Die Tränen nehmen dir die Sicht. Langsam verschwimmt die Autobahn vor deinen Augen. Traurig bist du. Wolltest mich ja nicht verletzen. Immer wieder sagst du das. Deine Stimme bricht. Stumm blickst du zu mir auf den Beifahrersitz. Greifst nach meiner Hand. Ich ziehe sie weg. Ich muss an Walter Disney denken, an Kommunisten und daran, dass ich aus Solidarität mit jenen vielleicht mal die langjährige Beziehung mit Walter beenden sollte. Überhaupt, dass ich glaubte, dass du mein Märchenprinz seist… Pustekuchen. Die Schmetterlinge in meinem Magen taumeln wie angeschossen zu Boden. Ich setze an, visiere und treffe. Du hältst an. Holst in der Tankstelle neben Zigaretten zerdatschte Croissants und erklärst mir, dass du nicht essen könntest, so schlecht ginge es dir wegen der Sache, aber vielleicht möge ich ja, schließlich verlören wir gerade so viel Salz… Vor meinem inneren Auge treibt Alice auf einer Seerose im Tränensee und ich geselle mich zu ihr. Ob ich etwas von ihren Keksen haben möge? Nein, sonst sprenge ich das Auto, antworte ich ihr. Sie verzieht das Gesicht, nimmt einen Bissen und erklärt mir beim wachsen, dass ich ihn doch nun wirklich nicht mehr zu schützen brauche, den Affen. Ich falle von unserer gemeinsamen Seerose und Alice schwimmt von dannen.
Du hältst an einem Parkplatz. Wir sollten nochmal reden, meinst du. Ich steige mit wackligen Knien aus. Einen vor den anderen setzen. Einen Fuß vor den anderen, denke ich. Was ich unseren Freunden erzählen wollen würde, fragst du mich? Ich fühle mich wie bei einem Duell im wilden Westen und du hast definitiv zuerst aus der Hüfte geschossen. Ich taumle. Gehe einen Schritt rückwärts. Sagen? Ich? Ich weiß genau, dass ich zu Hause erstmal mit niemandem sprechen kann. Dass ich mir lieber die Zunge abbisse, als zu erklären, dass er mich verließ, weil er doch eine andere liebe und schließlich nicht mich. Sie ließe ihn nicht los. Nein, es tue ihm leid, dass er, wenn er nachts ihr Zimmer verließ, mich anrief und dann zu mir kam. Wieder taumle ich. Der zweite Schuss. Ob ich das vielleicht für mich behalten könne, das würde ja schließlich nicht jeder verstehen und nicht, dass man ihn verurteile. Dafür doch nicht. Ich nicke sacht. Die Beine knicken mir nach vorne ein. Die Knie kommen zuerst auf den weißen Kies auf. Macht nichts. Sind schon zwei Löcher in der Hose. Du eilst mir entgegen, hilfst mir auf, stützt mich und bringst mich zurück zum Auto. Ob das klar sei, fragst du mich. Ich nicke und lasse mich auf den Beifahrersitz gleiten. Die Tür knallt mir gegen das blutende Knie. Du setzt dich wieder neben mich, lenkst deinen grünen Polo elegant vom Parkplatz und lächelst entspannt. Hat sie es also kapiert. Du zündest dir eine Zigarette an, bietest mir auch eine an, ich schüttele den Kopf, in dem es zu wackeln scheint, du kurbelst das Fenster nach unten und legst den linken Arm entspannt angewinkelt nach außen. Du blickst auf die Straße. Wir schweigen. Nein, das ist kein angenehmes, einvernehmliches Schweigen. Unser Schweigen brennt in der Luft und versenkt uns die Augenbrauen. Dass ich ja nun nicht immer der strahlende Sonnenschein sei, würde dich ja schließlich stören, hattest du zu mir gesagt. Das Lächeln war mir in den oberen Wangenknochen gefroren. Mein Blick wurde leer und starr. Die Fäuste ballten sich in den Taschen meiner Jacke, sodass die Knöchel weiß wurden. Was hatte ich dir getan? Mit welchem Recht? Ich sehe die Autobahn kaum mehr vor lauter Tränen. Die vertikalen Streifen der Balken werden zur Horizontalen. Grün, weiß, schwarz, grün, weiß, schwarz…
Der Boden unter meinen Füßen fühlt sich so nachgiebig an. Ich liebe dich. Zumindest jetzt im Moment. Beide kämpfen wir mit der Müdigkeit. Die verheulte Nacht war zu viel für uns beide. Ich denke an die schönen Momente, die wir hatten und lege meinen Kopf gegen das kühle Fenster. Ich fühle mich, als wär mir eine Zukunft von dir genommen worden, die ich um jeden Preis zu erreichen suchte.
Jetzt bist du eingeschlafen.
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Sonntagsausflug Klappe die 2.
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