Quantcast
Channel: Alle Meldungen - jetzt.de
Viewing all 6207 articles
Browse latest View live

Wunschkonzert wann du willst

$
0
0
Im Zeitalter der Schallplatten, Kassetten und Tonbänder war die Sache klar: Um zu Hause jederzeit ein bestimmtes Musikstück abspielen zu können, brauchte man einen Tonträger. Sonst blieb nur: selber musizieren. Im Zeitalter des Internets löst sich diese Bindung auf. Musik kann man heute auch in elektronischer Form kaufen. Oder auch nur den Zugang dazu – die wichtigsten Fragen dazu im Überblick.

Was ist Musikstreaming?

Streamingdienste könnte man vergleichen mit einem Radio-Wunschkonzert auf Abruf: Die Anbieter halten in großen Rechenzentren bis zu 25 Millionen digitalisierte Musikstücke bereit. Wählt ein Kunde einen bestimmten Song aus, wird er in kleine Datenpäckchen zerlegt und als Strom von Daten – daher der Name – über das Internet auf ein Gerät des Nutzers übertragen. Auf diesem Gerät wird zunächst eine gewisse Menge dieser Datenpäckchen als Puffer gespeichert, dann wird das Stück abgespielt. Während es läuft, werden im Hintergrund weiter neue Daten geladen. Auf dem Gerät des Nutzers bleibt in der Regel nichts zurück. Einige Anbieter nutzen auch eine Technik, bei der Musikdaten auf den Geräten der Nutzer bleiben und von dort aus zu anderen Nutzern übertragen werden.



Mieten ist das neue Haben – auch in Sachen Musik: Der populärste Streamingdienst heißt Spotify.

Welche Anbieter gibt es?

Allein in Deutschland konkurrieren mittlerweile etwa 20 verschiedene Anbieter von Streamingdiensten für Musik miteinander. Zu den Größten gehören Spotify, Napster, Rara, Deezer, Simfy, Rdio, Juke, Amypa und Wimp. Auch Google bietet seit einigen Wochen Musikstreaming an.

Ist Musikstreaming legal?

Ja, alle Anbieter haben Verträge mit der Musikindustrie abgeschlossen, die es ihnen erlauben, die Daten auszuliefern. Das gilt auch für Napster. Der Streamingdienst war einst als sogenannte Tauschbörse gestartet, bei der Nutzer untereinander kostenlos Daten austauschen konnten. Der Streamingdienst, der mittlerweile zum amerikanischen Dienst Rhapsody gehört, hat mit dem ursprünglichen Unternehmen nur noch den Namen gemein.

Welche Geräte braucht man?

Streams können auf Smartphones, Tablets und Computern abgespielt werden. Für manche Dienste muss ein eigenes Programm installiert werden, manche – wie etwa der von Google – lassen sich auch über einen Browser abrufen. Darüber hinaus etabliert sich eine neue Klasse von Musik-Abspielgeräten, die ans Internet angeschlossen werden und Musik auch auf mehreren dieser Abspieler wiedergeben können. Ältere Stereoanlagen können Streams nicht ohne Weiteres abspielen, es gibt aber Zusatzgeräte, die man anschließen kann und die diese Fähigkeiten nachrüsten.

Was kostet Musikstreaming?

Die meisten Anbieter verlangen für eine Basis-Version fünf Euro pro Monat, für zehn Euro im Monat darf der Dienst auch auf mobilen Geräten genutzt werden. Einige der Dienste erlauben auch, eine begrenzte Anzahl von Titeln auf einem Gerät zu speichern, zum Beispiel, wenn man in den Urlaub fahren will und im Ausland kein mobiles Datennetz zur Verfügung hat. Einige Streamingdienste bieten auch ein sogenanntes Freemium-Modell an. Eine etwas eingeschränkte Version des Dienstes steht dabei kostenlos zur Verfügung, zusätzlich müssen die Nutzer auch Werbeeinblendungen hinnehmen.

Was bekommen die Künstler ab?

Während eine Band von einer verkauften CD bis zu drei Euro erhält, sind es bestenfalls einige Cent, wenn dasselbe Album gestreamt wird. Es macht also die Masse das Geschäft. Künstler, die eher kleinere Nischen bedienen, schneiden daher beim Streaming schlecht ab. Manche Künstler haben daher untersagt, dass ihre Musik gestreamt wird. Die Streamingdienste bezahlen auch die Gebühren für Verwertungsgesellschaften wie die Gema.

Wie viel Datenverkehr verursacht Musikstreaming?

Im Durchschnitt geht pro Minute Musik etwa ein Megabyte an Daten über die Leitung, je nachdem, mit welcher Qualität die Daten gestreamt werden. Wer die Dienste intensiv nutzt, sollte deshalb über eine Flatrate mit dem Internet verbunden sein, sonst kann es bei der Monatsabrechnung zu bösen Überraschungen kommen. Bei mobilen Datentarifen gibt es zwar auch Flatrates, doch in aller Regel sind diese nicht wirklich unlimitiert, sondern bieten zügige Anbindung nur bis zu einer gewissen Grenze, zum Beispiel 500 Megabytes pro Monat. Danach wird die Verbindungsgeschwindigkeit stark gedrosselt, für Streaming reicht es dann meistens nicht mehr. Um das Problem zu umgehen, bietet beispielsweise die Telekom einen speziellen Tarif in Kooperation mit dem Streamingdienst Spotify an. Die Streaming-Daten werden dabei nicht in das normale Datenkontingent eingerechnet. Um Daten zu sparen, werden an mobile Geräte in der Regel stärker komprimierte Musikdateien ausgeliefert.

Wie ist die Klangqualität?

Für Klangästheten ist schon der Kompromiss, den die Industrie für das CD-Format einging, zu weitgehend, weil er zum Beispiel die Dynamik – den Unterschied zwischen laut und leise – begrenzt. Die Qualität der meisten Streamingdienste liegt noch einmal darunter, weil die Musik von CDs vor der Übertragung komprimiert, also zusammengequetscht wird, um Datenvolumen einzusparen. Dabei geht immer etwas Klangqualität verloren, je nachdem wir stark die Dateien komprimiert werden. Eine der Ausnahmen ist der Dienst Wimp, der ausschließlich verlustfrei gespeicherte Musikdateien im Angebot hat.
Wie findet man seine

Lieblingsstücke?

Elektronische Musikdateien enthalten auch Informationen zum Beispiel über den Titel des Stücks, des Albums und den Künstler. In den riesigen Datenbanken der Anbieter werden die Stücke nach diesen Oberbegriffen gespeichert. Für klassische Musik taugt dieses System allerdings nicht so gut, weil dasselbe Stück oft von vielen Künstlern aufgenommen wurde. Das Gewünschte zu finden, ist dann nicht immer einfach. Viele Dienste beziehen ihren Reiz jedoch daraus, dass sie Vorschläge machen, die zu den musikalischen Vorlieben der jeweiligen Nutzer passen. Sie erlauben es auch, Listen von Stücken anzulegen, sogenannte Playlists, die dann nacheinander abgespielt werden.

Hört, hört

$
0
0
Jeff Bezos zählt eher nicht zu jenen Asphalt-Cowboys, mit denen man angetrieben von ein paar coolen Sounds an der amerikanischen Westküste entlangcruisen will. Der Gründer und Chef des Internetkonzerns Amazon ist einer jener Zeitgenossen, die mit Musik nichts anfangen können. Wenn Bezos in früheren Zeiten längere Autofahrten unternahm, so steht es in einem Buch über ihn, kaufte er im Supermarkt stapelweise CDs aus der Grabbelkiste. Egal was, Hauptsache im Hintergrund läuft irgendein Gedudel.



Amazon hat gestern seinen Streamingdienst in den USA gestartet. Der soll in erster Linie das Prime-Angebot attraktiver machen, keine Konkurrenz zu anderen Anbietern sein. 

Inzwischen ist Bezos einer der einflussreichsten Unternehmer der Welt und weil seine Firma einen wachsenden Teil des Umsatzes mit dem Verkauf digitaler Medien verdient, interessiert sich der 50-Jährige nun gezwungenermaßen für Musik. Bislang verkaufte er sie lediglich. Am Donnerstag nun ist sein Unternehmen auch in den schnell wachsenden Markt des Musikstreamings eingestiegen, mit dem Kunden immer und überall digital Musik hören können. Amazon hat – vorerst nur in den USA – einen eigenen Streamingdienst gestartet: Prime Music.

Das Angebot ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings weniger eine Konkurrenz für bestehende Anbieter wie Spotify, Rdio, Google Music oder das jüngst von Apple geschluckte Beats Music. Bezos verfolgt mit seinem Musikdienst offensichtlich einen größeren Plan: Er will damit das Premium-Kundenprogramm namens Amazon Prime attraktiver machen. Prime muss man sich wie einen Buchclub für das Internetzeitalter vorstellen: Der Kunde zahlt eine Jahresgebühr von 99 Dollar. Dafür bekommt er alle seine Bestellungen bei Amazon innerhalb von zwei Tagen nach Hause geliefert, versandkostenfrei. Außerdem können Prime-Kunden beispielsweise kostenlos E-Books ausleihen oder Filme und Fernsehserien anschauen. Nun kommt noch das werbefreie Musikhören dazu.

Das Kalkül des Angebots ist klar: Die Kunden sollen eng an Amazon gebunden werden. Möglichst so eng, dass sie irgendwann gar nicht mehr so leicht davon loskommen. Wer einmal eine Jahresgebühr für kostenlose Lieferungen bezahlt, will natürlich auch, dass sich das Geschäft rentiert und bestellt häufiger. Wer seine Filme über Amazon schaut, kauft vielleicht auch mal einen der Tablet-Computer des Unternehmens und lädt sich einen kostenpflichtigen Blockbuster.

Zahlen wie sich das Rundum-Wohlfühlprogramm Prime auf den Umsatz des Konzerns auswirkt, gibt es nicht. Amazon schweigt offiziell auch über die Zahl seiner Premium-Kunden. Unter Branchenkennern ist immer wieder von mindestens 20 Millionen die Rede. Das wäre viel: 244 Millionen Kunden hat Amazon eigenen Angaben zufolge insgesamt. Indirekt würde Amazon damit quasi über Nacht zu einem der größten Streaming-Anbieter. Der bisherige Marktführer, das schwedische Start-up Spotify, hat nach eigenem Bekunden zehn Millionen zahlende Kunden, 31 Millionen hören mit Werbeeinblendungen.

Dennoch dürfte bei Spotify am Donnerstag keine Panik ausgebrochen sein: Noch sind die Schweden dem neuen Konkurrenten massiv überlegen. Zum Start umfasst der Musikkatalog bei Amazon gerade einmal etwas mehr als eine Million Titel. Bei Spotify sind es um die 20 Millionen. Der eher minimalistische Amazon-Ansatz ist aus der Not geboten: Wie die New York Times berichtet, verliefen die Verhandlungen mit der Musikindustrie recht holprig. Die Universal Music Group, das größte Plattenlabel der Welt, hat die Verhandlungsführer des Versandhändlers nicht zu einer Einigung bewegen können. Sony und Warner Music sind zwar dabei, aber ihr Musikkatalog steht nur eingeschränkt zur Verfügung. Neue Songs sollen erst nach sechs Monaten freigeschaltet werden. Das hat absurde Folgen: Aus der Top Ten der Billboard-Charts ist gerade einmal ein einziger Song bei Prime Music gelistet. Noch ist der Dienst wenig mehr als eine digitale Musik-Grabbelkiste.

Amazon habe den Labels nur wenig Geld für das Streaming ihrer Musik geboten, heißt es in der New Yorker Zeitung. Insgesamt sei der Konzern aus Seattle bereit gewesen, 25 Millionen Dollar auszugeben. Es wäre allerdings falsch, aus dem überschaubaren Startangebot zu schließen, dass Amazon das Engagement in diesem neuen Geschäftsfeld nicht ernst meint. Bezos pokert oft. Er lässt nicht gerne in die Karten schauen, startet klein und wächst dann schnell.

Den wahrsten Satz über Bezos hat vielleicht einmal der Techcrunch-Kolumnist MG Siegler formuliert. Siegler schrieb, Bezos sei jemand, der so lange unterhalb des Radars fliege, bis er den Radar kaufen könne. Und die Firma, die alle Radare herstelle auch. Gut möglich, dass die Strategie beim Musikstreaming ähnlich ist. Langsam anfangen und dann mit großer Marktmacht den Druck auf die Labels erhöhen.

