Jetzt hat die Weltpolitik endgültig auch den Weltraum erreicht. Seit sich 1975, mitten im Kalten Krieg, erstmals amerikanische Astronauten und sowjetische Kosmonauten im Orbit umarmten, gab es in der bemannten Raumfahrt eine vertrauensvolle Kooperation zwischen ihren Heimatländern – selbst wenn sie weiter unten heftige politische Konflikte ausfochten. Mit dieser Zurückhaltung ist nach der russischen Annexion der Krim offenbar Schluss: Beide Seiten instrumentalisieren die Zusammenarbeit, und manch einer kocht auf dem Krisenherd sein eigenes Süppchen.
Russland und die USA müssen in Bezug auf die ISS zusammenarbeiten. Im Moment herrscht in der zwischen beiden aber nicht so ein Einklang, wie einen diese russischen Puppen in Kasachstan, die den japanische Astronaut Koichi Wakata (l.), den russischen Kosmonauten Mikhail Tyurin (M.) und den US-amerikanischen Astronauten Rick Mastracchio (r.) darstellen, vermuten lassen.
Gleich drei Ankündigungen hat der russische Vizeministerpräsident Dmitrij Rogosin am vergangenen Dienstag gemacht. Erstens will Russland keine Raketentriebwerke mehr an die USA liefern, wenn Washington nicht zusagt, sie ausschließlich zivil zu verwenden. Zweitens schließt Moskau Anfang Juni Bodenstationen des Satellitennavigation-Netzwerks GPS auf seinem Boden. Und drittens wolle Russland ab 2020 das bisher für die ISS ausgegebene Geld anderweitig verwenden. Es schlägt also womöglich den amerikanischen Vorstoß vom Januar dieses Jahres aus, die Station mindestens bis 2024 zu betreiben.
Die Russen haben mit der Auseinandersetzung in Raumfahrtfragen allerdings nicht angefangen. Anfang April hatte die Nasa erklärt, sie lege die Zusammenarbeit mit ihrem russischen Pendant Roskosmos auf Eis, nahm aber die ISS ausdrücklich aus. Die Regierung in Washington verhängte zudem Sanktionen gegen Rogosin selbst. Das nutzte das amerikanische Unternehmen SpaceX, das seinen Anteil am Geschäft mit Satellitenstarts ausbauen will. Es dürften nun keine russischen Triebwerke für amerikanische Atlas-Raketen mehr eingeführt werden, klagte es nach einem Bericht der Webseite Spacenews vor einem Bundesgericht.
„Das sind sehr gute Antriebe, die Amerikaner selbst haben nichts Vergleichbares“, sagt Ulrich Walter, der 1993 als deutscher Wissenschaftsastronaut mit einem amerikanischen Spaceshuttle im All war und nun Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München lehrt. Vor allem ist die Atlas die einzige Rakete, die militärische Nutzlasten von Bedeutung für die nationale Sicherheit transportieren darf. Tatsächlich stoppte ein Bundesrichter das Geschäft für kurze Zeit, bis die US-Regierung erklärte, sie wisse gar nicht, ob Rogosin die Hersteller der Triebwerke wirklich kontrolliere. Das lässt sich als Ausflucht werten, der Vizeministerpräsident ist für die Raumfahrt in seinem Land zuständig. Aber da war der Schaden offenbar schon angerichtet.
Eine ähnliche Vorgeschichte hat die Sache mit dem GPS-Stationen. Ihre Antennen dienen der ständigen Feineinstellung der Signale; für die normalen Nutzer, selbst in Russland, sind sie unerheblich. Aber Roskosmos würde gern korrespondierende Stationen in den USA für sein Navigationsnetzwerk Glonass errichten; das hat der US-Kongress den Russen verweigert. „Die ganze Raumfahrt ist inzwischen derart vernetzt, dass keine Seite mehr ohne die andere kann“, sagt Walter.
Das gilt erst recht für die ISS. Tatsächlich könnten die Russen, wie Rogosin andeutete, ihre beiden Module rein technisch betrachtet allein betreiben, während Amerikaner, Europäer, Kanadier und Japaner das für ihren Teil nicht einmal zusammen hinbekämen. Zudem verfügt Roskosmos zurzeit über die einzigen Raketen, die das Personal zur ISS transportieren und dort abholen. Am Mittwoch ist eine russisch-amerikanisch-japanische Crew nach sechs Monaten zurückgekehrt; in zwei Wochen starten drei weitere Astronauten, darunter der Deutsche Alexander Gerst – jeweils mit Sojus-Raumfahrzeugen.
Roskosmos ist aber auch auf die hohen Zahlungen angewiesen, die die Nasa und ihr europäisches Pendant Esa überweisen. Außerdem dürfte auch Rogosin bei nüchterner Analyse erkennen, dass er die Amerikaner vor allem der Firma SpaceX in die Arme treibt. Sie könnte es sogar schaffen, bis 2020 auf ihre Falcon-Raketen eine bemannte Dragon-Kapsel zu setzen. Auch die Esa, die so tut, als ginge sie der aktuelle Streit nichts an, hätte das Potenzial, aus ihrem unbemannten Raumtransporter ATV eine Kapsel für Astronauten zu entwickeln. Ulrich Walter hält die Ankündigungen aus Moskau daher für „Drohgebärden und Ausdruck der augenblicklichen Gemütslage“. Dass die Russen wirklich aus dem Projekt ISS aussteigen, glaubt er nicht.
