar Mama”, das ist fast ein bisschen berlinerisch. Es ist nicht so, dass die Studenten alle unter sich bleiben wie in anderen Städten. Hier mischt sich alles viel mehr mit der Arbeitswelt, man lernt ganz andere Leute kennen. Viele Studenten gehen auch gerne im Bahnhofsviertel feiern, eben wegen dieser interessanten Mischung.

Ich habe oft das Gefühl, dass Frankfurt als Stadt aktuell gerade gut zu mir passt, weil ich neben dem Studium auch schon arbeite und mir hier der Übergang ins Berufleben leichter gemacht wird.
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Oskar Brabanski, 26, studiert politische Theorie im Master





Am Anfang habe ich mich von den Hochhäusern täuschen lassen und habe Frankfurt für total amerikanisiert gehalten. Nach einiger Zeit habe ich erkannt, dass die Stadt auch sehr dörflich geprägt ist mit ihren Wochenmärkten und Fachwerkhäusern. Trotzdem ist es schon auffällig, dass hier von vielen Wert auf Marken- und Designerkleidung gelegt wird, es gibt nicht diesen Vintagehype wie zum Beispiel in Berlin.

Ein richtig studentisches Gefühl hat man auf dem alten Campus und rund um den Schweizer Platz; auch die Berger Straße in Bornheim und die Leipziger Straße in Bockenheim mit ihren Cafés sind schön, um spazieren zu gehen.

Was man in Frankfurt auf jeden Fall essen muss, sind Burger. Wir haben hier richtig viele gute Läden wie “Jamy’s Burger”, “Chicago Meatpackers” oder das “Meat Us” in der Innenstadt. Günstig und frisch kann man auch in der Kleinmarkthalle in der Nähe der Einkaufsmeile “Zeil” essen - oder eben auf dem legendären Dönerboot “Meral’s Imbiss” direkt auf dem Main.

Wenn ich mal abends weggehe, dann oft in den Clubkeller, wenn ich Lust auf Indie und Alternative habe. Im Jazzkeller, übrigens dem ältesten Deutschlands, gibt es immer mittwochs eine Open Jam Session, an der jeder teilnehmen kann.

Ich gehe auch super gerne joggen oder fahrradfahren am Main, das ist für mich echt ein Stück Lebensqualität. Etwas unbekannter ist die Nidda, dem zweiten, kleineren Fluss hier, der durch Frankfurts Grüngürtel fließt. Da ist es im Sommer auch total schön, wie eigentlich überall im Taunus. Frankfurt ist sehr fußballaffin, aber wir haben auch ein sehr gutes Basketball- und Hockeyteam. Da lohnt sich ein Besuch im Stadion auf jeden Fall.

Eat, sleep, rape, repeat

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Was Menschen auf Festivals so tragen, unterliegt ja normalerweise einem Sondercodex: bescheuert, bunt, schrill, zerfetzt. Und auch so verhält man sich dort in der Regel: bescheuert, bunt, schrill, ein bisschen zerfetzt. Und das ist okay. Was vielleicht daran liegt, dass die Menschen auf Musikfestivals in einer kleinen Seifenblase schweben, die so gar nichts mit Alltag zu tun hat.





Dass man diese Seifenblase auch mit einem lauten Knall zum Platzen bringen kann, zeigte das Foto eines Besuchers des Coachella-Festivals. Ein junger Mann trägt ein schwarzes Shirt mit der Aufschrift “Eat, Sleep, Rape, Repeat". Lächelt in die Kamera, macht ein Peace-Zeichen und ist sichtlich zufrieden mit sich und seiner Kleiderwahl. Der Aufdruck ist eine Anspielung an Fatboy Slim's Lied "Eat Sleep Rave Repeat." Geraved hat der Festivalgänger scheinbar genug, jetzt ist es Zeit für Vergewaltigung. Ziemlich lustig, findet er. Ziemlich daneben, findet die Welt.




Die diskutiert seitdem: Druckfehler? Photoshop? Nee, einfach nur ein Vollidiot, bestätigt Vice-Redakteur Jemayel Khawaja, der das Foto am Sonntag twitterte. Und so zog eine Shitstorm-Wolke über das kalifornische Festival. An etwa 90.000 Coachella-Besuchern trug der „Rapeshirtdouche“, wie er nun genannt wird, seine frauenfeindliche Botschaft vorbei. Doch erst auf Twitter entwickelte sich eine öffentliche Diskussion, die zeigt: „This is about more than a dumb shirt.“, wie Khawaja twitterte.



Es geht um „rape culture“, genauer: „rape culture“ auf Musikfestivals. Immer wieder kommt es dort zu Zwischenfällen, Gegrapsche und dumme Sprüche sind normal. Scheinbar suggeriert das Umfeld, in einer Seifenblase aus Alkohol, Musik und Drogen würde statt rave auch rape mal ganz locker durchgewinkt.

Dass er geschützt wird von einer Gruppe von Menschen, die in einer isolierten Spaßblase alles halb so ernst nehmen, hatte wohl auch der Mann im schwarzen Shirt erwartet. Dass sie das nicht tut, ist ein Zeichen. Dafür, dass auch an Orten, die mit Alltag nichts zu tun haben, Sexismus nicht alltäglich sein darf.

sina-pousset

News aus Westeros

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"Unser Sohn ist ein Monster", "Beauty Tipps für große Frauen" und neue Wintermode: Solche Lektüre könnten die Charaktere der US-Serie Game of Thrones tatsächlich gut gebrauchen. Denn im ganzen Serienuniversum gibt es keine einzige Zeitschrift für das gemeine Volk! Der Blogger Alexander Matzkeit hat deshalb zur letzten Staffel und jetzt noch mal zum Start der neuen Staffel GoT-Versionen bekannter Magazine kreiert, zum Beispiel von Brigitte ("Ygritte", benannt nach der Serienfigur, die Jon Snow entjungferte), Hörzu ("Hodor" wie Hodor) oder dem Wirtschaftsmagazin brand eins ("Bran eis" nach Bran Stark, dem kleinen Lord von Winterfell).



Rat für Eltern: Vorzeigepaar Jaime und Cercei Lannister geben Tipps für ein gesundes Familenleben



Starke Frauen in Rüstung wissen, wovon sie redet: Brienne von Tarth hat Tipps für Reisen mit einem Knappen.



Die"Ygritte" mit Tipps für Frauenprobleme jenseits der Mauer.