Glaubt man der Fachpresse, dann wird Amazon der Öffentlichkeit nach Monaten der Spekulation in der kommenden Woche ein eigenes Smartphone vorstellen. Sieben Jahre nachdem Apple das iPhone auf den Markt gebracht hat. Die Amazon-Konkurrenten sollten nicht darauf vertrauen, dass es auch beim Musikstreaming so lange dauert, bis das Unternehmen voll durchstartet. 

Afghanische Sehnsucht

$
0
0
München/Kabul – Noch geben sich beide Seiten offiziell unbeugsam. „Wenn ich, was ich nicht tue, die Taliban militärisch beriete, würde ich ihnen erzählen, dass sich ihre Verhandlungsposition nicht verbessert, sondern ausgehöhlt wird“, kommentierte US-Generalstabschef Martin Dempsey die afghanische Präsidentschaftswahl. Schließlich hätten Millionen Menschen schon in der ersten Runde mit ihrer Stimmabgabe deutlich gemacht, dass sie ein demokratisches System wollen und keine Rückkehr zum Taliban-Regime. Wenn sie ehrlich wären, müssten die Islamisten einräumen, dass sie eine „Sinnkrise“ durchmachten, befand Dempsey.



Am Samstag entscheiden die Afghanen in einer Stichwahl über den neuen Präsidenten.

Die Aufständischen geben sich von solchen Sätzen völlig unbeeindruckt. Auch sie halten nach offizieller Lesart an ihrer Position fest: „Wir glauben, um Frieden in Afghanistan zu erreichen, ist die wichtigste Bedingung die Freiheit und der Totalabzug aller ausländischen Truppen aus Afghanistan. Andernfalls wird der Kampf weitergehen“, sagte ein afghanischer Taliban-Sprecher der Süddeutschen Zeitung am Donnerstag am Telefon. Die Kabuler Regierung habe sich den „Invasoren“ angedient und damit die afghanische Geschichte „beschädigt“. Nach wie vor wollten die Taliban zu einem rein islamischen Staatssystem zurückkehren, betonte er.

An diesem Samstag entscheiden die Afghanen nun in einer Stichwahl, wer nach Hamid Karsai das Präsidentenamt in Afghanistan übernehmen soll: Abdullah Abdullah tritt leicht favorisiert gegen Ashraf Ghani an. Es ist ein Duell früherer Kabinettsmitglieder: Außen- gegen Finanzminister. Egal, wer gewinnt, die wichtigste Aufgabe des neuen Staatschefs wird es sein, eine Aussöhnung mit den Taliban zu erreichen.
Karsais Verhältnis zu Washington war vor allem zum Ende hin so von Misstrauen geprägt, dass keine gemeinsame Linie für Gespräche mit den Taliban gefunden wurde. Die Ausgangssituation für seinen Nachfolger ist schwierig, der Krieg ist in einer Pattsituation: Die USA werden den Kampfeinsatz, der Ende des Jahres ausläuft, nicht siegreich beenden. Aber auch die Taliban werden Kabul nicht gleich überrennen und wieder ihr Regime etablieren können.

Abdullah und Ghani betonen beide, dass sie ein von Karsai mit den USA ausgehandeltes Sicherheitsabkommen unterzeichnen werden. Unter dem neuen Präsidenten sollen demnach etwa 12000 westliche Soldaten bis 2016 in Afghanistan bleiben und die einheimischen Sicherheitskräfte weiterhin trainieren. Maximal zwei Jahre noch, dann soll der Afghanistan-Einsatz Geschichte sein.

Die Zeit ist also auf Seiten der Taliban. Trotz anderer Rhetorik haben sie aber gezeigt, dass sie sich Verhandlungen nicht mehr völlig verschließen. Der vom Emirat Katar vermittelte Gefangenenaustausch von fünf Islamisten aus Guantanamo im Gegenzug für den amerikanischen Soldaten Bowe Bergdahl widerlegt zumindest die Ansicht, dass Washington und die Taliban keinerlei Deals erzielen können.

Nach Ansicht von Wakil Ahmad Motawakil, dem letzten Außenminister des Taliban-Regimes, ist dieser Austausch ein positiver Schritt, der die Hoffnung auf Frieden in Afghanistan nährt. Er ist nicht mehr für die Islamisten tätig, sondern lebt unbehelligt in Kabul. Seiner Meinung nach gibt es aber Signale, dass sich seine früheren Weggefährten mit einem Kompromiss zufrieden geben könnten: „Die gegenwärtige Situation ist sowohl für die Regierung als auch die Taliban unbefriedigend. Weil sich das Land in einem Kriegszustand und Unsicherheit befindet, kann nichts vorangehen“, sagt Motawakil der SZ am Telefon. Er skizzierte auch, wie ein Friedensschluss mit den Taliban aussehen könnte. Entscheidend sei, wie der neue Präsident auf die Islamisten zugehe. Gerade in der ersten Phase seiner Amtszeit muss der neue Mann im Kabuler Palast nach Motawakils Überzeugung den Grundstein legen für eine breite Übergangsregierung, die alle afghanischen Machtgruppen und somit auch die Taliban einbezieht. Auch müssten die Islamisten in die afghanische Armee integriert werden und bei zukünftigen Wahlen antreten dürfen. „In diesem Fall wäre ein Frieden möglich“, sagt er. Die Führungsebene der Islamisten lasse durchblicken, dass sie an „einer Ko-Existenz und Machtteilung mit anderen Afghanen und einem System, das einen breiten Ansatz verfolgt“, interessiert sei, sagt der ehemalige Außenminister.

Nach wie vor fällt Pakistan eine zentrale Rolle zu für einen Frieden in Afghanistan. Denn hier finden zahlreiche hochrangige Taliban-Kommandeure Unterschlupf. Auch gibt es immer wieder den Vorwurf, der Geheimdienst unterstütze Teile der Aufständischen, was Pakistan zurückweist. Die USA töteten am Donnerstag bei Drohnenangriffen an der Grenze zu Afghanistan 16 Menschen – angeblich ausschließlich Extremisten, was sich nicht unabhängig prüfen lässt.

Nach Angaben eines Sicherheitsanalysten in Islamabad unterhalten Teile der Taliban mit dem Segen ihres Chefs Mullah Omar Kontakte zum Hohen Friedensrat, der im Auftrag der afghanischen Regierung Friedensgespräche anbahnen soll. Angeblich sollen sie auch Abdullah ausgerichtet haben, dass sie mit ihm reden wollen, falls er die Wahlen in Afghanistan gewinnt. Bis zu solchen Gesprächen ist es aber noch ein weiter Weg. In der vergangenen Woche überlebte der Kandidat einen Anschlag nur knapp. Zwar übernahm niemand die Verantwortung für die Attacke. Aber der afghanische Geheimdienst erklärte, die Drahtzieher für das Attentat kämen aus Pakistan.

„Guten Abend, ihr Monster“

$
0
0
Das Wort „Netzneutralität“ weckt Assoziationen an Datenschutzbeauftragte mit anstrengenden Nachnamen. Ein magensaures Thema und nicht komisch. Käme man in Deutschland auf die Idee, in einer Late Night Show die komplizierte Netzneutralität zum Thema zu machen, und zwar für das 13-minütige Solo eines einzelnen Mannes, würden die Programmverantwortlichen sagen: Klar, und nächste Woche machen wir Comedy zum „Schraubenschlüssel, gestern, heute, morgen.“



Bis vor kurzem John Olivers Fernseh-Heimat: Die Daily Show von Jon Stewart (rechts), bei der auch schon mal Barack Obama zu Gast war.  

In den USA, beim privaten Sender HBO, ließ man den Briten John Oliver nicht nur die Netzneutralität in seiner Show Last Week Tonight behandeln, sondern auch noch die Todesstrafe. Die Todesstrafe? Als 13-Minüter in einer Comedy-Show? Ja. Und danach kam die Fifa dran. Die Fifa in den USA zu behandeln, ist dort als Programmidee absurder, als hierzulande den Musikantenstadl rückwärts ausstrahlen zu wollen. Wer dann aber Olivers Sendungen zu Hinrichtung, Fußball und Fifa, zur Wahl in Syrien und vor allem zur Netzneutralität gesehen hat, der weiß: Dieser Mann könnte auch den Musikantenstadl rückwärts moderieren.

In Last Week Tonight behandelt Oliver an einem Abend pro Woche das bedeutendste Thema der zurückliegenden Woche. Je nach Nachrichtenlage sind das eben schwer verdauliche Dinge. Oliver, der aussieht wie eine Doppelhaushälftenausgabe von Harry Potter, macht sich an jedes mit heiterem Ernst.
Mal wieder HBO, der Sender, der auch in anderer Beziehung Stroh schon zu Sendegold gemacht hat. Ja, die Leute, die so nahrhafte Serien wie True Detective, Game of Thrones, Boardwalk Empire, Girls und Curb Your Entusiasm auf Sendung bringen, können auch Comedy in Nischen, die man hierzulande als unzugänglich für Humor erachtet. Beziehungsweise: Sie erkennen, dass Leute wie der 36-jährige John Oliver das Talent besitzen, den Amerikanern die europäische Fußballbegeisterung etwa so zu erklären: „Ich weiß, dass in den USA Soccer jener Sport ist, von dem man seine zehnjährige Tochter abholt. Aber für mich und jeden anderen auf dem Planeten ist er etwas bedeutender. Als etwa David Beckham mit dem Christus-Tattoo auflief, sagten Fußballfans in ganz Europa: Wow, das ist jetzt ganz wunderbar für Jesus.“ Die Sendung zur Todesstrafe leitete er ein mit den Worten: „Todesstrafe? In der zweiten Sendung einer Show, von der man noch nicht mal sagen kann, ob man sie mag? Schalten Sie nicht ab! Wenn Sie bis zum Ende durchhalten, zeigen ich Ihnen danach einen Film, in dem entzückende Hamster Burritos knuspern.“ So geschah es.

Man kennt den Mann als Sidekick in der Daily Show von Jon Stewart, den er seit 2006 als „Senior British Correspondent“ mit seinen punchigen Beiträgen beglückte. Für diese bekam er massenhaft Emmys, und obwohl er eigentlich nur Autor sein sollte, schaffte er es recht bald auch vor die Kamera. Im vergangenen Sommer hat Oliver dann Jon Stewart für acht Wochen als Anchorman vertreten. Man munkelte, dass Oliver damit ein Bewerbungsschreiben für die Nachfolge von Craig Ferguson in der Late Late Show bei CBS abgegeben habe. Irrtum: Seit dem 27. April ist er für HBO auf Sendung – und für alle Nicht-HBO-Abonnenten auf Youtube zu erleben.

Die erste Sendung gipfelte in der Aufforderung, die Aufgabe der Netzneutralität auf der Webseite der zuständigen Federal Communications Commission (FCC) zu kommentieren: „Ich kann kaum glauben, dass ich das jetzt tue“, begann Oliver, „aber ich werde die Internet-Kommentatoren nun direkt ansprechen: Guten Abend, ihr Monster! Das ist die Gelegenheit, auf die ihr hintrainiert habt. Jetzt brauchen wir eure schlecht geschriebene Galle. Wir wollen, dass ihr eure wahllose Wut mal in eine nützliche Richtung lenkt. Nutzt den Augenblick, Trolle, klemmt die Feststelltaste ein und fliegt, meine Hübschen! Fliegt!“ Die Washington Post vermeldete darauf, dass die Server der FCC von 45000 Neukommentaren lahmgelegt wurden.

Weltkongress der Aufdecker

$
0
0
Am 30. Juli 1778 forderte der amerikanische Kontinentalkongress, dass „alle Personen im Dienste der Vereinigten Staaten, sowie alle ihre anderen Bewohner, den Kongress oder andere geeignete Stellen so früh wie möglich über Fehlverhalten, Betrügereien oder Vergehen unterrichten, die von irgendeinem Offizier im Dienste dieser Staaten begangen wurden, und welche zu ihrer Kenntnis gelangen sollten“.



Begleitete Edward Snowden auf seiner Flucht aus Hongkong und lebt nun in Berlin: Sarah Harrison.

Die Idee, dass Menschen, die über verborgene Missstände und Rechtsbrüche informiert sind, die Öffentlichkeit ohne Angst vor Verfolgung darüber aufklären können müssen, ist also, wie man in den USA sagt, „as American as apple pie“ und älter als die Stadt Washington. Doch 2014 ist das längst nicht mehr so einfach, vor allem dann nicht, wenn es um Staatsgeheimnisse geht. Edward Snowden hängt seit einem Jahr im Exil in Russland fest, Chelsea Manning sitzt 35 Jahre Haft ab.

