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Kommen&Gehen: Gregory Alan Isakov

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Woher kommst du?
Aus Boulder, Colorado. Ich betreibe dort eine kleine Farm: vier Morgen Land, fünf Schafe, 15 Hühner, Bienen und viele Menschen. Und sehr viele Bands, die vorbeischauen.

Was willst du hier?
Das weiß ich noch nicht genau. Wir sind zum ersten Mal in München.




Gregory Alan Iskaov spielt am Dienstag, 4. November, im Münchner Ampere.

Was bringst du uns mit?
Einen riesigen Geschenkkorb, voll genug für alle Münchner. Leider, leider hat der Zoll ihn beschlagnahmt, und so bleiben mir nur ein paar Songs, die ich zusammen mit meinem lieben Freund Steve Varney zu Hause geschrieben habe.

Welchen Münchner oder welche Münchnerin würdest du gerne kennenlernen?
Da bin ich völlig auf euren Rat angewiesen.

München bei Nacht – wo geht’s hin?
Selbes Problem! Mann, ich muss mich dringend besser über München informieren.

Wann gehst du wieder?
Schon am Tag nach dem Konzert – was mir ehrlich leid tut!

Was müsste München tun, um dich zum Bleiben zu bewegen?
Mit dem Bleiben wird es wohl erst mal nichts. Aber: Ich komme wieder. Und: Je mehr Münchner zum Konzert kommen, desto schneller komme ich wieder!

Was soll dir mal nachgesagt werden?
Ich hoffe sehr, dass ihr in unserer Musik ein paar Funken Inspiration findet, die eure eigene Arbeit bereichern. Das wäre die größte Ehre.

Schlimmste Erschreckszenen ever!

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Ich hasse, ja wirklich hasse es, erschreckt zu werden. Auch oder vielleicht sogar vor allem, wenn ich weiß, dass ich gleich erschreckt werde. Wenn ich früher mit meinen großen Schwestern Verstecken gespielt habe und es klar war, dass sie gleich hinter irgendeinem Möbel hervorspringen und „Buh!“ machen, war ich schon vorher wütend. Das passiert mir nämlich, wenn man mich erschrickt. Ich werde echt sauer.

Darum bin ich auch bis heute sauer auf David Lynch. Diese eine Szene hinter dem Diner in „Mulholland Drive“, die werde ich nie vergessen und ihm für immer übelnehmen. Ich bin nie, nie wieder so sehr erschrocken. Ich kann mir das heute noch nicht angucken, ohne, dass mir ganz anders wird. Ich habe sogar schon versucht, den schlimmen Moment einfach zehn Mal hintereinander anzuschauen, aber es wird nicht besser. Hier, viel Spaß (und ja, es dauert, bis es soweit ist, das macht es noch schlimmer – etwa bis 4:40):

http://www.youtube.com/watch?v=UozhOo0Dt4o

Ich habe eine kleine Umfrage in der Redaktion gemacht, welche Filmszenen den anderen am meisten Angst gemacht und sie am meisten erschrocken haben. Kathi nominiert das Ende von „Blair Witch Project“:

http://www.youtube.com/watch?v=cmYsRcLMvO8

Charlotte hat Angst vor Samara in "The Ring 2" (und hat das kletternde Gruselkind gestern im Tagesblog nachgestellt):

http://www.youtube.com/watch?v=rroMPRc4flw

Gregor fürchtet sich bei diesen Minuten von "2001: A Space Odyssey":

http://www.youtube.com/watch?v=GLZdnR7Nkus

Und außerdem bei sämtlichen dieser Spiegel-Szenen:

http://www.youtube.com/watch?v=I_Off2PXy-M

Wah!

Und weil ja heute Halloween ist, machen wir weiter mit der Sammlung. Welche Filmszene hat dir am meisten Angst gemacht und dich schrecklich sehr erschrecken lassen? Beschreib sie – oder noch besser: Poste ein Video davon in die Kommentare, wenn es eins gibt!

Tagesblog - 31. Oktober 2014

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16:00 Uhr Der Tagesblog sagt Tschüss, steigt in sein Cabrio und fährt nach Hause. Arrivederci!





15:55 Uhr
Dass das mit dem "Männer sind wie Wein, je älter desto besser" nur eine romantische Selbstberuhigungslegende ist, wissen wir. Kann man jeden Tag in der S-Bahn oder an der Leberwursttheke beobachten. Also, ham die Jungs deshalb Angst vor der Midlife-Crisis? Zeit nachzufragen.




Schlonzig, lüstern, abgerockt - Midlife-Crisis!

15:25 Uhr
Übrigens bin ich sehr traurig, dass man die Inhalte des Stil leben-Magazins des SZ-Magazins online nicht finden kann. Da gab es nämlich neulich ein tolles Interview mit dem Regisseur Terry Gilliam. Und darin sagt er so herrlich kotzige Sachen wie:





15:24 Uhr
Ich glaub, ich bin Adorno.





14:04 Uhr
Yes, es ist soweit. Der neue Nolan-Film "Interstellar" läuft demnächst an. Mit Matthew McConaughey. Puh, der ist ja auch so ein Amore-Kandidat.

Und weil Physik-Checker Kip Thorne mitgearbeitet hat an dem Film, fragt sich Wissenschaftsautor Patrick Illinger, was an dem Szenario dran sein könnte.

Aber hier erstmal der Trailer.

http://www.youtube.com/watch?v=3WzHXI5HizQ

13:54 Uhr
Kennen und hören ja eh schon alle rauf und runter, aber wenn es durch diesen Post nur einer neu entdeckt, ist ja schon viel Gutes getan: Das hier ist ein echt tolles Lied. Und ich will mit dem Sänger Amore machen. Auf Österreichisch. Gut, dass ich bald wieder in Wien bin.

http://www.youtube.com/watch?v=xREl_68O-mw

13:38 Uhr
Wenn das wirklich echte Passanten, sind die da reden und nicht auch nur Schauspieler, wie die beiden Hauptdarsteller, dann ist meine Seele jetzt nicht mehr so schwarz wie am Anfang des Tages. Sondern hell erleuchtet.

http://www.youtube.com/watch?v=p9rFprD_Qf4#t=89

13:24 Uhr
Ich war zu lange nicht in Köln, denke ich, wenn ich all die schönen Stadt-Tipps von Kölnern und Kölnerinnen lese. Danke an frzzzl und xmementox für die Unterstützung.

12:22 Uhr
Und bei der taz waren heute mal wieder Headline-Profis am Start.





12:19 Uhr
Wenn ich das Wort "Bass" höre, taucht vor meinem inneren Auge der Sommer von 2000 auf und ich höre nur noch:

http://www.youtube.com/watch?v=6LHe9m9VtXI

12:14 Uhr
Willst du auch vom Bass überrollt werden? Wir haben noch Karten zu verschenken.

11:53 Uhr
Genauso wirr verkabelt wie die Kabel auf dem Kabelbild da unten, sind die Bande zwischen Bass-Freaks. Weil am 7. und 8. November in München das BassArt-Festival mit rund 400 Künstlern stattfindet, haben wir durch eine Facebook-Challenge versucht rauszufinden, wie diese einzelnen Musiker eigentlich zusammenhängen und was in München ihrer Meinung nach bassmäßig so geht.

Hat, äh, total gut funktioniert. Ist aber trotzdem charmant geworden, man will ja glatt selbst mal vom Bass durchgenommen werden. Ich zitiere, ... wie heißt der gute Mann? Ach, DJ Grizu natürlich:
 
"Der Bass ist genau richtig, wenn die Subs über den Dancefloor durch die Sneaker die Fußsohlen massieren, die Kick schön in die Magengegend drückt und einem vor den Bassrutschen die Luft weg bleibt."





11:25 Uhr
Und drei Minuten später so:





Und dann alles nochmal von vorn: ....

...11:24 Uhr
Wenn ich schreibe, sieht das so aus:





11:16 Uhr
Habe mich gerade eine halbe Stunde lang in diesem großen, großen Text aufgehalten. Der russische Schriftsteller Vladimir Sorokin schreibt über den Überfluss an Romanen in der Welt und das spritzende Blut und die kratzenden Wunden im Arbeitszimmer des wahren Romanciers.

10:35 Uhr
Nochmal guter Tweet zu den ÖR (und der Bundesland-Sortierungsfrage):





10:33 Uhr
HAHA! Das find ich gut: Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk als Halloweenkostüm. Grad auf Twitter gesehen.





10:09 Uhr
Ich bin ja nicht auf Facebook, und wenn ich dann an meinen beiden Redaktionstagen hier im SZ-Haus bin, muss ich über den jetzt.de-Account reingehen (um unsere Artikel zu posten). Und dann kriege ich auf einen Schlag das ganze soziale Grauen ab, von dem ich sonst die restliche Woche lang verschont bleibe. Heute zum Beispiel springt mich das hier an:






09:37 Uhr
Wer mal wissen will, wieso im Journalismus und mit dem Internet und wegen Klicks und so alles so zum Kotzen ist, der lese diesen traurig-wahren Text von Alf Frommer - in diesen Kreisen auch bekannt als good old siegstyle.

Auch dafür gibt es den passenden Song von Ozzy.

http://www.youtube.com/watch?v=o0W91FrTlYk

09:23 Uhr
Und jetzt das hier auf ganz laut. (OH MANN, ich liebe Black Sabbath! Hab ich schon mal diese tolle Kritik empfohlen?)

http://www.youtube.com/watch?v=0lVdMbUx1_k

09:08 Uhr
Hallo Freunde, was geht?  Zum Aufwachen hier schon mal ein kleiner Angsthormon-Kickstarter. Irgendwo muss das Adrenalin ja herkommen. Wer, wie mein dunkles Herz, mehr davon braucht, einfach hier lang.

http://www.youtube.com/watch?v=c5WC0TW_0qc





Sorry, Überfall

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Der Bankräuber bewegte sich geschmeidig wie ein Tänzer und war ausgesprochen höflich. Mit einer Zorro-Maske über dem Gesicht und einer Pistole in der Hand huschte er in den Schalterraum, reichte eine Plastiktüte über den Tresen und sagte mit fester Stimme: „Das ist ein Überfall!“ Bevor er den Raum mit seiner Beute wieder verließ, nahm er stets ein Geldbündel und warf es den verdutzten Kassierern hin: Trinkgeld für die Angestellten, wie im Kasino. Wenn der mysteriöse Bankräuber wieder mal eine Filiale überfallen hatte, titelten Express und Bild: „Zorro hat wieder zugeschlagen.“

„Zorro“ beraubte von 1985 bis 1995 insgesamt 13 Banken in Deutschland, die meisten davon mehrmals. Er benutzte immer eine Schreckschusspistole, wendete nie körperliche Gewalt an, und er spendete nach seinen Taten einen Teil der Beute an wohltätige Organisationen. Der Mann wurde nie geschnappt, er ging nur ins Netz der Fahnder, weil ihn ein Mitwisser denunzierte, um sich wegen einer Frauengeschichte zu rächen. Im Dezember 1995, wenige Tage nach einem Überfall, wurde er in Portugal verhaftet und nach mehreren Indizienprozessen zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt.





Der Mann, der Zorro war, sitzt nun in einem Café in Köln, ohne Maske. Laux hat ein Buch über seine Bankräuber-Zeit geschrieben („Hinter blauen Augen: Bekenntnisse eines aufrechten Bankräubers“, Heyne), seine Story ist eine Mischung aus Gesellschaftskritik, Spannung, Liebesgeschichte, und Slapstickszenen sind auch dabei. Ein freundlicher Verbrecher („Sorry, Banküberfall!“), der einem Opa während des Überfalls beim Ausfüllen eines Überweisungsformulars hilft; ein Bankräuber, dessen Bruder ein hoher Bankmanager ist; eine Verfolgungsjagd mit zwei Fahrrädern; ein Outlaw mit romantischer Ader, der aus gutem Hause stammt und Bertolt Brecht zitiert: „Was ist ein Bankraub gegen die Gründung einer Bank?“ Alles davon sei wahr, nur einige Namen und Orte habe er für das Buch geändert, sagt Laux. Er dämpft seine Stimme, als wolle er vermeiden, dass die beiden älteren Damen am Nachbartisch sich bei den Stichworten „Überfall“ und „Pistole“ unnötig erschrecken.

Laux ist ein höflicher, gebildeter Mensch, der Fernando Pessoa liest und im Knast seinen Mithäftlingen half, Liebesbriefe zu formulieren. Er ist jetzt knapp 60 Jahre alt, man könnte ihn von Weitem mit einem Ultralangzeit-Studenten verwechseln. Laux trägt einen Norwegerpulli und Jeans, seine gewellten, blonden Haare sind im Nacken zu einem Zopf gebunden. Die hellen blauen Augen leuchten, besonders, wenn er auf Frauen zu sprechen kommt. Und er hat viele Frauengeschichten zu erzählen.

Frauen zuliebe begann er seine kriminelle Karriere, und wegen einer Frau beendete er sie. Reiner Laux lebte Mitte der Achtziger in Gießen in einer Wohngemeinschaft mit fünf Mädchen. Es war keine Sex-Kommune, wie er betont, sondern einfach eine WG mit einer für ihn angenehmen Besetzung. Eines der Mädchen schleppte einen persischen Mann an, in den es sich verliebt hatte, und ließ ihn in die WG einziehen. Der Mann zahlte keinen Pfennig Miete und ignorierte erfolgreich, dass die Dauertelefonate in seine Heimat sehr teuer waren. Die WG-Bewohner wollten sich zunächst nicht ausländerfeindlich zeigen, fragten nach elf Monaten aber doch mal vorsichtig nach – woraufhin der Mann spurlos verschwand. Er hinterließ Telefon- und Mietschulden von knapp 7000 Mark. Keiner in der WG hatte so viel Geld. Jemand sagte im Spaß: „Lass uns doch eine Bank überfallen.“

Und das tat Reiner Laux dann. Der erste Überfall war schlecht bis gar nicht geplant. Dennoch funktionierte alles, Laux sagt: „Ich war überrascht, wie einfach das ging.“ Er fuhr mit dem Zug nach Frankfurt, stülpte einen schwarzen Motorradhelm über den Kopf, ging in eine Bankfiliale und forderte Geld. Die Waffe, die er dabei hatte, war nicht geladen. Finanziell war der Überfall eine Erlösung, die Schulden bezahlt, die WG konnte bleiben. Doch in dem Moment, als sich Laux maskierte, passierte etwas: „Es war ein Tabubruch, eine endgültige Entgrenzung von der bürgerlichen Existenz.“ Er raubte den Banken in den folgenden Jahren Hunderttausende Euro und interpretierte die Überfälle für sich als politische Taten. Laux nahm gerne die Rolle des antikapitalistischen Desperados ein: „Mein Grundgefühl war immer: Zorn und Hilflosigkeit.“ Doch natürlich bleibt ein Überfall ein Überfall, auch wenn man ihn als Protest gegen die Gesellschaft verklärt.

Aber ursprünglich habe Laux nicht die übelsten Motive verfolgt, schreibt Günter Wallraff im Nachwort zum Buch. Wallraff erscheinen die Gründe für den Bankraub „nicht schamloser als die Gründe der gestrigen und heutigen Ackermänner dieser Welt, die Menschen wegen der Raffgier um Haus und Hof bringen“. Laux lernte Wallraff kennen, als dieser die JVA Köln besuchte, um mit Häftlingen Tischtennis zu spielen. Seitdem sind sie befreundet. Heute gibt Laux zu, dass er vieles romantisiert habe. Aber in der Logik seiner Geschichte klingt es nachvollziehbar, wenn er sagt: „Mein Ziel war, ein smarter Cavalheiro des Bankraubs zu werden.“ Um niemanden verletzen oder gar töten zu können, verwendete Reiner Laux immer eine Schreckschusspistole. Zeugen berichteten während der Prozesse gegen ihn, er sei immer höflich geblieben. Einmal führte er eine aufgeregte ältere Dame zu einer Sitzbank, ein anderes Mal bat er die Anwesenden freundlich, die Hände runterzunehmen, die diese unaufgefordert in die Höhe gestreckt hatten. Dass er Bankangestellte und Kunden mit seinen Auftritten möglicherweise trotzdem für immer traumatisierte, habe er lange Zeit ausgeblendet, sagt Laux.

Wenn er nicht gerade in Deutschland war, um einen Überfall vorzubereiten, lebte Laux in Lissabon, wo er bald zur Bohème gehörte. Die Zeiten zwischen den Taten verbrachte er wie einen Dauerurlaub, teilweise auch im Dauerrausch – ein großer Teil des Geldes ging für Sex, Drugs und Rock’n’Roll drauf. Seine Legende ging so: Er habe es als Antiquitätenhändler zu Geld gebracht und müsse ab und zu verreisen, um Geschäfte zu erledigen. Sein Bruder besuchte ihn in Portugal mal, merkte aber nichts von dessen Doppelleben. Später im Gefängnis kam der ältere Bruder ein einziges Mal zu Besuch, um ihm lediglich mitzuteilen, dass er keinerlei Unterstützung von seiner Familie erwarten solle. Sein Vater, ein Offizier beim Bundesgrenzschutz, sprach bis zu seinem Tod nie wieder mit ihm.

