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Ebola-Virus wird in Hamburg behandelt

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Die Bilder haben durchaus etwas Dramatisches. Ein grau angestrichenes Flugzeug landet am Mittwochvormittag in Hamburg, der Isolations-Rettungswagen der Feuerwehr steht schon bereit. Menschen in weißen Anzügen geleiten einen geschwächten Mann die Gangway hinunter, der ebenfalls in einem Anzug steckt, aber immerhin kann er selbst gehen. Ein gutes Zeichen ist das für die Hamburger Ärzte, ein Hoffnungsschimmer, dass der Mann überleben könnte.



Der afrikanische Patient: Ein Ebola-Infizierter ist in Hamburg gelandet

Mit Polizeieskorte fährt der Konvoi ins Universitätsklinikum Eppendorf (UKE). Der Patient, der in dem Spezialgefährt liegt, ist Arzt, ein Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation WHO. Der Senegalese kämpfte in Sierra Leone gegen die Ebola-Epidemie und hat sich dabei selbst mit dem meist tödlichen Virus angesteckt. Am Wochenende bat die WHO die Hamburger um Hilfe, binnen vier Stunden erklärten sich Klinik und Behörden bereit, den Arzt aufzunehmen.

In der Uniklinik wird er in der abgeschotteten Isolierstation nun von Stefan Schmiedel und seinem Team behandelt, dem Leiter der Tropenmedizin. „Er ist in einem Zustand, der hoffen lässt, dass er von unseren therapeutischen Optionen profitieren kann“, sagt Schmiedel. Er redet vorsichtig über seinen Patienten, denn der hat gebeten, die ärztliche Schweigepflicht zu wahren. Ein wenig sagt Schmiedel dann doch: Er will dem Infizierten zunächst keines der neuen, noch ungetesteten Medikamente geben. Erst einmal setzt er auf „einfache Maßnahmen“, auf Fiebersenkung oder Flüssigkeitsmanagement. „Wir glauben, dass diese Maßnahmen die Sterblichkeit senken können“, sagt Schmiedel. Wie lange die Behandlung dauert, weiß keiner. Die Krankheit kann bis zu 90 Prozent der Betroffenen töten, im Zuge der aktuellen Epidemie sterben etwa 55 Prozent.

Für eine Behandlung bietet Hamburg sicher bessere Voraussetzungen als die westafrikanischen Kliniken. Die Isolierstation des UKE ist eine von neun über die Republik verteilten Hochsicherheitseinrichtungen, die für hochinfektiöse Erreger wie das Ebolavirus ausgelegt sind. Für die Bevölkerung besteht den Ärzten zufolge keinerlei Gefahr. In der Station herrscht ein permanenter Unterdruck, damit keine Luft entweicht. Aufwendige Technik filtert die Luft und soll jede Übertragung verhindern. In den Anzügen der Pfleger und Ärzte wiederum herrscht Überdruck. Sie können die Station nur über ein komplexes Schleusensystem betreten und verlassen, das ihre Schutzanzüge desinfiziert.

„Die Behandlung findet räumlich und personell absolut getrennt vom Regelbetrieb statt“, versichert ein Sprecher der Gesundheitsbehörde. Das Ebola-Virus wird nur über direkten Kontakt mit Patienten und ihren Körperflüssigkeiten übertragen, nicht über die Luft. Das Risiko einer Ansteckung besteht in Hamburg also allenfalls für die Mitarbeiter der Seuchenstation, die unmittelbar in Kontakt mit dem Infizierten kommen.
Es gibt noch einen Grund, warum die Hamburger gelassen bleiben können: Das Ebola-Virus ist in der Stadt kein Unbekannter. Tatsächlich ist es schon lange da.

Am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin wird an dem Erreger geforscht, auch, um wirksame Medikamente gegen Ebola zu finden. Dafür verfügt das Institut seit vielen Jahren über Proben des Virus. Sämtliche Arbeiten mit diesem und anderen gefährlichen Keimen finden in einem Hochsicherheitslabor statt. „Im Wesentlichen ist dieses Laboratorium genauso aufgebaut wie die Isolierstation am UKE“, sagt Sprecherin Jessica Tiedke. Eine Gefahr für die Bevölkerung bestehe nicht.

An der Behandlung des WHO-Mitarbeiters sind die Tropenmediziner des Bernhard-Nocht-Instituts nicht direkt beteiligt, sie werden aber die Diagnostik übernehmen, also Blutproben des Erkrankten untersuchen. Von diesen Tests hängt sowohl die Behandlung als auch die Prognose des Patienten ab.

Sollten die einfachen Maßnahmen nicht ausreichen, gebe es weitere Optionen, sagt Stefan Schmiedel, der behandelnde Arzt. Dann könnten auch die Hamburger Mediziner zu den neuen, größtenteils unerprobten Medikamenten greifen. Eines dieser Mittel, den Antikörpermix ZMapp, haben bereits mehrere Patienten in den USA, Spanien und Großbritannien erhalten. Ob es hilft, ist jedoch strittig. Eine Alternative könnte auch ein Grippemittel sein, das in Tierversuchen bereits gegen Ebola wirkte.

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