Mit Großprojekten hat Rheinland-Pfalz in jüngster Zeit keine so guten Erfahrungen gemacht. Der von der Landesregierung einst erträumte Erlebnispark am Nürburgring scheiterte kläglich. Der Regionalflughafen Hahn muss um sein Überleben bangen. Und bei der gigantischen Hochmoselbrücke müssen die Konstrukteure mit technischen Problemen kämpfen. Nun gibt es neue Aufregung über eine Investition, wieder in der Eifel, einer beschaulichen, wenn auch wirtschaftlich nicht sonderlich florierenden Region. In Landscheid mit seinen gut 2000 Einwohnern, laut Eigenwerbung allesamt konservative und traditionsbewusste, wenngleich weltoffene Menschen, soll eine riesige Schießanlage entstehen, eine der größten in Europa. Das sorgt, wie könnte es anders sein, für Zwist.
Wird in Landscheid bald von morgens bis abends geballert? Gegner der geplanten Schießanlage befürchten das und protestieren gegen den zu erwartenden Dauerlärm.
Viele Anwohner fürchten, dass vor ihrer Haustür ein regelrechtes Ballermann-Projekt entstehen soll, mit Knallerei rund um die Uhr. Sie machen gegen den Schießplatz mobil – und können, zur eigenen Überraschung, inzwischen sogar auf einen Erfolg hoffen. Aber der Reihe nach.
In Landscheid gibt es schon seit gut vier Jahrzehnten einen Schießplatz, betrieben vom Verein Wurftaubenclub. Man kann dort mit Schrotmunition auf Scheiben schießen, zwei Mal pro Woche, auf knapp vier Hektar Land. Alles im Rahmen, regt keinen auf. Nun aber muss der bleiverseuchte Boden saniert werden. Das kostet mutmaßlich einige hunderttauschend Euro, die weder der Verein noch die Gemeinde aufbringen können. Da traf es sich gut, dass der Vorsitzende des Wurftaubenclubs seit Langem mit Michael Ostendorf befreundet ist, einem Freizeitjäger und Geschäftsführer eines erfolgreichen Farben-Unternehmens aus dem nordrhein-westfälischen Coesfeld. Ostendorf ist seit Kinderzeiten ein Freund. Und er machte der Gemeinde ein Angebot: Er übernimmt die Anlage, saniert den Boden, baut das Ganze auf etwa 15 Hektar für gut drei Millionen Euro zu einer Art Erlebnis-Schießplatz aus – mit Gastronomie, Ausbildungszentrum und Waffengeschäft. Sieben Tage pro Woche soll dann geschossen werden, bis zur Dämmerung. Gäste aus Deutschland, Belgien, Frankreich und den Niederlanden kämen in die Eifel und Gewerbesteuer in die Gemeindekasse. Mehr noch: Etwa 20 Jobs würden geschaffen, sagt Ostendorfs Schießplatz-Beauftragter Bernd Bahr.
Nicht schlecht für einen kleinen Ort in einer strukturschwachen Region. Das dachten sich offenkundig auch die Kommunalpolitiker der Gemeinde, in der die CDU den Ton angibt. Im Februar votierten sie mehrheitlich grundsätzlich für das Projekt. Doch dann drehte sich die Stimmung.
Die Kritiker der geplanten Riesenschießanlage, ein bunter Haufen von Anwohnern, Natur- und Kulturschützern und sogar katholischen Geistlichen, wollen keinen Ballerplatz in ihrer Heimat. Der befürchtete Dauerlärm würde die Einheimischen die Nerven kosten und Touristen vertreiben. Außerdem würde er womöglich die Immobilienpreise drücken und Haus- und Wildtiere bis hin zur Turteltaube verschrecken, argumentieren die Gegner. Sie haben sich in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen und sammeln nun Stimmen für ein Bürgerbegehren.