Seine Rückkehr in die Gesellschaft nach der Entlassung war nicht leicht, wie wohl bei fast jedem Straftäter, doch bei Laux war es doppelt schwierig, er hatte ja auch vor seiner Bankräuber-Laufbahn bereits alles dafür getan, außerhalb der Gesellschaft zu stehen. Er war nie versichert gewesen, zahlte keine Steuern, hatte kein Bankkonto. Während der Bankräuber-Jahre lebte er in einfachen Pensionen, besaß nie ein Auto oder eine Wohnung. Nach seiner Haft arbeitete er auf dem Bau, als Nachhilfelehrer oder bei Wohnungsrenovierungen.

Nun hat er einen Job beim Dachverband der kritischen Aktionäre in Aussicht, bei dieser Organisation will er sich ernsthaft mit seinem Lebensthema beschäftigen, der Bekämpfung der Bankenindustrie. Diesmal legal. Die Zeit der Banküberfälle sei seit 1995 vorbei, beteuert Reiner Laux. Während seiner Zeit im Gefängnis habe er Kontakt zu Mafia-Größen, Wirtschaftskriminellen und Cyber-Bankräubern gehabt, die ihn respektierten und eine geschäftliche Zusammenarbeit mit ihm anstrebten. Doch das kam für ihn nicht infrage. Die moderne Variante des Bankraubs per Computer interessiert ihn sowieso nicht.

„Völlig öde. Da könnte ich ja gleich Banker werden, da geht es ja nur darum, am Schreibtisch zu sitzen und virtuelle Geldströme umzulenken.“ Zorro würde ja auch nicht mit einem Laserschwert auftreten.

Stimmen des Bass

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Was hier zu sehen ist, ist nur ein kleiner Ausschnitt. Aber einer, der ziemlich viel zeigt. Wir haben ein paar der 400 Künstler, die beim Bassart-Festival auftreten, einen Fragebogen geschickt. Mit der Bitte, ihn auf Facebook jeweils an zwei weitere Bassart-Künstler weiterzuleiten und ihnen eine Zusatzfrage zu stellen. Wir haben das nicht aus Faulheit getan, sondern weil diese Fragebogen-Kette den Charakter des Festivals widerspiegelt.

Das Bassart ist eine Non-Profit-Veranstaltung und ein Sammelpunkt für zum Teil sehr unterschiedliche Menschen, die alle einen kleinsten gemeinsamen Nenner haben: den Bass als Träger einer Lebenseinstellung. Musik- und Stilrichtungen sind egal, von Techno bis Hip-Hop, von Liveband bis Videokunst ist alles vertreten. Es geht um die Überwindung von Genregrenzen und um gegenseitige Inspiration.

Wir wollten beides schon im Vorfeld des Festivals (7. und 8. November, Postgaragen) ankurbeln und sehen, wie sich unsere Fragen ihren Weg durch die Münchner Basslandschaft bahnen. Und tatsächlich: Wenn man sieht, wie man über ein paar Pfeile vom Techno-DJ SKHN bei Blumentopf-DJ Sepalot landet, versteht man ein bisschen besser, was den Geist des Festivals ausmacht. Und den Münchens.

Hier die Antworten auf die Fragen, Stand Freitag früh. Auf Facebook werden die Fragen noch bist zum Festival (und vielleicht ja sogar darüber hinaus) weitergegeben. Klick dich durch die Nominierungen (oder hier direkt zu den einzelnen Künstlern: RAS, Casco, Top Shotta, Echt Optimal, La LoakaiiJoolzDJ DemintDanny Scrilla, Sepalot, DJ Explizit, Zebster, Grizu, Stereo Tam Tam, Cyklos, Katharina Lehmann, Jan Häusler, Andrea Peipe, Akere, Julian Brand, Mark Wehlke, PerQuist, Ewald Wiltraud)

SKHN






Der Bass ist genau richtig, wenn . . . 
. . . der Rest dazu passt.  
Wenn München eine Bassline wäre, . . . 
. . . wär’s ein Sägezahn.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?
Hahaha, meinen eigenen auf Soundcloud. Irgendwie müssen die Plays ja reinkommen.  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Ich hau mal direkt den Moss Boritz a.k.a. RAS an, weil er Sound-Bro Nr. 1 ist, und Casco, weil ich seine Mixes immer wieder feiere.  
Deine Frage an die beiden:
Die bei euch am meisten gespielte Nummer ist (Geheimwaffen dürfen verschwiegen werden)? 

Hier gehts weiter zu RAS.
Hier gehts weiter zu Casco.

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RAS


Der Bass ist genau richtig, wenn . . .  
. . . man sich nicht mehr unterhalten kann.  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .  
. . . wäre sie verdammt leise, obwohl’s ne riesen PA hat.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Ninjaman: „Ninja mi Ninja“. Find’ ich gut.  
Die bei dir am meisten gespielte Nummer ist?  
Mala: „Lean Forward“  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Top Shotta und Echt Optimal  
Deine Frage an die beiden:
Zu welchem Lied habt ihr zuletzt geweint?

Hier geht's weiter zu Top Shotta.
Hier geht's weiter zuEcht Optimal.

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Casco



Der Bass ist genau richtig, wenn . . .  
. . . der Drink keine zwei Sekunden im Glas überlebt!  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .  
. . . würde ich die Stadt nie wieder verlassen.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Mefjus: „Suicide Bassline“. Der Name ist Programm.  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Den Cowboy La Loakaii Breakbeat-Action, weil er seine Platten schneller zieht als sein Schatten, und Albert Einschwein a.k.a. Joolz, weil sie die Technoqueen is’.  
Deine Frage an die beiden:
Welcher Typ von Schlagerstar trifft am ehesten auf euch zu?

Hier geht's weiter zu La Loakaii
Hier geht's weiter zu Joolz
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Top Shotta



Der Bass ist genau richtig, wenn . . .  
. . . es schranzt!  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .  
. . . dann wie die in Kalims „Nein, leider niemals“.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Unknown: „Stank Hoe“. Große Nummer!  
Zu welchem Lied hast du als letzes geweint?  
George Michael: „I’m Never Gonna Dance Again“  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
DJ Demint, weil ich weiß, dass er so etwas gerne ausfüllt, und Danny Scrilla, weil er Fanpost nie beantwortet.  
Deine Frage an die beiden:
Was war eure erste Eurodance-Platte?

Hier geht's weiter zu DJ Demint
Hier geht's weiter zu Danny Scrilla.
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Echt Optimal



Der Bass ist genau richtig, wenn . . .  
. . . die Türe im Backstage im Takt einer AK-47 scheppert.  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .  
. . . dann eher Puls als Sägezahn.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Eben im Laden, weil es lief: Umherschweifende Produzenten, „Natur-Industrie“. Find’ ich richtig beschissen, um ehrlich zu sein.  
Zu welchem Lied hast du zuletzt geweint?  
Zum Endscore von „Titanic“, aus Freude darüber, dass der Film vorbei ist.  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Ich nominiere DJ Explizit, weil er die besten Restauranttipps fürs Westend hat, und Joolz, weil sie meistens genau die Platten kauft, die ich ihr aussuche.  
Deine Frage an die beiden:
Wann habt ihr das letzte Mal jemanden unsittlich berührt (körperlich/musikalisch)?


Hier geht's weiter zu DJ Explizit
Hier geht's weiter zu Joolz
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Joolz






Der Bass ist genau richtig, wenn . . .  

. . . du denkst, Miley krault grad’ die Wrecking Ballz!  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .  
. . . hätten wir die Vorwahl 808.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Souls of Mischief: „93 ’til Infinity“. Supergut zum verkatert Semmeln holen.  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Alioune, weil er mein Lieblings-Produktionsleiter ist, und Casimir, weil er das schönste Flyer-Face in town hat.  
Deine Frage an die beiden:
Welchen Track hört ihr immer heimlich zu Hause und/oder grölt laut mit und hofft, dass euch niemand dabei sieht?

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La Loaakai





Der Bass ist genau richtig, wenn . . .  
. . . am Anfang das B nicht fehlt.  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .  
. . . würde es sich vielleicht unterBASSing nennen und sicher aus (hellblauen) Squarelines bestehen.   Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
dBridge: „True Romance VIP“  
Welcher Typ von Schlagerstar trifft am ehesten auf dich zu?  
Michael Schanze (Insider-Witz)  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Grizu für alles, was der in und für Augsburg seit Jahren in Richtung Bassmucke macht, und Zebster, weil der (auch) rockt!  
Deine Frage an die beiden:
An welchem Tag, auf welchem Floor und zu welcher Uhrzeit kann man euch auf dem Bassart sehen?


Hier geht's weiter zu Grizu.
Hier geht's weiter zu Zebster.
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Danny Scrilla






Der Bass ist genau richtig, wenn . .  
. . . dir die Nasenhaare ausfallen.  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .  
. . . dann hat jemand den High-Pass-Filter angelassen.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Seahorse: „The Wall“. Fieses Ding!  
Was war deine erste Eurodance-Platte?  
So etwas besitze ich leider nicht. Schande über mein Haupt!  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Tom2K und Mechatok a.k.a. Timur Tokdemir, weil mir Alliterationen gefallen.  
Deine Frage an die beiden:
Was hört ihr, wenn ihr mal absolut keine Lust auf Bass habt? 

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DJ Demint



Der Bass ist genau richtig, wenn...
du es fühlst.
http://www.myvideo.de/watch/8906936/Tank_Can_you_feel_the_bass_1997
Wenn München eine Bassline wäre, ...
dann irgendwas zwischen dem hier und dem hier.
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?
http://www.youtube.com/watch?v=1FS35SshVxQ
Top.
Die wohl am meisten gespielte Nummer ist?
http://www.youtube.com/watch?v=NfcLKZHppk4 Zurecht aber.
Welche zwei BASSart-Künstler möchtest du nominieren und warum?
Xilent& F.O.O.L Music. Haut rein Jungs.
Zusatzfrage von Top Shotta: Was war deine erste Eurodance 12" Schallplatte ?
Blümchen - Herz an Herz.

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DJ Explizit






Der Bass ist genau richtig, wenn . . .  
. . . ich es ums Verrecken nicht schaffe, meine Kippe im Club anzubekommen.  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .  
. . . hieße es Hauptstadt der Basswegung, ich wäre Basswart und würde euch alle zwingen eine Bassboxbinde am Arm zu tragen.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Run The Jewels: „All my Life“. Finde ihn dope as fuck. Was sonst?  
Wann hast du das letzte Mal jemanden unsittlich berührt (körperlich/musikalisch)?  
Dich, aber du kannst dich nicht mehr erinnern: #ghb.  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Ich nominiere Sepalot und Dusty, weil sie beide auf Facebook sind. Das Spiel muss ja irgendwie weitergehen.  
Deine Frage an die beiden:
„Was basst euch nicht?“

Hier geht's weiter zu Sepalot.
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Sepalot






Der Bass ist genau richtig, wenn . . .  
. . . ich im Club Schnappatmung bekomme.  
Wenn München eine Bassline wäre, . . . 
 . . . würde ich gerne wissen, wo der Lautstärkeregler ist.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Jan Böhmermann: „ISIS“. Leider zu wenig Bass, aber sonst Hammer.  
https://www.youtube.com/watch?v=sK17ZG5PTuY
Was basst dir nicht?  
Alles oberhalb von 100 Hertz.  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Cosby und Stereo Tam Tam  
Deine Frage an die beiden:
Was bassiert bei euch am 7./8. auf der Bühne?

Hier geht's zu Cosby.
Hier gehts zu Stereo Tam Tam.
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DJ Grizu


Der Bass ist genau richtig, wenn . . .  
. . . die Subs über den Dancefloor durch die Sneaker die Fußsohlen massieren, die Kick schön in die Magengegend drückt und einem vor den Bassrutschen die Luft weg bleibt.  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .  
. . . dann ein Oldschool-Wobble, der mal schnell, mal langsam Richtung Augsburg rollt und manchmal über etwas Acid-Gezwitscher stolpert.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Sorry, aber ich komme aus der Generation, in der man noch Sticker über die Labels seiner Platten geklebt hat, damit Deck-Sharks nicht sehen, welche Tracks man auflegt. Aber ich werde ihn beim Bassart auf jeden Fall spielen!  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Eigentlich La Loakaii, weil’s immer zu krass ist, wie schnell die Plattenstapel rechts und links von den Turntables immer höher werden, wenn der ein Set spielt. Aber der war ja mal wieder schneller, darum meinen Soundmate Hanuman Tribe, weil der diese Liebe zur Musik genauso hart und konsequent durchzieht wie ich. Außerdem den guten Danny Scrilla, weil der Boy seit mindestens fünf Jahren einer meiner liebsten Producer ist und immer wieder auf meinen Plattentellern landet.  
Deine Frage an die beiden:
What is a DJ if he can’t scratch? Wenn ich wirklich mal ’ne ernste Frage habe, dann hau ich euch einfach an. 

Hier geht's weiter zu Danny Scrilla.
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Zebster


Der Bass ist genau richtig, wenn . . .  
. . . der Seismograf zu tanzen anfängt.  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .  
. . . wär’s ein richtig fetter, darker Reece.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Om Unit & Sam Binga: „Triffidz“. Minimal und schiebt trotzdem so irre.  
Welches ist dein liebstes Lied aus der Kindheit?  
Oh, da gibt’s so viele! Da bei uns aber viel Jazz gelaufen ist, mal eines der definitiv ersten: Benny Goodman, „Sing Sing Sing“.  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Na, da nehmen wir doch Cyklos und den werten Techno-Senkrechtstarter Dan Grassler.  
Deine Frage an die beiden:
Was ist das heißeste Label zur Zeit?

Hier geht's weiter zu Cyklos.
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 Proximal






Der Bass ist genau richtig, wenn . . .  
 . . er fröhlich Ringel-Ringel-Reihe mit meiner Magengrube tanzt.  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .  
Wie? Ist es nicht?!?  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Fat Truckers: „Superbike“. Super fat, let’s ride the superbike, brumm brumm!  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Zum einen Zebster, für mich der musikalische Grenzwandler zwischen Tech’n’Bass, und zum anderen Top Shotta – the next Generation!  
Deine Frage an die beiden:
Welches ist euer liebstes Lied aus der Kindheit?


Hier geht's weiter zu Zebster.
Hier geht's weiter zu Top Shotta.
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Cyclos


Der Bass ist genau richtig, wenn . . .
 . . . der Drink keine zwei Sekunden im Glas überlebt!  
Wenn München eine Bassline wäre, . . .
  . . . würde ich die Stadt nie wieder verlassen.  
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?  
Mefjus: „Suicide Bassline“. Der Name ist Programm.  
Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?  
Den Cowboy La Loakaii Breakbeat-Action, weil er seine Platten schneller zieht als sein Schatten, und Albert Einschwein a.k.a. Joolz, weil sie die Technoqueen is’.  
Deine Frage an die beiden:
Welcher Typ von Schlagerstar trifft am ehesten auf euch zu?

Hier geht's weiter zu La Loakaii.
Hier geht's weiter zu Joolz.
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Ewald Wiltraut


Der Bass ist genau richtig, ...
... wenn die Ohren unter dem Kopfhörer flattern.
Wenn München eine Bassline wäre, ...
... klänge sie wie eine mit dem Synthie verfremdete Tuba.
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?
Caribou "Found Out – DJ Koze Remix". Auf Motivsuche schwirrte mir der Kopf vom Betrachten abertausender Fotos, während im Kopfhörer über einem perkussiven Bass allerhand Sounds schwirrten. Trotzdem relaxt.
Welche zwei BASSart-Künstler möchtest du nominieren und warum?
Katharina Lehmann, da ich ihre Faden-Kunst großartig finde und Jan Häusler weil ich mich riesig freue, das wir wieder beide an einem Festival mitwirken.
Meine Fragen an die beiden lauten: Katharina, wenn Dein Lieblingskunstwerk (welches?) ein Musiktrack wäre, wäre das welcher?P
Jan, wenn Dein Lieblingstrack (welcher) ein Kunstwerk wäre, wäre das welches?

Hier geht's weiter zu Katharina Lehmann.
Hier geht's weiter zu Jan Häusler.
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Jan Häusler


Das Bass ist genau richtig, ...
... wenn er dich zugleich mächtig und sanft überrascht - wie das Grollen eines Sommergewitters.


Wenn München eine Bassline wäre, ...
... wäre Berlin die Kick, Hamburg die HiHat, Köln die Snare und der Rest die Melodie!


Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?
Raised by Swans - We were never young. Melancholisch, träumerisch, schön.


Wenn Dein Lieblingstrack ein Kunstwerk wäre, wäre das welches?"
Puhh das ist wieder eine dieser Fragen... Also, DEN Lieblingstrack gibt es einfach nicht und in der Kunst bin ich auch kein Experte. Daher würde ich die Gelegenheit nutzen ein bisschen Werbung für einen aufstrebenden jungen Künstler aus meinem Freundeskreis zum machen. Full support für Martin Gremse!


Welche zwei Bassart-Künstler möchtest du nominieren und warum?
Ganz klar You and Alex, weil die Welt einfach mehr über diesen Jungen wissen muss!
 Und Proximal. Weil ich hoffe, ihre Lichtspiele bei meinem Set erleben zu dürfen.
Deine Frage an die beiden:
Wenn es nur ein einziges Instrument geben könnte, welches müsste das sein und warum?


