Hat Snowden übertrieben? Oder ist alles schlimmer? Was wusste Steinmeier? Hat Merkel etwas zu verbergen? Wie der US-Geheimdienst die Deutschen ausspäht - und was die Sache zum Stoff für den Wahlkampf macht. Fragen und Antworten
Union und FDP sind in die Offensive gegangen. Schon unter der rot-grünen Koalition sei die Basis für die Ausspähung deutscher Bürger durch den US-Geheimdienst NSA gelegt worden, behauptet die Regierung. Zudem habe der BND den Amerikanern nicht, wie angenommen, millionenfach Daten über deutsche Bürger übermittelt - sondern nur Ergebnisse der Auslandsüberwachung. Gibt es also gar keine Beweise für die Ausspähung deutscher Bürger, die Whistleblower Edgar Snowden enthüllt hat? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu der Affäre.
Menschen mit Edward-Snowden-Masken in Brasilia
Ist der NSA-Skandal - aus deutscher Sicht zumindest - gar kein Skandal?
Dies ist einer der größten Skandale der jüngeren Geschichte. Der frühere Mitarbeiter des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA) Edward Snowden hat viele Zehntausend Dokumente der NSA und des britischen Geheimdienstes GCHQ mitgenommen. Aus den wenigen bekannt gewordenen Unterlagen ergibt sich die Ideologie eines Geheimdienstsystems, dessen Ziel die Kontrolle der Gesellschaft ist. Neu ist der Umfang der Überwachung, ebenso die Zielrichtung, die nichts mehr mit der alten Spionage zu tun hat. Sie richtet sich nicht gegen staatliche Einrichtungen, sondern gegen jedermann. Dokumente belegen, dass die NSA insbesondere mit amerikanischen, aber auch europäischen Internetkonzernen eng zusammenarbeitet, um eine weltweite Kontrolle der Kommunikation sicherzustellen. Riesige Datenspeicher werden gebaut. Ausländer sind dabei für die NSA vogelfrei.
Wer ist im Visier der NSA?
Die knappe Antwort: Alle Menschen, die telefonieren oder das Internet benutzen.
Wen erfasst das Spionageprojekt Prism, das Snowden enthüllt hat?
Laut den Dokumenten von Snowden hat die NSA Zugriff auf die Daten zahlreicher US-Firmen - etwa Microsoft, Yahoo, Google, Facebook, Skype und Apple. Die US-Geheimdienstler können E-Mails mitlesen, Suchanfragen nachvollziehen und Gespräche abhören. Sie können theoretisch jeden Vorgang im Netz überwachen. Nachdem bekannt wurde, dass das Bundeswehr-Kommando in Afghanistan schon 2011 über das Prism-Programm informiert worden war, teilte die NSA mit, was bislang in Sicherheitskreisen als unwahrscheinlich erachtet wurde: dass es mehrere Programme namens Prism gäbe, nämlich drei - das von Snowden enthüllte, außerdem aber auch noch ein "collection management tool" des US-Verteidigungsministeriums. Und dazu ein Prism-Portal zum Informationsaustausch.
Gibt es noch weitere Abhörprojekte der Amerikaner?
Prism ist nur ein Teil eines globalen Abhörprojekts der NSA. Die Snowden-Dokumente lassen die Dimension erahnen: Mit der Software X-Kesycore, so heißt es, könne man auf sämtliche Facebook-Chat-Inhalte einer Person zugreifen. Auch könne rückwirkend überprüft werden, was jemand im Internet gesucht hat. Die NSA schwärmt vom "weitreichendsten" Spionagesystem der US-Regierung. Beim globalen Lauschangriff spielt neben Prism das Projekt Upstream eine große Rolle: Damit sollen US-Geheimdienstler auf Daten von Glasfaserkabeln und Internetknotenpunkten zugreifen können.
Wann muss ein deutscher Internet-Nutzer damit rechnen, dass die NSA ihm über die Schulter schaut?
Eigentlich immer. Auf einer internen NSA-Präsentation heißt es, die Agency könne "fast alles, was ein typischer Internetnutzer macht" überwachen. Es gehört zum Prinzip des Internets, dass die Daten weitgehend dezentral gespeichert werden. So liegen viele Internetseiten aus Deutschland auf Servern in den USA, auch E-Mails, die innerhalb von Deutschland verschickt werden, laufen auf dem Weg zu ihrem Empfänger über ausländische Server, Knotenpunkte oder Kabel. Selbst wenn die NSA nicht auf deutschem Boden abgreift, hat sie also Zugriff auf die Daten deutscher Nutzer. Auch wird ein Großteil der weltweiten Internetkommunikation über amerikanische Dienste abgewickelt, etwa Microsoft, Skype oder Facebook - und auf deren Daten hat die NSA offenbar Zugriff.