Themen gibt es genug: amputierte Arme, Kindererziehung, Inzest-Vermeidung, schwarzer Rauch aus der Vagina und Probleme beim Umgang mit aufmüpfigen Geiseln sind Alltag im GoT-Universum.
Wie, ihr wisst nicht, wovon wir reden? Macht nichts, hier mal eine kurze Zusammenfassung für alle, die Serie noch nicht gesehen haben:

http://www.youtube.com/watch?v=SVaD8rouJn0

Game of Thrones ist extrem beliebt. Viele denken, die Serie handle nur von nackten Frauen und Drachen, doch Zuschauerzahlen im zweistelligen Millionenbereich bestätigen ihren Erfolg und es gibt jede Menge zwiespältige Charaktere und geschickte Plot Twists (die sogar viral verarbeitet werden) sowie Machtspielchen, Intrigen und Inzest auf Hochglanzniveau. Vor allem sind aber auch die Fangemeinde und ihre Ideen für das GoT-Universum sind nicht mehr aus der Popkultur wegzudenken.

Dilek Özyildirim

Einsam mit Stil

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Der Abend endet, als sich ein älterer Mann neben mich an die Bar setzt, der so betrunken ist, dass ihm erstmal der Geldbeutel aus der Hand fällt. Anschließend schaut er mich zu lange an. Ich habe mir zwar insgeheim gewünscht, dass ich eine „Lost in Translation“-mäßige Szene erlebe, wenn ich schon mal in einer Hotelbar bin. Aber der Mann ist eher Typ Edmund Stoiber als Typ Bill Murray – und er bestellt auch keinen Whiskey, sondern einen Kir Royal. Eine kleinere Enttäuschung. Bis eben habe ich mich nämlich so wohl gefühlt. Aber als ich bezahle, kommt das Wohlgefühl noch einmal zurück. „Viel zu kurz, dein Besuch hier“, sagt der Barkeeper und lächelt und er macht das auf diese professionell-aufmerksame Art, von der man sich nicht bedrängt, sondern aufgefangen fühlt.




Hotelbars sind sehr entspannt, anonym - und man kann dort sehr gut einsam sein.
 
Hotels wirken oft wie Burgen, wie Häuser, die man nur betreten darf, wenn man vorher ein Zimmer reserviert hat. Dabei stimmt das nicht: Man darf einfach rein – und zwar in die Bars. Wenn man in einer Stadt wohnt, sind Hotels und ihre Bars auf dem inneren Stadtplan quasi nicht vertreten, aber vielleicht sind sie ja die besten Orte für einen schönen Abend, vielleicht können sie was, das andere Bars nicht können. Also: mal ausprobieren. Und dabei nicht kleckern, sondern die obere Preiskategorie ansteuern. Drei Münchner Hotelbars stehen auf meinem Notizzettel: die Bar im Vier Jahreszeiten sowie Blue Spa Bar und Falk’s Bar – beide im Bayerischen Hof.
 
Im Vier Jahreszeiten muss man die Tür selbstverständlich nicht selbst öffnen, das erledigen zwei Herren mit weißen Handschuhen, die freundlich grüßen und einen einfach so reinlassen. So viel zum Thema „Burg“. In der Hotelbar ist fast alles reserviert, darum sitze ich ganz vorne, mit der Rezeption im Rücken. Ich trinke Weißwein, dazu bekomme ich beachtlich viele Knabbereien, und während ich knabbere, lausche ich.
 
Lektion 1: Hotelbars sind sehr entspannte Orte. Das macht die Geräuschkulisse. Wie auf einer Atmosphären-CD, Track „Bar“. Stetes, entspanntes Gemurmel, Wortfetzen auf Deutsch, Arabisch und Russisch, Gläserklirren, Besteck auf Porzellan und ein Piano. Alles hier ist weich – der Sessel, das Licht, das Plaudern, das Klirren und die Musik. Der Teppichboden nimmt allem die hohen Frequenzen, und wenn ich nicht so sehr damit beschäftigt wäre, zu knabbern und zu lauschen, dann würde ich jetzt vielleicht einnicken. „Bei Ihnen alles okay?“, fragt die Kellnerin. Ich sage „Ja“ und lächle.
 
Im Vier Jahreszeiten sitzt man quasi in der Lobby, mitten im Hotelbetrieb. In der Blue Spar Bar im Bayerischen Hof sitzt man auf dem Dach. Mit einem ziemlich guten Blick über andere Dächer und auf die Frauenkirche. Ich setze mich raus, trinke wieder Weißwein und bekomme wieder beachtlich viele Knabbereien. Paare kommen raus, fotografieren sich gegenseitig, eins stellt sich etwas abseits, um zu knutschen. Schräg gegenüber von mir sitzen drei in Decken gewickelte Briten, essen Steak, trinken Wein, sprechen erst über die Champions League, dann tauschen sie sich über „hairy bushes“ aus. Einer von ihnen hat ein sehr auffälliges, holperndes Lachen. „Bei Ihnen alles okay?“, fragt der Kellner, und seine Zähne sind sehr weiß. Ich sage „Ja“ und lächle.

Wenn in den Bars teurer Hotels eines gilt, dann wohl: Diskretion.


Lektion 2: In Hotelbars ist man absolut anonym. Die Chance, dass man dort jemanden trifft, den man kennt, ist gleich null. Die russische Familie und die teetrinkende arabische Dame im Vier Jahreszeiten, die drei schäkernden Briten im Bayerischen Hof, das knutschende Paar – ich bin die ganze Zeit umgeben von mir völlig Fremden, die alle irgendeinen Grund haben, hier zu sein, der sich sehr sicher von meinem unterscheidet. Und obwohl ich den Kellnern ansehe, dass sie sich fragen, was mein Grund wohl sein mag, fragt mich natürlich keiner. Denn wenn in den Bars teurer Hotels eines gilt, dann wohl: Diskretion. Hier kann man über „hairy bushes“ sprechen oder knutschen – die anderen Gäste und die Kellner werden einfach so tun, als hätten sie nichts gehört und nichts gesehen.
 