Hier geht's weiter zuProximal.
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Katharina Lehmann


Der Bass ist genau richtig, ...
... wenn der Körper von alleine tanzt.
Wenn München eine Bassline wäre, ...
... würde es ganz andere Fortbewegungsmittel geben.
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?
Suzannah - Where Is The Line, lief vor 5 Minuten auf byte.fm. Fand ich beruhigend.
Wenn Dein Lieblingskunstwerk (welches?) ein Musiktrack wäre, wäre das welcher?“
Diese Frage kann ich jeden Tag aufs Neue beantworten, weil es so viele grandiose Kunstwerke und Songs auf diesem Planeten gib. Heute ist das "Beautiful Ones" by Suede.
Welche zwei BASSart-Künstler möchtest du nominieren und warum?
Andrea Peipe, weil ich mich auf Andrea und ihre Fotokunst sehr freue und sie für eine tolle Fotografin halte!
Brigitte Pruchnow, weil ich Brigittes Unterwasser-Malereien faszinierend finde und mich auf ein persönliches Kennenlernen freue!
Meine Fragen an die beiden sind:
Andrea, welchen Song singst Du am häufigsten unter der Dusche?
Brigitte, was ist Dein aktueller Ohrwurm?



Hier geht's weiter zu Andrea Peipe.
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Andrea Peipe


Der Bass ist genau richtig, ...
... wenn er dich mitreisst und du nicht anders kannst, als vom Stuhl aufzuspringen.
Wenn München eine Bassline wäre, ...
... würden alle Busse und Trambahnen im Rhythmus der Stadt fahren.
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?
William Fitzsimmons - Centralia in meiner Spotify Starred List. Ich liebe den Sänger über alles und seine Musik besonders beim Bilder bearbeiten.
Welchen Song singst Du am häufigsten unter der Dusche?
Den Song "Hang me, oh hang me" von Dave van Ronk - seit der Film "Inside Llewyn Davis" im Kino war, ist das ein totaler Ohrwurm für mich!
Welche zwei BASSart-Künstler möchtest du nominieren und warum?
Katrin Klug, weil ich mich freue, sie endlich mal persönlich zu treffen, und weil ich ihre Kunst einzigartig schön finde!
Corinna Naumann, weil ich mich freue, nach der Artmuc wieder einmal mit ihr auszustellen und weil ich die tollen Farben in ihren wunderschönen Bildern liebe!
Deine Frage an die beiden ist:
Welches Song würdet ihr gerne mal künstlerisch umsetzen und warum?


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PerQuist


Der Bass ist genau richtig, wenn ...
... Racone ihn am Equalizer reguliert.
Wenn München eine Bassline wäre, ...
... dann wäre das BASSart Festival der Subwoofer.
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?
Eligh & Amp Live – Stop Running. Überdurchschnittlich großartig!
Welche zwei BASSart-Künstler möchtest du nominieren und warum?
Die DJ-Kollegen Förg & Lechner und das abstrakte Trip Hop Duo Akere, weil sie für mich die Abteilung Bass im Münchner Untergrund ziemlich gut repräsentieren.

Deine Frage an die beiden:
Was war die erste Vinyl, die ihr euch gekauft habt?


Hier geht's weiter zu Akere.

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Akere


Der Bass ist genau richtig wenn..
.
... er mit den anderen Frequenzen harmoniert.
Wenn München eine Bassline wäre...
... 
wäre sie sauber abgemischt und schön melancholisch

.
Welchen Song habt ihr zuletzt gehört und wie findet ihr ihn?
Mono/Poly - Needs Deodorant
https://www.youtube.com/watch?v=qyPIJN6PgHU
 Fanden wir ziemlich fett
Was war die erste Platte, die ihr gekauft habt?
Sarah: Kryptic Minds & Youngsta - Arkane

Hans: Massive Attack - Protection


Welche zwei BASSart-Künstler möchtet ihr nominieren und warum?
The Määään Nino el Dino und The Määän Sepalot...
Eure Frage an die beiden:
Wollt ihr weitere Frage?

Hier geht's weiter zu Sepalot.
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Mark Wehlke


Der Bass ist genau richtig, wenn ...
mir das Zucken meiner Magengrube ein Lächeln ins Gesicht zaubert!
Wenn München eine Bassline wäre, ...
Wäre sie ein subbass!
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?
Sam Paganini-Rave ! Rave is the new riot!
Welche zwei BASSart-Künstler möchtest du nominieren und warum?
Ich nominiere Julian Brand und Tassilo Pastoré weil sie zur neuen Garde hervorragender Techno Artists gehören!
Deine Frage an die beiden:
Warum ist für Euch beide der Bass so wichtig?

Hier geht's weiter zu Julian Brand.
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Julian Brand






Der Bass ist genau richtig, wenn ...
... er mir ein Lächeln ins Gesicht zaubert!
Wenn München eine Bassline wäre, ...
Wäre sie ein Sägezahn!
Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?
Mark Broom & Gary Beck - Red /// Grandioser Track, da kann man die Kraft regelrecht spüren, die darin steckt!
Warum ist mir der Bass so wichtig?

Weil im Bass sich der goldene Groove versteckt, der alles entscheidet.
Welche zwei BASSart-Künstler möchtest du nominieren und warum?
Ich nominiere Xilent und Patrick Bear!
Deine Frage an die beiden:
Hat die Musik euer Leben stark verändert?

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Stereo Tam Tam


Von Sepalot (Blumentopf) nominiert zu werden den Fragenkatalog von jetzt.de fürs BASSart Festival zu beantworten ist schonmal ganz groß aka Top 3 Karrierehighlight!

1. der Bass ist genau richtig, wenn ...
...die Augenlider mitbassern.
2. wenn München eine Bassline wäre, ...
...wär sie smooth und funky.
3. Welchen Song hast du zuletzt gehört und wie findest du ihn?
Wie auch schon Kollege Sepalot, Böhmermann's 'ISIS'. Tighter Beat, Rhyme-Skillz ohne Ende und dezent ironisch politisch inkorrekt.
Punk quasi!
4. Die wohl von mir am meisten gespielte / gehörte nummer 2014 ist?
Kanye West - Gold Digger (Wuki Bootleg).
Zusatzfrage: Was BASSiert bei euch am 7.11.auf der Bühne?
Das hier: http://www.youtube.com/watch?v=x4VIxxy-RmY
Welche zwei BASSart-Künstler möchtest du nominieren und warum?
Wir nominieren FUTURE PROOF und Hanuman Tribe
Deine Frage an die beiden: Laut oder leise?

Lieder des Guten

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Menschen, die gut mit Panzerfäusten umgehen können, machen selten gute Musik. Sie machen in der Regel gar keine Musik. Kampflieder für Guerilleros werden von Leuten geschrieben, die vermutlich weder mit Waffen umgehen können noch viel von Musik verstehen. Zumindest in Kurdistan scheint es so zu sein.

Es gibt ein Kampflied der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) mit dem Titel: „Vur gerilla, vur“, auf Deutsch: Schlag zu, Guerilla, schlag zu! Es geht so: „Du bist die Hoffnung des kurdischen Volkes, in den Bergen, in den Felsen, in den Städten, auf den Plätzen. Schlag zu, schlag zu, schlag zu!“ Vur vur vur. Vur-r-r.

Eine E-Gitarre begleitet das. Es klingt, als hätte der Blitz eine Regentonne getroffen, nein, viele Blitze viele Regentonnen. Dieses Kampflied ist auf Türkisch, aber natürlich gibt es viele davon auf Kurdisch.

Kampflieder sind nicht dazu da, um in Köpfen und Herzen Schönes und Tiefes anzuregen. Sie sind nicht für die Nachwelt da, sondern für diesen Augenblick, in dem man töten soll, ohne Reue zu empfinden, und sterben, ohne Angst zu haben. Das Vur-Vur-Lied war einst für den Kampf gegen türkische Soldaten bestimmt (in den Bergen) und deren soldatengebärende Mütter und Schwestern (in den Städten).

Nun aber kämpft die PKK gegen die Isis-Monster – während wir hier Tatort gucken und Zeitung lesen. Und in der Zeitung steht, dass die Bundesregierung die PKK als Terrororganisation einstuft. Egal, was man von der PKK hält, ihr Liedgut wäre nicht weiter interessant. Kurdische Musik hat so viel mehr zu bieten. Einer ihrer Besten, Şivan Perwer, lebte bis vor Kurzem in Deutschland, ein Meister der Saz, ein Dichter auch, ein politischer (deswegen lebte er auch im Exil). „Oh Herz“, sang er, „lass mich im Vaterland begraben werden, im Kurdenland, im Land der Tapferen.“

Nun lebt Perwer im Vaterland, im türkischen Kurdistan, denn es hat sich dort viel zum Besseren gewendet. Die Hymnen der PKK, diese Berge-Nebel-Falken-Romantik, die verschwitzten, zum Teil folkloristischen Wehrsportbeats, sind nur interessant, weil sie sich an einen anderen Musiker heranknarzen, an einen, den man außerhalb der Türkei nicht kennt, obwohl man genau den kennen sollte, wenn man das Ewige Kurdische Drama verstehen will.





Ahmet Kaya. Er war halb Türke, halb Kurde. Er starb vor vierzehn Jahren in Paris an einem Herzinfarkt. Seine dreizehnjährige Tochter und seine Frau, endlich mal wieder beide zu Besuch aus Istanbul (Herbstferien, Papa), fanden ihn am Morgen im Flur. Kaya starb im Exil. In einem Land, mit dessen Nasallauten er nichts anfangen konnte. Ein kleiner Mann mit einer Stimme wie Frühlingsdonner und einem Salzundpfefferbart. Er hatte zugenommen vor Einsamkeit. „Ich verstehe nicht die Namen der Weine, die ich hier trinke“, sagte er seiner Frau am Telefon.

Im Herbst des Jahres 2000, bis zu seinem Tod, hassten sie ihn in der Türkei. Und bevor sie ihn hinausgeekelt hatten, das war im Frühling 1999, da hatten sie ihn geliebt, abgöttisch, so wie man in der Türkei arm geborene Künstler liebt, nachdem sie es aus ihrer Gosse geschafft haben. Und heute lieben sie ihn wieder. Das ist so in Türkiye. Kurdisch: Tirkiya. Sie ekelten ihn hinaus, weil er, der Star, einen Song auf Kurdisch aufnehmen wollte, in der Sprache seines Vaters, die er nicht sprach, aber gerne gelernt hätte.

Ahmet Kaya war von klein auf Massenpsychosen gewohnt. Er kam 1957 im ostanatolischen Malatya auf die Welt, das fünfte Kind eines Textilarbeiters, und bekam beim Aufwachsen drei Militärputsche mit und den Beginn des PKK-Krieges. Aber seine ganz persönliche, ihm alleine gewidmete Massenpsychose begann am Abend des 10. Februar 1999. Er nahm in Istanbul mal wieder einen Preis entgegen.

Nach neunzehn Alben wollte ihn nun auch der Verein der Magazinjournalisten ehren. Kaya umklammerte diesen Preis, einen goldigen Klumpen, sagte, er nehme ihn auch im Namen der Samstagsmütter entgegen, einer Frauenbewegung, der er einen Song gewidmet hatte, Frauen, die nach ihren im Krieg verschwundenen Söhnen suchten, und dann sagte er, lächelnd, und seine Stimme wurde laut: „Weil ich kurdischstämmig bin, werde ich auf meinem nächsten Album einen Song auf Kurdisch singen und einen Clip dazu drehen.“

Als er zu seinem Tisch ging – Youtube vergisst nichts – riefen die auserwählten Gäste, Damen in Abendtoilette: Buuuh. „Geh zur Hölle!“ – „So was wie Kurden gibt’s nicht!“ – Es flogen Gabeln, Messer, Gläser. Die Gäste stimmten ein Marschlied von 1933 an: „Türken nach vorne . . .“ Ahmet Kaya und seine Frau Gülten flohen aus dem Bankettsaal. „Schäm dich, Süßer“ titelte Hürriyet, das Blatt der Massen. Will heißen: Süßer, schlitz dir gern mal die Adern auf. Einige Jahre davor hatte das Blatt der Massen Ahmet Kaya noch zum Künstler des Jahres erkoren. Die Staatsanwaltschaft forderte nun wegen Hochverrats dreizehneinhalb Jahre Haft. Ahmet Kaya war berühmt geworden, weil er nach dem Putsch von 1980, als das Land in eine Schockstarre versank, eine neue Sprache fand für das, worum es immer geht, wenn einer wirklich singt: Angst, Hoffnung, Liebe.

Es gab damals einen sehr berühmten Sänger, Orhan Gencebay, dessen Motto war: „Diese Welt soll untergehen“. Die hochbegabte Diva Sezen Aksu sang ihrerseits über „verlorene Jahre“ und einen Ex, der nun bitte schweigen soll. Ahmet Kaya, der Mann mit dem ostanatolischen Akzent und der unerhört rauen, seltsam angenehmen Art, Saz zu spielen, sang über den Alltag im Bürgerkrieg. Die Möwen weinten auf Müllbergen Wir lächelten uns zu Bomben fielen auf Städte, jede Nacht Wir liebten uns, unentwegt Der Herbst tröpfelte auf unsere Dächer Wir verblassten, du und ich Damit sich diese dreckigen Gesichter erhellten Kämpften wir, unentwegt Ahmet Kaya liegt am Père Lachaise.

Vor einem Jahr verlieh ihm Staatspräsident Gül posthum den Großen Kultur- und Kunstpreis. Und Erdoğan sagte (da war er verunsichert wegen der Gezi-Proteste): „Leute, die uns heute angreifen, haben seinerzeit Ahmet Kaya angegriffen.“ Was für ein Quatsch. Ahmet Kaya, eine Ikone des Widerstands – für Erdoğan, für die PKK, für Gezi-Studenten, für links, für rechts. Aber eine Projektionsfläche für neue Massenpsychosen? Ahmet Kayas Ehefrau Gülten schrieb für ihn 1994 einen Song, bei dem bis heute sehr viele einfach dankbar die Klappe halten in der Türkei und in Kurdistan. Es heißt „Ağladıkça“. Während wir weinen, werden unsere Berge grün. Während wir weinen.

Lass das Schreiben sein

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Eine alte Redensart lautet: Wenn du das Schreiben lassen kannst, dann lass es. Gewöhnlich zitiert ein angesehener Literat diese Redewendung einem angehenden Literaten. Das passiert gewöhnlich nach der Lesung des angehenden Literaten. Dabei muss der angesehene Literat dezent lächeln. Und der angehende Literat muss als Antwort auf die vernichtende Replik des älteren Kollegen irgendwie schief lächeln und sagen: „Nun ja, ich kann das Schreiben auch lassen ...Hat es Ihnen denn nicht gefallen?“ Und tatsächlich – warum soll man schreiben? Ein Blatt Papier ist so rein und weiß. Ein leerer Bildschirm sieht ebenfalls aus, als sei er sich selbst genug. Warum soll man diese Reinheit verletzen?

Wenn ein Schriftsteller das Schreiben freiwillig lassen kann – dann ist er kein Schriftsteller. Dann hat er die Literatur gewählt, und nicht sie ihn. Er hat abgewogen, sich entschieden und eine rationale Wahl getroffen. Aber das ist eine Täuschung. Die „durchdachte, wohlüberlegte Wahl des Berufs Schriftsteller“ gibt es nicht. Wer sich bewusst dafür entscheidet, wird das Heer der Graphomanen vergrößern.

Der Philosoph José Ortega y Gasset bezeichnete das Leben als einen Schuss aus nächster Nähe. Im Grunde scheint auch der physiologische Akt der menschlichen Geburt wie ein Schuss zu sein. Der Vater schießt sein Sperma in die Mutter. Nach neun Monaten schießt die Mutter das Kind in die Welt. Aus nächster Nähe.

Auch die Literatur ist ein Schuss aus nächster Nähe. Allerdings ist es hier die Welt, die auf dich schießt. Du erwartest diesen Schuss überhaupt nicht, du hörst nicht einmal den Knall. Doch du spürst die Kugel in dir. Eine schwere Kugel. Ein Explosivgeschoss, das schon viele getroffen hat. Du bist verwundet. Du empfindest Schmerz und Unbehagen. Du beginnst zu bluten. Kein rotes Blut, sondern schwarzes, schnörkeliges Blut, das aus Buchstaben besteht.

Die ersten Tropfen finden das Papier von allein. Und du beobachtest erstaunt, wie diese ersten Tropfen fallen und sich in wundervolle Kleckse verwandeln. Wie schön ihre Konturen sind! Sie sind nicht schwarz, sie glänzen in allen Farben des Regenbogens, sie schillern, sie füllen die Fläche aus. Du bist verzaubert von dieser Metamorphose. Du hast nie zuvor etwas Ähnliches gesehen oder erlebt. Noch mehr Tropfen, immer mehr.

Sie verschmelzen zu ganzen Welten, lassen dich erstarren vor Begeisterung. Mehr und mehr Tropfen fließen aus deiner Wunde. Und endlich sprudelt dieses magische literarische Blut wie ein Strom aus dir hervor. Du vergisst die Wunde und blickst auf die phantastischen Welten, in die sich jeder dieser Tropfen verwandelt. Sie erheben sich auf deinem Schreibtisch. In der Wohnung ist es still. Du schaust dir an, was du hervorgebracht hast und was nun parallel zu der Welt existiert, in der du lebst. Es türmt sich ringsum, es wächst und formiert sich. Es ist sich selbst genug.