Ist das legal?
Die US-Regierung sagt: ja. Alles sei von Geheimgericht Foreign Intelligence Surveillance Act (Fisa) abgesegnet worden. Das heißt jedoch noch lange nicht, dass es nach deutschem Recht legal ist. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat Ende Juni ein sogenanntes Beobachtungsverfahren eingeleitet. Über ein mögliches Ermittlungsverfahren wegen Spionage ist aber noch nicht entschieden.
Welchen Stellenwert hat Deutschland für die NSA?
Deutschland ist seit dem Zweiten Weltkrieg ein wichtiger Knoten für die US-Geheimdienste. Insbesondere in der Zeit des Kalten Krieges waren Hundertschaften von NSA-Mitarbeitern in Deutschland. Heute hat die NSA vermutlich noch drei Standorte in Deutschland: in Darmstadt, in Wiesbaden und in Stuttgart. In Stuttgart betreibt die NSA mit einem "Representative Europe Office" die offizielle Vertretung für Europa, in Darmstadt das "European Cryptology Center". In Wiesbaden entsteht derzeit für mehrere Millionen Dollar ein "Consolidated Intelligence Center". Was genau in den abhörsicheren Räumen der Anlage geschieht, ist nicht bekannt. Auf einer Landkarte der NSA ist Deutschland als einziges europäisches Land gelb eingefärbt - wohl als Indikator für besonders intensive Überwachung beziehungsweise besonders große Datenströme.
Es gibt Irritationen um die Zahl der personenbezogenen Daten deutscher Staatsbürger, die abgespeichert werden. Es zirkulierte früh die Zahl von 500 Millionen Daten. Diese Zahl wird jetzt in Frage gestellt. Lag der Enthüller Snowden also falsch?
Nein. Das Problem besteht darin, dass nur ein Bruchteil des Materials bislang bekannt ist, Miniaturen gewissermaßen. Sie lassen die Größe ahnen, aber erlauben längst keine vollständigen Überblick. Laut den Dokumenten von Snowden sollen pro Monat 500 Millionen Datensätze aus Deutschland beim US-Geheimdienst einlaufen. Wo sie erhoben werden, darüber gaben die bislang bekannt gewordenen Unterlagen keine Auskunft. Mag sein, dass es voreilige Interpretationen gegeben hat, die nun korrigiert werden müssen. Unter der Rubrik "Most Volume" sind die Codes US-987LA und US-987LB aufgeführt. Damit sollen die BND-Abhöranlage im oberbayerischen Bad Aibling sowie die Fernmeldeaufklärung in Afghanistan gemeint sein. Dort erhebe der BND Ausklärungsdaten aus ausländischen Krisengebieten - und nur diese, nicht aber Daten deutscher Bürger, so legt es die Bundesregierung nahe, seien an die NSA weitergeleitet worden.
Gibt es Hinweise darauf, dass der BND nicht die Wahrheit sagt?
Viel spricht dafür, dass der BND sorgfältig und gesetzeskonform mit den Daten deutscher Bürger umgeht. Die NSA braucht auch nicht den großen Pakt. Sie ist auf die Zulieferung des BND nicht angewiesen. Über die Programme Prism und Upstream hat sie bereits Zugriff auf die Daten von Millionen Internetnutzern weltweit - und damit auch auf Millionen Deutsche.
Was hat Frank-Walter Steinmeier 2002 als Chef des Kanzleramts genehmigt? Die Ausspähung Deutscher durch den US-Geheimdienst?
Steinmeier war einer der Männer, die nach den Terrorangriffen des 11. September 2001 die von Kanzler Gerhard Schröder den USA gelobte "uneingeschränkte Solidarität" mit Leben zu erfüllen hatten. Als Kanzleramtschef fielen die Geheimdienste in Steinmeiers Zuständigkeit. Und diese sollten, das war kein Geheimnis, ihre Zusammenarbeit mit den USA verstärken. Schon deshalb, weil die islamistischen Terrorangriffe zum Teil in Deutschland von der "Hamburger Zelle" vorbereitet worden waren. Steinmeier, so stellt es nun die Bundesregierung dar, traf eine "Grundsatzentscheidung" für ein Abkommen zwischen BND und NSA zur Schaffung des gemeinsamen Abhörzentrums in Bad Aibling. Mit Prism hatte das nichts zu tun, das Programm gab es damals noch gar nicht. Dennoch will die FDP Steinmeier vor das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) laden, weil er "die Grundlagen für die Zusammenarbeit von BND und NSA gelegt" habe. Steinmeier ist keine Amtsperson. Theoretisch müsste er einer Ladung nicht folgen.