Als es zu kalt wird, wechsle ich in die Falk’s Bar, gleiches Hotel, ein paar Stockwerke weiter unten. Die Bar befindet sich im Spiegelsaal, und der ist sehr schön. Weiß, Stuck, indirekte Beleuchtung – und weil es mittlerweile spät ist und ich einiges an Weißwein intus habe, ist er sogar noch schöner. Der beleuchtete Tresen bildet ein großes Rechteck, in dessen Innerem die Barkeeper mixen. Ich setze mich an eine der langen Seiten, an der sich später auch der Kir-Royal-Trinker einfinden wird, bestelle einen Gin Fizz und bekomme dazu wieder beachtlich viele Knabbereien. Die drei Barkeeper sehen ganz unterschiedlich aus, aber jeder auf seine Art smart. Der eine fragt mich drei Mal, ob „alles gut“ sei, beim dritten Mal in einem Ton, als sähe man mir an, dass nicht alles gut ist. Ich sage „Ja“ und lächle, weil ja wirklich alles gut ist. Ich höre ein holpriges Lachen. Die Briten sind wieder da, sie sitzen links von mir an der kurzen Seite. Rechts ein einsamer Biertrinker, schräg gegenüber ein einsamer Longdrink-Trinker.
 
Lektion 3: In Hotelbars kann man gut einsam sein. Und traurig, wenn man mal traurig sein muss. Dieser leichte Überhang an einsamen Menschen, die vermutlich Gäste sind in der Stadt, die fremd hier sind und müde vom Tag, der macht die Stimmung so ein bisschen melancholisch. Eine der wichtigsten Weisheiten für Großstadtbewohner ist ja ohnehin: Wenn du Kummer hast, dann helfen dir die Dienstleister deiner Stadt. Sie sehen jeden Tag sehr viele Menschen, sie haben Erfahrung und können darum gleich erkennen, wenn du vor ihnen stehst und etwas nicht stimmt. Dann geben sie dir ein Bier oder halten deine Hand, wenn du weinen musst. Der Dönerverkäufer, der Taxifahrer, der Barmann. Und ganz besonders wohl der Hotelbarmann, denn der kennt sich mit Einsamkeit aus und mit Menschen, die mit Distanz zu ihrem Zuhause irgendwas bemerken, was vorher nicht so klar war. Wie in „Lost in Translation“. Auch wenn der Mann neben einem nicht Bill Murray ist.

Meine Straße: Rosenheimer Straße

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Kauft Getränke bei den Ludolfs: Kathi in der Rosenheimer Straße

Die Rosenheimer Straße ist eigentlich eine ziemliche Ranzstraße und so etwas wie das schwarze Schaf des behüteten und lieblichen Haidhausens. Ich wohne Höhe Orleansstraße und hier gibt es lauter zwielichtige Läden – Sportwetten, Sexshops und Elektrogeschäfte –, die aussehen, als gehe seit Jahrzehnten kein Kunde mehr hinein.

Die Spielhalle unter meinem Haus wurde Anfang des Jahres überfallen, da lief einfach ein Typ mit dem Küchenmesser rein.
 
Aber zwischen all den Seltsamkeiten gibt es auch Geheimtipps. Wirklich empfehlenswert ist zum Beispiel das Pizza Tomate. Die liefern auch und haben eigentlich nie geschlossen. Der Chef sagt zu jedem, der reinkommt: „Hey, Bruder!“. Aber zu mir sagt er natürlich: „Hey, Kathi“.
 
Im Antiquitätenladen BM Gebrauchtmöbel habe ich schon viele Sachen für meine Wohnung gekauft, und ins Schaufenster von Azzarrello gucke ich immer gern rein – da gibt es lauter tolle, italienische Kaffeemaschinen. Drinnen stehen immer Leute, die gerade Espresso verkosten und an den glänzenden Maschinen herumtasten. Lustig ist auch der Cop-Shop, ein Laden für Menschen, die gern Polizisten wären. Da gibt es so Sachen wie Schlagstöcke, Tränengas, Polizeigürtel. An die Fassade hat jemand „acab“ gesprüht, also „all cops are bastards“. Und in Leos Lounge sieht es zwar total nach Neunzigerjahre aus, und ich komme mir immer vor wie in einer Bahnhofshalle, weil der Laden so groß ist, aber dafür kann man super Fußball schauen und das Essen ist echt gut. Vor allem die Burger. Die sind total frisch und kommen zum Selbstbelegen an den Tisch.
 
Im Getränke & Spezialitäten kaufe ich auch gern ein. Da hast du zwar ein bisschen das Gefühl, du bist bei den Ludolfs, die hören nämlich sofort auf zu reden, wenn man reinkommt, aber dafür haben sie eigentlich immer offen und ein gutes Sortiment.
 
Nicht zu vergessen ist in der Rosenheimer Straße natürlich das Manam, der beste Thai-Imbiss der ganzen Stadt. Leider ist er so winzig, dass man fast nie einen Platz bekommt, aber man kann sich das Essen ja genauso gut mitnehmen. Und gleich nebenan ist auch noch ein sehr großer, gut sortierter Asia-Supermarkt.
 
Einen Besuch wert ist auch das Motorama, dieses total hässliche Einkaufszentrum gegenüber vom Gasteig. In dem gibt es tatsächlich einen Titus-Skateshop und einen sehr guten Hit-Supermarkt.
 
Den Gasteig selbst muss man ja eigentlich nicht erwähnen, aber ich bin da gern. Nicht nur wegen der Bücherei, der Volkshochschule und all der anderen verschiedenen Angebote, sondern auch, weil es total Spaß macht, sich einfach nur irgendwo hinzusetzen und die Menschen zu beobachten, die sich da herumtreiben.
 
Was übrigens großartig ist: Von der Rosenheimer Straße ist man mit dem Rad in nur zehn Minuten im Perlacher Forst. Das habe ich grad am vergangenen Wochenende mit einem Freund ausprobiert, und wir waren total geflasht, plötzlich mitten in der schönsten Natur zu stehen. 

Die Kuh im Gebüsch

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Humor ist eine schwierige Disziplin. Und ganz besonders: der subtile, leise. Humor, der Schenkelklopfen und brachiales Lachen auslöst, Humor, der auf Mit-der-Faust-auf-den-Tisch-Pointen setzt, der ist noch am einfachsten. Aber der, der maximal ein Kichern, oft nur ein Schmunzeln auslöst, ist eine Herausforderung.