Und erst jetzt, wenn das erste Blut vergossen ist, musst du eine Wahl treffen. Das ist keineswegs die Wahl des Berufs. Du musst wählen, wie du damit weiterleben sollst. Diese Wahl umfasst tausend Kleinigkeiten. In deinem Leben wird sich vieles ändern. Unumkehrbar. Für immer und ewig. So richtig wirst du dich nie an dieses neue Gefühl gewöhnen. Und wenn du dich daran gewöhnst, heißt das, deine Wunde vernarbt allmählich und du wirst zu einem gewöhnlichen Literaturarbeiter.




Kein gewöhnlicher Literarbeiter? Der russische Romanautor Vladimir Sorokin

Der Philosoph Lew Schestow sagte einmal: „Ein Schriftsteller stirbt, wenn er seinen eigenen Stil entwickelt hat.“ Nein, er stirbt nicht. Er ist einfach nur zum Profi geworden. Ein ausgeprägter Stil ist der Versuch, den Strom des literarischen Bluts in die „richtigen“ Bahnen zu lenken. Darüber sind Tausende Schriftsteller gestolpert. Sie haben gelernt, mit ihrer Wunde so zurechtzukommen, dass sie rechtzeitig und in die richtige Richtung blutet.

Kaufen Sie literarische Wundauflagen der Marke „Erfolg“! Garantiert absolut trockener Stil und bequeme Lektüre! Tausende Schriftsteller schreiben in aller Ruhe ihr Leben lang ein und dasselbe Buch. Sie haben sich dafür entschieden. Sie sind berühmt, sie haben Tausende Leser, die auf ihre neuen Bücher warten. Die Leser wissen, was sie von diesen Schriftstellern zu erwarten haben. Die Schriftsteller wissen längst, was sie von sich zu erwarten haben. Der Verleger weiß erst recht, was er von einem solchen Schriftsteller zu erwarten hat. Und wartet, wie niemand sonst!

Er gibt ihm den weisen Ratschlag: Lieber Freund, mindestens alle zwei Jahre einen Roman. Dann ist alles gut – für dich, für mich und für den Leser. Sehr weise! Die meisten Profi-Schriftsteller beherzigen die Ratschläge ihrer Verleger. Sie bekommen gute Honorare, sie bekommen Preise, sie werden in Akademien aufgenommen. Sie sind wirkliche Profis. Kein einziger Tropfen literarischen Bluts spritzt ihnen zufällig aus den Wunden. Sie haben zu Hause saubere Fußböden. Die Wundauflagen der Marke „Erfolg“ sind bei jedem Wetter absolut zuverlässig. Depression oder Suff haben keinen Einfluss auf ihre Qualität. Die Profis haben sich mit Wundauflagen eingedeckt und bewahren ihren Vorrat an einem trockenen Ort auf.

Ich denke, man sollte diese superzuverlässigen Wundauflagen besser nicht benutzen. Man sollte sie nehmen und in den Mülleimer werfen. Und die Wunde nicht verheilen lassen. Im Gegenteil – man sollte täglich mit den Fingernägeln daran kratzen. Euer literarisches Blut soll in alle Richtungen spritzen. Frau, Kinder und Katze sollen schaudernd zurückweichen. Der Verleger soll schaudernd zurückweichen. Auf den Blutstropfen sollen die Regenbogen der Unvorhersehbarkeit schillern.

Das ist der Sieg über den „ausgeprägten Stil“. Es wird einen neuen Stil geben. Und einen neuen Verleger. Und überhaupt, ist es nicht besser, den nächsten Roman zu beginnen, als sei es der erste? Dieses Gefühl ist mit nichts zu vergleichen. Zuvor aber muss man reinen Tisch machen mit dem, was man zuvor erreicht hat.

Entzündet ein loderndes Feuer im Kamin. Nehmt den Roman, der schon erschienen ist, den die Kritiker schon gewürdigt haben, und werft ihn ins Feuer. Zusammen mit den lobenden Rezensionen. Bücher brennen bekanntlich langsam. Während der Roman in Flammen aufgeht, umringen euch seine Helden, mit denen ihr das ganze vergangene Jahr verbracht, an die ihr euch so gewöhnt habt! Deren Schwächen, deren Tugenden und deren Laster euch so wohlbekannt sind! Sie sind euch nah und vertraut, sie strecken ihre durchsichtigen Arme nach euch aus. Weicht ihrer Umarmung mit einem höflichen Lächeln aus und setzt eure Helden mit einem kräftigen Tritt vor die Tür! Vergesst sie ein für allemal! Ihr solltet euch nicht auf die „gesammelte Erfahrung des Literaten“ stützen. Kein „blutiger Mond, der sich in einer von Schrapnell zerfetzten Lärche verfangen hat“, keine „Alice, die als Hexe störrisch auf dem Scheiterhaufen verbrennt und Davids tätowierter Schulter fieberhaft zuflüstert: Geliebter, wie zerstörerisch du mich willst, wie zerstörerisch!“ Und kein barfüßiger kleiner Junge, „der dem Untergang geweiht beharrlich über die Sandbank rennt“.

Vergesst Alice, vergesst David, vergesst den kleinen Jungen! Der Schleier des Vergessens soll sich über sie legen, über ihre kleine Stadt, über die Lavendelfelder, die dem Auge wehtun, über die schwatzhafte Mademoiselle Blanche, den lahmen Hirten und den alten Mercedes der idiotischen Nachbarn. Der Zauberspiegel der langbeinigen Beatrice, in dem sie sich nach der intimen Begegnung mit dem mürrischen Postboten so gerne betrachtete, soll zustauben. Der Glockenturm der alten Kirche auf dem Hügel soll mit Moos überwuchern. Und der felsige Weg, auf dem die zitternde Marie in ihrem zerrissenen Kleid an jenem denkwürdigen Morgen stand, soll sich auf ewig im Nichts verlieren ... Vergesst die vergangenen literarischen Siege.

Das Wichtigste ist, sich selbst zum Staunen zu bringen. Jener erste Leser, der in euch sitzt, muss den Mund aufsperren und stammeln: „Also so etwas hätte ich von dir nicht erwartet, Alter.“ Dabei geht es gar nicht um diesen Leser ... Es ist einfach ausgesprochen angenehm, Entdeckungen zu machen.

Aber nur zu schreiben, weil du es kannst, weil man ein neues Buch von dir erwartet, weil du Geld verdienen musst, verdammt, schließlich will deine Frau schon lange ein neues Auto haben, das alte ist nur noch Schrott, schon seit damals, als du deinen zweiten Roman geschrieben hast, und ihr wolltet doch nach Brasilien fahren, da warst du noch nie, und es ist doch so interessant! Dabei hast du gerade ein tolles Thema, der Verlag begreift das, muss das begreifen, verdammt, ein tolles Thema, ein Familiendrama, er ist Manager, mittlerer Kader, sie ist Staatsangestellte, sie sitzen am Morgen mit ihren iPads im Bett, abends liegt auch jeder mit seinem Tablet im Bett, sie haben nur einmal die Woche Sex, sie ist erschöpft von der Routine des Lebens, ihr Mann hat sich in einen Roboter verwandelt, jedes Mal, wenn sie zur Arbeit geht, kommt sie an einem jungen Obdachlosen vorbei, der unter der Brücke auf einer schmutzigen Decke hockt, jeden Morgen, jeden Morgen sieht sie das blasse, teilnahmslose Gesicht dieses Obdachlosen, ein junges Gesicht, ein interessantes Gesicht, ein rätselhaftes Gesicht, und eines Tages, als ihr Mann auf einer Dienstreise ist, lädt sie den Obdachlosen ein, und es entspinnt sich eine Affäre, der Obdachlose kommt aus Nordafrika, seine Familie wurde ermordet, ihm fehlt ein Bein, nein, das ist zu viel, ihm fehlen drei Finger an der rechten Hand, der Sex mit ihm ist überwältigend, wilder Sex mit einem schmutzigen Menschen aus einem anderen Jahrtausend, es ist etwas Überwältigendes, Ungeheures, aber sie braucht es, sie entdeckt den Mann für sich, sie entdeckt die Liebe, entdeckt endlich die Frau in sich, ein ganz neues Gefühl, ein erstaunliches Gefühl, ein überwältigendes Gefühl, sie wirft alles hin und fährt mit ihm nach Afrika, hilft den hungernden, kranken afrikanischen Kindern, er wiederum hilft ihr, den Kindern zu helfen, wofür die lokale Mafia ihn verprügelt, dann wird sie krank, eine schreckliche Krankheit, sie muss zur Behandlung nach Europa, er bekommt keine Einreisegenehmigung, eine herzzerreißende Szene im Krankenhaus, die Glaswand der Infektionsabteilung, sein Gesicht, gegen die Scheibe gepresst, die Tränen in seinen Augen, die sonst nie weinen, er folgt ihr mit seinen Blicken und schenkt ihr zum Abschied ein Amulett seiner Familie: die kleine Figur eines fünfbeinigen Leoparden ...

Weiterlesen auf der nächsten Seite.
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Alter, das ist ein gutes Thema, das muss einfach etwas werden. Das wird schon, das wird schon, keine Bedenken! Alles wird gut, und alle sind zufrieden: der Verleger, der Leser, die Ehefrau. Zum Teufel damit! Zum Teufel mit dem neuen Auto für die Frau. Zum Teufel mit Brasilien. Man darf die Literatur nicht zu einem weichen Sessel machen. Oder zu einer kastrierten Katze.

Besser einen echten weichen Sessel kaufen, sich mit einer Flasche Bier hineinsetzen, die kastrierte Katze auf den Schoß nehmen und in die Glotze starren. Schreiben muss man dabei gar nicht unbedingt. Wenn du es lassen kannst, schlecht zu schreiben, dann lass es. Schreib nicht schlecht! Das hört sich absurd an, nicht wahr? Aber ich habe Schriftsteller erlebt, die mir sagten: Es ist ein neuer Roman von mir erschienen. Alter, du brauchst ihn nicht zu lesen, der Roman ist schlecht.

Das klingt furchtbar. Und der Mann verstellt sich offenbar nicht, das ist keine Pose. Er weiß, dass er einen schlechten Roman geschrieben hat. Er wusste schon beim Schreiben, dass er einen Scheißroman schreibt.

Warum? Na ja, irgendwie muss man die Hände beschäftigen. Es ist eine Qual, nicht zu schreiben. Das stimmt. Nicht zu schreiben ist eine Qual. Wenn dich erst einmal diese Kugel aus nächster Nähe getroffen hat, ist es leichter zu schreiben, als nicht zu schreiben. Nicht zu schreiben ist eine Qual, eine echte Qual ...
Vor allem, wenn einem das Schreiben tatsächlich nicht gelingen will – wenn, wie man auf Russisch sagt, „es sich nicht schreibt“.

Eines Tages, während einer längeren Schaffenspause, fuhr ich nach einem geselligen Abend stark angetrunken nach Hause. Unterwegs im Taxi kam mir eine großartige Idee für einen neuen Roman, die mein benebeltes Gehirn wie ein Blitz erhellte. Die quälenden Monate des Wartens hatten eine Ende! Ich stürzte in die Wohnung, setzte mich noch im Mantel an die Schreibmaschine (es war noch im Vor-Computer-Zeitalter) und tippte drei Seiten von meinem künftigen Roman. Hurra! Es war vollbracht!

Zufrieden ließ ich mich ins Bett fallen. Beim Aufwachen fiel es mir wieder ein, ich las mir durch, was ich geschrieben hatte – und zerriss es, warf es in den Papierkorb. Seither schreibe ich nicht mehr in betrunkenem Zustand, weder, wenn das Schreiben gut läuft, noch, wenn es nicht läuft.

Was hilft einem, nicht zu schreiben? Drogen? Zum Glück ist die Literatur viel stärker als Heroin, Kokain und LSD. Unsere Droge – die Literatur – kennt nichts Vergleichbares, sie ist konkurrenzlos. Und trotzdem: Wie soll man diesen Zustand ertragen, wenn es einfach nicht läuft – wenn „es sich nicht schreibt“? Das Archiv aufräumen? Sport treiben? Eine Affäre mit einem Obdachlosen beginnen? Auf Weltreise gehen?

Aber auch all das hat irgendwann ein Ende. Und dann bist du wieder zu Hause, du setzt dich an den Schreibtisch, voller neuer Erlebnisse und Eindrücke, du legst die Finger auf die Tastatur ... und erstarrst. Es läuft einfach nicht, „es schreibt sich nicht”.

Vermutlich hat jeder Schriftsteller sein eigenes Rezept im Kampf gegen die Schreibblockade. Ich zum Beispiel spiele mit meinem Schachcomputer. Das kann man dann auch beschreiben.

Zum Beispiel so: An einem schwülen Tokioter Maiabend, als die Zikaden völlig durchdrehten und die untergehende Sonne einen Abschiedsstrahl zum Isetan-Gebäude schickte, bewahrte mich mein Schachcomputer Mephisto vor einer schweren Verstümmelung.

Und das ist die Wahrheit. Vor etwa zehn Jahren war ich auf Einladung der Gaigo-Universität in Tokio und wohnte dort auf dem Mini-Campus der Universität in Kichijoji, einer grünen, einstöckigen Vorstadt. Die Fenster meines kleinen zweistöckigen Häuschens gingen auf einen winzigen Garten, in dem der Schneemann, den ich später, im Winter, aus dem schnell und stetig fallenden und nicht weniger schnell und stetig schmelzenden Schnee formte, so gerade eben Platz fand.

Es war mein erster Abend im Land der aufgehenden Sonne. Meinen letzten Roman hatte ich ein halbes Jahr zuvor beendet, der Anfang für einen neuen Roman wollte mir einfach nicht gelingen. Blieb nur das Schachspiel mit dem „eisernen Partner“. Ich glaube, wir spielten Königsgambit, als plötzlich alles zu zittern anfing, drinnen genauso wie draußen.

Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich ein Erdbeben: Die Ziegeldächer der kleinen Nachbarhäuser fingen an zu schwanken wie abfahrende Boote zu Zeiten von Bushido, Ninjutsu und Basho. In den ersten Sekunden: Panik. Wahrscheinlich ist das die „Geworfenheit ins Nichts“, von der Kierkegaard spricht. Die verehrten Professoren der Gaigo-Universität waren noch nicht dazu gekommen, den Gast aus dem unbeweglichen Russland zu warnen, dass in Japan regelmäßig die Erde bebt, dreimal im Monat bestimmt.

Mein Kopf begann fieberhaft zu arbeiten: versuchen, die schmale Wendeltreppe hinunterzusteigen, oder vom ersten Stock aus dem Fenster springen? Das Beben dauerte an. Unten klirrte das Geschirr. Ich beschloss: Kopf voran aus dem Fenster! In dem Moment piepste der Computer, und ich schielte instinktiv auf den Bildschirm: Die Dame von d8 nach f6.

Dieser Moment war ausreichend, damit ich zu mir kam. Beim Anblick des Schachbretts musste ich an Ausdauer denken. Ich hielt inne: Ich werde einen Moment warten. Und das Beben hörte auf. Wenn der Computer nicht gepiepst hätte, wäre ich aus dem Fenster gesprungen. Dass es ein Schachcomputer war, ist nicht von Belang. Der Vorfall aber ist symbolisch: Dem Menschen hat sich ein Freund und Helfer für das nächste Jahrhundert angekündigt.

Notebooks in Japan können heute nicht nur vor Erdstößen warnen. Sie können vor vielem warnen, vor vielem bewahren. Bei vielem helfen. Dir ihre eiserne Hand reichen. Oder eine faserige Gehirnwindung. Die „globale Informationswolke“ hüllt dich nicht nur ein, sie will du werden. Es ist gar nicht mehr nötig, Newtons Binomisches Theorem im Kopf zu behalten, wenn man es jederzeit auf der Oberfläche des Augapfels, die früher oder später zu einem Monitor werden wird, abrufen kann. Genau so wie man Informationen über den Trojanischen Krieg abrufen kann, das Gebet „Herr, ich suche Zuflucht bei dir“, die Wechselkurse asiatischer Währungen, den Trailer einer Neuverfilmung von „Doktor Schiwago“, das Kursangebot im Fitnesszentrum Vita Nova, die Immobilienpreise in Albanien oder den vierteljährlichen Kontoauszug.

Nun frage ich mich: War es gut, dass der Computer mir geholfen hat? Bist du nicht froh, dass wir dich damals gerettet haben? fragt das Elektronische Weltgehirn im Gegenzug. Doch. Aber ich bin nicht froh über die ständig zunehmende Abhängigkeit von dir. Was würdet du ohne mich tun? Du weißt so wenig. Und was du weißt, vergisst du. Du hilfst mir dabei. Ich mache dein Leben bequemer. Indem du mich träger und unbeweglicher machst. Ich spare dir Zeit. Damit ich sie für dich ausgeben kann. Versteh doch, heutzutage geht ohne mich gar nichts mehr. Es wird Zeit, sich daran zu gewöhnen.

Das will ich nicht. Dann zwingen wir dich. Wie Stalin mit der Kollektivierung? Du musst Schritt halten mit der Zeit. Und ich helfe dir dabei. Wie Kraftwerk, die auf Russisch gesungen haben: Ich bin dein Diener, ich bin dein Knecht. Ein Diener, der immer aktiver und immer unverschämter in meinen Körper eindringt. Und was ist daran schlecht? Du wirst zum Übermenschen! Indem ich aufhöre, ein Mensch zu sein. Die Symbiose ist unvermeidlich. Finde dich damit ab, stolzer Mensch! Finsternis.

