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Mindestlohn nach sechs Wochen

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Wenn es nach Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) geht, wird das Gesetz zum Mindestlohn – wenn überhaupt – nur noch in Details verändert. Teile der Union fordern dagegen weitere Änderungen, Diskussionen gibt es vor allem um die geplanten Ausnahmen vom allgemeinen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Dabei geht es neben Auszubildenden und Langzeitarbeitslosen um viele Studenten, die Pflichtpraktika absolvieren. Insgesamt sei der Gesetzentwurf aus Sicht der Hochschüler ein „positives Signal“, sagt Reinhard Bispinck, Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.



Sie bilden das Gros der Praktikanten und finanzieren sich häufig durch Minjobs: Die Studenten.

Wer als Student eingeschrieben ist, den betrifft der geplante Mindestlohn sogar mehrfach: Einerseits bilden Studierende das Gros der Praktikanten. Andererseits finanzieren gerade Studierende ihr Leben häufig durch Minijobs. Für Letztere wird Nahles’ Plänen zufolge vom kommenden Jahr an der Mindestlohn fällig. Für den klassischen 450-Euro-Job beispielsweise in der Gastronomie könnte das bedeuten, dass die zu leistende Stundenzahl geringer wird, um weiterhin unter der 450-Euro-Grenze zu bleiben. Oder aber, dass manche Minijobs zu sogenannten Midijobs aufgewertet werden. Hier liegt das Gehalt zwischen 450 und 850 Euro pro Monat, und der Arbeitgeber zahlt einen verringerten Sozialversicherungsbeitrag.

Unter den Praktikanten könnten Hunderttausende von der Neuregelung profitieren. Der Hans-Böckler-Stiftung zufolge machen fast 20 Prozent der Hochschulabsolventen nach dem Studium ein Praktikum, das durchschnittlich vier bis fünf Monate dauert. Die Studie, die Boris Schmidt von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin für die Stiftung erstellte, ergibt außerdem, dass 40 Prozent der Praktikanten für ihre Tätigkeit kein Geld bekommen. Der Rest verdient durchschnittlich 3,77 Euro pro Stunde, also weit weniger als den vorgesehenen Mindestlohn. Das soll sich ändern – vor allem dann, wenn die Praktikanten eigentlich eine reguläre Arbeitskraft billig ersetzen.

Ausnahmen vom Mindestlohn soll es nur geben, wenn das Praktikum in der Studienordnung verpflichtend vorgeschrieben ist. Bei einem Praktikum, das begleitend zu einer Berufsausbildung absolviert wird, ist bis zu einer Dauer von sechs Wochen kein Mindestlohn vorgesehen. Danach allerdings sind 8,50 Euro pro Stunde fällig. Das gleiche gilt für Orientierungspraktika vor oder nach dem Studium: Auch hier sind die ersten sechs Wochen vom Mindestlohn ausgenommen.

Unternehmen und Branchenverbände kritisieren die geplanten Regelungen und warnen vor dem Verlust von Praktikumsplätzen. „Die Pläne werden nach jetzigem Stand dazu führen, dass freiwillige Orientierungspraktika von Unternehmen so gut wie nicht mehr angeboten werden, weil sie zu teuer sind“, sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) verlangt, dass freiwillige Praktika nach dem Studium vom Mindestlohn ausgenommen werden. Auch Unionspolitiker fordern Änderungen: Leidtragende wären Nachwuchskräfte, die parallel zum Studium Praxiserfahrung suchten, warnte der Chef der Mittelstandsvereinigung der Union, Carsten Linnemann. Reinhard Bispinck von der Hans-Böckler-Stiftung hingegen erwartet, dass durch das Gesetz der Missbrauch von Praktikanten als billige Arbeitskräfte zurückgedrängt werde. Die Abstimmung über den Gesetzentwurf ist für den 4.Juli geplant.

Details zum Mindestlohn für Studenten unter www.sz.de/faq-mindestlohn

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