Für die dazugehörige Online-Petition ist Thomas Simon zuständig. Der IT-Unternehmer ist Vorsitzender des Fördervereins der Zisterzienser-Abtei Himmerod. Das im 12. Jahrhundert gegründete Kloster hat eine glorreiche Vergangenheit, geriet aber in jüngster Zeit in finanzielle Turbulenzen. Die Mönche, die heute Gäste für spirituelle Kurzaufenthalte empfangen, sind dringend auf Geld angewiesen. Einen Ballerplatz in der Nachbarschaft können sie gar nicht gebrauchen, weshalb auch die Mönche gegen das Projekt sind. Der Fördervereinsvorsitzende Simon ist sicher, dass die 5000 Stimmen, die für das Bürgerbegehren mindestens notwendig sind, zusammenkommen. Er verweist darauf, dass sich die Dinge gerade sehr bewegen, wenige Tage vor der Kommunalwahl am 25. Mai. „Es tut sich was“, sagt Simon.
Dafür ist vor allem Dennis Junk verantwortlich. Der 29-Jährige Christdemokrat wird, wenn kein Wunder geschieht, am 25. Mai zum Bürgermeister der Verbandgemeinde Wittlich-Land gewählt. Er wird damit künftig etwas zu sagen haben, auch in Landscheid. Und vom Schießplatz hält er, gelinde gesagt, wenig. „Ich glaube, das Projekt wird am Ende des Tages am Lärm scheitern“, sagt der Bürgermeister-Kandidat. Er hat mit seiner Frau, einer Radiologin, über die Sache gesprochen. Die hat wiederum mit ihren Mediziner-Kollegen geredet, und dabei setzte sich, so Junk, die Erkenntnis durch, dass permanente Knallerei den Menschen nicht zugemutet werden könne. Selbst wenn gesetzliche Grenzwerte eingehalten würden, seien Einbußen für die Lebensqualität zu befürchten. Junk ist, wie er sagt, kein Technik-Feind, keiner, der die Leute vor Unbill aller Art zu schützen verspricht, in der Hoffnung auf ein Kreuz bei der Wahl. Windräder und Stromtrassen müssten kommen, wenn man es ernst meine mit der Energiewende, erklärt er. Aber der Schießplatz sei das Vorhaben eines Privatinvestors und nicht unbedingt ein Projekt des öffentlichen Interesses.
Der CDU-Mann setzt sich mit seiner Kritik auch von etlichen seiner Parteikollegen ab, die bislang viel Sympathie für den Großschießplatz hatten. Zugleich nimmt er sie aber auch in Schutz. Auch jene Christdemokraten, die bisher grundsätzlich für den Ausbau gewesen seien, hätten stets gesagt: „Es muss leiser werden.“
Aber was ist leise? Und ab wann wird es laut? Darüber wird in der Eifel noch gestritten werden. Denn der Investor lässt erklären, nach seinem Schießplatz-Ausbau würde es nicht mehr, sondern weniger Lärm geben. Überhaupt, so sein Beauftragter Bahr, machten die Gegner mit falschen Behauptungen Stimmung. Nie und nimmer würde es 28000 Schüsse am Tag geben, wie die Gegenseite verbreite. Diese Zahl sei „abenteuerlich“. Bahr spricht von etwa 6000 Schüssen, die zudem nicht rund um die Uhr abgefeuert würden. Kein Mensch, der bei Verstand sei, wolle in der Dunkelheit auf Scheiben schießen, schon gar nicht im Winter. An Schießwütigen, die in der Gegend herumknallten, sei man eh nicht interessiert. Einen „Event-Charakter“ solle die Anlage haben, gehobenes Niveau.
Die kritische Haltung des mutmaßlich nächsten Verbands-Bürgermeisters Junk nehmen die Bauherrn in spe mit spürbarem Befremden auf. „Das mag die Einschätzung Junks sein“, sagt Bahr. Die amtierenden Verantwortlichen jedenfalls sähen die Sache anders. Deshalb mache er sich auch keine Sorgen um das Millionen-Projekt – im Moment jedenfalls, ergänzt er. Pikiert ist Bahr schon: über Junks Vergleich zwischen privaten Investitionen und öffentlichem Interesse.