Hajdu Tamás hat sie gemeistert. Denn er hat den Blick dafür. „I Find Humor In The Small-Town Streets Of Romania“ ist eine Galerie mit seinen Bildern auf „Bored Panda“ überschrieben. Und wenn man sie sieht, denkt man zunächst mal: „Was ist denn daran bitte lustig?“

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[plugin imagelink link="http://static.boredpanda.com/blog/wp-content/uploads/2015/04/P60104651__880.jpg" imagesrc="http://static.boredpanda.com/blog/wp-content/uploads/2015/04/P60104651__880.jpg"](via Bored Panda)

Sie haben etwas Trostloses und Melancholisches, diese Fotos aus der rumänischen Provinz. Sie bilden das harte Leben dort ab, die Armut, die Ernsthaftigkeit, die das mit sich bringt. Aber auf den zweiten Blick entdeckt man ihn dann, den Humor. In jedem Foto steckt ein Detail, über das man schmunzeln muss, das irgendwie absurd ist. Manchmal sogar nur, weil einem zuvor gesagt wurde, es gehe hier um Humor, manchmal muss man sogar regelrecht danach suchen. Es sind leise Bilder, die einem einen kleinen, geheimen Witz ins Ohr flüstern. Die Kuh, die aus dem Gebüsch lugt. Das Schwein, das genauso daliegt wie die Menschen auf dem Plakat. Das pinkfarbene Auto in all dem Grau. Das „Hunde verboten“-Schild an der Rutsche. Auf Tamás Homepage findet man noch viele weitere Bilder dieser Art.

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Dass die Fotos Absurditäten der rumänischen Provinz zeigen, ohne lächerlich zu wirken und ohne sich darüber lustig zu machen, liegt wahrscheinlich auch daran, dass der Fotograf hier seine Heimat abbildet. Sein Blick ist nicht nur besonders detailverliebt, er ist auch ansonsten besonders liebevoll. Und dass so oft Tiere darauf zu sehen sind, hat ebenfalls einen ganze einfachen Grund: Hajdu Tamás ist eigentlich Tierarzt. Aber zum Glück ist er auch Fotograf. 

Nadja Schlüter

"Man musste es eben akrobatischen Schautanz nennen"

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Nach dem Tag, an dem 1985 der Break-Dance-Film "Beat Street" in den Kinos der DDR anlief, sollte für Frank, Alex, Michel und Matti, die Hauptfiguren in "Dessau Dancers", nichts mehr sein wie zuvor. Die Geschichte, die damit beginnt, erzählt Regisseur Jan Martin Scharf in seinem Ost-Tanzfilm, der am Donnerstag in den Kinos anläuft. So genau recherchiert, authentisch und wahr er auf der einen Seite ist, so überspitzt, schrill und abgedreht ist er auf der anderen. Ein Gespräch mit dem Regisseur. Und mit Frank Salweski, ein früher Ost-Breaker, der mit den "Melodic Dancers" in den 1980ern die Autoritäten in der DDR in Zugzwang brachte und als Zeitzeuge viel zur Recherche beitrug.

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jetzt.de: Herr Scharf, war Frank Salewski denn das Vorbild für die Rolle des Protagonisten Frank Satzke?
Scharf: Nein, die einzelne Charaktere im Film sind – man kann noch nicht mal sagen aus verschiedenen realen Figuren zusammengebaut, sondern erfundene Schicksale. Derselbe Vorname ist reiner Zufall, der war eben damals sehr verbreitet.
Salewski: Na, das hört man ja gern.
Scharf: Wie meiner ja auch. Es wimmelte von Franks und Martins.

Trotzdem vermute ich da so einige Parallelen. Wie haben Sie denn in den 1980ern in der DDR, in Stralsund, davon erfahren, dass es so etwas wie Break Dance gibt? In "Dessau Dancers" ist der Break-Dance-Kinofilm "Beat Street" ja die Initialzündung.
Salewski: Zum ersten Mal gesehen habe ich Break Dance in der 9. Klasse in der Schuldisco bei anderen Jungs. Zwei Stunden später habe ich mit meinem Kumpel selbst schon die ersten Moves probiert. Mit ihm gründete ich später auch die "Melodic Dancers". Für uns war das einfach krass neu und anders. Sowas hatte man im Fernsehen und in Zeitschriften noch nicht gesehen. Außer man gehörte zu den wenigen, die schon irgendwie an die Bravo aus dem Westen gekommen sind.

Woher bekamen Sie denn die Moves?
Salewski: Anfangs haben wir es uns von den Schulkameraden zeigen lassen und man hat sich einfach gemeinsam Bewegungen überlegt und einstudiert. Einiges hatten wir auch aus dem Turnen. Und dann kam – wie in Martins Film – "Beat Street" in die Kinos. Das war für uns zwar nicht der erste Kontakt, aber mindestens so wichtig wie Martin es dargestellt hat.
Scharf: Wie oft hast du ihn dir nochmal angeschaut?
Salewski: 17 Mal. Am ersten Tag um 14.30, 17.00 und 19.30 Uhr. Da bekamen wir endlich das ganze Know How, das uns fehlte, und davon zehrte im Prinzip die ganze Nation im Osten.

Die Dance Crew in "Dessau Dancers" wird bespitzelt, verhaftet und im sozialistischen Sinne zum "akrobatischen Schautanz" gemacht. Wie erging es ihrer Gruppe damals, Herr Salewski?
Salewski: Im Prinzip genauso. Wir haben anfangs vielleicht an etwas heikleren Orten getanzt. An einem sowjetischen Ehrendenkmal hätte man nicht mit amerikanischer Musik eine kapitalistische Weltanschauung ausdrücken sollen, aber wir haben damals gar nicht darüber nachgedacht. Der Staat wusste am Anfang nicht so wirklich mit uns umzugehen. Als dann aber immer mehr Gruppen in der ganzen DDR anfingen gegeneinander anzutreten, mussten sie reagieren. Und Break Dance zur eigenen sozialistischen Kultur zu machen, war eben die Taktik. Man musste es eben "akrobatischen Schautanz" nennen.