Wird die Sitzung des PKGr am Montag Klarheit schaffen?
Das ist eher unwahrscheinlich. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla wird aller Voraussicht nach die neuen Informationen zum Austausch des BND mit der NSA NSA ausbreiten. Aber die Frage, ob die NSA weitere Daten abschöpft, wird offen bleiben. Zumal die Amerikaner selbst sich bislang nur in einer dürren schriftlichen Erklärung geäußert haben. Entsprechend werden sich Regierung und Opposition vor und nach der Sitzung weiter sehr unterschiedlich über die Lage äußern. Schon bei den letzten Sitzungen des PKGr wurde sichtbar, dass es mehr um eine gute Position im Wahlkampf als um echte, gemeinsame Aufklärung gegangen ist.
Welche Daten erhebt der britische Geheimdienst von deutschen Bürgern? Gibt er sie an die Amerikaner weiter?
Der britische Geheimdienst Government Communications Headquarters (GCHQ) ist ein enger Partner der NSA - und laut Snowden noch gieriger nach Informationen. Nach Recherchen der SZ späht das GCHQ zahlreiche Unterseekabel aus, darunter TAT-14, das Deutschland mit Großbritannien und den USA verbindet und zu dessen Betreibern auch die Telekom gehört. Laut den Snowden-Unterlagen arbeiten mehrere Telekommunikationsunternehmen mit dem GCHQ zusammen, wahrscheinlich nicht unbedingt freiwillig. Über die Infrastruktur dieser Firmen läuft ein großer Teil der deutschen Internetkommunikation. Daten, die in die Hände des britischen Geheimdienstes gelangen, werden in der Regel an die NSA weitergereicht.
Wann wird das gesamte Snowden-Material zur Verfügung stehen?
Der Umfang des Materials soll gigantisch sein. Aber darf Snowden alles veröffentlichen? Erlaubt Moskau mit Blick auf die Beziehungen zu den USA umfängliche Dokumentationen? Vertraute von Snowden sollen Kopien des Materials besitzen. Warten sie seine Genehmigung zur Veröffentlichung ab und wird, wenn sich das alles über viele Monate ziehen sollte, das Publikum das Interesse noch haben, Snowdens Dokumente als Enthüllung zu verstehen? Niemand weiß darauf eine Antwort.
Union und FDP sind in die Offensive gegangen. Schon unter der rot-grünen Koalition sei die Basis für die Ausspähung deutscher Bürger durch den US-Geheimdienst NSA gelegt worden, behauptet die Regierung. Zudem habe der BND den Amerikanern nicht, wie angenommen, millionenfach Daten über deutsche Bürger übermittelt - sondern nur Ergebnisse der Auslandsüberwachung. Gibt es also gar keine Beweise für die Ausspähung deutscher Bürger, die Whistleblower Edgar Snowden enthüllt hat? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu der Affäre.
Menschen mit Edward-Snowden-Masken in Brasilia
Ist der NSA-Skandal - aus deutscher Sicht zumindest - gar kein Skandal?
Dies ist einer der größten Skandale der jüngeren Geschichte. Der frühere Mitarbeiter des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA) Edward Snowden hat viele Zehntausend Dokumente der NSA und des britischen Geheimdienstes GCHQ mitgenommen. Aus den wenigen bekannt gewordenen Unterlagen ergibt sich die Ideologie eines Geheimdienstsystems, dessen Ziel die Kontrolle der Gesellschaft ist. Neu ist der Umfang der Überwachung, ebenso die Zielrichtung, die nichts mehr mit der alten Spionage zu tun hat. Sie richtet sich nicht gegen staatliche Einrichtungen, sondern gegen jedermann. Dokumente belegen, dass die NSA insbesondere mit amerikanischen, aber auch europäischen Internetkonzernen eng zusammenarbeitet, um eine weltweite Kontrolle der Kommunikation sicherzustellen. Riesige Datenspeicher werden gebaut. Ausländer sind dabei für die NSA vogelfrei.
Wer ist im Visier der NSA?
Die knappe Antwort: Alle Menschen, die telefonieren oder das Internet benutzen.
Wen erfasst das Spionageprojekt Prism, das Snowden enthüllt hat?