„Ist ein Schuhgeschäft im allgemeinen Interesse?“, fragt der Schießplatzbeauftragte. Und erinnert – zu Recht – daran, dass die Debakel Nürburgring und Airport Hahn eben nicht von Privatanlegern verursacht wurden, sondern von Politikern.
Wird in Landscheid bald von morgens bis abends geballert? Gegner der geplanten Schießanlage befürchten das und protestieren gegen den zu erwartenden Dauerlärm.
Viele Anwohner fürchten, dass vor ihrer Haustür ein regelrechtes Ballermann-Projekt entstehen soll, mit Knallerei rund um die Uhr. Sie machen gegen den Schießplatz mobil – und können, zur eigenen Überraschung, inzwischen sogar auf einen Erfolg hoffen. Aber der Reihe nach.
In Landscheid gibt es schon seit gut vier Jahrzehnten einen Schießplatz, betrieben vom Verein Wurftaubenclub. Man kann dort mit Schrotmunition auf Scheiben schießen, zwei Mal pro Woche, auf knapp vier Hektar Land. Alles im Rahmen, regt keinen auf. Nun aber muss der bleiverseuchte Boden saniert werden. Das kostet mutmaßlich einige hunderttauschend Euro, die weder der Verein noch die Gemeinde aufbringen können. Da traf es sich gut, dass der Vorsitzende des Wurftaubenclubs seit Langem mit Michael Ostendorf befreundet ist, einem Freizeitjäger und Geschäftsführer eines erfolgreichen Farben-Unternehmens aus dem nordrhein-westfälischen Coesfeld. Ostendorf ist seit Kinderzeiten ein Freund. Und er machte der Gemeinde ein Angebot: Er übernimmt die Anlage, saniert den Boden, baut das Ganze auf etwa 15 Hektar für gut drei Millionen Euro zu einer Art Erlebnis-Schießplatz aus – mit Gastronomie, Ausbildungszentrum und Waffengeschäft. Sieben Tage pro Woche soll dann geschossen werden, bis zur Dämmerung. Gäste aus Deutschland, Belgien, Frankreich und den Niederlanden kämen in die Eifel und Gewerbesteuer in die Gemeindekasse. Mehr noch: Etwa 20 Jobs würden geschaffen, sagt Ostendorfs Schießplatz-Beauftragter Bernd Bahr.
Nicht schlecht für einen kleinen Ort in einer strukturschwachen Region. Das dachten sich offenkundig auch die Kommunalpolitiker der Gemeinde, in der die CDU den Ton angibt. Im Februar votierten sie mehrheitlich grundsätzlich für das Projekt. Doch dann drehte sich die Stimmung.
Die Kritiker der geplanten Riesenschießanlage, ein bunter Haufen von Anwohnern, Natur- und Kulturschützern und sogar katholischen Geistlichen, wollen keinen Ballerplatz in ihrer Heimat. Der befürchtete Dauerlärm würde die Einheimischen die Nerven kosten und Touristen vertreiben. Außerdem würde er womöglich die Immobilienpreise drücken und Haus- und Wildtiere bis hin zur Turteltaube verschrecken, argumentieren die Gegner. Sie haben sich in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen und sammeln nun Stimmen für ein Bürgerbegehren.
Für die dazugehörige Online-Petition ist Thomas Simon zuständig. Der IT-Unternehmer ist Vorsitzender des Fördervereins der Zisterzienser-Abtei Himmerod. Das im 12. Jahrhundert gegründete Kloster hat eine glorreiche Vergangenheit, geriet aber in jüngster Zeit in finanzielle Turbulenzen. Die Mönche, die heute Gäste für spirituelle Kurzaufenthalte empfangen, sind dringend auf Geld angewiesen. Einen Ballerplatz in der Nachbarschaft können sie gar nicht gebrauchen, weshalb auch die Mönche gegen das Projekt sind. Der Fördervereinsvorsitzende Simon ist sicher, dass die 5000 Stimmen, die für das Bürgerbegehren mindestens notwendig sind, zusammenkommen. Er verweist darauf, dass sich die Dinge gerade sehr bewegen, wenige Tage vor der Kommunalwahl am 25. Mai. „Es tut sich was“, sagt Simon.