http://www.youtube.com/watch?v=5Y257MBOf6Q

Zum Break Dance gehört ja nicht nur die Bewegung an sich, sondern auch der ganze Style. Hip-Hop-Klamotten waren aber wohl nichts, was es einfach so zu kaufen gab.
Salewski: Nein, wir mussten es hundertprozentig genauso machen, wie man es im Film sehen kann: Alles, was wir wollten, mussten wir selbst nähen, basteln und bemalen, bis wir später dann die Möglichkeiten hatten uns gleiche Anzüge für die Gruppe nähen zu lassen. Turnschuhe haben wir uns gebraucht über Dritte und unzählige Umwege besorgt. Weiße Handschuhe gehörten am Anfang unbedingt dazu und die Socken wurden über der Hose getragen. Zu Beginn war bei uns alles völlig bunt gewürfelt.
Scharf: Für mich ist das so ein Kernbild: Ich hatte Verwandte in der DDR und dort war alles immer ziemlich grau. Aber zwischendrin gab es so einen Trupp von Paradiesvögeln, die durch diese graue Welt flogen und sich so wundersam bewegten.
Salewski: Wir waren die Paradiesvögel in der DDR, ja, das kann man so sagen.
Scharf: Es gibt im Film eine Szene, wo alle vier einem auf einer Straße entgegenkommen. Im Drehbuch stand: "wie echte Helden". An dem Tag war überall maximaler Nebel und genau das ist das Bild geworden: Alles grau und vier Paradiesvögel tanzen einem entgegen.
Salewski: Ach, ich dachte, den Nebel habt ihr extra gemacht!

>>>"Ich hatte nur irgendwann keinen Bock mehr, vor den Parteifuzzis zu tanzen."<<<
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Der DDR-Break-Dance hatte – aus seiner Entstehung heraus – einen sehr eigenen Stil. Wie haben Sie es geschafft, den im Film umzusetzen?
Scharf: Durch Experten: "Killa Sebi", der im Film den Michel spielt, ist amtierender Deutscher Meister im Break Dance. Die anderen hatten auch schon vorher mehrere Jahre Break Dance getanzt. Der Tanztrainer war auch ein echter Ost-Breaker. Wir wollten das Originalfeeling der 1980er haben. Weil wir aber gleichzeitig nicht auf das Spektakuläre von 2015 verzichten wollten, ist es eine Mischung geworden.




Regisseur Jan Martin Scharf

Wie war das damals mit der Musik? Wie sind Sie da an etwas gekommen, auf das man anständig breaken konnte?
Salewski:Über Beziehungen. So wie heute Connections über Facebook wichtig sind, so musste man eben damals auch die richtigen Leute kennen, um an das gewünschte Material zu kommen. Da gab es zum einen die Discotheker, die so etwas in ihrem Sortiment hatten, und zum anderen natürlich die berühmte Westbekanntschaft. Da gingen dann Schreiben raus wie: "Liebe Tante, ich habe dann und dann Geburtstag und wünsche mir eine Platte von – zum Beispiel – Run D.M.C." Und was man hatte, tauschte man natürlich untereinander. Für uns war das Goldstaub, nicht zu vergleichen mit heute. Man musste schon etwas experimentierfreudiger herangehen.

Wie experimentierfreudig mussten Sie denn an den Soundtrack zum Film herangehen?
Scharf: Schon auch etwas. Ich hab mich sehr tief in die Originalsounds eingehört. Manches davon finden unsere heutigen Ohren sicher nicht mehr so reizvoll. Und die richtigen Hymnen, die man auch heute noch hört, sind einfach wahnsinnig teuer. Ein paar davon haben wir bekommen, aber darüber hinaus haben wir mit Marc Collin und Jazzanova auch ganz tolle Komponisten gefunden, die da mit einem sehr liebevollen Blick auf den Retrogedanken loskomponierten.

Liebevoller Retrogedanke, das trifft auf "Dessau Dancers" sehr gut zu, finde ich. Der Film macht auf seine Weise total Lust auf Jugend in der DDR, weil es so unfassbar schön einfach ist, rebellisch zu sein. Da reicht schon eine Bewegung oder eine Hose. Und man bekommt das Gefühl, diese ganze DDR war einfach eine auf skurrile Weise unterhaltsame Veranstaltung. Wie authentisch ist das noch?
Scharf: Ja, das ist immer so eine Frage. Ich erinnere mich an heftige Diskussionen darüber am Set zwischen Mitgliedern der Filmcrew, die selbst in der DDR aufgewachsen sind. Jeder hat natürlich seine individuellen Erinnerungen und sein eigenes Bild davon. Es gibt das sehr rigide, dass in "Das Leben der Anderen" gezeigt wird, es gibt Bilder die wehtun, aber eben auch die, die andere Aspekte zeigen. Ich wollte, dass die Zuschauer die DDR aus den Augen von Jugendlichen sehen, die naiv und lebenslustig sind. Mir ist klar, dass ich kein superreales DDR-Bild entwerfe, aber  – wer hat denn überhaupt die Herrschaft über dieses superreale Bild?

Wie ist denn ihr Bild der Vergangenheit in der DDR, Herr Salewski? Auch so harmlos?
Salewski: Irgendwie ja. Dass die Stasi an jeder Ecke mit einer Kamera stand, das haben wir so gar nicht wahrgenommen. Wir hatten zwar den Kontakt mit der Polizei, aber nach drei Stunden auf dem Revier ist man eben raus und hat weitergetanzt. Das sind aber ganz individuelle Erfahrungen. Ich kenne aber auch eine Gruppe, in der war sogar eines der Mitglieder ein Informant der Staatssicherheit, was sie erst sehr spät gemerkt haben. Andere wiederum hatten nie das geringste Problem. Ich hatte nur irgendwann keinen Bock mehr, vor den Parteifuzzis zu tanzen. Aber wenn man als Gruppe im "akrobatischen Schautanz" bestehen wollte, musste man eben auch solche Kompromisse eingehen.

Warum ist aus dem Thema "Break Dance in der DDR" letztendlich genau dieser schrille Ost-Tanzfilm geworden und nicht etwa eine Doku?
Scharf: Es gibt einige Gründe aber die einfachsten sind: Wo es ums Tanzen geht, liegt ein Tanzfilm ziemlich nahe und eine Doku gab es schon.
Salewski: Eine deutsche Produktion, die den Mut hat, das Thema so anzugehen, das hatte einfach noch gefehlt. Für uns Breaker von damals ist das natürlich großartig. Klar ist es zwar fiktional, aber es ist trotzdem unsere Geschichte.

Malen nach Tönen

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"Ich sehe Musik. Ein bisschen wie dieses Kind in The Sixth Sense."