„Die Welt braucht Menschen, die die Wahrheit sagen. Und die brauchen Courage“, so steht es am Mittwoch auf einem Bildschirm in Clärchens Ballhaus in Berlin-Mitte. Wobei mit Courage die neue Hilfsorganisation für Whistleblower gemeint ist, die Sarah Harrison vor einigen Dutzend geladenen Gästen aus Medien, linker Intelligenz und Netzaktivismus vorstellt.

Harrison, die britische Wikileaks-Aktivistin, die Snowden auf seiner Flucht aus Hongkong begleitete, und die nun in Berlin lebt, weil sie befürchtet, in der Heimat festgenommen zu werden, wird die Organisation mit Sitz in Deutschland, Großbritannien und den USA leiten. Entstanden ist sie aus dem Spendenfonds für die anwaltliche Verteidigung Edward Snowdens. Er ist auch ihr erster Nutznießer. Courage soll Mittel für die Verteidigung von Whistleblowern sammeln, Anwälte bereitstellen und Kampagnen durchführen, um den Schutz der Aufklärer zu sichern. Ein Startkapital hat man nicht. Courage sei „auf harte Arbeit und guten Willen“ angewiesen. Auf den guten Willen von Spendern also.

Ein „Notfallteam für die weltweite Demokratie“ solle die Organisation werden, so wünscht es sich Edward Snowden in einer Videobotschaft. Auch Julian Assange meldet sich per Skype aus London zu Wort. Die erste Publicitywelle ist wichtig, um den Schutz der Quellen zu sichern, um Ressourcen zu sammeln und wichtige Kontakte herzustellen, sagt Assange. Ebbt das Interesse ab, sei es oft zu spät.

Wie Harrisons Mitstreiter und Direktor des Londoner Centre for Investigative Journalism Gavin MacFadyen erklärt, soll es um Hilfe für journalistische Quellen verschiedenster Art, aber auch um ganz andere Arten von Whistleblowern gehen, nicht nur um die Kritiker des Überwachungsapparats. MacFadyen erinnert an den aus dem Film „Insider“ bekannten Fall von Jeffrey Wigand, jenem Forscher aus der Tabakindustrie, der Journalisten darüber informierte, dass Zigaretten abhängig machende Zusatzstoffe beigefügt wurden. Wigand, der seine Existenz verloren und schließlich als einfacher „Physiklehrer in North Carolina“ gearbeitet habe, habe man eine Pistolenkugel mit der Post geschickt. Auf höheren politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsebenen seien die Risiken noch größer. Leider erläutern die Courage-Gründer nicht genauer, wie dieser Schutz der bürgerlichen Existenz und gar des Lebens von Whistleblowern gewährleistet werden kann – über anwaltlichen Beistand und PR-Kampagnen hinaus.

Edward Snowden erfreue sich derzeit großer Solidarität, sagt sein deutscher Anwalt Wolfgang Kaleck, aber die werde er auch in einem, drei oder fünf Jahren noch brauchen. Man müsse sich, mahnt Kaleck, auf einen Langstreckenlauf einstellen.

Meine Straße: Kurfürstenstraße

$
0
0
Ich bin schon lange mit dieser Straße verbandelt. Früher hat nämlich mein Bruder in meiner heutigen Wohnung gewohnt, da war ich oft zu Besuch. Als er auszog, rückte ich nach. Und obwohl ich zwischenzeitlich sogar einige Jahre in Berlin war, bin ich auch danach wieder in dieselbe Wohnung zurückgekehrt.




Francesco in der Kurfürstenstraße
 
Sehr oft findet man mich im Telos, einem von außen etwas verstaubt aussehenden Bistro, das an dem Endstück der Kurfürstenstraße liegt, das auf die Adalbertstraße trifft. Dort gibt es sehr klassische Speisen, nichts Besonderes, eine kleine Karte, aber sehr lecker. Meistens esse ich die Leber, aber eigentlich ist jedes Gericht super. Gleich daneben ist die Max-Emmanuel-Brauerei, da gibt es sehr gute Käsespätzle. Und der Biergarten ist echt schön.
 
Meine Getränke kaufe ich, vor allem nachts, im Kurfürstenstüberl, das einen eigenen Getränkemarkt hat. Bis spät abends kann man dort durch eine Hintertür in der Kneipe noch Getränke zu Ladenpreisen kaufen. An Sommerabenden holen sich dort alle durstigen jungen Menschen von der Kunstakademie ihr Bier.
 
An der Ecke zur Georgenstraße verläuft offiziell die Grenze zwischen Schwabing und der Maxvorstadt. Da mag ich das Sobicocoa, dort gibt es gute Pasta, viele Leute lieben es aber auch dafür, dass man dort auf Decken und Kissen direkt im Schaufenster rumfläzen kann.
 
Im Le Florida trinke ich manchmal ein Bier, aber auch nur, weil da ein Freund von mir arbeitet. Es gibt nämlich in der Kurfürstenstraße noch sehr viele andere, ältere Läden, in denen man gut etwas trinken kann. Sympathische kleine Stüberl oder Boazn wie das schon genannte Kurfürstenstüberl, die Rheinpfalz oder Valentins Vodkabar. Da stehen immer viele nette, angeheiterte, erwachsene Menschen auf der Straße rum und rauchen und unterhalten sich. Das Ristorantino ist außerdem ein großartiges sardisches Restaurant, in dem man wirklich alles sorglos bestellen kann und immer wohlgesättigt und glücklich wieder auf die Straße geht.
 
Es gibt in der Kurfürstenstraße außerdem eine große Dichte an Antiquitätenläden und Galerien, in die ich aber ehrlich gesagt nicht oft gehe. Ich hole höchstens direkt gegenüber bei der Galerie Stefan Vogdt mal meine Amazon-Pakete ab.
 
Vor noch nicht allzu langer Zeit habe ich übrigens den geheimen Verbindungshof zwischen der Kurfürstenstraße und der Nordendstraße entdeckt, ungefähr auf der Höhe des Kurfürstenstüberls. Eine große Verbesserung meiner Lebensqualität, denn jetzt komme ich viel schneller zur Tram. Manchmal biege ich allerdings zu früh ab und laufe in einen falschen Hof und dann lachen mich die Leute, die vor dem Stüberl stehen, aus.

Nur noch ein Viertelstündchen...

$
0
0
Jeden Abend, wenn ich ins Bett gehe und meinen Handywecker stelle, rechnet er für mich aus, wie lange ich schlafen kann. „Der Wecker klingelt in 6 Stunden und 45 Minuten“ steht auf meinem Display und ich denke „Oh nein, schnell schlafen!“ Aber dann fällt mir ein, dass ich heute noch gar nicht meine Instagram-Timeline angeschaut habe. Oder noch diese eine Mail einer Freundin beantworten wollte. Oder noch dieses Magazin durchblättern. Lauter kleine Dinge eben, die ich in der freien Zeit zwischen Feierabend und Schlafengehen nicht geschafft habe. Oder geschafft hätte, aber vergessen habe. Weil es ja auch nichts ist, was man nicht auch morgen machen könnte. Aber doch heute machen wollte. Und dann ist es auf einmal zwei Stunden später und ich stelle den Wecker neu (eine Viertelstunde nach hinten), er sagt: „Der Wecker klingelt in 5 Stunden“ und ich bekomme schlechte Laune.  





Ich weiß aus Gesprächen mit Freunden und Bekannten, dass ich längst nicht die einzige bin, der es so geht. Irgendwas hält einen immer noch vom Schlafen ab, obwohl man schon mit geputzten Zähnen im Bett liegt. Das Gute ist: Es gibt jetzt ein Wort für dieses Phänomen, „Bedtime Procrastination“ – „Schlafenszeit-Prokrastination“. Das Schlechte ist: Es ist angeblich ziemlich ungesund.  

Eigentlich möchte man mittlerweile weghören, wenn irgendwo der schon viel zu oft verwendete Begriff „Prokrastination“ fällt. Aber diesmal betitelt er eine wissenschaftliche Studie der Universität Utrecht, die das Phänomen „Bedtime Procrastination“ definiert: „Es nicht schaffen, zur geplanten Zeit ins Bett zu gehen, obwohl einen keine äußeren Umstände davon abhalten.“ Für diese Studie haben 177 Personen online-Fragebögen ausgefüllt, in denen demografische Angaben sowie Fakten zu Lebensführung und Schlafgewohnheiten abgefragt wurden. Die Ergebnisse besagen, dass die Menschen, die generell schlechter in den Bereichen Selbstregulierung und -disziplin abschneiden, auch anfälliger dafür sind, nicht rechtzeitig ins Bett zu gehen. Und genau diese Menschen gaben auch an, meist ungenügend zu schlafen und tagsüber müde und unausgeruht zu sein. Sie leben also ungesünder.  

Im ersten Moment wirkt das seltsam. Zum einen, weil „Prokrastination“ bisher immer meinte, dass man etwas vermeidet, auf das man keine Lust hat – Schlafen gehört da normalerweise nicht dazu. Zum anderen, weil es eigentlich logischer erscheint, dass jemand, der nicht viel Selbstdisziplin hat, besonders gerne schläft und aus dem stressigen Alltag in den Schlaf flüchtet. Die Studie führt uns allerdings vor Augen, dass das nicht stimmt: Auch Schlafen erfordert Disziplin. Das merkt man immer dann, wenn man Dienstagabend nur schnell auf ein Bier rausgehen will und erst um drei angeschickert nach Hause kommt. Worüber man sich am nächsten Tag aber immerhin ärgert. Man weiß ja, dass das nicht gut ist und tröstet sich damit, dass es eher die Ausnahme ist und man wenigstens einen schönen Abend hatte. Beim nur-noch-schnell-die-Timeline-Durchscrollen oder noch-eine-Folge-Lieblingsserie-Gucken ist das anders: Es passiert wesentlich öfter und unbewusster und am nächsten Tag ist man unausgeschlafen und weiß gar nicht so genau warum. Man hat sich ja gar nicht mehr angestrengt, am Abend, hatte schon den Schlafanzug an und hat sich darauf verlassen, dass der Körper einfach einschläft, wenn er es nötig hat. Macht er aber meistens nicht, wenn wir nicht das Licht und den Computer aus- und die Augen zumachen.  

„Bedtime Procrastination ist wahrscheinlich ein ziemlich  modernes Phänomen“, zitiert „The Daily Beast“ Floor Kroese, die Leiterin der Studie, „wir glauben, dass es weniger darum geht, nicht schlafen zu wollen, sondern eher darum, andere Aktivitäten nicht beenden zu wollen.“ Außerdem vermutet sie, dass technische Geräte und die Möglichkeit des rund-um-die-Uhr-Entertainments uns einfach viel mehr Möglichkeiten bieten, uns vom Schlafen abzuhalten. Fast alle Autoren, die bisher etwas zu dem Phänomen geschrieben haben, erwähnen, dass sie schon mal zu lange Serien auf „Netflix“ angeschaut haben, anstatt zu schlafen.  

Die einzige Lösung des Problems ist schlicht: sich mehr Disziplin abringen. Jordan Gaines Lewis, ein amerikanischer Schlafforscher, sagte dem „New York Magazine“: „Eine einfache Lösung ist, sich selbst einen Zeitplan zu machen und sich daran zu halten. Wenn alle Ihre schönen Tagesaktivitäten nicht vor der Schlafenszeit in den Plan passen, trösten Sie sich damit, dass Sie am nächsten Tag wach und gut erholt sein werden, um sie zu genießen.“  

Wir müssen uns also selbst wie kleine Kinder behandeln, wenn wir mal wieder auf dem Sofa rumgammeln oder „Ach, noch eine Folge...“ sagen, anstatt uns endlich ins Bett zu legen und die Äuglein zuzumachen. Kleine Kinder wollen nämlich auch nie ins Bett. Bis man streng wird.

„Vagina und Penis sind nicht pornografisch“

$
0
0

Herr Sigurdsson, man hört häufig, Männer seien schwanzgesteuert. Sie auch? 
Hjortur Gisli Sigurdsson: Ja, mein Leben ist ziemlich kontrolliert davon. Penisse geben mir meinen Lebensinhalt und mein Gehalt. Aber nicht unbedingt mein eigener.  

Frau Rajnar, man hört häufig, Frauen fänden ihre Vaginas hässlich. Stimmen Sie zu?  
Kerstin Rajnar: Nein. Meine gefällt mir gut. Sie gehört zur Persönlichkeit.  