Dafür ist vor allem Dennis Junk verantwortlich. Der 29-Jährige Christdemokrat wird, wenn kein Wunder geschieht, am 25. Mai zum Bürgermeister der Verbandgemeinde Wittlich-Land gewählt. Er wird damit künftig etwas zu sagen haben, auch in Landscheid. Und vom Schießplatz hält er, gelinde gesagt, wenig. „Ich glaube, das Projekt wird am Ende des Tages am Lärm scheitern“, sagt der Bürgermeister-Kandidat. Er hat mit seiner Frau, einer Radiologin, über die Sache gesprochen. Die hat wiederum mit ihren Mediziner-Kollegen geredet, und dabei setzte sich, so Junk, die Erkenntnis durch, dass permanente Knallerei den Menschen nicht zugemutet werden könne. Selbst wenn gesetzliche Grenzwerte eingehalten würden, seien Einbußen für die Lebensqualität zu befürchten. Junk ist, wie er sagt, kein Technik-Feind, keiner, der die Leute vor Unbill aller Art zu schützen verspricht, in der Hoffnung auf ein Kreuz bei der Wahl. Windräder und Stromtrassen müssten kommen, wenn man es ernst meine mit der Energiewende, erklärt er. Aber der Schießplatz sei das Vorhaben eines Privatinvestors und nicht unbedingt ein Projekt des öffentlichen Interesses.
Der CDU-Mann setzt sich mit seiner Kritik auch von etlichen seiner Parteikollegen ab, die bislang viel Sympathie für den Großschießplatz hatten. Zugleich nimmt er sie aber auch in Schutz. Auch jene Christdemokraten, die bisher grundsätzlich für den Ausbau gewesen seien, hätten stets gesagt: „Es muss leiser werden.“
Aber was ist leise? Und ab wann wird es laut? Darüber wird in der Eifel noch gestritten werden. Denn der Investor lässt erklären, nach seinem Schießplatz-Ausbau würde es nicht mehr, sondern weniger Lärm geben. Überhaupt, so sein Beauftragter Bahr, machten die Gegner mit falschen Behauptungen Stimmung. Nie und nimmer würde es 28000 Schüsse am Tag geben, wie die Gegenseite verbreite. Diese Zahl sei „abenteuerlich“. Bahr spricht von etwa 6000 Schüssen, die zudem nicht rund um die Uhr abgefeuert würden. Kein Mensch, der bei Verstand sei, wolle in der Dunkelheit auf Scheiben schießen, schon gar nicht im Winter. An Schießwütigen, die in der Gegend herumknallten, sei man eh nicht interessiert. Einen „Event-Charakter“ solle die Anlage haben, gehobenes Niveau.
Die kritische Haltung des mutmaßlich nächsten Verbands-Bürgermeisters Junk nehmen die Bauherrn in spe mit spürbarem Befremden auf. „Das mag die Einschätzung Junks sein“, sagt Bahr. Die amtierenden Verantwortlichen jedenfalls sähen die Sache anders. Deshalb mache er sich auch keine Sorgen um das Millionen-Projekt – im Moment jedenfalls, ergänzt er. Pikiert ist Bahr schon: über Junks Vergleich zwischen privaten Investitionen und öffentlichem Interesse.
„Ist ein Schuhgeschäft im allgemeinen Interesse?“, fragt der Schießplatzbeauftragte. Und erinnert – zu Recht – daran, dass die Debakel Nürburgring und Airport Hahn eben nicht von Privatanlegern verursacht wurden, sondern von Politikern.