Das schreibt Melissa McCracken in ihrem Facebook-Profilüber sich. Melissa ist Synästhetin. Das heißt: In ihrem Hirn ist die Wahrnehmung verschiedener Sinnesorgane miteinander verknüpft. Sie sieht zum Beispiel Farben, wenn sie Buchstaben liest: Das C ist für sie kanariengelb, erklärt sie auf ihrer Website. Wenn sie sich den Kalender vorstellt, schweben die Tage und Monate im Raum um sie herum.

Besonders stark ist ihre Farbwahrnehmung, wenn sie Musik hört. Deshalb hat Melissa angefangen, mit Acrylfarben ihre Lieblingssongs zu malen. Zum Beispiel diesen hier: 

http://www.youtube.com/watch?v=IBH97ma9YiI

Wenn Melissa "Karma Police" hört, sieht sie also folgendes Bild vor Augen: 

[plugin imagelink link="http://i.imgur.com/4MctHKM.jpg" imagesrc="http://i.imgur.com/4MctHKM.jpg"]

Oder "Life on Mars" von David Bowie.

[plugin imagelink link="http://i.imgur.com/rIg1xbi.jpg" imagesrc="http://i.imgur.com/rIg1xbi.jpg"]

Kurz reinhören? Bitte:

http://www.youtube.com/watch?v=ueUOTImKp0k

Man kann sich sehr lange mit Melissas Bildern und den Songs dazu beschäftigen. Macht Spaß! Vor allem, weil man irgendwann tatsächlich ein Gefühl dafür bekommt – oder zu bekommen glaubt. Dieser zackige Rhythmus hat doch bestimmt diesen pastos-entschlossenen Pinselauftrag ausgelöst! Und die himmelblaue Stelle oben links im Bild muss doch der Hymnen-Refrain von David Bowie sein!

Apropos Himmel und Hymne: Dieses Bild, das so ein bisschen nach sommerlichem Gewitterhimmel aussieht...

[plugin imagelink link="http://i.imgur.com/hVjmLUL.jpg" imagesrc="http://i.imgur.com/hVjmLUL.jpg"]

...zeigt Melissas Blick auf eine der größten Hymnen seit Erfindung der Tonleiter: 

http://www.youtube.com/watch?v=yRhq-yO1KN8

Könnte schon hinhauen, oder? Übrigens, weil ihr gleich fragt: Etwa vier von hundert Menschen sind Synästheten. Aber ein Fun Fact zum Schluss, der Hoffnung macht: So eine Synästhesie muss man nicht von Geburt an haben. Man kann sie auch künstlich auslösen – mit Drogen.

(alle Bilder von Melissa McCracken via imgur.com)

jan-stremmel

"Die wollen, dass ihr zu denen nach Hause kommt!"

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Die Idee: Eine Initiative vermittelt Abendessen, bei denen Menschen, die in München leben, Migranten zu sich einladen sollen. Das Ergebnis: In den ersten Wochen melden sich viele potenzielle Gastgeber – aber keine Gäste. In anderen Städten ist das offenbar andersherum. Ist München also besonders gastfreundlich? Julia Broers, 34, Pädagogin in Elternzeit, hat die Abendesser-Connection gegründet. Anas Al Khayat, 32, aus Damaskus engagiert sich für das Projekt. Ein Gespräch über Willkommenskultur – und falschverstandene Witze gleich zur Begrüßung.
 
jetzt.de München: Viele Gastgeber, keine Gäste. Überrascht etwas, oder?
Anas: Wir dachten auch, dass sich viel zu viele Gäste anmelden und wir zu wenig Gastgeber haben. Aber es war genau andersherum!
Julia: Aktuell hätten wir 30 Gastgeber, die Migranten einladen wollen – aber nur fünf Gäste. Wir merken, dass Ausländer eine große Scheu haben, auf Deutsche zuzugehen. Gerade waren wir in einer Sprachschule, um unsere Idee in Deutschkursen vorzustellen und Anmeldezettel zu verteilen. Eine der Lehrerinnen sagte zu ihren Schülern mehrmals: Die machen das, weil sie das wollen! Die wollen, dass ihr zu denen nach Hause kommt!
Anas: Viele konnten nicht glauben, dass sie wirklich nichts bezahlen müssen. Manche können noch nicht so gut Deutsch und trauen sich deshalb nicht mitzumachen. Dabei sagen viele Gastgeber, dass ihnen das nicht wichtig ist, dass es ihnen egal ist, wenn es Verständigungsprobleme gibt, weil man ja einfach zusammen kochen kann.
 
Gerade erschien eine große Studie zum Thema Fremdenfeindlichkeit ...
Anas: ... und Bayern ist nach Sachsen-Anhalt das ausländerfeindlichste Bundesland!
Julia: Wir haben vor allem in der Sprachschule gemerkt, dass viele das Gefühl haben, nicht besonders willkommen zu sein. Der Großteil der Münchner ist allerdings aufgeschlossen, hier leben und arbeiten viele Ausländer, das prägt das Bewusstsein. Darum melden sich auch so viele Gastgeber. Bei unserem schwedischen Vorbildprojekt „Invitationsdepartementet“ haben die Macher es schwerer, weil die Schweden eher verschlossen sind. In Dresden gibt es auch so ein Projekt, da ist es ähnlich: viele Gäste, aber zu wenig Gastgeber.



"Aktuell hätten wir 30 Gastgeber, die Migranten einladen wollen - aber nur fünf Gäste": Julia Broers und Anas Al Khayat.

Warum melden sich gerade in München so viele Gastgeber?
Julia: In der Stadt sind Flüchtlinge und Aktionen für deren Unterstützung sehr präsent. Zu uns kommen viele, die online nach Möglichkeiten suchen, sich für die Flüchtlingshilfe zu engagieren. Sie wollen etwas Gutes tun. Das ist schön, kann aber auch seltsame Formen annehmen: Eine Frau wünschte sich einen Gast, der „ein hartes Schicksal erlitten hat“.
 
Wie bitte?
Julia: Ja, sie wollte so jemandem einen schönen Abend bereiten. Aber wir können in unserem Anmeldeformular doch keine Schicksale abfragen und am Ende noch „Schicksalsstufen“ vergeben, weil die Leute die Geschichte eines Wirtschaftsflüchtlings anders werten als wenn jemand jahrelang durch die Wüste geirrt ist. Ich bin in meinem Leben sehr oft umgezogen und weiß, wie schwer es ist, als Ausländer Zugang zu Einheimischen zu finden. Deshalb sage ich: Man tut immer etwas Gutes, wenn man jemanden zum Essen einlädt, der sonst vielleicht niemals von einem Einheimischen privat zum Essen eingeladen worden wäre.
 