Sie beide leiten je ein Museum über die Vagina und den Penis. Wie kommt es dazu? 
Sigurdsson: Ich übernahm es vor drei Jahren von meinem Vater, der es 1974 gegründet hat. Ich war damals zehn Jahre alt. Es begann als Witz, doch die Idee wuchs. Am Anfang war es komisch für mich. Einige meiner Freunde wollten mich damit ärgern. Aber ich brachte sie ins Museum und sie begannen es zu respektieren. Vor drei Jahren ging mein Vater in Rente. Ich arbeitete bis dahin als Logistik-Manager. Es war Zeit für eine Veränderung. Das Museum zu leiten war schon immer mein Traum. 

Rajnar: Ich habe an einem Kunstprojekt namens „Bewegte Standpunkte“ anlässlich des Themas 100 Jahre Frauenrechte mitgearbeitet. In dem Zusammenhang habe viel recherchiert und mit Menschen geredet, und fand heraus, dass das weibliche Geschlechtsteil für viele nach wie vor ein Tabu ist. Sie werden rot, wenn es darum geht. Sie verhalten sich unsicher, haben Angst oder sind völlig perplex. Ich dachte mir: ok, ich will etwas tun. Ich will den Leuten vermitteln, dass es gut ist, die Vagina zu erkunden. Also habe ich mir ein Konzept überlegt. Herausgekommen ist ein Museum.  
Sigurdsson: Ist es ein Kunstmuseum?  
Rajnar: Ja, das ist der Unterschied zu Ihrem. Momentan konzentriere ich mich auf Kunst. Doch in ein paar Jahren soll das Vagina-Museum eine große, informative Plattform werden. Ich möchte Sektionen über Gesundheitsthemen und das tägliche Leben eröffnen. 

[plugin bildergalerielight Bild6="Außenansicht des Isländischen Phallusmuseums" Bild1="Penis eines Zwergwals" Bild4="Penis eines Elefanten" Bild7="Der Chef des Phallus-Museums Hjortur Gisli Sigurdsson"]

Was gibt es in Ihren Museen zu sehen?  
Sigurdsson: Wir zeigen 283 Penisse von verschiedenen Lebewesen und etwa 300 Artefakte. Mein Lieblingsstück ist unser neuestes: Ein wirklich großer Penis von einer afrikanischen Giraffe aus Namibia. Er ist 70 Zentimeter lang und weiß.  
Rajnar: Mein Museum ist virtuell. In der Galerie zeige ich digitale Kunstwerke von 17 internationalen Künstlern, die sich unterschiedlich mit der Vagina auseinandergesetzt haben. Im kunsthistorischen Archiv zeige ich 94 Werke, die einen Überblick von Perspektiven der Vagina aus der Altsteinzeit bis zur Gegenwartskunst bieten.  

Welche Botschaft wollen Sie Ihren Besuchern mitgeben?  
Rajnar: Die Vagina wird häufig mit Pornografie assoziiert. Aber Vagina und Penis sind nicht pornografisch. Es gibt laut Studien nach wie vor Frauen, die ihre Vagina noch nicht gesehen haben. Das Museum soll den freien Umgang fördern. Ich möchte keine Radikalisierung, sondern Modernisierung. Ich möchte nicht werten, sondern aufklären.  
Sigurdsson: Wir wollen mit dem Museum informieren und bilden. Mein Vater ist Lehrer. Er hat sich die Frage gestellt: Warum können wir über die Anatomie des Penis nicht so offen reden wie über die Anatomie der Hand? Wenn du den Penis abschneidest, ist er ein Teil wie jeder andere am Körper. Es geht nicht um das Sexuelle. Sexualität ist im Kopf. Wir sollten die Möglichkeit haben, den Penis aus der Nähe anzusehen. Wenn der Penis von Tabus, Aberglaube und altem Denken überdeckt wird, kommen wir nicht weiter.  

Herr Sigurdsson, wie konservieren Sie die Penisse?
Sigurdsson: Manche sind getrocknet. Die meisten konservieren wir in Aldehyd. 

 Wie sammeln Sie die besten Stücke?  
Sigurdsson: Wir haben gute Kontakte. Zum Beispiel arbeiten wir mit dem Marine Biology Department der Universität Island zusammen. Wenn ein Wal strandet, lassen sie es uns wissen. Unser Museum ist inzwischen sehr bekannt. Die Leute bringen uns Teile aus der ganzen Welt. 

 Frau Rajnar, woher stammen Ihre Werke?  
Rajnar: Wir haben online einen Aufruf gestartet, auf den sich Künstler bewerben konnten. Die Medienkünstlerin Doris Jauk-Hinz hat die Einreichungen kuratiert.  

Soll es Ihr Museum auch physisch geben? 
 Rajnar: Ja, das wäre toll, ist aber wohl erst in ferner Zukunft der Fall.  

Sie haben Fördergelder einiger großer österreichischer Kulturinstitutionen. Wie haben Sie sie überzeugt? 
Rajnar:
Ich habe mehr geschrieben, als je in meinem Leben zuvor: Ideenskizzen, Zeitpläne, Finanzpläne. Zusätzlich habe ich viele Gespräche geführt. Es gab viele Hürden zu bewältigen. Es hat drei Jahre gedauert. Doch letztlich ist das Konzept aufgegangen. Jetzt ist es so weit und ich bin aufgeregt.  

[plugin bildergalerielight Bild2="Myriam Thyes: Global Vulva, 2009" Bild3="Melinda Rackham: Tunnel Entry, 1996" Bild5="Angela Proyer: Muschi2Go" Bild8="Die Chefin des Vagina Museums Kerstin Rajnar"]


Gibt es etwas, das Sie in Ihren Museen bewusst ausklammern?  
Rajnar: Nein. Wir sind offen für alles, solange es künstlerisch überzeugt und die Vagina nicht abwertet.
Sigurdsson: Wir auch nicht. Man kann nicht weit genug gehen.  

Haben Sie Videos?  
Sigurdsson: Haben wir nicht.  

Erregte Penisse?  
Sigurdsson: Nein, aber das liegt daran, dass wir die technischen Mittel bisher nicht hatten. Es gibt inzwischen die Möglichkeit des Plastinierens. Aber darum geht es uns ja nicht. Es geht um die Vielfalt der Formen und Größen.  

Stellen Sie menschliche Penisse aus?
Sigurdsson:
Ja, einen. Es war eine Spende eines isländischen Gentlemans 2011. Wir haben auch schon zertifizierte Zusagen von fünf weiteren Spendern.  

Frau Rajnar, ist bei Ihnen auch eine echte Vagina dabei, wie bei Herrn Sigurdsson?  
Rajnar: Nein, aber dafür viele virtuelle. 

 Wie ist die Resonanz?  
Rajnar: Mich enttäuscht, dass viele Leute negativ reagieren. Besonders wenn sie hören, dass die österreichische Regierung das Museum unterstützt. Was ich mir schon alles anhören musste: Pornoseite, Fotzentempel, dubioses, beklopptes Projekt.  
Sigurdsson: Wir haben zu Beginn auch negative Resonanz bekommen. Als die Leute herausgefunden haben, dass es in unserem Museum nicht um Pornografie und Unanständiges geht, sondern um Information, Interessantes und Humor, war die Negativ-Presse weg. Jetzt bekommen wir nur noch positive Resonanz.  
Rajnar: Hoffentlich verstehen das die Leute auch bei mir bald. Ich will nicht provozieren. Ich hoffe, sie beruhigen sich, wenn sie sehen, dass mein Museum einen künstlerischen Ansatz verfolgt. 

 Was wünschen Sie sich für den Umgang mit Geschlechtsorganen? 
Rajnar: Sorgfalt. Die Vagina ist etwas Heiliges. Sie ist so stark mit uns verbunden. Beschneidung, Prostitution, Vergewaltigung, Schönheitsoperationen - hört doch endlich auf damit. Lasst sie uns nicht kaputt machen, sondern so lieben und schätzen, wie sie ist.  
Sigurdsson: Die Diskussionen über das weibliche oder männliche  Geschlechtsteil sollten nicht mit Angst verbunden sein. Wir müssen ja nicht gleich alle nackt sein. Aber lasst uns doch nicht so sehr dafür schämen, sondern intelligent und gebildet darüber reden. Wir haben etwa Schülergruppen ab acht Jahren, die mit ihren Lehrern ins Museum kommen. Natürlich wird viel gekichert - aber sie sind auch sehr interessiert und stellen intelligente Fragen.  

Zurück zur Eingangsfrage: Hat der Kopf also das Geschlechtsteil im Griff?
Sigurdsson:
lacht. Ich glaube, dass wir heutzutage gebildet genug sind, um zu erkennen, dass die Größe nicht das Kriterium ist. Es gibt diesen Witz: Gott gab Männern ein Gehirn und einen Penis. Aber nicht genug Blut um beides gleichzeitig zu durchbluten. Ich glaube, das funktioniert nicht mehr. Dennoch habe ich manchmal Paare, die zu Besuch kommen. Häufig gehen die Frauen rein, und die Männer warten draußen. Wenn ich sie frage, warum, sagen sie: „It gives me the willys“. Das heißt so viel wie: Es macht mich verrückt. 

Herr Sigurdsson, was wollen Sie Frau Rajnar mit auf den Weg geben?  
Sigurdsson: Ich finde die Idee toll. Mein Vater sagte: Jemand muss es tun. Ich gratuliere und wünsche das Beste.  
Rajnar: Ich würde gerne kooperieren. Vielleicht können wir eine gemeinsame Ausstellung planen?
Sigurdsson:
Ja, lass uns in Kontakt bleiben.


Jungs, was soll uns das breitbeinige Sitzen sagen?

$
0
0



Liebe Jungs,

es war ja mal so, dass Männer und Frauen unbedingt unterschiedlich zu sitzen hatten. Warum, erklärt sich in feinster 50er-Jahre Geisteshaltung: Einerseits birgt die nach unten offene Beschaffenheit eines Rocks oder Kleids so ihre Gefahren, andererseits sind wir natürlich das schöne, elegante und bedachte Geschlecht mit dem grazilen Gang, dem grazilen Sitz und den ausbleibenden Rülpsern und Pupsern. Wir haben Fahrräder zum Einsteigen, ihr habt welche zum Draufschwingen. Wir sollen unseren Schritt fein zwischen den zusammengepressten Schenkeln hüten, ihr hingegen dürft das laut einer urban legend eigentlich gar nicht, denn da sind Eier im Weg und wenn man die zu doll quetscht, dann werden sie impotent. Außerdem sieht das weibisch aus und weibisch seid ihr nicht, weil ihr seid Männer.

Ich stelle jetzt aber die gewagte These auf, dass das geschlechterkonforme Sitzen ungefähr so aus der Mode gekommen ist, wie das geschlechterkonforme Radfahren und alle sonstigen streng geschlechterkonformen Verhaltensweisen. Jeder darf mittlerweile sitzen und radeln und rumtun wie er will, denn Lässigkeit und Unisex-Style sind die zweiten Vornamen unserer Gegenwart. Und guckt man sich um unter sitzenden Menschen, bestätigt sich diese These: Männer und Frauen überschlagen ihre Beine gleichermaßen eng oder nicht eng (das mit der Impotenz war nämlich wahrscheinlich, Überraschung!, gar nicht wahr) oder sie sitzen mit großzügig überschlagenen Beinen, nennen wir sie die "Knöchel-auf-Knie-Stellung", herum. Sie lassen sie entspannt nebeneinander stehen oder lassen sie nach links oder rechts umkippen, jeder wie er will halt.

ABER! Es gibt eine einzige Sitzposition, die ist eben noch nicht so ganz unisex. Die gehört noch immer vor allem euch. Und das ist die, die deshalb auch genauso aus der Zeit gefallen wirkt. Das ist die breitbeinige Moritz-von-Uslar-denkt-er-ist-ein-Cowboy-Position. Bäm, das eine Bein nach links, bäm das andere nach rechts. Jeder weiß, dass gesunde Eier so groß gar nicht sein können, dass sie diesen Platz wirklich einfordern.

Wir sitzen so nicht, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Nicht, weil wir in irgendeiner Form mehr zu verstecken hätten als ihr, sondern, weil es uns ein bisschen ordinär vorkäme, ungefähr so, als rülpsten wir in einer Kaffeehaus-Runde einfach mal so in den offenen Raum hinein und ließen uns dann nach hinten kippen. Wir sitzen gern im Schneidersitz, wir sitzen breitbeinig und mit den Armen vorn auf den breiten Beinen aufgestützt, aber volle Kanne uslarmäßig, nein, so sitzen wir nicht. Ihr schon, manchmal, und dann fragen wir uns, was das jetzt soll.