Russland und die USA müssen in Bezug auf die ISS zusammenarbeiten. Im Moment herrscht in der zwischen beiden aber nicht so ein Einklang, wie einen diese russischen Puppen in Kasachstan, die den japanische Astronaut Koichi Wakata (l.), den russischen Kosmonauten Mikhail Tyurin (M.) und den US-amerikanischen Astronauten Rick Mastracchio (r.) darstellen, vermuten lassen.
Gleich drei Ankündigungen hat der russische Vizeministerpräsident Dmitrij Rogosin am vergangenen Dienstag gemacht. Erstens will Russland keine Raketentriebwerke mehr an die USA liefern, wenn Washington nicht zusagt, sie ausschließlich zivil zu verwenden. Zweitens schließt Moskau Anfang Juni Bodenstationen des Satellitennavigation-Netzwerks GPS auf seinem Boden. Und drittens wolle Russland ab 2020 das bisher für die ISS ausgegebene Geld anderweitig verwenden. Es schlägt also womöglich den amerikanischen Vorstoß vom Januar dieses Jahres aus, die Station mindestens bis 2024 zu betreiben.
Die Russen haben mit der Auseinandersetzung in Raumfahrtfragen allerdings nicht angefangen. Anfang April hatte die Nasa erklärt, sie lege die Zusammenarbeit mit ihrem russischen Pendant Roskosmos auf Eis, nahm aber die ISS ausdrücklich aus. Die Regierung in Washington verhängte zudem Sanktionen gegen Rogosin selbst. Das nutzte das amerikanische Unternehmen SpaceX, das seinen Anteil am Geschäft mit Satellitenstarts ausbauen will. Es dürften nun keine russischen Triebwerke für amerikanische Atlas-Raketen mehr eingeführt werden, klagte es nach einem Bericht der Webseite Spacenews vor einem Bundesgericht.
„Das sind sehr gute Antriebe, die Amerikaner selbst haben nichts Vergleichbares“, sagt Ulrich Walter, der 1993 als deutscher Wissenschaftsastronaut mit einem amerikanischen Spaceshuttle im All war und nun Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München lehrt. Vor allem ist die Atlas die einzige Rakete, die militärische Nutzlasten von Bedeutung für die nationale Sicherheit transportieren darf. Tatsächlich stoppte ein Bundesrichter das Geschäft für kurze Zeit, bis die US-Regierung erklärte, sie wisse gar nicht, ob Rogosin die Hersteller der Triebwerke wirklich kontrolliere. Das lässt sich als Ausflucht werten, der Vizeministerpräsident ist für die Raumfahrt in seinem Land zuständig. Aber da war der Schaden offenbar schon angerichtet.
Eine ähnliche Vorgeschichte hat die Sache mit dem GPS-Stationen. Ihre Antennen dienen der ständigen Feineinstellung der Signale; für die normalen Nutzer, selbst in Russland, sind sie unerheblich. Aber Roskosmos würde gern korrespondierende Stationen in den USA für sein Navigationsnetzwerk Glonass errichten; das hat der US-Kongress den Russen verweigert. „Die ganze Raumfahrt ist inzwischen derart vernetzt, dass keine Seite mehr ohne die andere kann“, sagt Walter.
Das gilt erst recht für die ISS. Tatsächlich könnten die Russen, wie Rogosin andeutete, ihre beiden Module rein technisch betrachtet allein betreiben, während Amerikaner, Europäer, Kanadier und Japaner das für ihren Teil nicht einmal zusammen hinbekämen. Zudem verfügt Roskosmos zurzeit über die einzigen Raketen, die das Personal zur ISS transportieren und dort abholen. Am Mittwoch ist eine russisch-amerikanisch-japanische Crew nach sechs Monaten zurückgekehrt; in zwei Wochen starten drei weitere Astronauten, darunter der Deutsche Alexander Gerst – jeweils mit Sojus-Raumfahrzeugen.
Roskosmos ist aber auch auf die hohen Zahlungen angewiesen, die die Nasa und ihr europäisches Pendant Esa überweisen. Außerdem dürfte auch Rogosin bei nüchterner Analyse erkennen, dass er die Amerikaner vor allem der Firma SpaceX in die Arme treibt. Sie könnte es sogar schaffen, bis 2020 auf ihre Falcon-Raketen eine bemannte Dragon-Kapsel zu setzen. Auch die Esa, die so tut, als ginge sie der aktuelle Streit nichts an, hätte das Potenzial, aus ihrem unbemannten Raumtransporter ATV eine Kapsel für Astronauten zu entwickeln. Ulrich Walter hält die Ankündigungen aus Moskau daher für „Drohgebärden und Ausdruck der augenblicklichen Gemütslage“. Dass die Russen wirklich aus dem Projekt ISS aussteigen, glaubt er nicht.