Nach welchen Kriterien entscheidet ihr, welche Gastgeber und Gäste zusammenkommen?
Julia: Ganz wichtig: Wir sind kein Dating-Service! Wir vermitteln Frauen an Frauen, Männer an Männer, Familien an Familien oder Paare an Paare. Wir achten darauf, dass Gastgeber und Gäste möglichst aus demselben Stadtteil kommen und etwa gleich alt sind oder gleich alte Kinder haben. Der Gastgeber ist einheimisch, das heißt nicht, dass er Deutscher sein muss. Auch politische und religiöse Einstellungen sind egal. Er sollte sich aber hier zu Hause fühlen und möglichst fließend Deutsch sprechen.
  
Bisher habt ihr ein Abendessen vermittelt. Wie war’s?
Anas: Da gab es leider gleich zu Beginn ein Missverständnis. Die Gäste, eine Familie aus Kroatien, klingelten an der Tür und sagten: „Wir dachten, ihr kommt zu uns, wir haben ein großes Essen vorbereitet.“ Die Gastgeber haben den Witz nicht kapiert und das ernst genommen. Die haben sich dann den ganzen Abend über nicht richtig verstanden.

Daumen runter

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Was der Mensch mit Insekten gemein hat: Er wird immer ekliger, je näher man ihm kommt. Da sieht man dann plötzlich all die Unzulänglichkeiten, die man aus der Ferne nicht sieht: Härchen, Schüppchen, Äderchen, Pickelchen, und am schlimmsten eigentlich: Grint. Grint findet sich zum Beispiel gern unter Fingernägeln. Da ist er natürlich noch am harmlosesten, bedenkt man alle anderen grintpotenten Stellen des Körpers, aber appetitlich ist - unter Freunden der ansprechenden Foto-Ästhetik gesprochen - auch etwas anderes.

Nun ist es aber eine bereits viel diskutierte Begleiterscheinung des Internets, dass sich viel zu viele Menschen viel zu schnell und viel zu unreflektiert dazu bemüßigen lassen, viel zu viele Details ihres Lebens zu posten. Am liebsten in Foto-Form. Und sehr gern bringen sie dabei auch ihre eigenen Körperteile ins Spiel. Süß lackierte Füßchen. Braungebrannte Knie. Hübsch gewellte Haare. Blogger-Girls beherrschen die Kunst der katalogähnlichen Selbstinszenierung oft meisterhaft. Da aber nicht jeder ein süßes Bloggergirl sein kann, und der breiten Masse der Unterschied zwischen ansprechend und nicht ansprechend oft nicht recht geläufig ist, sieht man in den meisten Fällen Körperteile, die, nun ja, eher zweiteres sind. Nicht so ansprechend. Oft wird dann von einem Maxim Z. oder einem Ulf R. oder einem Alex W. mit der linken Hand ein cooles Plattencover, oder ein lustiger Starbucksbecher (wo mal wieder der Name falsch geschrieben wurde, haha!) oder ein Pizzakarton ins Bild gehalten (Titel: „Yummy, dinner!“).




TMI, Dude: Dieser Daumen gehört dem Twitterer mattyglesias.

Und dabei sieht man dann, zum Beispiel, den Daumen von Maxim Z., Ulf R. oder Alex W.. Der ist, weil, mein Gott, halt auch nur ein stinknormaler Daumen, sehr oft sehr krumm und dick und untersetzt und schief geschnitten auch noch und überhaupt nicht süß und gefeilt und gecremt und lackiert.

Gawker Autor Jordan Sargent fordert deshalb: Please stop sharing your thumbs on social media! Denn nicht nur, so schreibt er, sind Daumen meist ungepflegt und krumm, vor allem sind sie störend – man könnte die Pizzaverpackung der Pizza, die man der Netzgemeinde zu zeigen gedenkt, ja auch auf dem Boden ablegen oder auf dem Herd. Da hätten dann alle was von. Der Daumenbesitzer wäre keinem Daumenspott mehr ausgeliefert, der Pizzakarton dürfte wieder er selbst sein und müsste nicht von einem Daumen verdeckt werden und der Betrachter muss nicht den Rest des Tages daran denken, dass Ulf R. echt einen ganz schön, wie der Bayer sagt: schiachen Daumen mitbekommen hat von der Natur. Den er im Übrigen mal wieder schneiden und reinigen könnte.

In diesem Sinne: Passen wir wieder ein bisschen mehr auf unsere Körperteile auf. Denn auch wenn immer alle meckern, dass im Internet zuviel Alltagsschönfärberei betrieben wird – zuviel Grint ist auch nicht geil.

mercedes-lauenstein

Jungs, was geht eigentlich am Pissoir?

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Liebe Jungs,
 
im Freien fällt es ja besonders auf. Während wir in Hockstellung in die Büsche kriechen, macht ihr einfach die Hose auf und steht da so lässig rum, als wolltet ihr mal eben in die Ferne gucken. Und weil ihr dazu in der Lage seid, immer und überall zu pinkeln, weil ihr Eure Blase so platzsparend unkompliziert in der Vertikalen entleeren könnt, wurden für Euch auch drinnen entsprechend platzsparende Vorrichtungen gebaut. Pissoirs oder schlimmer noch – Pinkelrinnen. Wie eine Horde Bergkühe steht ihr dann nebeneinander am Trog und bemüht euch, so auszusehen, als würdet ihr lässig in die Ferne schauen.




 
Und das geht mir nicht so richtig in den Kopf. Fliegt also mal die Klotür auf und ich erwische mit dem Stoß Ammoniak einen Blick auf aufgereihte Männer, frage ich mich jedes Mal: Seid ihr wirklich so lässig, wie ihr da tut? Ist es euch wirklich egal, neben und vor jedem Fremden loszupinkeln, der zufällig gerade auch muss? Oder kommt da vielleicht manchmal auch nur Getröpfel, als ein PFFFSCHT, wenn irgendeiner oder schlimmer noch – der neue Freund der Ex daneben steht und Euch von der Seite anhaut?
 