Ein Blitz durchzuckt die globale Informationswolke. Es donnert. Die Zikaden sind verstummt. Mephisto hat mich in sechs Zügen mattgesetzt. Ich lege meinen König in die Mitte des Schachbretts. Schlendere nach unten, Kaffee kochen. Vielleicht wäre es tatsächlich besser gewesen, aus dem Fenster zu springen? Und schon ist eine Erzählung dabei herausgekommen. Die Pause ist zu Ende.

Was hat geholfen: der Computer, das Schachspiel oder das Erdbeben? Kurz und gut, wenn Sie schreiben können, dann schreiben Sie!

Mit jetzt.de zum BASSart-Festival

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Zwei Tage lang regiert in München der Bass, beim Bassart-Festival in den Postgaragen in München. 400 Künstler, Konzerte, Convention, Workshops. Alles da. (Wir haben vor ab ein paar der Künstler gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Das Ergebnis kannst du hier lesen.)
Am Freitag eröffnen das Festival mit 30-minütige Konzerte, den Concert Shots, mit Visual Arts, Kunstaustellung und Podiumsdiskussionen. Zu erleben sind unter anderem die Bands Akere, The Unused Word, Cosby, Nalan, Stereo Tam Tam, Sabotage Soundtrack, Mrs. Sam und Blumentopfs Sepalot mit Live Drummer Fab. 
Am Samstag folgt der Hauptteil des BASSart Festivals: 10 Bühnen mit Musik aus allen Bass-lastigen Genres, die man sich nur vorstellen kann. Von Münchner Rap (z.B. Fatoni) bis zu britischem Drum and Bass.
jetzt.de verlost für das BASSart-Festival vier Mal zwei Kombitickets für beide Tage. Die Gewinner werden kommende Woche benachrichtigt.
 
[plugin gewinnspiel id="84" name="Bassart"]
 
 
 




Wie lebt es sich in ... Köln?

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Ursprünglich bin ich nach Köln gekommen, um Jura zu studieren. Mittlerweile lebe ich hier seit acht Jahren.
Am besten gefällt mir an Köln, die perfekte Mischung aus Großstadtmöglichkeiten und Kleinstadtcharme. Immer noch nicht gewöhnt habe ich mich an die ewigen Baustellen, so haben Rolltreppen in Köln eine Lebensdauer von circa sechs Wochen.

Im Sommer ist es dort in Köln am schönsten: rund um den Stadtgarten am Mäuerchen dem Tor zum Belgischen Viertel.
Im Winter sollte man besser im Gewölbe tanzen. Beim kölschen Berghain stimmt einfach alles, Anlage, Bookings und die kölsche Freundlichkeit des Personals.
Bei Regen gehe ich am liebsten: Zu Vintage Emde, ein liebevoll eingerichteter Second-Hand Laden im Belgischen Viertel. Dort gibt es nicht nur tolle verrückte Klamotten anzuprobieren, sondern auch ab und an einen Eierlikör aufs Haus mit dem Chef zu verköstigen.
Bestes Viertel der Stadt: Neu-Ehrenfeld. Seit sechs Jahren meine Heimat. Dort erlebt man noch echte Veedelskultur und kennt von der Kioskfrau bis zum Penner jeden. Es ist entspannt, ruhig aber nur einen Katzensprung vom Partyveedel Ehrenfeld entfernt.

Zum Frühstücken gehe ich am liebsten: ins Maifeld, denn dort haben die Frühstücke so amüsante Namen wie Adriano Celentano, Miss Marples oder Linda De Mol.
Bestes Café der Stadt:Cafe Rotkehlchen.
Mit Freunden gehe ich am liebsten dort essen: Bester Mittagstisch im Veedel ist der Speisemeister. Neben günstigem köstlichen Tagesgerichten trifft sich dort auch die Musik- und DJ Szene zum essen, reden oder Express lesen.
Mit meinen Eltern gehe ich hingegen eher ins Guten Abend am Brüsseler Platz, alles Bio oder was!

Mein Lieblingskino:Filmpalette auf der Zülpicher Straße. Wundervoller Innenhof, gute Film- und Getränkeauswahl.  

Tipp für Kenner: Die Schääl Sick (die andere Rheinseite) nicht nur wegen ihrer sympathischen Musikclubs wie dem Gebäude 9 munkelt man in Köln seit Jahren, dass Köln Kalk im Kommen sei.

jetzt-Leser Fabian
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Ursprünglich bin ich nach Köln gekommen, um zu studieren. Mittlerweile lebe ich hier seit acht Jahren und bin es immer noch nicht leid.  
Am besten gefällt mir an Köln tatsächlich die Kölsche Mentalität. Die Leute sind sehr offen, hilfsbereit und direkt, und es kommt gerne und schnell Stimmung auf. Daher sollte man auch unbedingt mal Karneval ordentlich mitfeiern, (besonders in den Eckkneipen, wo noch schöne alte Karnevalslieder gespielt werden, und bei den Umzügen), damit man merkt: es ist doch ganz schön statt abschreckend.  
Immer noch nicht gewöhnt habe ich mich an die KVB, die sehr schlimmen öffentlichen Verkehrsmittel von Köln. Sie kommen sehr provinziell daher, und sind teuer, aber unpünktlich. Wenns geht, besser meiden. Schneller ist man eh mit dem Fahrrad.  

Im Sommer ist es dort in Köln am schönsten: am Rheinufer. Davon gibts ausreichend und viele verschiedene schöne Stellen, ob als grüne Parks, oder gepflasterte Promenaden. Und zwar sowohl links- als auch rechtstrheinisch. Dort darf man auch fast überall grillen, die Hunde frei laufen lassen oder vor allem auf den Poller Wiesen Drachen steigen lassen. Nur baden sollte man im Rhein wirklich nicht. Dann lieber mit der Köln-Düsseldorfer, der Weißen Flotte Rhein oder dem Müllemer Böötchen eine Schiffsrundfahrt machen. 
Im Winter sollte man besser in die Gewächshäuser der Flora (schön warm und gratis), oder in die Philharmonie, ins Schauspielhaus, in die Oper. Dort gibt es jeweils sehr gute Studentenpreise (wobei die Studentenausweise auch nie kontrolliert werden...).  
Bei Regen gehe ich am liebsten: in eines der vielen Museen. Besonders sehenswert ist das Kolumbamuseum von Peter Zumthor. Es ist zudem das einzige Museum, das montags auf hat! Das Museum Ludwig hat eine fantastische Sammlung des 20. Jahrhunderts, die sich tatsächlich mit dem MoMA und Konsorten messen kann. Aber bei Regen kann man auch schön in der Claudiustherme im warmen Wasser herumdümpeln.  
Bestes Viertel der Stadt: das ist das schöne an Köln - es gibt sehr viele sehr tolle Viertel, die hier übrigens Veedel heißen. Ganz oben, aber auch teuer: Südstadt, Ehrenfeld, Sülz, Nippes. Die andere Rheinseite hat aber auch viel zu bieten, man kann also auch getrost in Deutz oder Mülheim wohnen. Viel preiswerter ist es da aber auch nicht. Viele Veedel haben auch sehr schöne Wochenmärkte, wie z. B. Riehl, das Agnesviertel, die Südstadt und Klettenberg.  

Zum Frühstücken gehe ich am liebsten: ins Ecco am Chlodwigplatz. Dort gibt es ein tolles Büffet. Das reicht dann auch für den Rest des Tages. Oder ins Jakubowski in Mülheim (das so heißt nach einem ehemaligen Bewohner des Hauses). Oder ins Schwesterherz in Ehrenfeld. Oder im Sommer in den Rheinterrassen, dort gibt es Büffet mit extra Crêpes-Stand!  
Bestes Café der Stadt: zum Kuchen und Torte schlemmen: Café Alsen in Riehl (extrem große Auswahl und tolle Kreationen, die es sonst nirgends gibt, alles hausgemacht), zum guten Kaffee zwischendurch wenn man in der Innenstadt unterwegs ist ins Talltree in einer Seitenstraße der Breite Straße am WDR, dort gibt es auch gute Suppen und Bagels zum kleinen Preis. Zum gediegenen Aufenthalt zwischen oder vor der Kultur ins Ludwig im Museum am Hauptbahnhof. Oder ins Café im Rautenstrauch-Jost-Museum, das einen schönen Innenhof hat.  
Mit Freunden gehe ich am liebsten dort essen: in der Bar Celentano in der Maybachstraße. Sehr italienisch, sehr gute Preise. Oder in diversen Brauhäusern, in denen man auch immer sehr gut (aber natürlich deftig) essen kann: Max Stark im Kunibertsviertel, die Malzmühle am Heumarkt, das Haus Töller am Barbarossaplatz, der Golde Kappes in Nippes... In den meisten Brauhäusern wird auch noch echter rheinischer Sauerbraten aus Pferdefleisch serviert, sollte man mal probieren, ist nämlich wirklich lecker.   Mit meinen Eltern gehe ich hingegen eher in die Traubenzeit, in Ehrenfeld. Tolle, häufig wechselnde Karte, von Vor- bis Nachspeise top! Und im Sommer kann man sehr schön im Innenhof sitzen. Oder ins Keimaks in der Südstadt, das etwas französisch daherkommt.  

Mein Lieblingskino: generell hat Köln viele tolle Kinos, das ist heutzutage schon was Besonderes. Und bald machen drei alte, zeitweise geschlossene, zusätzlich wieder auf! Meine Favoriten: Filmpalette in der Lübecker Straße, klein, aber tolles Programm; Metropolis am Ebertplatz, zeigt viel in Originalversion und hat Donnerstag Kinotag (dann wirds aber auch voll); der Filmclub 813 an der Hahnenstraße ist, wie der Name sagt, ein Filmclub, dem man auch beitreten kann. Hier werden sehr seltene Filme gezeigt, sowie oft gute Themenreihen, und das alles extrem preiswert.
Tipp für Kenner: Abendkarten in der Philharmonie kosten um die zehn Euro, und man kann damit dann aber trotzdem überall sitzen, wo noch Platz ist (kurz bevor das Licht gedimmt wird, huschen alle schnell nach vorne auf die guten Plätze...) Und: in Köln sind die Gelbphasen etwas länger als anderswo. Also bloß nicht zu früh bremsen und den Zorn der anderen Auto- oder Radfahrer auf sich ziehen. Achja, und nochwas: Da die Unibibliothek atmosphärisch ein Graus ist, sollte man zum konzentrierten Arbeiten eine der vielen anderen Bibliotheken in der Stadt ausprobieren: z. B. die Bibliothek im Museum Ludwig, oder im Museum für Angewandte Kunst, oder die Diözesanbibliothek, oder die Medizinerbibliothek an der Uniklinik. Dort findet man überall auch immer einen Platz, der dir nicht streitig gemacht wird.

jetzt-Userin frzzzl
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Ursprünglich bin ich nach Köln gekommen, um zu studieren. Und zwar eher so Quatsch- bzw. Interessenstudiengänge. Mittlerweile lebe ich seit fünf Jahren hier.
Am besten gefällt mir an Köln
der Dom natürlich. Wenn ich nach langen Auslandsaufenthalten oder langweiligen Familientreffen am Hauptbahnhof ankomme und den Dom sehe, weiß ich, dass alles wieder gut wird. 
Immer noch nicht gewöhnt habe ich mich
an diese kleinen Puppengläser, die man bekommt, wenn man ein Kölsch bestellt.

Im Sommer ist es dort in Köln am schönsten:
Mit dem Fahrrad zum Badesee Vingst fahren und abends zum Brüsseler Platz für ein paar Kioskbier.
Im Winter sollte man besser
in die Claudius Therme auf der anderen Rheinseite gehen. Kann man sich aber ungefähr nur ein Mal pro Winter leisten.
Bei Regen gehe ich am liebsten
ins Allerweltshaus in Ehrenfeld zum Beispiel. Da gibt es immer Vorträge und Diskussionsrunden über so Themen, die die Welt bewegen. Bestes Viertel der Stadt: Veedel bitte. Das Agnesviertel! Hier wohnen noch echte Kölner, es gibt viele Cafés, Restaurants und schönen Altbau. Deshalb sind hier auch ständig irgendwelche Dreharbeiten.

Zum Frühstücken gehe ich am liebsten:
ins Borsalino zum Brunch am Sonntag, da keine Schullandheimstimmung am Buffet herrscht. Ist außerdem nicht alles voll mit Wurst und Salami.
Bestes Café der Stadt:
Das Café Elefant ist ein kleines Café mit so einer Stimmung wie in "Die fabelhafte Welt der Amélie". Hier kann ich seitenweise Masterarbeit schreiben, Couscous Salat essen und ganz viel Kaffee trinken.
Mit Freunden gehe ich am liebsten dort essen:
In die Nudelmafia, in der es natürlich Nudeln gibt. Die sind selbstgemacht und es gibt eine super Auswahl an Pestos und Gemüsebeilagen- alles sehr lecker!
Mit meinen Eltern gehe ich hingegen eher
in das mexikanische Restaurant Pancho Villa. Die Quesadillas könnte ich jeden Tag essen, die Tacos sind aber auch sehr zu empfehlen. Nach dem Essen sollte man unbedingt noch für Mojitos und Caipirinhas bleiben.

Mein Lieblingskino: Ich gehe am liebsten in die Filmpalette. Hier gibt es zwar kein Popcorn, dafür viele gute Filme aus verschiedenen Ländern in Originalversion. Studenten zahlen sechs Euro, freitags und am Wochenende sieben Euro.
Tipp für Kenner: Zum Thema Karneval muss gesagt werden, dass es wirklich das beste ist, sich darauf einzulassen, dem ganzen entfliehen kann man in der Stadt doch eh nicht. Dann lieber mitmachen. Der 11.11. ist ja schon bald, Kostümideen gerne weitergeben.

jetzt-Leserin Annika alias Userin xmementox

Die Stadt mit dem Dom

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Der Dom ist am schönsten, wenn man bei Dunkelheit am Hauptbahnhof ankommt, aus einer Stadt, in der man sich nicht so richtig wohlgefühlt hat. Wenn man dann aus dem Haupteingang des Bahnhofs tritt, erschlägt der angestrahlte Dom einen fast mit seiner majestätischen Schönheit - und das Herz schlägt für Köln.

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Grundsätzlich besticht Köln aber nicht durch seine Bauwerke: "Könnte Köln sein" ist zu einem festen Ausdruck geworden, wenn es um wenig beeindruckende Architektur geht. 2008 erschien bei Suhrkamp ein Buch mit diesem Titel, das sich mit der Verwechselbarkeit moderner Städte beschäftigt.





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Wer im Grüngürtel (so heißen die halbkreisförmigen Grünzonen entlang beider Seiten des Rheins) bei Dämmerung kleine Tiere herumflitzen sieht: Keine Angst, das sind keine Ratten. In Köln gibt es eine sehr niedliche Kaninchen-Plage.

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Wenn es sich vermeiden lässt: Nicht mit der Stadtbahnlinie 13 fahren. Denn die braucht gefühlt fast überallhin länger als jede andere Verbindung.

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Der Barbarossaplatz ist der hässlichste Platz nicht nur Kölns, sondern ganz Deutschlands. Das findet zumindest Helge Malchow, Verleger der Kölner Verlagsinstitution Kiepenheuer & Witsch.

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Auch wenn alle nur noch von Berlin reden: Köln hat einen festen Platz auf der Landkarte der elektronischen Musik. Von Künstlern wie Karlheinz Stockhausen bis zum immer noch existierenden Label Kompakt hat man in Köln schon immer viel dafür getan, dass sich die elektronische Musik weiterentwickelt.

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Wer partout keine Lust auf den ganzen Trubel zwischen Weiberfastnacht und Rosenmontag hat, sollte zumindest am Karnevalsdienstag zu einer "Nubbelverbrennung" gehen. Einfach ausprobieren (oder hier spicken).

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Auch wenn Traditionen wie Karneval zum Leben dazugehören, eines kann man sich schenken: die alberne Städtefeindschaft mit Düsseldorf.

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Wer nicht nach spätestens fünf Jahren davon überzeugt ist, dass die ganzen Karnevalslieder wahr sind und er wirklich in der schönsten Stadt der Welt lebt - für den ist Köln vielleicht wirklich nichts.

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Um als Zugezogener vom "Imi" zum echten Kölner befördert zu werden, dauert es aber länger: nämlich elf Jahre - wie lange auch sonst.
             
Dieser Text erscheint im "Studentenatlas", ein Projekt von jetzt.de und SZ.de. Mehr Infos dazu findest du hier. Eine interaktive Köln-Karte für Studenten findest du hier.    

Jungs, habt ihr Angst vor der Midlife-Crisis?

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Hallo Jungs!

Jetzt seid ihr ja noch Jungs. Aber bald schon werdet ihr Männer sein und dann Alt-Männer, ihr wisst schon, mit grauen Nasen- und Ohrenhaaren und vielleicht, wenn es richtig ungünstig kommt, auch noch mit dickporigen Tränensäcken und Hängebrüsten, eingefallenen Flachpos in der Hose und so weiter. „Whatttttt?,“ denkt ihr jetzt, „wie sexistisch von euch, Mädchen!“

Aber ihr wisst es doch auch. Die Chance, dass es bei euch so exzellent läuft, wie bei den Jep Gambardellas und George Clooneys dieser Welt, ist nun einmal sehr gering. Man sagt das immer so leichtfertig: „Mit Männern ist es wie mit gutem Wein: je älter, desto besser!“. Dass das mehr romantische Legende als allgemeingültige Wahrheit ist, kann man jeden Tag in der S-Bahn beobachten. Und an der Ampel. Und an der Leberwursttheke und in den Talkrunden im Fernsehen.