Laut den Dokumenten von Snowden hat die NSA Zugriff auf die Daten zahlreicher US-Firmen - etwa Microsoft, Yahoo, Google, Facebook, Skype und Apple. Die US-Geheimdienstler können E-Mails mitlesen, Suchanfragen nachvollziehen und Gespräche abhören. Sie können theoretisch jeden Vorgang im Netz überwachen. Nachdem bekannt wurde, dass das Bundeswehr-Kommando in Afghanistan schon 2011 über das Prism-Programm informiert worden war, teilte die NSA mit, was bislang in Sicherheitskreisen als unwahrscheinlich erachtet wurde: dass es mehrere Programme namens Prism gäbe, nämlich drei - das von Snowden enthüllte, außerdem aber auch noch ein "collection management tool" des US-Verteidigungsministeriums. Und dazu ein Prism-Portal zum Informationsaustausch.
Gibt es noch weitere Abhörprojekte der Amerikaner?
Prism ist nur ein Teil eines globalen Abhörprojekts der NSA. Die Snowden-Dokumente lassen die Dimension erahnen: Mit der Software X-Kesycore, so heißt es, könne man auf sämtliche Facebook-Chat-Inhalte einer Person zugreifen. Auch könne rückwirkend überprüft werden, was jemand im Internet gesucht hat. Die NSA schwärmt vom "weitreichendsten" Spionagesystem der US-Regierung. Beim globalen Lauschangriff spielt neben Prism das Projekt Upstream eine große Rolle: Damit sollen US-Geheimdienstler auf Daten von Glasfaserkabeln und Internetknotenpunkten zugreifen können.
Wann muss ein deutscher Internet-Nutzer damit rechnen, dass die NSA ihm über die Schulter schaut?
Eigentlich immer. Auf einer internen NSA-Präsentation heißt es, die Agency könne "fast alles, was ein typischer Internetnutzer macht" überwachen. Es gehört zum Prinzip des Internets, dass die Daten weitgehend dezentral gespeichert werden. So liegen viele Internetseiten aus Deutschland auf Servern in den USA, auch E-Mails, die innerhalb von Deutschland verschickt werden, laufen auf dem Weg zu ihrem Empfänger über ausländische Server, Knotenpunkte oder Kabel. Selbst wenn die NSA nicht auf deutschem Boden abgreift, hat sie also Zugriff auf die Daten deutscher Nutzer. Auch wird ein Großteil der weltweiten Internetkommunikation über amerikanische Dienste abgewickelt, etwa Microsoft, Skype oder Facebook - und auf deren Daten hat die NSA offenbar Zugriff.
Ist das legal?
Die US-Regierung sagt: ja. Alles sei von Geheimgericht Foreign Intelligence Surveillance Act (Fisa) abgesegnet worden. Das heißt jedoch noch lange nicht, dass es nach deutschem Recht legal ist. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat Ende Juni ein sogenanntes Beobachtungsverfahren eingeleitet. Über ein mögliches Ermittlungsverfahren wegen Spionage ist aber noch nicht entschieden.
Welchen Stellenwert hat Deutschland für die NSA?
Deutschland ist seit dem Zweiten Weltkrieg ein wichtiger Knoten für die US-Geheimdienste. Insbesondere in der Zeit des Kalten Krieges waren Hundertschaften von NSA-Mitarbeitern in Deutschland. Heute hat die NSA vermutlich noch drei Standorte in Deutschland: in Darmstadt, in Wiesbaden und in Stuttgart. In Stuttgart betreibt die NSA mit einem "Representative Europe Office" die offizielle Vertretung für Europa, in Darmstadt das "European Cryptology Center". In Wiesbaden entsteht derzeit für mehrere Millionen Dollar ein "Consolidated Intelligence Center". Was genau in den abhörsicheren Räumen der Anlage geschieht, ist nicht bekannt. Auf einer Landkarte der NSA ist Deutschland als einziges europäisches Land gelb eingefärbt - wohl als Indikator für besonders intensive Überwachung beziehungsweise besonders große Datenströme.
Es gibt Irritationen um die Zahl der personenbezogenen Daten deutscher Staatsbürger, die abgespeichert werden. Es zirkulierte früh die Zahl von 500 Millionen Daten. Diese Zahl wird jetzt in Frage gestellt. Lag der Enthüller Snowden also falsch?
Nein. Das Problem besteht darin, dass nur ein Bruchteil des Materials bislang bekannt ist, Miniaturen gewissermaßen. Sie lassen die Größe ahnen, aber erlauben längst keine vollständigen Überblick. Laut den Dokumenten von Snowden sollen pro Monat 500 Millionen Datensätze aus Deutschland beim US-Geheimdienst einlaufen. Wo sie erhoben werden, darüber gaben die bislang bekannt gewordenen Unterlagen keine Auskunft. Mag sein, dass es voreilige Interpretationen gegeben hat, die nun korrigiert werden müssen. Unter der Rubrik "Most Volume" sind die Codes US-987LA und US-987LB aufgeführt. Damit sollen die BND-Abhöranlage im oberbayerischen Bad Aibling sowie die Fernmeldeaufklärung in Afghanistan gemeint sein. Dort erhebe der BND Ausklärungsdaten aus ausländischen Krisengebieten - und nur diese, nicht aber Daten deutscher Bürger, so legt es die Bundesregierung nahe, seien an die NSA weitergeleitet worden.