Das passiert nämlich, so höre ich, relativ oft: dass ihr redet beim Pinkeln. Redet! Ja, wir reden auch beim Pinkeln, aber eben von Kabine zu Kabine, mit Menschen, die wir ganz gut kennen, nicht mit Fremden, deren Genitalien grade freiliegen. Also, erklärt uns mal: Ist das nicht eigentlich total absurd, was ihr da so über dem Urinstein zusammenratscht? Könnt ihr Euch beim Pinkeln überhaupt konzentrieren, wenn der Blick doch mal nach unten wandert? Und wenn ein besonders unangenehmer Zeitgenosse Euch laut in den Strahl quatscht, wünscht ihr Euch das nicht doch mal insgeheim: so eine Kabine, ganz für Euch allein?

>>>Die Jungsantwort von michel-winde.<<<
[seitenumbruch]
Liebe Mädchen,

gut, dass ihr fragt. Denn ihr habt offenbar wirklich keinen Plan.





Der Denkfehler liegt am Ende, vorletzter Satz: „Könnt ihr euch beim Pinkeln überhaupt konzentrieren, wenn der Blick doch mal nach unten wandert.“ Casus Knaxus: konzentrieren. Denn ums Konzentrieren geht es eben nicht, wenn wir, wie du sagst, die Hose öffnen und lässig dastehen, als sähen wir in die Ferne. Wer sich konzentriert, bei dem geht nichts. Und wer sich noch mehr konzentriert, bei dem geht exponentiell weniger. Es gilt: Locker machen! Der Pinkler von Welt muss das lässige Pinkeln als Selbstverständlichkeit begreifen. Kein Grund, darüber nachzudenken. Hose auf, Schwanz raus, weltmännisches In-die-Ferne-schauen. Die Kippe im Mundwinkel darfst du dir denken.

Zwei Faktoren sind entscheidend: die eigene Stimmung und der Pissrinnen-Nachbar.

Denn es ist uns – du sagst es – natürlich nicht egal, wer da gerade neben uns steht, sein Genital freilegt und uns in den Strahl quatsch. Stichwort Proxemik – also die Sache mit Nähe und Distanz, die Nadja im aktuellen jetzt-Magazin am Beispiel Aufzug erklärt hat. Ich zitiere: „Die ‚persönliche Distanz‘, zum Beispiel in einem Gespräch, liegt bei 45 bis 120 Zentimetern, die ‚Intimdistanz‘ bei unter 45 Zentimetern. Im Aufzug können beide leicht unterschritten werden.“ Und was im Aufzug Beklemmung erzeugt, ist auf öffentlichen Toiletten nicht anders. Erschwerend hinzu kommt, dass wir – im ohnehin unübersichtlichen Spielfeld persönlicher Distanz – auch noch den eigenen Penis in der Hand halten.
 
Deshalb macht es einen gravierenden Unterschied, ob da gerade der Chef, Ex’s neuer Stecher oder Best-Buddy 45 bis 120 Zentimeter neben uns steht und sich erleichtert. Dem Chef schenken wir ein freundliches Nicken. Mit dem neuem Stecher versuchen wir – hier wird das Pinkeln Pose – ein Gespräch zu führen. Den Buddy heißen wir mit Pinkel-Fanfaren in der Zone des Persönlichen willkommen und reden drauf los. Immer gilt: Denken wir zu viel (Pose!), müssen wir uns konzentrieren (siehe oben). Dann schauen wir verlegen an die Wand und warten. Und warten. Der fortgeschritten-souveräne Pinkler weiß die Situation zu entschärfen und sagt’s frei heraus: „Ich kann gerade nicht.“ Das garantiert einen erleichternden Lacher, weil jeder das Problem kennt - kommt im Club aber vermutlich besser als im Büro.

Was nun die Inhalte der Gespräche betrifft, da möchte ich erneut den Fahrstuhl bemühen (danke, Nadja): „Das grundsätzliche Temperament der Leute zeigt sich im Fahrstuhl ganz klar. Wer ruhig ist, zieht sich zurück. Wer extrovertiert ist, dreht auf.“ Sagt Fahrstuhl-Experte Andreas Bernard. Was für den Fahrstuhl gilt, gilt auch fürs Männer-Klo. Klassen-Clown bleibt Klassen-Clown, auch an der Pissrinne.

Grundsätzlich gilt zudem: Die Stimmung macht’s. Wer nach acht Halben ans Pissoir wankt, dessen Zunge und Blase sitzen lockerer als die des Azubis mit dem Chef im Rücken. Büro (Hierarchie) oder Club (Alkohol), Fußballstadion (Gleichgesinnte) oder Festival (sowieso alles egal) – das spielt eine Rolle. Wirklich Wichtiges wird aber quasi nie erörtert.

Eins noch: So, wie in diesem Video des britischen Comedians Lee Mack ist es selbst mit dem Best-Buddy nicht.

http://www.youtube.com/watch?v=qJmgLqQ-uog

Und wem das alles nicht gefällt, der hat ja tatsächlich die Möglichkeit, sich in einer Kabine einzuschließen. Still, allein – und ohne jemanden, der einem in den Strahl quatscht.

Faustdick analysiert

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Was die Faust dem Händedruck, der Umarmung oder dem simplen ‚Hi!’ voraus hat, ist seine perfekt dosierte Lässigkeit. Nicht zu nah (Umarmung), nicht zu steif (Händedruck), nicht zu lapidar („Hi!“). Die Faust ist wortlos und sagt doch ziemlich viel auf einmal. Zum Beispiel„Hey Dude, komm her, wir wissen doch beide, dass wir uns verstehen!“ oder „Immer cool bleiben!“ oder „Geiler Typ!“ oder „Kopf hoch, immer weitermachen!“. Beziehungsweise, gar kein ‚oder’, sondern ‚und’. Die Faust ist die gestifizierte Anerkennung, das blinde Verstehen, die gedankenübertragende Ermutigung.

Kein Wunder, dass die Faust vom ultimativ afro-amerikanischen Ghetto-Symbol zum Präsidenteninstrument geworden ist: Jeder liebt sie. Weil man sie lieben muss.

Die Journalisten und Regisseure Julian Nodolwsky und Joachim Barbier haben der Faust jetzt eine ganze Doku namens „Shake it out“ gewidmet. Genau das richtige für ein Wochenende, an dem der Regen gegen die Fenster klatscht. Auf dass man den Faustcheck im Herzen behält, ganz egal, was kommen mag.

https://www.youtube.com/watch?v=WKWPBpdXig8#t=320

mercedes-lauenstein
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