Nehmt ihr diese Pose wirklich zufällig ein, weil euch nie jemand gesagt hat, dass das ordinär wirkt? Weil gemütlich ist sie ja durchaus, das sieht man. Oder ist die für euch auch so eine Art männermäßiges Statement, ein Werkzeug, ein Move, den ihr immer in petto habt und der euch ein irgendwie geiles Gefühl gibt? Den ihr immer dann rausholt, wenn ihr markieren müsst, wer hier der harte Hund im Saal ist?

Auf der nächsten Seite liest du die Jungsantwort von elias-steffensen.
[seitenumbruch]



Liebe Mädchen,

Auf meinem Handy befindet sich ein Bild, dessen Existenz ich auch unter Folter leugnen werde: Es zeigt drei Menschen, die hier im Hochhaus arbeiten, und ich habe es heimlich gemacht. Was schade ist. Denn dieses Bild gibt viele Antworten darüber, was breitbeinige Sitzer transportieren - und wie egal das trotzdem ist.

Die Redakteure auf dem Bild bekleiden jedenfalls allesamt leitende Positionen. Jeder von ihnen ist in beruflicher Hinsicht ein eisenharter Hund, der einem wie dem von Uslar auf den Kopf pinkeln könnte, ohne das Bein dafür heben zu müssen. Und doch sitzen sie da wie die drei Affen, die sonst nichts sehen, hören und sagen, und führen die Möglichkeiten des männlichen Sitzens vor: Die engüberschlagene Impotenzvariante (links) raucht mit schlaffem Handgelenk, der Kollege-Halboffen sucht auf der rechten Seite Halt an einem Pappbecher. Beim Mittleren sind die arme dick wie Ofenrohre und die Beine stehen so breit, da könntest du einen Kleinwagen drin parken.  

Und malte man ihnen Sprechblasen über die Köpfe, stünde in der mittleren garantiert: "Yippie-Ya-yeah-Schweinebacke". In der rechten: "Hihi". Und links gäbe es eine Gedankenblase, und in der hieße es: "Ich muss ganz dringend Pippi, trau’ mich aber jetzt nicht mehr, es laut zu sagen". Bildunterschrift: "Einer ist immer noch härter." Das Bild ist sehr eindringlich – und sehr veraltet.  

Denn Dominanz, und um die geht es ja hauptsächlich in deiner Frage, funktioniert nicht mehr so wie früher (vielleicht hat sie auch früher schon nicht funktioniert wie früher – aber das weiß ich nicht). Das wurde mir klar, als ich auf der Suche nach möglichst breitbeinigen Zeitgenossen Youtube gescannt habe. "Du kannst nicht in einer Talkshow wertkonservative Positionen vertreten, während deine Beine auf diese verkniffene Art überschlagen sind", hatte Kollege S. nämlich in der Konferenz gesagt, und ich hielt das für einen sehr pointiert klugen Satz, den ich ihm stehlen wollte. Also habe ich geguckt: "Kai Diekmann Interview", "Gerhard Schröder Elefantenrunde", "Nikolaus Blome Talkshow".  

Ergebnis: Doch, geht. Die Alpha-Tiere herrschen heute alle mit überschlagenen Beinen und gequetschten Hoden. Möglicherweise, weil inzwischen mehr mit dem Kopf dominiert wird als mit dem Bizeps. Wirklich breitbeinig dasitzen jedenfalls – und zwar auf die Art von Heranwachsende, die noch einen Nachmittag lang zwischen den Beinen durch auf den Boden spucken –, das tut nur Stefan Raab. Und seien wir ehrlich: Wenn du den jetzt neben einen so drahtigen Denker wie Diekmann setztest, wirkte er damit noch einmal teigiger als sonst eh schon.

Damit kann ich nun, und ich war bis zu dieser Recherche selbst sehr unsicher, weitestgehend Entwarnung geben, was uns betrifft: Nein, Beine im Breitwinkel sind weder Move noch Werkzeug und ein Statement gleich gar nicht. Sie sind grundsätzlich einfach nur: bequem für eine bestimmten Zeitraum. Eine Blutzirkulations-Variante, die gleichberechtigt neben überschlagen und "Knöchel-auf-Knie-Stellung" laufen. Weil: "Volle Kanne uslarmäßig" machen wir eher gar nix mehr. Ich glaube, das ist auch gut so.

Wir haben verstanden: KW 24

$
0
0
- Man sollte dringend wieder öfter freihändig Rad fahren. Fühlt sich an wie fliegen und macht bestimmt total klug wegen der nötigen Körperkoordination.

- Kein Grund zur Sorge, wer vergangene Woche dies oder jenes verkackt hat: Ab einer Temperatur von 30 Grad sinkt die menschliche Leistungsfähigkeit um 30 Prozent.

- Perfekter Sommerdrink: Wassermelone plus Eiswürfel plus Mixer, an drücken, aus drücken, ins Glas gießen, Strohhalm rein, fertig.

- Nicht verstanden: Wie, außer mit einer Mütze, beugt man eigentlich einem Sonnenbrand auf dem Schädel vor? Creme reinschmieren geht ja wohl nicht so gut.

- Kurze Hosen nehmen 98 Prozent aller über 18-jährigen Männern leider immer noch ihre Würde.

- Fußballwerbung ist viel besser ohne Promis. http://www.youtube.com/watch?v=-T7zyezBkuY

- Nicht dass wir es anders erwartet hätten - aber die Stones haben es noch immer drauf.

- Im Sommer erkältet sein wirkt gleich noch etwas erbärmlicher als im Winter.


- Ganzkörperanzüge, am besten geringelt, sind wieder en vogue! Zumindest Kollege Biazza kann sie tragen.

- Wer jetzt keine Erdbeeren kauft, isst, verarbeitet, pflückt, oder auf den Kuchen legt, dem ist auch sonst nicht mehr zu helfen.

- Wenn man sich als in Berlin urlaubender Münchner plötzlich für die uncoolste Person der Welt hält, muss man einfach nur kurz in die S-Bahn einsteigen, da wird das erschütterte Selbstbewusstsein schnell wieder aufgebaut.

-
Es macht großen Spaß, Gespräche über Geschlechtsteile zu lesen. Solange sie von qualifizierten Menschen geführt werden. Dann darf sogar das Wort “Fotzentempel” darin vorkommen.

- Gute These von Kathrin Passig: Die meisten der Krautreporter-Unterstützer haben das Crowdfunding nur unterstützt, damit sie ein Jahr länger über die lästern können.

- Gut aufgepumpte Fahrradreifen platzen im Sonnenschein.

- Manchmal sind schlampige Programmierungen sehr entlarvend: Fragt man Eve, den Chatbot von Yellow-Strom, ob sie Gras kaufen möchte, antwortet sie: “Das ist so ein Thema für sich, ich möchte mich mit Natur lieber nicht auseinandersetzen!”   

- Einer ist immer noch härter!

- Schminkstift in Deutschlandfahnenfarben als Imagegeschenk eines Verlages: problematisch.

- Viele DJs sagen tatsächlich, sie würden irgendwo “spielen”, wenn sie tatsächlich doch nur Platten auflegen. Das ist sehr falsch.

- Es ist schön, dass Christina wieder da ist.

Der Sonntag mit ... Mimi Westernhagen, Musikerin

$
0
0
Name: MiMi
Alter: 28
Geburtsort: London
Wohnort: Berlin
So erkläre ich meinen Job meiner Oma: Song-Bau-Arbeiterin
Mein Liebster Wochentag: Mittwoch
Aktuelles Projekt: Songwriting und Auftritte mit meinen Songs, also der Versuch, sie zu verbreiten.




9.36 Uhr: Goooood Morning!  





9.48 Uhr: Es ist mir nicht möglich, irgendwas zu tun, bevor ich eine Tasse Tee getrunken …  





9.54 Uhr: ... und gefrühstückt habe.  





11.15 Uhr: Ich mache ein Bild fertig, an dem ich die Woche über gearbeitet habe.  





11.24 Uhr: Es wird.  





13.00 Uhr: Meine Katze, Gomez, relaxt. Wie immer.  





13.13 Uhr: Gitarrespielen auf meinem Balkon. Es ist bewölkt, aber warm und schön hier draußen.  





14.00 Uhr: Ich schreibe an Texten.  





14.40 Uhr: Ich mache Mittagessen mit meinen Lieblingszutaten: Chillies!  





17.18 Uhr: Ich lasse mich von meiner eigenen Gitarrensammlung beeindrucken. Die meisten Gitarren sind ebay- oder Flohmarkt-Entdeckungen. Manche sind sehr alt und kaputt, aber alle klingen einzigartig.  





17.42 Uhr: Die Sonne kommt raus über Berlin, also gehe ich nach draußen mit meinem Freund, KD, um sie zu genießen.  





19.10 Uhr: Foto-Session!   





19.50 Uhr: Knöpfe annähen auf meinem Shirt, das ich vor einiger Zeit designt habe - printed by Be Fan Be Creative.  





21.00 Uhr: Ein bisschen Zeit nur für Gomez.   





22.12 Uhr: Wir gucken Natur-Dokus von David Attenborough und essen Erdbeeren. Ein perfektes Ende eines netten, sonnigen Sonntags. Gute Nacht!

Wochenvorschau: So wird die KW25

$
0
0
Wichtigster Tag der Woche: Den einen wichtigen Tag gibt’s bei mir nicht in dieser Woche. Aber: viele wichtige Tage. Weil ich Donnerstag zum Hurricane-Festival in Scheeßel fahre. Das liegt zwischen Hamburg und Bremen, ist von München aus also einigermaßen aufwändig zu erreichen – inklusive neunstündiger Busfahrt von München nach Hannover wegen billig. Wichtig wird auf jeden Fall der Samstag. Da sehe ich eine meiner absoluten Lieblingsbands, die noch auf der To-Watch-Liste steht: Interpol. Hoffentlich spielen sie mein Lieblingslied "Stella Was a Diver and She Was Always Down". Montag ist dann noch WM-Auftakt für Deutschland. Das interessiert mich schon auch. Mein Tipp gegen Portugal: 2:0-Sieg.  

http://www.youtube.com/watch?v=eyyqQVZ0ncM

Kulturelles Highlight: Festival natürlich – solange man den Begriff der Kultur auf die feilgebotene Musik bezieht: für mich neben Interpol vor allem Elbow, Arcade Fire, Fünf Sterne Deluxe (90er-Nonsens-Erinnerung) und James Blake. Bezüglich der Lebensart auf dem Gelände wird’s wohl eher weniger kulturell. 

Politisch interessiert mich: Im Europaparlament haben sich Ende der Woche die britische Unabhängigkeitspartei Ukip und die Fünf-Sterne-Bewegung des italienischen Komikers Beppe Grillo zusammengetan – und kommen so auf 45 Mitglieder in ihrem Bündnis. Zur Bildung einer Fraktion braucht es laut Geschäftsordnung des Europaparlaments allerdings 25 Mitglieder aus sieben Ländern. Deshalb gehen die beiden Parteichefs Farage und Grillo diese Woche in Gespräche mit anderen Parteien – hoffentlich erfolglos. Ukip-Chef Farage kündigte vorsichtshalber schon mal an, er hätte viel Spaß dabei, künftig "den Brüsseler Bürokraten viel Ärger zu bereiten."

Soundtrack: Ich könnte es jetzt dem Biazza von verganener Woche gleichtun und auf das großartige neue Album von Conor Oberst verweisen, das ich nun schon seit Wochen höre. Oder aufs Hurricane-Lineup (mit vielen Ausnahmen). Stattdessen nenne ich aber die Alben, die ungehört auf meinem Schreibtisch liegen. Die da wären: die neue Platte der britischen Rüpel-Rocker Kasabian (Erwartung: eher gering) sowie der Drittling der Indie-Noise-Rocker The Pains of Being Pure at Heart (Erwartung: oberes Mittelfeld). Auch gut: "Stay Gold" der Schweden-Schwestern von First Aid Kit. Hier die neue The Pains-Single "Simple and Pure" - ziemlich poppig, ziemlich gut. Und das Video: zusammengeschnitten aus ganz vielen Gifs. Gute Sache.

http://www.youtube.com/watch?v=XTy3bSofqTM

Wochenlektüre: Zum Lesen komme ich wohl nur während der Busfahrt nach Hannover. Geplant ist Michel Houellebecqs "Elementarteilchen". Im vergangenen Sommerurlaub hab ich "Karte und Gebiet" gelesen, das mir gut gefallen hat und daraufhin gleich ein paar andere Houellebecqsche Romane gekauft. 