Gibt es Hinweise darauf, dass der BND nicht die Wahrheit sagt?
Viel spricht dafür, dass der BND sorgfältig und gesetzeskonform mit den Daten deutscher Bürger umgeht. Die NSA braucht auch nicht den großen Pakt. Sie ist auf die Zulieferung des BND nicht angewiesen. Über die Programme Prism und Upstream hat sie bereits Zugriff auf die Daten von Millionen Internetnutzern weltweit - und damit auch auf Millionen Deutsche.
Was hat Frank-Walter Steinmeier 2002 als Chef des Kanzleramts genehmigt? Die Ausspähung Deutscher durch den US-Geheimdienst?
Steinmeier war einer der Männer, die nach den Terrorangriffen des 11. September 2001 die von Kanzler Gerhard Schröder den USA gelobte "uneingeschränkte Solidarität" mit Leben zu erfüllen hatten. Als Kanzleramtschef fielen die Geheimdienste in Steinmeiers Zuständigkeit. Und diese sollten, das war kein Geheimnis, ihre Zusammenarbeit mit den USA verstärken. Schon deshalb, weil die islamistischen Terrorangriffe zum Teil in Deutschland von der "Hamburger Zelle" vorbereitet worden waren. Steinmeier, so stellt es nun die Bundesregierung dar, traf eine "Grundsatzentscheidung" für ein Abkommen zwischen BND und NSA zur Schaffung des gemeinsamen Abhörzentrums in Bad Aibling. Mit Prism hatte das nichts zu tun, das Programm gab es damals noch gar nicht. Dennoch will die FDP Steinmeier vor das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) laden, weil er "die Grundlagen für die Zusammenarbeit von BND und NSA gelegt" habe. Steinmeier ist keine Amtsperson. Theoretisch müsste er einer Ladung nicht folgen.
Wird die Sitzung des PKGr am Montag Klarheit schaffen?
Das ist eher unwahrscheinlich. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla wird aller Voraussicht nach die neuen Informationen zum Austausch des BND mit der NSA NSA ausbreiten. Aber die Frage, ob die NSA weitere Daten abschöpft, wird offen bleiben. Zumal die Amerikaner selbst sich bislang nur in einer dürren schriftlichen Erklärung geäußert haben. Entsprechend werden sich Regierung und Opposition vor und nach der Sitzung weiter sehr unterschiedlich über die Lage äußern. Schon bei den letzten Sitzungen des PKGr wurde sichtbar, dass es mehr um eine gute Position im Wahlkampf als um echte, gemeinsame Aufklärung gegangen ist.
Welche Daten erhebt der britische Geheimdienst von deutschen Bürgern? Gibt er sie an die Amerikaner weiter?
Der britische Geheimdienst Government Communications Headquarters (GCHQ) ist ein enger Partner der NSA - und laut Snowden noch gieriger nach Informationen. Nach Recherchen der SZ späht das GCHQ zahlreiche Unterseekabel aus, darunter TAT-14, das Deutschland mit Großbritannien und den USA verbindet und zu dessen Betreibern auch die Telekom gehört. Laut den Snowden-Unterlagen arbeiten mehrere Telekommunikationsunternehmen mit dem GCHQ zusammen, wahrscheinlich nicht unbedingt freiwillig. Über die Infrastruktur dieser Firmen läuft ein großer Teil der deutschen Internetkommunikation. Daten, die in die Hände des britischen Geheimdienstes gelangen, werden in der Regel an die NSA weitergereicht.
Wann wird das gesamte Snowden-Material zur Verfügung stehen?
Der Umfang des Materials soll gigantisch sein. Aber darf Snowden alles veröffentlichen? Erlaubt Moskau mit Blick auf die Beziehungen zu den USA umfängliche Dokumentationen? Vertraute von Snowden sollen Kopien des Materials besitzen. Warten sie seine Genehmigung zur Veröffentlichung ab und wird, wenn sich das alles über viele Monate ziehen sollte, das Publikum das Interesse noch haben, Snowdens Dokumente als Enthüllung zu verstehen? Niemand weiß darauf eine Antwort.