Glücklicherweise kommt es jetzt bei uns allen gar nicht so aufs Außen an, sondern auf die Haltung untendrunter. Wenn ihr also innen drinnen die Würde bewahrt, ist das Äußere auch wurscht. Gilt für uns Frauen schließlich auch.

Aber wem gelingt das schon? Zwischen 35 und 55 befällt den Menschen nun mal diese innere Krise, die ihm seine Vergänglichkeit so schmerzhaft bewusst macht. Frauen lassen sich im schlimmsten Fall so lange operieren, bis sie aussehen wie Aliens, Männer kaufen sich eine Harley und brennen mit der jungen Kellnerin mit Vaterkomplex durch. Und werden dafür allerhöchstens von den Berlusconis unter ihren Freunden bewundert. Der Rest aber weiß, was diesen Midlife-Männern viel später selbst aufgehen wird, abends am Lagerfeuer mit dem jungen Mädchen, das nur von Musik und Trends redet, die der arme alte Mann nicht mehr versteht: Dass das ja alles doch nicht hilft. Nicht für die Selbstachtung und nicht gegen den Tod.

Und da sitzt er dann, der Midlife-Mann und guckt auf die zarten Lider des Mädchens in seinen Armen und spürt sein lädiertes Kreuz und die bleierne Lebensmüdigkeit und denkt leise in sich rein: Symptombekämpfung. Alles nur Symptobekämpfung. Wenn dieses Mädchen ihre erste Falte bekommt, bin ich schon unter der Erde.

Und dann sieht er sich von oben und denkt: Hoffentlich merkts keiner. Und dabei weiß er: Alle merken es. Und dann guckt er nicht mehr nach unten zu dem zarten Mädchen, sondern nach oben in den Himmel. Und denkt: „Ach, ich armes Würstchen.“

Habt ihr Angst vor so was?

Auf der nächsten Seite liest du die Jungsantwort von jakob-biazza.
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Die Antwort lautet „Ja!“ mit einem kapitalen J! Wir haben Angst.

Vorher ist es aber gut, dass du mit dem Gambardella ankommst. Der Gambardella beruhigt ein bisschen. Toni Servillo, der den alternden Beau in „La Grande Bellezza“ spielt, hat unter seiner Stirnglatze schließlich auch noch diese Nase. Die Nase ist über die Jahrzehnte im Verhältnis zu den Ohren zwar wohl gleichgroß geblieben, im Verhältnis zum restlichen Gesicht damit aber eben nicht. Sie hat inzwischen beachtliche Ausmaße. Und wenn Servillo mit dem ganzen Gesicht lacht – und er lacht oft mit dem ganzen Gesicht –, wird sie auch noch etwas knollig vorne. Der Italiener ist also kein objektiv schöner Mann. Auch kein wahnsinnig schön gealterter. Aber dieser Typ hat dabei eine Haltung bewahrt.

Ich betone das so, weil das Szenario mit der jungen, faltenfreien Frau am Lagerfeuer ja auf den ersten Blick nicht unbedingt wie eine Strafe Gottes wirkt. Mit Mitte-Ende-Vierzig-Fünfzig-Sechzig noch die jungen Dinger verräumen: Ich gönne das jedem. Jedem Geschlecht übrigens auch, weil wir’s vergangene Woche ja von euch und eurem Berlusconi-Gefühl hatten. Das Problem dabei ist nicht, dass es passiert. Das Problem ist die Haltung, mit der es passiert.  

Denn es ist ja so, dass du Recht hast: Der Clooney ist ein Zerrbild des männlichen Alterns. Man denkt an einen prächtig gereiften Mann, zack, flaniert er vor dem geistigen Auge vorbei. Und winkt einem seltsamerweise sogar da mit diesem gleichzeitig etwas ver- und trotzdem auch überlegenen Lächeln zu. Zum Kotzen der Typ. Wer so altert, der kann vielleicht auch noch viele, viele Jahre länger viele, viele Jahre jüngere Frauen am Arm tragen.  

Wir werden eher nicht so aussehen später. Also bleibt uns, zurück zu Servillo, nur: Haltung.  

Wenn ich das richtig verstanden habe, meint das unter anderem, der inneren Überzeugung entsprechend zu handeln. Dazu gehört wohl auch, (wenigstens privat) nur mit Menschen Zeit zu verbringen, mit denen man Leidenschaften teilt. Das erklärt auch, warum das manchmal schon geht und gut aussehen kann: Paare, bei denen einer viel jünger ist. Leidenschaften können ja auch Jahrzehnte überwinden. Wer sich aber mit Menschen aus Kalkül – oder schlimmer noch: Bedürftigkeit – umgibt, ist eine arme Wurst. Menschen, die sich etwas über hippe neue Trends anhören, die sie nicht mehr verstehen (oder mögen), nur, um etwas vorzugeben, das sie nicht mehr sind, gehören deshalb auch zum Traurigsten, was die Welt der sozialen Interaktion bereithält. Arme Würste haben keine Haltung.  

Und all das zusammen, um endlich zum großen „Ja!“ zu kommen, macht uns sogar eine Scheißangst. Keiner von diesen Leuten wird sich schließlich gesagt haben: Geieeeel, noch zehn Jahren oder 30 Zentimeter mehr Bauchumfang (je nachdem, was früher kommt), dann kann ich endlich der säftelnde, alte Typ werden, der ich schon immer sein wollte. Endlich mit dem Kaschmir-Pulli im Bauchnabel-Piercing einer 20-Jährigen hängenbleiben und ihr dafür „Who’s your daddy“ ins Ohr raunen. Endlich den coolen „SAMCRO“-Aufnäher aus der „Sons Of Anarchy“-Fan-Edition-DVD-Box an die Lederweste pinnen und – brumm, brumm – mit der Harley ausreiten. Es ist mit diesen Leuten passiert. Es passiert mit so vielen Leuten. Haltung im Alter: Ich fürchte, das ist ein sehr viel härterer Kampf als der gegen Bauch und Glatze.  

Ich würde jetzt gerne etwas sagen wie: „Aber sorgt euch nicht, uns wird das nicht passieren! Wir haben die Selbstreflektion mit der sauren Muttermilch aufgesogen! Wir ziehen die Notbremse, bevor das kommt.“

Aber das wäre vermessen. Und damit jetzt schon weit weg von Haltung.

Der Religionskater

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Mesut
*, 30  

Ich bin sehr religiös aufgewachsen, ich war jedes Wochenende in der Moschee, von Freitagabend bis Sonntagmittag, mit Übernachtung. Dort habe ich den Koran lesen gelernt und wurde unterrichtet. Die Gelehrten unterrichten den Glauben nie pur, sondern immer ihre Auslegung. Die Exegese meiner Lehrer war sehr konservativ und es wurde auch nie gefordert, das Gelernte zu hinterfragen, weder von der Gemeinschaft noch von meiner Familie. Das hat dazu geführt, dass ich lange sehr unkritisch war, außerdem antisemitisch und nationalistisch, das schwang immer mit. Für mich war zum Beispiel auch sofort klar, dass der 11. September ein "Inside Job" war. Das hört sich immer so krass absurd an, wenn ich das heute erzähle. 

Durch 9/11 hat aber auch ein anderer Prozess eingesetzt. Ich habe mich mit dem Thema beschäftigt, bin schnell bei Palästina und Israel gelandet und hab mit Leuten aus der linken Szene in Foren diskutiert. Dann kam der Moment, in dem ich dachte: "Fuck, die haben Recht!" Und in dem Moment wusste ich auch, dass alles, was ich vorher geglaubt habe, Bullshit war – wirklich in dieser Konsequenz.

Meine Erziehung wirkt heute trotzdem noch stark nach. Mir wurde zum Beispiel immer gesagt: "Wenn du das und das nicht machst, dann landest du in der Hölle!" Und die Hölle im Islam ist nicht irgendein Ort, von dem man nicht so genau weiß, wie es da aussieht, sondern sie wird sehr konkret beschrieben, mit Gitterstäben, Feuer, einer Hitze, die du nicht aushalten kannst, und mit sieben verschieden schlimmen Stufen. Es gibt sehr viele Angstnarrative in dieser Religion. Andererseits sagt man dir aber auch, dass du nach einem guten Leben stirbst und dann wachst du wieder auf und alle sind da.

Das alles hat sich wirklich tief in mich eingebrannt, aber lange wollte ich mich gar nicht damit beschäftigen. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich es machen muss und nicht davor weglaufen kann. Jetzt realisiere ich Stück für Stück, dass nach dem Tod wahrscheinlich nichts kommt. Manchmal bekomme ich deswegen Panikattacken, weil das im ersten Moment so eine krasse Ausweglosigkeit bedeutet, das gesamte Netz, das ich mir aufgespannt hatte, ist ja jetzt weg. Dann denke ich: "Ich darf nicht sterben, ich muss für immer leben!" Das passiert immer wieder. Wenn ich zum Beispiel Filme sehe, in denen es um den Tod geht. Oder "Gravity", wo du das Weltall siehst, wo gezeigt wird, wie zufällig alles ist – das schüttelt mich dann noch mal extrem durch.

Ab und zu denke ich immer noch: Wenn ich sterbe und es gibt das alles doch, dann gehe ich durch meine Erziehung wahrscheinlich immer noch als jemand durch, der gut gelebt hat. Ich weiß nicht, ob es dann was hilft und klar benehme ich mich auch betrunken manchmal wie ein Idiot oder bin auch mal egoistisch, aber ich glaube, alles in allem ist es schon okay, was ich mache.

Ich bin aktuell nicht gläubig. Beziehungsweise versuche ich mich damit anzufreunden, dass es aufhört.  Aber ich denke, ich bin trotzdem noch religiös – wie ich mich verhalte und wie ich mit Menschen umgehe, das ist religiös geprägt. Es tut gut, sich von den schlechten Sachen zu lösen, den faschistischen Aspekten zum Beispiel, aber den Rest zu behalten. Und ich habe zum Glück auch nicht komplett den Halt verloren. Der Gedanke, der mit hilft, ist, so kitschig das auch klingt, die Zeit, die man hat, als Geschenk zu begreifen. Und die Momente, in denen das klappt, die sind wirklich, wirklich cool.

*Name geändert

Auf der nächsten Seite: Misha, ehemaliger Zeuge Jehovas, erzählt, warum er lange Zeit Angst vor Geistern hatte.
[seitenumbruch]Misha, 32 

Ich bin von den Zeugen Jehovas ausgeschlossen geworden. Ich bin also nicht im eigentlichen Sinne ausgestiegen, sondern den Umweg über eine "Sünde" gegangen, indem ich mit einer Frau geschlafen habe, mit der ich nicht verheiratet war, und das gestanden habe. Das führte dazu, dass mir die Gemeinschaft entzogen wurde. Ich habe das gemacht, weil ich Angst vor der endgültigen Abgrenzung vom Glauben und den Konsequenzen hatte. Obwohl ich mein ganzes Leben lang immer wieder Zweifel hatte, aber eher an mir selbst als am Glauben – ich dachte dann eher, dass mit mir etwas nicht stimmt; nicht, dass am Glauben etwas falsch sein könnte. Ich habe das schon für die Wahrheit gehalten, was mir eingetrichtert wurde. Es hat darum sehr lange gedauert, bis ich mich endgültig abnabeln konnte. Lange Zeit habe ich alles verdrängt. Als ich angefangen habe, mich mit professioneller Hilfe der Vergangenheit zu stellen, habe ich verstanden, welche Mechanismen auf mich gewirkt haben.

Gott habe ich mich nie nah gefühlt. Ich würde das bei mir eher als Aberglaube bezeichnen, eine Angst, das vorhergesagte Armageddon nicht zu überleben. Mein Antrieb war einfach: Ich möchte nicht sterben. Noch lange nach meinem Ausstieg hatte ich Angst, dass Armageddon doch eintritt, wenn irgendwo auf der Welt ein Erdbeben war.

Bei den Zeugen Jehovas wird einem Angst vor satanischem Einfluss gemacht und man soll zum Beispiel Filme vermeiden, in denen Zauberei vorkommt oder okkulte Dinge getan werden, weil man sich dadurch Dämonen ins Haus holt. Diese Angst hatte ich auch noch sehr lange. Ich hatte Panikattacken, war völlig verzweifelt, habe gezittert, hatte Schweißausbrüche, Nervenzusammenbrüche. Einmal habe ich nur den ersten Absatz einer Rezension des ersten Teils des Films "Paranormal Activity" gelesen und konnte danach ein halbes Jahr lang nicht mehr einschlafen, ohne dass der Fernseher lief, weil ich sonst bei jedem Geräusch Angst hatte, dass Dämonen im Haus sind. Mir war schon klar, dass das mit meiner Vergangenheit zusammenhängt, aber es war irgendwie immer noch der Glaube da, dass es stimmen könnte. Ich musste mich wirklich damit konfrontieren und habe das im Rahmen einer Therapie auch getan.

Heute bin ich zwar nicht von meinen Ängsten "geheilt", aber dadurch, dass ich mich intensiv damit beschäftigt habe, endet die Angst noch vor der Stufe, wo es für mich unkontrollierbar wird. Wenn mich in einem Film eine komisch verstellte Geisterstimme erschreckt, setzen Mechanismen ein, die mich davor beschützen. Rational betrachtet ist es so: Erstens glaube ich nicht an Geister und zweitens, wenn es sie doch gibt, wer sagt, dass sie böse sind?

Misha hat über seinen Ausstieg das Buch "Goodbye, Jehova!" geschrieben, das vor Kurzem erschienen ist.

Auf der nächsten Seite: Gabriel, streng katholisch erzogen, erzählt, warum er kein Atheist sein kann.
[seitenumbruch]Gabriel*, 25  

Ich wurde katholisch erzogen und komme aus einer sehr, sehr frommen Familie. Zwei meiner Tanten sind Nonnen, ein Onkel ist Mönch. Ich steckte also von Kindesbeinen an sehr tief drin im Glauben. Natürlich war ich Ministrant.

Mit 15 habe ich Bücher in die Hände bekommen, die meinen Glauben erschütterten, das fing ganz klassisch mit Nietzsche und Freud an. Ich habe angefangen, alles zu hinterfragen und wurde Atheist. Meine Mutter hatte in dieser Phase tatsächlich Angst, dass ich in die Hölle komme, weil ich mich von Gott abwende, aber das ist nie richtig bis zu mir vorgedrungen. Trotzdem hat das mit dem Atheismus bei mir nicht richtig funktioniert – ich hatte Nachwehen, weil mir meine Erziehung und der Habitus noch zu sehr in den Knochen steckten. Ich konnte nicht einfach entscheiden, mich abzunabeln, nicht einfach von heute auf morgen sagen "Ich glaube nicht mehr daran!" Zum Beispiel habe ich mich immer wieder dabei erwischt, wie ich in schwierigen Zeiten Stoßgebete zum Himmel geschickt habe, das passierte ganz automatisiert.

Weil das mit dem Atheismus nicht so richtig hinhaute, beschloss ich Agnostiker zu werden – ich kann nicht beweisen, dass es Gott gibt, aber genauso wenig das Gegenteil, darum wollte ich, weil es mir am rationalsten erscheint, gar keine Meinung mehr dazu zu haben. Mittlerweile würde ich mich am ehesten als "Kulturkatholik" oder "säkularen Christ" bezeichnen. Ich gehe immer noch gerne in Kirchen – vor allem, wenn niemand da ist. Die stille  Erhabenheit imponiert mir nach wie vor. Außerdem hat die Bibel mich so stark geprägt, dass die Überlegungen, was gut und was ethisch richtig ist, sich oft heute noch nach den Prinzipien richten, die ich in meiner christlichen Erziehung verinnerlicht habe.

Eine Spätfolge ist vermutlich auch meine Abneigung gegen diesen pseudo-intellektuellen, antiklerikalen Reflex, also diese Anti-Haltung gegen alles Religiöse und die Herabstufung gläubiger Menschen auf eine geringere Entwicklungsstufe. Dafür bin ich sensibilisiert, weil ich während meiner eigenen Abkehr ebenfalls geglaubt habe, man müsse als gebildeter Mensch das Konzept der Religion verachten. Aber natürlich ist das Quatsch.

*Name geändert

Auf der nächsten Seite: Dieter Rohmann, Experte für Sekten- und Kultausstieg, über "gesunden Glauben" und die Momente, in denen er zu viel wird.
[seitenumbruch]Dieter Rohmann ist Diplompsychologe, berät vor allem Aussteiger aus Sekten und Kulten und arbeitet so tagtäglich mit Menschen, die eine Gemeinschaft verlassen und sich von einem Glauben abgewandt haben. Wie bewertet er den "Religionskater" von Mesut, Misha und Gabriel?