Kinogang: Die Zeit wird knapp, es ist ja auch noch WM. Deshalb ersetzt der Fernseher wohl die Leinwand. Ansonsten ist am Freitag die Verfilmung von "Einmal Hans mit scharfer Soße" angelaufen. Will ich angesichts des Trailers wirklich nicht empfehlen. Aber erzählen, dass ich vor gefühlt acht Jahren als freier Mitarbeiter einer Lokalzeitung auf der Lesung eben dieses Buchs war. Einfach so, Erinnerungen.

http://www.youtube.com/watch?v=SklT3XcHt10

Geht gut diese Woche: WM gucken ohne andere, die nicht im WM-Fieber sind, damit zu nerven.

Geht gar nicht: Fußballfans immer wieder mit dem eigenen Desinteresse brüskieren. Jeder wie er mag.

Das neue jetzt Magazin ist da!

$
0
0



Liebe Leserin, lieber Leser,

vor einer Weile wurde im Internet sehr häufig eine Sammlung von Infografiken geteilt. Sie zeigen, wie Genies früherer Zeiten ihren Tag verbrachten und welche Rituale sie pflegten: Balzac trank während des Schreibens bis zu fünfzig Tassen Kaffee am Tag, Kant meditierte eine Stunde bei Tee und Pfeife. Warum diese Grafiken ein Renner waren? Wir alle haben jeden Tag dieselben 24 Stunden zur Verfügung. Zu sehen, was andere mit ihrer Zeit anfangen, kann beruhigend oder erschreckend sein.

Deshalb sind wir in diesem Heft an den Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit entlanggewandert. Wir haben nachgefragt, was Bundestagsabgeordnete und Balletttänzer gleich nach dem Aufstehen tun (Seite 6) und wie eine Astronautin im All ihr freies Wochenende verbringt. Wir haben über Elternzeit im VW-Bus nachgedacht und uns die Bilder eines Künstlers angesehen, der sich seit zwei Jahrzehnten jeden Tag selbst porträtiert.

Und jetzt machen wir uns fünfzig Tassen Kaffee. Viel Spaß beim Lesen!

jetzt Leben&Job liegt am 16. Juni 2014 in deiner Süddeutschen Zeitung. Außerdem kannst du es digital auf dem Smartphone oder dem Tablet lesen - mit der kostenlosen App der Süddeutschen Zeitung. Du kannst die digitale Ausgabe des Hefts einzeln für 89 Cent oder zusammen mit der SZ vom Montag kaufen - für Abonnenten der Digitalausgabe der SZ ist das Magazin kostenlos.

Weiter unten findest du ab Montagabend, 16. Juni, auch das PDF des Heftes. Die einzelnen Texte kannst du dann auch auf jetzt.de im Label Leben_und_Job nachlesen. Für eine erste Orientierung hier das Inhaltsverzeichnis:

4 Zustand Was wir mögen, sagt, wer wir sind.
6 Aufwachen Auf der Suche nach einem guten Morgenritual.
10 Aufsteigen Eine Astronautin über Work-Life-Balance und Staubsaugen im All.
14 Aufbrechen Elternzeit im VW-Bus: Warum braucht es eigentlich Nachwuchs, damit man sich aus dem Haus traut?
16 Aufmalen Der Künstler Bryan Saunders porträtiert sich unter Einfluss verschiedener Medikamente und Drogen.
20 Rätsel Errätst du, wer welches Hobby hat?
22 Interview Eine Partie „Mensch, ärgere Dich nicht“ mit Cro.

Das Hobby-Rätsel

$
0
0
[plugin zuordnen Bild1="Bild2" Bild3="Bild4" Bild5="Bild6" Bild7="Bild8" Bild9="Bild10" Bild11="Bild12" Bild13="Ergebnis" Bild14="Ergebnis" Bild15="Ergebnis" Bild16="Ergebnis" Bild17="Ergebnis" Bild18="Ergebnis" FarbeLinks="#123456" FarbeRechts="#bed7f9" FarbeErgebnis="#33AA33"]

Wann wirst du zum Tier?

$
0
0
Axel Hacke gilt gemeinhin als besonnener Kopf. Er ist Autor mehrerer Bestseller, Kolumnist des SZ Magazins – und Fußballfan. Als er vor ein paar Wochen in der WDR-Talkshow "Kölner Treff" saß und Werbung für sein neues Fußballbuch machte, wurde folgende Anekdote hervorgekramt: Hacke, 2013 im Münchner Fußballstadion, fiel beim Champions-League-Spiel der Bayern gegen Juventus Turin in einen Chor der Zehntausenden ein: "Vidal, du Arschloch!" Hätte man natürlich nicht gedacht von so einem kultivierten Typ. Gemeint war Arturo Vidal, Mittelfeldspieler Turins, der seinen Wechsel zu Bayern vor ein paar Jahren in letzter Sekunde abgesagt hatte – und nun bestraft wurde. "Archaische Dinge, geradezu atavistische Dinge dringen da nach oben. Das ist die Aufgabe des Fußballs in unserer Gesellschaft", sagte Hacke beim Kölner Treff. Frei nach dem Motto: Fußball – hier bin ich Tier, hier darf ich’s sein.



Ein Fehlpass – und schwuppdiwupp werden viele zum Tier. Du auch?

Daraufhin habe ich mich gefragt: Wie schaue ich selbst eigentlich Fußball? Genauer: wie schaue ich die Spiele meiner Lieblingsmannschaft. Als Fan von Arminia Bielefeld hatte ich die denkbar beste Voraussetzung, zum Tier zu werden: Miese Saison, zwei Relegationsspiele, unglücklicher Abstieg in die dritte Liga. Allein: Ich wurde nicht zum Tier. Emotional war es, keine Frage. Auch aufwühlend und erschütternd. Aber aggressiv oder beleidigend war ich nie. "Macht er ja nicht absichtlich", denke ich immer, wenn mal wieder jemand einen Fehlpass spielt. Aggressionen überflüssig. Ich werde nicht zum Tier – zumindest nicht beim Fußballgucken. 

Ganz anders beim Autofahren. Da verwandele ich mich innerhalb von Sekunden. Ein behüteter Schleicher vor oder ein beknackter Drängler hinter mir und ich verliere die Fassung. Andere – so liest man in Internetforem – rasten schon bei nassen Socken oder kaputten Fernsehgeräten aus. Kleinigkeiten sind das, zum Teil sogar Nichtigkeiten.

Wie sitzt du heute Abend vorm Fernseher, wenn Deutschland bei der Fußball-WM gegen Portugal spielt? Besonnen oder bekloppt? Rastest du schon bei einem misslungenen Torschuss aus und machst dich zum Affen? Oder verlierst du die Contenance zu ganz anderen Gelegenheiten?

Tagesblog - 16. Juni 2014

$
0
0
17:20 Uhr: Ich verabschiede mich nun mit dem Wort zum Montag: Bedenket auch ihr, dass jeder einmal abseits steht im leben, auf der Reservebank des Glücks warten muss, bis er wieder dran ist. Nicht jeder Trikottausch führt zu einer erfüllenden Beziehung und lasst euren inneren Ronaldo einfach manchmal zu hause. In diesem Sinne - einen schönen Anstoß. 

++++

17:09 Uhr:
Der ganze Stolz der jetzt-Redaktion pünktlich kurz vor Anpfiff: Das jetzt.de-POnini-Album!




++++

16:46 Uhr:
Astronauten-Nachtrag: Kathrins Astronautin ist die erste Italienerin im All. Im November wird sie fliegen. Und just im November wird die Italian Space Agency die erste Espressomaschine für Astronauten in Einsatz nehmen. Wenn die Gute da mal nichts mit zu tun hat ...

++++

16:40 Uhr:
Jaja, ich weiß: Als Fußballstar, der von allen vergöttert wird, ist es schwer auf dem Boden zu bleiben und nicht überheblich zu werden. ABER WIE KANN MAN DENN SO FIES SEIN?!

Wenn ich diesen Messi das nächste Mal sehe, dann kriegt der aber was zu hören!

++++

16:32 Uhr:
Für das neue jetzt-Magazin hat Kathrin Hollmer mit Samantha Cristoforetti, einer echten Astronautin, gesprochen, die im November als erste Italienerin ins All fliegen wird. 

Damit sind die Italiener den Deutschen dann voraus, denn aus Deutschland waren zwar schon elf Männer im All, aber noch keine einzige Frau. Claudia Kessler, Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR), hat jetzt eine Facebook-Initiative gestartet, um das zu ändern. Bis jetzt hat sie 32 Fans. Aber naja, kann ja noch werden...

++++

16:15 Uhr:
Ah und hier bin ich auf noch ein super lustiges Video gestoßen - von einem etwas korpulenteren Mann, der sich anstelle von Britney Spears in ihr Musikvideo zu "Work Bitch" geschnitten hat. 

http://www.youtube.com/watch?v=FTByHbjgz8k#t=83

++++

15:56 Uhr:
Ah großartig! Hier hat jemand in Brasilien aufgenommen, wie es in seiner Nachbarschaft klingt, wenn die brasiliansiche Mannschaft ein Tor schießt. Bitte heute Abend auch alle machen und dann hier einsenden. Der mit dem meisten Lärm gewinnt was!

http://vimeo.com/98134463

++++

15:42 Uhr:
Und fancy Getränk #2: Kathrins erster SZ-Eiskaffee in diesem Jahr (den der Kaffeemann nur wegen ihr jetzt wieder im Sortiment hat, auch wenn sie das bestreitet).




++++

15:38 Uhr:
Ah ganz vergessen: Essenscheck heute! Man beachte das fancy Getränk. 

"Das sind drei Getränke in einem: Erst Cola, dann Spezi, dann Fanta"





++++

15:08 Uhr:
In Brasilien werden Jugendliche aus den Favelas zu Stars - dadurch, dass sie sich Markenklamotten kaufen, die sie sich nicht leisten können. 

Evandro, 20, ist einer von ihnen. Er muss hochverschuldet sein, aber seine Favela und das Internet feiern ihn dafür.




++++

14:35 Uhr:
Die ARD hat die Halbzeit im Spiel England gegen Italien gestern für das Wort zum Sonntag genutzt. Kluger Schachzug, denn so haben es alle mal gesehen. Aber auch Eigentor, denn so haben es alle gesehen. 

"Seitenwechsel - eine Metapher fürs Leben"

Twitter hat sich darüber sehr lustig gemacht. Und in diesem Artikel darüber findet ihr sogar jetzt-Autor Friedemann Karig, wenn ihr genau hinschaut. 

++++

13:49 Uhr:
Nachrichten, die man heute außerdem im Auge behalten sollte:
  • Kiew verkündet Einstellung russischer Gaslieferungen

  • Polizei nimmt mutmaßliche Dschihadisten fest

  • Islamisten-Miliz Isis rückt weiter im Nordirak vor

  • Zahlreiche Tote bei Angriff auf Küstenstadt in Kenia

  • Erste Bilder der Rettungsaktion des Höhlenforschers

++++

13:34 Uhr:
Kennt ihr Ikea Hackers? Eine Seite, die Tipps gibt, was man alles Großartiges aus Ikea-Produkten machen kann (außer sie einfach aufzubauen und als das zu verwenden, wofür sie gedacht sind). Ziemlich cool eigentlich. 

Die Seite gibt es schon seit acht Jahren. Jetzt aber hat Ikea die Betreiber abgemahnt. Entweder, sie müssen die Domain Ikeahackers.net an Ikea übergeben, oder ihre Seite entkommerzialisieren. Zur Zeit finanziert sie sich über Werbung - unter anderem für Ikea-Möbel-Zubehör. 

++++

13:12 Uhr:
Wie haltet ihr es eigentlich mit dem Schminken beim Public Viewing. Die jetzt-Redaktion sieht das kritisch und demonstriert eindrücklich, was passiert, wenn man es mit der Deutschland-Fan-Schminkerei übertreibt.




++++

12:48 Uhr:
Noch eine Eilmeldung. Bzw. eine Richtigstellung: Christian Helten war auch schon Nacktbaden und ist damit genauso cool wie die Kroaten und in der #Sommerchallenge führend. 




++++

11:53 Uhr:
Eilmeldung: Schumacher ist wach! Darauf gehen wir glatt in der Mittagspause einen trinken. 

++++

11:50 Uhr:
Passend dazu

The Libertines – The Good Old Days

++++

11:41 Uhr:
Ich weiß nicht, ob es jemanden von euch interessiert - ich hab mich noch nicht einmal entschieden, ob es mich selbst interessiert - aber die Libertines spielen im Herbst in Deutschland!

Ich war ja früher krasser Fan, habe sie aber nie live gesehen. Ist das jetzt DIE Chance, oder würde das nur eine herbe Enttäuschung werden und ich sollte lieber nicht hingehen. 

Ich könnte den Abend meines Lebens verpassen, oder die Grundsäulen meines Musikgeschmacks zerstören. 

