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Systematischer Kindes-Missbrauch

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Emma war 13, als sie zum ersten Mal vergewaltigt wurde. Danach, sagt sie, wurde sie jede Woche vergewaltigt, bis sie 15 Jahre alt war. Ihre Eltern konnten das nicht verhindern, weil sie von den Tätern bedroht wurden. Die Polizei von Rotherham, einer Stadt mit circa 250 000 Einwohnern im Norden Englands, nahm die Vorwürfe des Mädchens nicht ernst.



Ein junges Mädchen läuft an der Hand seiner Mutter über die Straßen von Rotherham

Emma ist heute 24 Jahre alt und heißt nicht Emma, sie will ihre Identität geheim halten, weil sie sich noch immer vor den Tätern von damals fürchtet. Sie hat unter Pseudonym mit der BBC gesprochen, nachdem nun eine unabhängige Untersuchung zu dem schockierenden Schluss gekommen ist, dass in Rotherham zwischen 1997 und 2013 Hunderte Kinder systematisch missbraucht und gequält wurden und niemand hinschauen konnte oder wollte.

„Niemand kennt das wahre Ausmaß der sexuellen Ausbeutung von Kindern in Rotherham“, sagte die Professorin Alexis Jay, die die Untersuchung geleitet hat, „aber unsere konservative Schätzung ist, dass zwischen 1997 und 2013 ungefähr 1400 Kinder missbraucht worden sind.“ Die Untersuchung war 2010 vom Stadtrat in Auftrag gegeben worden, nachdem fünf Männer mit pakistanischen Wurzeln wegen vielfachen Kindesmissbrauchs zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren.

Der Stadtratsvorsitzende Roger Stone trat nach Veröffentlichung der Untersuchung mit sofortiger Wirkung zurück. Mehrere führende Politiker forderten am Mittwoch in London, dass weitere Mitarbeiter der Behörden und der Polizei in Rotherham zurücktreten müssten.

Dem Untersuchungsbericht zufolge gingen die Täter überaus brutal vor. Sie übergossen Kinder mit Benzin und drohten, sie bei lebendigem Leib verbrennen. Sie schlugen Kinder und brachten sie in andere Städte in Nordengland, wo sie zum Sex gezwungen wurden. Elfjährige Mädchen wurden von mehreren Männern vergewaltigt, andere Kinder wurden zum Zusehen genötigt. „Es ist schwer zu beschreiben, welch entsetzlichem Missbrauch die Kinder ausgesetzt waren“, sagte Alexis Jay.

Ebenso erschreckend wie das Ausmaß der Verbrechen ist die Tatsache, dass die Behörden nicht eingriffen, obwohl sie zumindest hätten ahnen müssen, was da in ihrer Stadt vor sich ging. Der Untersuchung von Professorin Jay zufolge lag das unter anderem auch daran, dass sie Sorge hatten, als Rassisten bezeichnet zu werden, weil die Täter von Opfern als „asiatische Männer“ beschrieben worden sind.

Zwischen 2002 und 2006 gab es schon einmal drei Untersuchungen in Rotherham, nachdem vermehrt Anzeigen wegen sexuellen Missbrauchs eingegangen waren. Die Untersuchungen hätten laut Jay „in ihrer Beschreibung der Situation in Rotherham nicht klarer sein können“. Dennoch passierte nichts. Die Ergebnisse der ersten Untersuchung seien vertuscht worden, weil Polizeibeamte sie einfach nicht hätten glauben wollen. Die zweite und die dritte Untersuchung hätten die Behörden schlicht ignoriert.

Emma, die zwei Jahre lang regelmäßig vergewaltigt wurde, erzählt, dass sie damals zur Polizei gegangen sei. Sie habe eigens die Kleidung aufbewahrt, die sie trug, während sie missbraucht wurde, in der Hoffnung, die Polizei könne die Täter anhand von Spuren an der Kleidung überführen. Aber die Polizei habe die Kleidungsstücke „verloren“ und ihr gesagt, es stehe ihr Wort gegen das der Männer – und dass der Fall wohl nicht einmal vor Gericht kommen würde. Ihre Eltern seien von den Tätern bedroht worden und hätten sich machtlos gefühlt, da die Polizei nicht eingegriffen habe. Ein weiteres Opfer erzählte, die Täter hätten sich unantastbar gefühlt, weil die Behörden sie wider besseres Wissen gewähren ließen.

Jason Harwin, der für Rotherham zuständige Bezirkspolizeichef, hat sich bei den Opfern entschuldigt. Er formulierte, die Opfer der sexuellen Ausbeutung hätten „nicht das Niveau an Service erhalten, das sie von der örtlichen Polizei erwarten können “. Die Polizei von South Yorkshire habe ihre Herangehensweise an Fälle dieser Art grundlegend geändert und zuletzt einige Täter festgenommen, die zu Haftstrafen verurteilt worden seien. Harwin sagte: „Ich verstehe allerdings, dass unsere jüngsten Erfolge den Schmerz derer, die wir im Stich gelassen haben, nicht lindern werden.“ Ob der Untersuchungsbericht von Professorin Jay zu weiteren strafrechtlichen Verfolgungen führt, ist noch unklar.

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