Dieter Rohmann

jetzt.de: Die Protokolle stehen unter dem Titel "Religionskater" – es geht also um Momente, in denen man die Nachwehen des früheren Glaubens spürt. Welche Formen davon kennen Sie?
Dieter Rohmann: Das Hauptproblem ist, dass Aussteiger geliebte Menschen hinter sich lassen müssen. Das ist die bitterste Pille, die sie schlucken: Oft merken sie, dass sie nicht um ihrer selbst Willen geliebt wurden, sondern immer nur, wenn sie im Glauben und der Gemeinschaft gehorsam agiert haben. Wenn sie davon abweichen, schlägt ihnen eine Eiseskälte entgegen und sogar die Familie zieht sich zurück. 

Mesut, Misha und Gabriel haben ganz unterschiedliche religiöse Hintergründe. Haben Sie beim Lesen der Protokolle trotzdem Gemeinsamkeiten festgestellt?
 
Ja, das ist sehr interessant: Bei allen dreien fällt der Begriff "Angst", bei Misha sogar sieben Mal. Bei Gabriel und Mesut geht es außerdem ein Mal beziehungsweise drei Mal um die "Hölle".

Es gibt also etwas, das alle religiösen Gemeinschaften, egal wie radikal oder liberal sie sind, gemeinsam haben. 
Da muss ich gleich widersprechen. Es ist richtig, dass alle Gemeinschaften, die wir als bedenklich erachten, als fremdbestimmend und totalitär, das gleiche Strickmuster haben, egal ob sie zum Beispiel einen christlichen oder einen islamischen Hintergrund haben. Aber die liberale Religiosität entspricht diesem Strickmuster nicht, weil das Maß der Kontrolle nicht so hoch ist. Für einen ganz normalen Katholiken, der ein Mal die Woche in die Kirche geht, kann Glaube und Religiosität etwas sehr Stützendes, im Alltag Hilfreiches sein und in Krisenzeiten stabilisierend wirken.  

Wo ist die Grenze?
Es kommt immer darauf an, in welchem Maß die Religiosität in den Alltag gehoben wird. Ist sie nur ein Bestandteil, der unter vielen anderen Bestandteilen im Leben mitschwingt? Oder bedeutet sie, 24 Stunden am Tag "das Richtige" tun zu müssen, das richtige Denken, das richtige Fühlen, das richtige Tun, im Sinne der jeweiligen religiösen Ausrichtung? Dann ist man permanent in einer Bringschuld und kann das Ziel doch nie erreichen. Bei dem Versuch, es zu erreichen und ein besonders frommer und demütiger Mensch zu sein, verbiegt man sich bis zum Brechen. Man kann das mit einem Esel vergleichen, dem eine Karotte vors Maul gebunden wird: Er weiß nicht, dass er das Ziel niemals erreichen kann. Aber er weiß, dass sich das, was ihm versprochen wird, ganz gut anfühlen könnte.  

Es geht also nie um Ziele, die man sich selbst setzt und man wächst ohne Selbstbewusstsein auf.
Ja. Mit den Begriffen "ich" und "selbst" können Aussteiger lange nichts anfangen. Auch bei Mesut und Misha ist eine gewisse Selbstwertproblematik erkennbar. Das heißt, sie wurden immer dann gelobt, wenn sie im Sinne ihrer Religion gehorsam waren. Wenn in solchen Gemeinschaften im Alltag etwas Gutes stattfindet, eine gute Note in der Schule zum Beispiel oder ein erfolgreicher Vertragsabschluss, dann gebührt die Ehre immer einem Gott, man darf sie sich nie selbst zusprechen, das wäre stolz. Diese Menschen müssen später mühsam lernen, dass sie als Person gemeint sind, wenn ein Lob ausgesprochen wird. Dass sie Individuen sind, die liebenswert sind, unabhängig davon, was sie glauben.  

Ist es Voraussetzung für frommes Dasein, dass man sich selbst aufgibt?
 
Ja. In christlich-fundamentalistischen Bewegungen wird zum Beispiel die Bibel herangezogen und drin steht: "Werdet wie die Kinder". Das bedeutet, dass man seinen rationalen Verstand reduzieren und seinem Herzen vertrauen soll – das gefälligst das zu sagen hat, was die Vorgesetzten formulieren. Wenn ich da reingeboren werde, fange ich gar nicht erst an, rationale Zusammenhänge herzustellen, weil das verpönt ist und oft damit abgewiegelt wird, dass Satan die Saat des Zweifels in einem gesät hat oder dass man Dämonen Einlass gewährt hat. Normale Diskurse finden so gar nicht statt. Viele Aussteiger haben nie gelernt, Konflikte auszutragen und zu streiten. Genauso müssen viele auch lernen, über Witze zu lachen. Humor gab es in ihrem Leben bisher ja nicht.  

Es herrscht ein negatives Weltbild vor?
 
Die Mechanismen sind in diesen Gemeinschaften immer dieselben: Sie definieren zuerst, was nicht funktioniert, was Schuld und Sünde ist. Dann sagt ein Suchender: Stimmt, das hat alles keinen Sinn. Und dann kommt der, der das Licht ausgeknipst hat, drückt ihm eine Kerze in die Hand und sagt: Ich kann dir den Weg aus dem Schlamassel zeigen.

Misha und Mesut erzählen von der Angst, die ihnen mit der Religion gemacht wurde, Gabriels Mutter hatte ebenfalls Angst, dass er in die Hölle kommt. Wieso wird Glaube so oft auf Angst aufgebaut?
 
Ich habe für die Therapie ein Gedankenexperiment entwickelt: Stellen Sie sich vor, Sie wären auf einer Südseeinsel aufgewachsen und hätten diesen Gott, mit dem Sie aufgewachsen sind, nie kennengelernt – ist es möglich, dass Sie dann auch bestimmte Schuldgefühle niemals kennengelernt hätten? Da merkt man oft, dass erst mit der Definition des jeweiligen Gottes Angst und Schuld ins Leben eingekehrt sind. Das ist problematisch. Wieso sollte ein Gott es nötig haben, diese Instrumente einzusetzen, damit an ihn geglaubt werden kann? Ich denke, dass das zutiefst menschengemacht ist.  

Andererseits machen ein starker Glaube und eine religiöse Gemeinschaft es einem auch leicht: Es gibt feste Regeln, feste Definitionen für Gut und Böse. 
Es ist eher ein Dilemma. Die Menschen sind es gewohnt, in Extremen zu denken und zu handeln. Sie dürfen die Farben zwischen schwarz und weiß, all das Kreative und Schöpferische, gar nicht wahrnehmen. Wir nennen das in der Psychologie auch das verabsolutierte dichotome Denken. Alle Regeln sind absolut, da gibt es keinen Spielraum, und dichotom bedeutet, dass es entweder schwarz oder weiß, gut oder böse, gibt – und keine Zwischentöne. In einer Übung lege ich einen Meterstab auf den Boden und frage meine Klienten, was sie sehen, abgesehen vom Meterstab natürlich. Dann sagen die meisten: "Null und hundert." Die 99 Möglichkeiten dazwischen sehen sie nicht und müssen es nachträglich lernen. Das ist sehr mühsam.  

Wenn man aus einer Gemeinschaft aussteigt, was bereitet einem im Bezug auf den konkret fehlenden Glauben die größten Probleme? 
Das Gefühl der absoluten Orientierungslosigkeit. Man befindet sich im luftleeren Raum, in einem schwebenden Zustand. Diese Phase ist sehr schwierig, sie wird bezeichnet als "nicht mehr, noch nicht": Das Alte hat keinen Bestand mehr, aber ich habe noch nicht das Neue für mich gefunden. Man muss also anfangen, alles neu zu definieren, was vorher der Glaube deutlich definiert hat. Was ist richtig, was ist falsch? Was ist ethisches, moralisches Verhalten, was nicht? Was ist nötig, was ist unnötig? Was kommt nach dem Tod? Woher komme ich, wohin gehe ich? Meine Arbeit hat viel damit zu tun, Menschen behutsam näherzubringen, dass es vielleicht nicht auf jeden Frage eine Antwort geben muss. Diesen Punkt zu erreichen ist ungemein befreiend.  

KW 44: Wir haben verstanden

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In München kann man 39 Euro für ein Hostelbett in einem Mehrbettzimmer zahlen.

Einen alten Fernseher wird man in München durchs auf die Straße stellen nicht los.

Wenn es ein "Wir" geben sollte, dann wär das echt mal kompliziert!

DJs sind offenbar doch mehr als nur Jukeboxen mit einem Gespür für Atmosphären?

Schnurrbartblindheit ist, wenn man noch denkt, dass jemand anders aussieht, aber nicht checkt, dass er auf einmal einen Schnäuzer im Gesicht hat.


Manchmal ist die Lösung einfach ein Reisgericht– sogar bei Ausbeutung.





Immer erst jammern, dann denken! Ayse hat es schwerer als Anna.

Hilft bei allem und gegen alles: Sich mit ganz vielen Freunden auf einmal in ein Bett legen.

Irritierend: Wenn sich Menschen, die man schon tausend Mal gesehen hat, auf einmal mit Handschlag bei einem vorstellen.

Stephan Weil ist übrigens Ministerpräsident von Niedersachsen (falls es jemand schon wieder vergessen haben sollte).

Bei Ehrenamtstreffen sind 95 Prozent der Teilnehmer Frauen.

Niemals angesehener YouTube-Videos sind das Traurigste auf der Welt.

Niemals angesehene YouTube-Videos ansehen ist auch das Traurigste auf der Welt (aber manchmal auch das Lustigste) (oder Langweiligste).



Der Sonntag mit: Verena Güntner

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Name: Verena Güntner
Alter: 36 Jahre
Geburtsort: Ulm
Wohnort: Berlin
So erkläre ich meinen Job meiner Oma: Ich schreibe Bücher.
Mein liebster Wochentag: Samstag, weil ich gerne Ausflüge mache.
Aktuelles Projekt: "Es bringen", mein im August erschienener Debütroman, mit dem ich zur Zeit unterwegs bin.


00:28 Uhr: Die Buchmesse geht zuende, ich war das erste Mal dort. Bei der Open Books Party sind wir an den Turntables. Gerade ist unser Lektor im Einsatz. Unser größter Hit: "Rhythm is a dancer". Wir können keine Übergänge, aber Mainstream.




01:50 Uhr: Zurück im Hotel wartet, wie die letzten vier Tage auch, Napoleons Gespenst auf mich.




02:02 Uhr: Als Teenager arbeitete ich mehrere Jahre in einem kleinen Programmkino. Wenn zur Nachmittagsvorstellung mal keiner kam, ließen wir den Film oft trotzdem laufen. Wir fläzten mit großen Popcorntüten in der letzten Reihe. Manchmal schliefen wir auch ein und wurden erst wieder wach, wenn schon Leute für die Abendvorstellung im Saal standen und mit Geldscheinen winkten. "Vorhof der Hölle" lief irgendwann in den Neunzigern, ich hatte fast die gleiche Frisur wie Gary Oldman (Beweis folgt).




11:18 Uhr: Dreieinhalb Tage und vier Nächte Buchmesse: Bitte imaginieren Sie.




11:23 Uhr: In Frankfurt-Süd bleibt der Zug wegen einer Signalstörung erstmal liegen. Viel Zeit, um die leere Werbefläche mit Luis' Tag zu überziehen. Luis ist 16 und die Hauptfigur in meinem Roman. Er hat ein Zeichen, das er überall hinkritzelt und das sein Motto symbolisiert: Ich bin der Trainer und die Mannschaft. Das T trägt dabei das M auf den Schultern. Als ich endlich meinen Filzer im Koffer finde, fährt der Zug plötzlich wieder an...




11:36 Uhr: ... und ich muss auf eine andere Fläche ausweichen (für Vandalismus im Zug finde ich mich halt zu alt).




13:52 Uhr: Kurz vor Hannover sehe ich die ersten Sonnenstrahlen seit vier Tagen. Ich kann es nur schwer fassen.




16:26 Uhr: Noch mehr Sonne auf dem Weg nach Hause. Hallo Berlin.




16:51 Uhr: Kaum daheim, kommt schon das lyrikbegeisterte Nachbarskind zu Besuch.




20:10 Uhr: Jetzt reicht's aber!




22:21 Uhr: Ach so. Der noch ausstehende Fotobeweis zur Frisur von 1992. Gute Nacht.

So wird die KW 45

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Wichtigster Tag der Woche? Sonntag. Wieso? 25 Jahre Mauerfall! Naja, so wichtig ist mir das persönlich eigentlich nicht. Aber ein spannendes Jubiläum ist es allemal, zu dem es sicher interessante Artikel zu lesen geben wird.

Kulturelles Highlight? Am 7. November ist Darmtag. Spätestens seit dem Bestseller „Darm mit Charme“ wissen wir ja, dass über den menschlichen Körper zu reden spannend und hilfreich zugleich sein kann. Schämen wir uns nicht länger!

Politisch interessiert mich... ...das Thema Jugendarbeitslosigkeit. Ich bin die ganze Woche über in Berlin bei einem Workshop darüber. Während wir in Deutschland EU-weit die niedrigste Jugendarbeitslosenquote haben, ist sie in Spanien am höchsten. Bei dem Projekt in der Hauptstadt treffen sich deshalb je 20 junge Leute aus beiden Ländern, um miteinander und mit Experten über Probleme und Lösungen zu diskutieren. 

Soundtrack: Ich höre ja bekanntlich gerne Hip-Hop. Bei iTunes habe ich nun einen neuen Rapper aus Hamburg entdeckt, von dem es ein Lied gratis gab. Der nennt sich Disarstar, hat gerne mal etwas düstere Beats und Texte mit Niveau. Anspieltipp: „Demontage“.

http://www.youtube.com/watch?v=6FK7KjSW3fo

Wochenlektüre: Letzte Woche habe ich mir das neue Themenheft der Monatszeitung „Le Monde Diplomatique“ bestellt, in dem es um das Thema Überwachung geht. Seit den Snowden-Enthüllungen und den Skandalen um NSA, BND und Co. interessiere ich mich sehr für so etwas und freue mich deshalb auf die Lektüre.

Kinogang? Ins Kino gehen steht bei mir momentan aus Spargründen immer noch nicht auf dem Programm. Für den Workshop (siehe oben) muss ich mir zudem viel Hintergrundwissen aneignen und möchte dafür auch einige Berichte zum Thema Jugendarbeitslosigkeit anschauen, die ich auf YouTube entdeckt habe.

Geht gut diese Woche: Spanisch lernen. Ich kann bereits einige Sätze und habe mir vor einiger Zeit ein Buch zum Lernen gekauft. Jetzt möchte ich langsam mal wirklich damit anfangen. Der Workshop bietet da einen willkommenen Anlass dazu, auch wenn die Arbeitssprache Englisch sein wird.

Geht gar nicht: Jetzt.de lesen. Weil ich dann traurig bin, dass ich nicht mehr Praktikant bin. Aber vielleicht gibt es ja irgendwann trotzdem wieder etwas von mir hier zu lesen!

Tagesblog - 3. November 2014

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5:23 Uhr: Der frühe Vogel fängt... Jaja, ihr kennt das. Aber nachdem ihr mir letzte Woche noch vorgehalten habt, meinen ersten Auftritt als Tagesblogger verschlafen zu haben, gehe ich heute auf Nummer sicher und begrüße euch mit einem "Moin!", das diesen Namen auch verdient. Um diese Uhrzeit quälen sich die jetzt-Mitarbeiter nämlich für euch aus dem Bett, wenn sie für euch tagesbloggen (zumindest, solange sie noch keine Wohnung in München haben und pendeln müssen - ab 15.11. wohne ich arbeitsnäher und kann ausschlafen).

Die nächsten paar Stunden herrscht hier Funkstille, weil ich ich meine ebenfalls zum frühmorgendlichen Aufstehen verdammte Leidensgenossen in öffentlichen Verkehrsmitteln angähnen werde, aber zumindest habe ich euch hiermit schon mal zugewunken. Habt einen guten Start in die Woche, bis später!

Symboldbild für meinen Gemütszustand:
 

 

Was machst du an Silvester?

Abwasch der Vampire

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Was machen Vampire eigentlich, wenn sie nicht gerade mit all den bizarren Dingen beschäftigt sind, von denen sonst im Kino immer erzählt wird? Während die Flut der neuen Vampirfilme den Thrill des Genres sucht, haben es die Neuseeländer Taika Waititi und Jemaine Clement auf den eher banalen Blutsauger-Alltag abgesehen – als könne man dem Leben von Vampiren mit den Mitteln des Reality TV beikommen, im subversiven Mockumentary-Stil.

Schnell stellt sich dabei freilich heraus, dass in der VG, der Wohngemeinschaft der Vampire in einem alten, verfallenen Haus im neuseeländischen Wellington die Jagd aufs nächste Opfer und die Flucht vor Knoblauchzehen, Sonnenstrahlen und Silberkugeln nur den allerkleinsten Teil des Tagesablaufs ausmachen. Stattdessen geht es wie in jeder anderen WG um zermürbende Streitereien: Wer spült die Berge blutverklebten Geschirrs ab? Könnt ihr nicht Handtücher auf meinem guten Sofa ausbreiten, bevor Ihr euren Opfern die Halsschlagader durchbeißt? Und kann mir mal jemand sagen, wie mein Ausgeh-Dandy-Look aussieht, schließlich kann ich mich im Spiegel ja nicht sehen ...