Was würdet ihr mir raten?

++++

11:20 Uhr:
Bei uns geht es heute hier Schlag auf Schlag. So viele gute Texte - wir wissen gar nicht, wohin damit. 

Kathrin hat ein Interview mit Denise geführt. Sie ist 25 selbst Asperger-Autistin und will ein Lifestyle-Magazin für Autisten gründen. 




++++

10:48 Uhr:
Im Ticker fragen wir heute: Wann werdet ihr zum Tier? Während der WM ist diese kafkaeske Blitzverwandlung von Mensch in Brüllaffe ja häufig zu sehen.




++++

10:31 Uhr:
Ich hab ja eher stark rudimentäres Fußballwissen. Aber eines wusste ich: Ronaldo sollte man irgendwie doof finden. Nur warum war mir bis jetzt nicht klar. Lars Weisbrod hat es mir und allen anderen Unwissenden erklärt:
Woher der Hass? Cristiano Ronaldo




++++

09:18 Uhr:
Ich war ja darauf eingestellt, dass heute alle ein bisschen früher abhauen, um pünktlich zum Spiel in irgendeinem Biergarten zu sitzen. Aber das gar keiner kommen würde...

Naja, ich schreib dann heute einfach ein bisschen mehr.




++++

09:02 Uhr:
 Die kroatische Nationalmannschaft hat am Samstag ihren freien Tag in Brasilien genutzt und ist mal in den Hotelpool gehüpft. Allerdings hatten einige von ihnen anscheinend ihre Badehosen vergessen. Klar dass die Paparazzi da draufhalten.
Damit ist die kroatische Mannschaft der jetzt-Redaktion in Sachen Nacktbaden nun weit voraus. Denn was die Sommerchallenge hier in der Redaktion angeht, füllen sich die Bögen zwar langsam, aber diese Kategorie ist von allen noch unberührt. Wir sollten uns also mal ranhalten!

Und um das bitte klar zu stellen: Nackt ist tausendmal weniger verstörend als das hier:


Screenshot / amazon.com

++++

08:04 Uhr: Einen wunderschönen guten Morgen! Schon lange nicht mehr gesehen hier im Tagesblog! Falls ihr - anders als ich - noch nicht auf der Arbeit seid: Heute unbedingt auf dem Weg dorthin eine SZ schnappen. Da liegt nämlich das neue jetzt Magazin bei und das lohnt sich schon alleine wegen des Covers!



Aber natürlich auch wegen der großartigen Geschichten!

Spannungen zwischen Kiew und Moskau eskalieren

$
0
0
Die ukrainische Regierung droht mit einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Russland und einer kompletten Schließung der Grenzen zum Nachbarland. Das sagte der ukrainische Außenminister Andrij Deschtschyza in Kiew vor dem Gebäude der russischen Botschaft. Dort war es in der Nacht zum Sonntag zu Ausschreitungen nach Protesten gekommen. Diese richteten sich gegen den Abschuss einer ukrainischen Militärmaschine durch prorussische Separatisten bei Lugansk, bei dem 49 Soldaten starben.



Der Spielraum für friedliche Lösungen wird enger: Der ukrainische Außenminister Andrij Deschtschyza droht mit einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen und der Schließung der Grenzen zu Russland.

Deschtschyza war persönlich in der Nacht vor die Botschaft geeilt, um die Demonstranten zur Besonnenheit aufzurufen. Dort verkündete er, dass bei der für diesen Montag geplanten Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats die Frage einer vollständigen Grenzschließung diskutiert werde. Er könne sich auch einen Abbruch der Beziehungen als Reaktion auf die fortwährende Unterstützung der Separatisten durch Moskau vorstellen, so der Minister. Moskau protestierte nach den Krawallen vor seiner Kiewer Botschaft gegen „die provozierenden Aktionen“ und die „Schändung“ der russischen Flagge.

Der neue Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, hatte am Samstag nach dem Abschuss der Militärmaschine in einer TV-Ansprache für den Sonntag landesweite Staatstrauer ausgerufen – und gleichzeitig Vergeltung angekündigt. Die Armee werde umgehend reagieren, so Poroschenko. Er habe den Befehl erteilt, die „Terroristen in die Enge zu treiben und die Grenzen zu Russland unter Kontrolle zu bringen“. Auch EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy forderte Russland vehement auf, die Grenzen zur Ukraine stärker zu kontrollieren. Es gebe keinen Zweifel, so Van Rompuy, dass die „bewaffneten Kämpfer, die Terror verbreiten, auswärtige Unterstützung genießen – Waffenlieferungen und Verstärkung durch ausländische Kämpfer eingeschlossen“. Russland trage eine Hauptverantwortung dabei sicherzustellen, „dass jegliche derartige Lieferungen und auswärtige Unterstützung über seine Grenzen hinweg sofort gestoppt werden“.

Nicht nur wegen der Kampfhandlungen in der Ostukraine wird der Ton zwischen Kiew und Moskau wieder schärfer. Auch die Verhandlungen über Gaslieferungen aus Russland kommen unter dem Eindruck der militärischen Eskalation nicht vom Fleck. Russland hatte für Wochenbeginn einen Lieferstopp angedroht. Die beiden Parteien trafen sich zwar am Sonntagabend noch einmal unter Vermittlung von EU-Energiekommissar Günther Oettinger – aber „ohne Ergebnis“, wie die ukrainische Regierung mitteilte.

Moskau fordert die Tilgung offener Rechnungen für geliefertes Gas, Kiew will erst einen Rabatt aushandeln. Der vom Kreml kontrollierte Energieriese Gazprom erwartet von der Ukraine die Zahlung von etwa 1,44 Milliarden Euro bis zu diesem Montag. Der ukrainische Premier Arsenij Jazenjuk hat die Behörden angewiesen, Vorkehrungen für einen möglichen Lieferstopp zu treffen. Ein solcher Lieferstopp hätte auch Auswirkungen auf mehrere EU-Staaten. 

Der Osten ist grün

$
0
0
Normalerweise verlässt man einen Raum, um frische Luft zu atmen. In Peking träumt man vom Gegenteil: Eine internationale Architekturfirma schlägt gerade vor, über einem Park in Peking ein künstliches Zelt aufzuspannen. Darin ein für dortige Verhältnisse seltener Inhalt: Frischluft. Von Smog befreit, könnten Menschen darin flanieren und durchatmen, schwärmen die Planer. Auch angrenzende Einkaufszentren und Bürogebäude könne man an das Habitat anschließen – gegen Aufpreis natürlich.



Der Smog mindert die Lebensqualität in Peking.

So groß ist die Sehnsucht der urbanen Chinesen nach sauberer Luft mittlerweile, dass Geschäftsideen wie diese blühen. Ein chinesischer Künstler verkaufte schon Frischluft aus Frankreich in Marmeladengläsern; ein Reisebüro karrte Sauerstoff aus den Bergen in blauen Ballons verpackt in die Millionenmetropole Zhengzhou. Die Bewohner standen Schlange. „Ich konnte mein Baby in meinem Bauch spüren“, berichtete eine junge Frau freudig. Das Kind habe sich geregt, als sie die Bergluft atmete.

Wang Canfa kennt diese Sorgen der Chinesen sehr gut. Der Pekinger spaziert durch Freiburg im Breisgau, eine Sonnenbrille auf der Stirn, und schwärmt von den Blumen, dem blauen Himmel, der friedlichen Atmosphäre, dem deutschen Essen. Man könnte den 55-Jährigen mit seinem roten Rucksack und seiner beigen Jacke leicht mit einem Touristen verwechseln – doch Wang ist einer der einflussreichsten Umweltanwälte Chinas. Seit über fünfzehn Jahren zieht er für Opfer von Verschmutzung vor Gericht. Gegen Fabriken, die verschmutztes Abwasser ins Grundwasser pumpen; gegen Geschäftemacher, die Industriechemikalien in Hinterhöfen abladen; selbst gegen den chinesischen Staat hat Wang schon vor Gericht gewonnen. Das Time Magazine würdigte ihn für sein Werk als „Hero of the Environment“.

Der Professor für Umweltrecht der Universität Peking ist nicht nur entspannt, weil er auf Reisen in Europa ist. Sondern weil er glaubt, dass sich gerade einiges in seinem Heimatland ändert. „Im letzten Jahr sind so viele Angeklagte wegen Umweltvergehen verurteilt worden wie in den letzten zehn Jahren zusammen“, sagt Wang. Das ist zum Teil auch sein Verdienst: Mehr als 200 Anfragen erhält das von ihm gegründete „Zentrum für rechtliche Unterstützung von Verschmutzungsopfern“ pro Monat. Seine Mitarbeiter besorgen den Hilfesuchenden Anwälte, legen sich mit lokalen Parteikadern und Fabrikbesitzern an. Die Anwälte haben so etwa ein Tierversuchslabor in Peking gestoppt, eine Fabrik zum Wegzug aus einem Siedlungsgebiet gezwungen, von einer Papiermühle umgerechnet 500 000 Euro Schadenersatz erstritten. Für schwierige Fälle müssen die Juristen bis zu sieben Jahre lang kämpfen, um ein Urteil zu erreichen, sagt Wang.

Über Peking sagte ein Landwirtschafts-professor kürzlich, der Smog sei so dicht, dass die Photosynthese nicht mehr richtig funktioniere. Tomaten am Boden bräuchten zwei Monate statt zwanzig Tage, um zu reifen. Wangs Prozesse sind ein wenig wie diese Tomaten. Sie sind ständig bedroht vom Smog der Bürokratie und der Vetternwirtschaft, Parteifunktionäre beeinflussen Urteile häufig in ihrem Sinn. „Aber wir sensibilisieren die Menschen für den Weg der Gesetze“, sagt Wang. Die Fälle werden auf der Webseite oder in sozialen Netzwerken veröffentlicht.

Und seine Arbeit findet zunehmend Protektion von ganz oben. „Die rechtliche Situation von Opfern von Umweltverschmutzung hat sich verbessert“, sagt Wang optimistisch. Vor zehn Jahren sprach kaum jemand über Umweltsünden. Heute sei jeder durch das Internet über die aktuellen Feinstaubwerte informiert. Umweltbildung soll künftig per Gesetz in den nationalen Lehrplänen verankert werden. Im April beschloss der Volkskongress eine Reform des Umweltschutzgesetzes, zum ersten Mal seit 1989. Die Strafen für Umweltvergehen werden verschärft, auch Beamte können nun wegen Untätigkeit belangt werden. Whistleblower, die Vergehen öffentlich machen, sollen besser geschützt werden.

Denkt das Reich der Mitte beim Umweltschutz um? In jüngster Zeit mehren sich die Anzeichen dafür, besonders bei der Energieversorgung. Billiger Strom aus Kohle war über Jahre der Motor des chinesischen Aufschwungs – jetzt will die Regierung den Ausbau der Kohlekraft erstmals abbremsen.

Sechs Provinzen wollen ihren Kohleverbrauch von sich aus verringern, weiteren Regionen will die Zentralregierung Obergrenzen vorsetzen. In zehn Provinzen sei der absolute Kohleverbrauch bereits gesunken, schreibt die Ostasien-Abteilung von Greenpeace in einer aktuellen Studie. Die Umweltschützer sprechen schon vom „Ende des chinesischen Kohlebooms“. Die Ankündigung von US-Präsident Barack Obama, die Emissionen aus Kohlekraftwerken um 30 Prozent zu senken, könnte auch China in der jetzigen Strategie weiter bestärken. Steuert das Reich der Mitte tatsächlich um, wären die Effekte global: Im vergangenen Jahrzehnt entsprang mehr als die Hälfte des globalen Anstiegs der CO2-Emissionen Chinas Kohleöfen. Alleine die Provinz Shandong verfeuert so viel Kohle wie Deutschland und Japan zusammen.
Von westlichen Beobachtern fast unbemerkt hat China nun auch einen eigenen Emissionshandel eingeführt. In sechs Städten oder Provinzen – Peking, Guangdong, Hubei, Shenzhen, Shanghai und Tianjin – müssen Unternehmen nun bezahlen, um CO2 in die Luft zu pusten. Selbst diese vereinzelten Pilotprojekte machen den chinesischen Emissionsmarkt nach der EU zum zweitgrößten der Welt; der Preis für eine Tonne Kohlendioxid liegt über dem der EU. „In China könnte der Emissionshandel den größten Einfluss haben“, schreibt Changhua Wu, die chinesische Direktorin der Klimaschutzorganisation Climate Group, in der New York Times.