Eine ganz normale Blutsauger-WG

Im ersten gemeinsam inszenierten Spielfilm wenden Taika Waititi und Jemaine Clement ihre eigenen normalsterblichen WG-Erfahrungen auf den mythischen Lebensstil der Vampire an: „Als wir die Idee hatten, lebten wir in dunklen, kalten Häusern, in denen niemand das Geschirr gespült hat“, erzählt Taika Waititi beim Gespräch im Berliner Soho House. Der Kniff, das Hochtrabende mit dem Banalen zu verschmelzen, etwas völlig Abgefahrenes mit stoischer Miene zu präsentieren, war bereits erfolgreich beim Comedy Duo „Flight of the Conchords“, mit dem Jemaine Clement und sein Partner Bret McKenzie von neuseeländischen Kleinkunstbühnen aus die Welt eroberten: „Ich denke, dass wir in den meisten unserer Unternehmungen etwas ziemlich Dusseliges auf eine sehr ernsthafte Weise angehen“, sagt Clement und trägt dabei diesen schläfrig pseudonaiven Conchord-Blick zur Schau.

„Flight of the Conchords“ ist Stand-up- Comedy im Singer-Songwriter-Modus, mit Gitarren auf dem Barhocker, in ausgebeulten T-Shirts und unförmigen Jeans, mit ungebändigtem Haarwildwuchs und gelangweilter Deppenmiene, als ginge es keinen Augenblick darum, Aufmerksamkeit zu erregen. Ein Spiel mit dem totalen Understatement, sozusagen aus dem eigenen Badezimmer heraus, in dem die Toilette der Firma Concorde den Nonsense-Namen des Duos inspiriert hat.

Doch der Nerd aus der Highschool, der auch zwanzig Jahre später noch nicht erwachsen ist, ist nur Tarnung für den ziemlich scharfen Verstand und die sehr genaue Beobachtungsgabe, mit der hier die Absurditäten der Wirklichkeit aufs Korn genommen werden, der alltägliche Rassismus oder der unermüdliche Clinch der Geschlechter. Zum Beispiel in dem Sketch „If you’re into it“, den man neben vielen anderen Conchord-Highlights auf Youtube sehen kann. Die überschwänglichen Versprechungen romantischer Liebeslyrik werden da auf ihren Realitätsgehalt geprüft: „Würdest du wirklich den höchsten Berg für sie erklimmen?“, fragt Jemaine seinen Freund Bret. – „Wahrscheinlich eher nicht“, räumt der ein. „Und würdest du wirklich ein Schwert für sie schlucken?“ – „Nein, alles nur Metapher!“ – „Na, dann geh das Ganze doch mal realistischer an!“ Also schmachtet Bret die Geliebte mit prosaischen Sätzen an: Gerne würde ich mit dir rumhängen. Und wenn es dir gefällt, ziehe ich auch alles für dich aus! „How about him in the nude? Him in the nude in front of you, is that what you wanted too?“, skandiert von der Seite Jemaine, und das Mädchen schwankt angesichts dieser entwaffnend direkten Anmache zwischen ungläubigem Staunen und echter Rührung, „If it’s cool with you Iwould let you get naked too ... “

Grandios albern ist auch der Gangster-Rap-Battle zwischen Hiphopopotamus-Jemaine und Rhymenoceros-Bret. Die Gesten stammen aus der Hood, doch die Reime sind in ihrem reinen Irrsinn ein Angriff auf die inhaltslose Großspurigkeit und den Sexismus der Rapstars: „My rhymes are so potent Imake all the ladies in the first row pregnant“, gibt Jemaine an. Damit haben es „Flight of the Conchords“ immerhin zu einer BBC Radio Show und einer HBO-Fernsehserie gebracht, bei der Taika Waititi einige Folgen inszeniert hat. Nun kreuzen Waititi und Clement die Kulturgeschichte der Vampire mit ihren Wellington-WG-Erfahrungen: „Da geht es wirklich nur um uns! Die Vampire gehen in dieselben Bars, in die wir damals gingen, und dann treffen sie diesen jungen, interessanten Typen, den wir damals getroffen haben ...“

Im Film ist das der Neu-Vampir Nick, der die etwas altmodischen Kollegen mit moderner Unterhaltungselektronik vertraut macht, die ihnen auf Youtube das gefahrlose Bestaunen eines Sonnenaufgangs ermöglicht. Neben dem 183-jährigen Dandy Deacon, dem Jüngsten in der Runde, und dem mit 8000 Jahren Ältesten, Petyr, der offensichtlich mit Murnaus Nosferatu verwandt ist, spielt Waititi den 379-jährigen Viago, der pedantisch auf der Einhaltung der WG-Hausordnung beharrt, und Clement den genüsslich abgründigen Vladislav, der mit seinen 862 Jahren eine Vorliebe für mittelalterliche Foltermethoden pflegt.

Den Film hätten sie gut auch in Hollywood produzieren können, doch auf die Kompromisse dort hatten sie keine Lust: „Ich glaube, dass mein amerikanischer Agent mich inzwischen aufgegeben hat, weil ich nie tue, was sie dort wollen“, sagt Waititi mit subversivem Grinsen: „Eine Weile dachte ich, Amerika ist ganz schön cool und aufregend. Inzwischen ist es mir egal, ob ich dort akzeptiert werde oder nicht. Ich tue lieber, was mir gefällt – und fühle mich für den Rest meines Lebens gut damit!“

Clement hingegen flirtet auf seine Weise mit Hollywood, er spielte in „Men in Black 3“ den finsteren Alien „Boris the Animal“, mit wilder Mähne unter Rocker-Bandana, mit Lennon-Sonnenbrille und einem Monsterinsekt, das ihm aus der Handfläche kriecht. Oder auch dem bösen Kakadu seine Stimme leiht, der gegen die Helden der Dschungelanimation „Rio“ intrigiert. Der erste gemeinsame Film war die skurril melancholische Liebesgeschichte „Eagle versus Shark“, die in der Berlinale Sektion Generation 14plus vor einigen Jahren ein kleiner Hit war. Damals spielte Clement nur, jetzt fungieren sie nach dem Stand-up-Prinzip gemeinsam als Stars, Autoren und Regisseure, wobei Clement nach eigenem Bekunden für mehr Albernheit sorgt: „Taika hat sehr viel über traurige Familienverhältnisse reingeschrieben. Eine Weile hatte ich schon befürchtet, dass ich meinen Freund ans Drama verliere. . .“

Wie ihre Vampire sind auch Waititi und Clement als Halb-Maoris Außenseiter der Gesellschaft: „Für den Anfang unserer Freundschaft war es wichtig, dass wir zugleich Maoris und Weiße sind“, sagt Clement: „Wir passen in keine der Welten, und dass wir so gut befreundet sind, hat auch damit zu tun, dass wir unter unseren Freunden eine ganz eigene Spezies bilden, eine Rasse, der nur wenige angehören.“
Clements besondere Faszination für Vampire rührt von einem Kindheitstrauma, als er eines Nachts aufwachte und ins Wohnzimmer ging, wo seine Mutter einen dieser richtig üblen Siebziger Vampirfilme anschaute: „Danach hatte ich den Rest meiner Kindheit Albträume. Wenn man dann aber mal etwas genauer über Vampire nachdenkt, wird die Logik der Mythologie zum Teil recht fragwürdig: Was zum Beispiel passiert mit den Kleidern, wenn sie sich in Fledermäuse verwandeln? Verschwinden die einfach und tauchen dann wundersamerweise wieder auf?“

Auch wenn „5 Zimmer Küche Sarg“ heute wie ein Gegenmittel zu den goldbestäubten Vampiren des Mainstream-Kinos anmutet, stammt die ursprüngliche, bereits in einem Kurzfilm durchprobierte Idee aus einer Zeit lange vor dem „Twilight“-Boom: „Als wir anfingen, den Film vorzubereiten, hat uns das sehr geholfen“, sagt Clement „weil Vampire so ein heißes Ding waren. Als wir dann fertig waren, rollten die Leute nur noch mit den Augen. Und jetzt freuen sie sich, dass sich mal jemand darüber lustig macht!“ Eine Inspiration verdanken sie „Twilight“ dann allerdings doch: Durch die Serie kamen die Werwölfe ins Spiel, die im Wellington der Gegenwart zur rivalisierenden Proll-Gang mutiert sind.

Umworben und gefürchtet

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Auf dem Gelände der Technischen Universität München riecht es nach Bratwurst und Döner. Vor zwei Imbissbuden reihen sich Studenten auf, bestellen Fast Food und klagen über harte Klausuren. Li Ying, volle Backen, schwarze Haare, nimmt davon keine Notiz und steuert auf ein großes Gebäude zu. Der 24-Jährige studiert Informatik im dritten Mastersemester. Es ist ein hartes Studium mit viel Mathematik. Er muss sich deshalb ranhalten, muss noch etwas arbeiten. Ying hat seinen Bachelor an der Universität Wuhan in China abgelegt. Dort traf er einen deutschen Austauschstudenten. Dieser schwärmte von „German Engineering“, guten technischen Hochschulen wie der TU München. Ying bewarb sich für einen Master in Deutschland und ergatterte einen Platz. Ihm gefällt es an der TU München. Das Studium habe einen hohen Praxisanteil und sei kostenlos, sagt er. Und: „In meiner Heimat genießen deutsche Universitäten einen exzellenten Ruf.“



Vorurteil oder reale Bedrohung? Chinesische Studenten werden vom Verfassungsschutz misstrauisch beobachtet.

Li Ying ist einer von rund 25500 Chinesen, die in Deutschland studieren. Aus keinem anderen Land kommen mehr Menschen an die hiesigen Hochschulen. Laut dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) führen die Chinesen schon seit Jahren die Liste an. Häufig schreiben sie sich für Fächer wie Maschinenbau und Elektrotechnik ein. Aber auch die Wirtschaftswissenschaften haben guten Zulauf. „Zwei Drittel der chinesischen Studierenden kommen für ein Masterstudium“, sagt Thomas Schmidt-Dörr, Direktor des Pekinger DAAD-Büros. Funktioniert diese deutsch-chinesische Kooperation? Und: Schadet den Chinesen das weit verbreitete Image, Produkte zu kopieren und zur Konkurrenz heranzuwachsen?

Die Universitäten jedenfalls haben sich auf die vielen chinesischen Studenten eingestellt. Besonders die technischen Universitäten werben aktiv und unterhalten oft Partnerschaften mit Hochschulen in China. So kooperiert das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) seit 2012 mit dem Pekinger Institut of Technology. Gemeinsam wählen sie talentierte Studenten mit guten Deutschkenntnissen für das Studium in Deutschland aus. Nahezu jede international vernetzte Universität in Deutschland bietet spezielle Sprechstunden und Mentorenprogramme an. Die TU München richtete in diesem Jahr sogar das chinesische Mondfest im Audimax aus.

Trotz diverser Auswahlverfahren studieren an deutschen Universitäten nicht nur junge Genies aus China. Es gibt Überflieger. Und es gibt Problemfälle. Die Gruppe der chinesischen Studenten sei so heterogen wie die der deutschen, heißt es vom Verband der neun technischen Universitäten (TU9). Carsten Proppe kennt die Studienleistungen der Chinesen gut. Wenn der Studiendekan der Maschinenbaufakultät des KIT seine Vorlesung um acht Uhr morgens beginnt und er gegen 7.45 Uhr den Saal betritt, sind die Chinesen schon da. Erste Reihe, Mitte, Bücher links, Schreibblock rechts. „Die deutschen Studenten trudeln dann so gegen acht oder später ein“, sagt er. Und schmunzelt. Proppe erlebt die chinesischen Studenten als motiviert und fleißig, bessere Note schreiben sie aber nicht. Beim Punkt Kreativität beobachtet er Unterschiede, was ihm besonders bei Bachelor- und Masterarbeiten auffällt. Chinesen arbeiten zwar zielstrebig und strukturiert, „sie brauchen aber oft Anleitung“, sagt er. Deutsche und andere europäische Studenten sieht er hingegen mal ein paar Wochen nicht, „dann aber überraschen sie mit einer intelligenten Lösung“.

China und Deutschland, das sind manchmal zwei Welten, die nicht zusammenpassen wollen. Jianfen Chen hat das selbst erlebt. Nach einem Studium in China kam er vor 15 Jahren nach Heidelberg, um Wirtschaftswissenschaften zu studieren. In wenigen Wochen beendet er seine Promotion. „Die Deutschen sind direkt, sagen, was sie denken – daran habe ich mich gewöhnen müssen“, erinnert sich Chen. Mittlerweile schätzt er die deutsche Offenheit, die Gründlichkeit. „Alles funktioniert zuverlässig“, sagt er. Seit Kurzem engagiert sich Chen im GCC Heidelberg. Das ist ein von Studenten geführter Verein, der Kommilitonen beim Start in Deutschland hilft, „damit sie sich schnell in der fremden Kultur zurechtfinden“, sagt Chen.

Nicht nur Universitäten und Studentenvereine, auch viele Unternehmen heißen chinesische Nachwuchsakademiker willkommen. Für den deutschen Mittelstand und Großkonzerne ist das Asiengeschäft überlebenswichtig. Qualifizierte, internationale Absolventen seien gefragt, heißt es bei der Hochschulrektorenkonferenz. Einige Unternehmen sehen das ähnlich. „China ist ein aufstrebender Markt“, sagt Torsten Fiddelke, Pressesprecher beim Automobilzulieferer ZF-Friedrichshafen. „Eine vielfältige Belegschaft aus unterschiedlichen Kulturkreisen ist uns immens wichtig.“ Eine Gefahr für deutsche Ingenieure seien die Kollegen aus China nicht. Beide seien gefragt, sagt Fiddelke.

Die Verfassungsschutzbehörden blicken dagegen mit Sorge auf die Entwicklung. Es sei davon auszugehen, dass einige der Studenten für ihr Heimatland spionierten, heißt es beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Laut dem Geheimdienst müssen sich chinesische Studenten bei der Einreise in der Botschaft oder einem Konsulat melden. Sie sind aufgefordert, regelmäßig an Botschaftstreffen teilzunehmen, was die meisten auch tun. Die Regierung weiß so genau, wo welcher Student studiert und ein Praktikum leistet – und könne ihn bei Bedarf anwerben, warnen die Verfassungsschutzbehörden. Auch einige Unternehmen wittern Gefahr. „Im persönlichen Gespräch äußern Firmen schon, dass sie bei chinesischen Praktikanten vorsichtig sind“, sagt Professor Proppe.

Li Ying, der Informatikstudent aus München, hat von der Sorge deutscher Unternehmen gehört. „Ich bin nicht zum Spionieren hier“, sagt er. Ying kann sich vorstellen, in Deutschland zu arbeiten. Das komme bei chinesischen Unternehmen gut an, glaubt er. Wäre da nur nicht die deutsche Küche. „Die schmeckt mir einfach nicht.“

„Wir nennen es stehlen“

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Zu einem beliebten Zeitvertreib unter Digital Natives gehört ja die Suche nach dem nächsten großen Ding. Deshalb war die Begeisterung groß, als es vor ein paar Monaten hieß, ein neues, besseres Facebook sei gefunden. Ello hieß das Netzwerk, und es versprach, die Daten seiner Nutzer zu schützen und keine Werbemaschine, also ganz anders zu sein als das Original. Doch die Begeisterung ebbte ebenso schnell ab, wie der Hype zu Beginn zunahm. Es gab halt wieder das gleiche Problem wie schon bei ein paar früheren Alternativen – gähnende Leere, kein Mensch aus dem eigenen Online-Freundeskreis war schon vor Ort. Nur die professionellen Social-Media-Söldner warteten auf den Normalo-Nutzer.



Facebook kostet zwar nichts - macht aber Profit mit den Daten der Nutzer.  

Ein weiterer selbst ernannter Facebook-Herausforderer startete Mitte Oktober. Tsu heißt das Netzwerk, und das Argument zum Wechseln könnte tatsächlich überzeugender sein als die Werbefreiheit. 90 Prozent der Anzeigenerlöse wollen die Gründer an die Nutzer ausschütten, den Rest behält man für den Betrieb der Plattform ein. Der Branchendienst Zdnet bezeichnete Tsu deshalb als „eine Mischung aus sozialem Netzwerk und Schneeballsystem“. Jeder Like, jedes Teilen wird auf einmal für bare Münze genommen. Aus dem sozialen wird auf einmal echtes Kapital. Ob die Einnahmen jemals mehr als ein paar Euro betragen werden, bleibt fraglich.

Letztendlich entsprechen die Tsu-Gründer mit ihrem Geschäftsmodell einer Forderung, die etwa Jaron Lanier, Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels, schon seit einiger Zeit formuliert. Lanier forderte in seinem Buch „Wem gehört die Zukunft“ eine Teilhabe der Nutzer an den Einnahmen der Netz-Imperien und visionierte ein weltweites Mikrobezahlsystem, von dem nicht nur Facebook oder Google profitieren, sondern jeder Nutzer, der wertvolle Inhalte erstellt.

Lanier ist damit nicht allein. Auch die Netzkünstlerin Laurel Ptak führt bereits seit einem Jahr eine Kampagne namens „Wages for Facebook“. Dort heißt es: „Sie nennen es Freundschaft, wir nennen es unbezahlte Arbeit. Mit jedem Like, jedem Chat und jedem Anstupsen verschafft unsere Persönlichkeit ihnen einen Profit. Sie nennen es teilen, wir nennen es stehlen.“
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