Zunehmend investiert Peking auch in erneuerbare Energien. In der Gesamtbilanz bleiben sie mit rund zwei Prozent bescheiden, doch selbst das ist ein riesiger Schritt. Alleine die 2013 in China installierten Photovoltaik-Anlagen liefern so viel Strom wie ein Dutzend Atomreaktoren, vor der Küste entstehen große Windparks. An einer weiteren Front experimentieren die Energieunternehmen mit neuen CCS-Techniken (Carbon Dioxide Capture and Storage), mit denen Kohlendioxid aus Kraftwerken unterirdisch gespeichert werden soll. In vier Pilotanlagen wird das CCS-Verfahren schon getestet, elf weitere Großprojekte sind nach Informationen des World Resources Institutes in der Planungsphase.

Getrieben wird dieses umweltpolitische Umdenken kaum von Sorgen ums Weltklima. Die Umweltprobleme lähmen vielmehr den wirtschaftlichen Erfolg Chinas. Manchmal ist das buchstäblich zu verstehen: Wird der Smog zu dick, bleiben Flugzeuge am Boden kleben, neue Autobahnen stehen wegen der verkürzten Sichtweite leer. Die Reis- und Weizenernten könnten dramatisch fallen, warnen Klimaschützer, falls das Land nichts gegen die Erderwärmung unternimmt. Die Eliten haben genug von der verdorbenen Umwelt, manche Soziologen sprechen von der dritten großen Auswanderungswelle, die das Land in vier Jahrhunderten erlebt. Und auch die Expats, jene Klasse gut ausgebildeter Geschäftsführer, Berater und Jetsetter aus dem Westen, zieht es nicht mehr recht nach Fernost: In einer Umfrage der amerikanischen Handelskammer in Peking gab jede zweite von 365 befragten Firmen an, Bedenken über die Luftverschmutzung jagten ihre Führungskräfte davon oder hielten sie davon ab, überhaupt nach China zu kommen. Vor vier Jahren hielt noch weniger als jede fünfte Firma die Umweltverschmutzung für ein Hindernis, Bewerber zu finden.

„Besonders der Smog hat starke ökonomische Auswirkungen“, sagt Jost Wübbeke vom Mercator Institut für Chinastudien (Merics) in Berlin. Das Land habe daher ein starkes Interesse daran, den Kohleverbrauch zu reduzieren. Von einem Ende des Kohlebooms will Wübbeke aber noch nicht sprechen. „Der Verbrauch wächst langsamer, aber der Höhepunkt ist wohl erst 2020 erreicht.“ An Gesetzen, um Klima und Umwelt zu schützen, mangele es jedenfalls nicht, sagt der Umweltanwalt Wang Canfa. „Das Problem ist eher, dass nur ein Bruchteil der Paragrafen auch tatsächlich umgesetzt wird.“

Verantwortung zeigen, notfalls mit Gewalt

$
0
0
Bundespräsident Joachim Gauck hat die Deutschen erneut aufgefordert, mehr Engagement bei internationalen Einsätzen zu zeigen, im äußersten Fall auch militärisch. Deutschland stehe an der Seite der Unterdrückten, sagte er Deutschlandradio Kultur. „Und in diesem Kampf für Menschenrechte oder für das Überleben unschuldiger Menschen ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen.“ Gauck sagte, es habe „früher eine gut begründete Zurückhaltung der Deutschen“ gegeben, bei internationalen Einsätzen und Konfliktfällen aktiv zu werden. Heute sei das Land aber eine „solide und verlässliche Demokratie“, zu deren wachsender Verantwortung gehöre, den Einsatz militärischer Gewalt „als letztes Mittel nicht von vornherein zu verwerfen“.



Bundespräsident Joachim Gauck forderte im Deutschlandradio Kultur, Menschenrechte notfalls auch mit militärischer Gewalt zu erzwingen – und erntete prompt Kritik von vielen Seiten. 

Gaucks Äußerung, die er in weniger konkreter Form schon bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Januar vorgetragen hatte, stieß bei der Opposition im Bundestag auf scharfe Kritik. „Menschenrechte lassen sich nicht herbeibomben“, erklärte der außenpolitische Sprecher der Linkspartei, Jan van Aken. Gerade im Krieg kämen die Menschenrechte unter die Räder. Richtig sei lediglich, dass Deutschland „viel aktiver“ werden müsse, um auch international die Durchsetzung von Bürgerrechten und sozialer Gerechtigkeit zu unterstützen. Dies aber dürfe nicht militärisch geschehen. „Gaucks einseitiger Blick auf das Militärische ist hochgefährlich und vom Verfassungsauftrag der Bundeswehr in keiner Weise gedeckt“, so Jan van Aken. Ein Bundespräsident, der „quasi als Feldherr die Bundeswehr mit Hurra in alle Welt schicken“ wolle, stelle sich gegen die Bevölkerung und begebe sich ins Abseits.

Gauck hatte seine Bemerkungen am Ende einer dreitägigen Reise nach Norwegen gemacht. Dort war die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg bei einer Pressekonferenz zu einem größeren internationalen Engagement Deutschlands befragt worden. Ihre Antwort: „Deutschland muss sein Verhältnis zur Welt normalisieren.“ Gauck war bei seinem Staatsbesuch immer wieder auf das Thema angesprochen worden, auch in einem Interview des Deutschlandradios. „Ich habe das Gefühl, dass unser Land eine Zurückhaltung, die in vergangenen Jahrzehnten geboten war, vielleicht ablegen sollte zugunsten einer größeren Wahrnehmung von Verantwortung, und da können wir von Norwegen zum Beispiel auch lernen“, sagte er. Norwegen habe sich in Friedensprozesse fernab des eigenen Landes eingebracht, etwa in Guatemala. „Das wünsche ich mir von Deutschland auch“.

Nun will Gauck seine Forderung nach mehr internationaler Präsenz aber keineswegs nur militärisch verstanden wissen. Vielmehr gehe es um ein ganzes Bündel diplomatischer, menschenrechtlicher und – als ultima ratio – auch militärischer Maßnahmen. Gefragt sei kein „deutsches Dominanzgebaren“ wie im vergangenen Jahrhundert. Vielmehr könnten Konflikte in aller Welt nur im engen Verbund der EU- und Nato-Staaten gelöst werden, wie dies derzeit etwa in der Ukraine versucht werde. Nicht immer und überall komme die Diplomatie am Ende ans Ziel. „So wie wir eine Polizei haben und nicht nur Richter und Lehrer, so brauchen wir international auch Kräfte, die Verbrecher oder Despoten, die gegen ihr eigenes Volk oder gegen ein anderes mörderisch vorgehen, zu stoppen“, sagte Gauck. „Und dann ist als letztes Mittel manchmal auch gemeinsam mit anderen eine Abwehr von Aggression erforderlich.“ 

Praktikant oder Profi?

$
0
0
cMünchen – Als Erstes entschuldigt sich Andreas Hofer, 23, für den Anzug. So sehe er nicht immer aus. Der Student kommt gerade von einem Termin bei Siemens zurück ins Hauptquartier von Academy Consult, Münchens größter studentischer Unternehmensberatung. Auch am Abend herrscht hier noch reger Betrieb. Die leeren Bierkästen in der Küche deuten jedoch darauf hin, dass „Überstunden“ hier schon mal anders verbracht werden als bei McKinsey und Co.



Ein Unternehmen, das sich von Studenten ohne Praxiserfahrung beraten lässt: der internationale Baukonzern Bilfnger.

Wenn die Academy Consultans in Unternehmen auftauchen, sorgen sie gern für Verwirrung. Der Verein gibt bereits Studienanfängern die Gelegenheit, sich ins Businessoutfit zu werfen und Projekte in Firmen umzusetzen. Was klingt wie jugendlicher Größenwahn ist ein funktionierendes Geschäftsmodell: Die studentische Unternehmensberatung blickt auf rund 300 Projekte in knapp 15 Jahren zurück.

Es gibt sie also: Firmen, die sich von Studenten ohne Praxiserfahrung sagen lassen wollen, wie sie es besser machen können. Eines dieser Unternehmen ist der internationale Dienstleistungs- und Baukonzern Bilfinger. Bereits acht Mal hat die Firma in den vergangenen Jahren auf die Dienste von Academy Consult zurückgegriffen. Ein Faktor sei natürlich der Preis, sagt Michael Schmitz, Leiter der Abteilung Corporate Human Ressources. Viel wichtiger ist jedoch aus seiner Sicht, wie viel man für sein Geld bekomme. „Meine Erfahrung ist ausnahmslos“, sagt Schmitz, „dass die vermeintlich mangelnde Erfahrung der studentischen Berater durch ihre Flexibilität und Verantwortungsbereitschaft mehr als kompensiert wird.“

Während laut Schmitz Academy Consult gerade bei kleineren Projekten durchaus mit den Leistungen der großen Beraterfirmen mithalten könne, betonen die Vorstandsmitglieder Andreas Hofer, 23, und Michael Kastner, 20, selbst andere Stärken: einen frischen Blick, kein eingefahrenes Schubladendenken und die Nähe zur aktuellen Forschung. Ein weiterer Wettbewerbsvorteil: Sie werden häufig mit dem Praktikanten verwechselt. Nicht ganz ernst genommen zu werden, kann für Consultants ein Vorteil sein: „Für die Angestellten in den Firmen sind wir nicht der arrogante Berater“, erklärt Michael, „sondern ein interessierter Student.“ Dadurch seien die Mitarbeiter ihnen gegenüber offener, sprächen öfter Verbesserungswürdiges an, als sie es gegenüber den Anzugträgern von McKinsey oder der Boston Group tun würden.

Rund einhundert Studierende engagieren sich derzeit bei Academy Consult, darunter auch Lehramtsanwärter und sogar eine Theaterwissenschaftlerin: Elfi Harrasser. Die 23-Jährige sieht die studentische Unternehmensberatung als ideale Ergänzung zu ihrem eher wirtschaftsfernen Studienfach – später möchte sie im Kulturmanagement arbeiten. Bei ihrem ersten Projekt für den Verein unterstützte sie einen Singer-Songwriter bei der Vermarktung seines Albums. Neben etablierten Unternehmen berät Academy Consult auch häufiger kleine Start-Ups oder Personen, die sich die Tagessätze etablierter Berater nicht leisten können.

Bezahlt wird nur die Arbeit an externen Projekten mit Unternehmen – Academy Consult selbst darf als eingetragener gemeinnütziger Verein keinen Gewinn erwirtschaften. Alles, was sich hinter den Kulissen abspielt, etwa im Bereich Marketing oder Recruiting, erfolgt deshalb auf ehrenamtlicher Basis. Einige der Probeprojekte, die Einsteiger bei Academy Consult absolvieren, um ihre Fähigkeiten zu beweisen, unterstützen soziale Projekte. So entwickelten die Neuzugänge des vergangenen Jahres für die Caritas eine Imagekampagne zum Thema „Leben im Alter“.

Um bei Academy Consult aufgenommen zu werden, müssen sich die Studenten bewerben. Ausschlaggebend ist allerdings nicht ihr Notenschnitt, sondern ihre Motivation. Um Geld zu verdienen, sei eine Werksstudentenstelle wahrscheinlich lukrativer, wirft Andreas ein. Und auch dem Lebenslauf sei mit einem Praktikum mehr geholfen. „Aber hier bin ich Chef für 20 Leute und habe Umsatzverantwortung“, sagt der Maschinenbau-Student, gewählter Vorstand des Bereichs Kundenbetreuung. „Im Praktikum bin ich dagegen die Hilfskraft vom Dienst.“

Auch Michael, 20, der den Bereich Marketing betreut, weiß: Die Chance, ein Team aus 19 Leuten zu koordinieren, wird er nicht wieder haben. Seine erste Firma gründete er bereits in der Schule: Bei einem Schülerunternehmenswettbewerb gewann sein Lifestyle-Planer bayernweit den ersten Preis, er verkaufte 4000 Hefte. Am interessantesten findet er – wie auch Andreas – später selbst eine eigene Firma zu gründen. Laut den Organisatoren zeigt die Erfahrung: Nur rund ein Drittel der Alumni gehen nach dem Studium in die Unternehmensberatung. Genauso hoch sei die Quote an Absolventen, die später selbst ein Unternehmen gründen.

Nach dem Studium in einer Unternehmensberatung zu arbeiten, könne sich Andreas dagegen nur zeitweise vorstellen – nicht als „Endstation“. Das sei ihm zu intensiv. „Man muss sich irgendwann entscheiden, ob man arbeiten oder leben möchte“, sagt er – und nach einer Pause: „Und warum sollte ich die besten Jahre meines Lebens verbrennen?“
Viewing all 6207 articles
Browse latest View live




Latest Images