Wer die digitale Grundrechts-Charta der Vereinigung von Bürgerrechtsorganisationen European Digital Rights zum ersten Mal liest, nickt zustimmend. Mehr Transparenz, mehr Datenschutz, weniger Überwachung und die Modernisierung des Urheberrechts werden da gefordert. Außerdem der uneingeschränkte Zugang zum Internet und die Unterstützung von Open Source Software. Zehn Punkte insgesamt, für die man sich einsetzen sollte, die trotz des NSA-Skandals im Alltag der meisten Menschen jedoch kaum Gewicht haben.
Zu European Digital Rights gehören auch der Chaos Computer Club und die Digitale Gesellschaft. Ihr Ziel: "die Anzahl der bürgerrechtsfreundlichen Europaabgeordneten (...) erhöhen“, wie es auf der Webseite heißt. Konkret bedeutet das wohl zweierlei: Zum einen soll WePromise ganz grundsätzlich zum Urnengang animieren (2009 lag die Wahlbeteiligung europaweit bei nur 43 Prozent) – so sollen die Wähler auf der Homepage das allgemeine Versprechen abgeben, wählen zu gehen. Zum anderen soll das Thema der digitalen Grundrechte mal wieder auf die Agenda gebracht werden – und die Wähler außerdem versprechen, ihr Kreuz bei einem "bürgerrechtsfreundlichen" Kandidaten zu machen.
Insbesondere Ersteres funktioniert aber nur bedingt, meint die Politikwissenschaftlerin Kathrin Voss: "Die Kampagne ist zwar interessant, ihre Wirkung aber begrenzt. Sie wird wohl nur wenige wahlunwillige Menschen motivieren, aufgrund dieses Themas wählen zu gehen.“ Denn die digitalen Grundrechte seien trotz NSA-Skandal noch immer ein Nischenthema, das für die meisten Menschen keine Priorität hat. Voss: "Dazu fehlt zum einen die persönliche Betroffenheit, zum anderen die mediale Aufmerksamkeit.“ Selbst auf dem Höhepunkt des Skandals sei es hauptsächlich um die Frage gegangen, ob Edward Snowden Held oder Verräter sei, ob man ihm Asyl gewähren sollte oder eben nicht. "WePromise spricht deshalb nur Menschen an, die sich sowieso für digitale Grundrechte interessieren und dementsprechend wählen gegangen wären“, sagt Voss. Eine Kampagne also von netzaffinen Menschen für netzaffine Menschen.
Kein Wunder, dass aus Deutschland größtenteils Politiker der Linken, der Grünen, der Piratenpartei und der SPD die Kampagne unterstützen – also jener Parteien, die sich in ihrer Politik ohnehin mehr mit digitalen Bürgerrechten beschäftigen als zum Beispiel die CDU/CSU. Immerhin 358 Kandidaten haben bisher insgesamt ihr Versprechen abgegeben, mit 47 Kandidaten landet Deutschland zumindest hinter Spanien (64) auf Platz zwei. Aber nur 3049 Wähler – europaweit. Allein das zeigt, wie limitiert die Möglichkeiten der Kampagne sind.
Ein Politiker, der die Charta unterschrieben hat, ist Arian Kriesch (30). Er ist an Platz zehn der FDP-Liste gesetzt, Spitzenkandidat der deutschen Jungliberalen und einer von zwei Liberalen, die auf der WePromise-Liste stehen. Kriesch verspricht sich von der Kampagne zwei Dinge: Er möchte die Gruppe der jungen, internetinteressierten Menschen direkt erreichen, um ihnen seine Position klarzumachen. Außerdem offenbart WePromise für die Arbeit im Parlament seiner Meinung nach die Möglichkeit für Politik über Parteigrenzen hinweg – womöglich sogar mit den Grünen oder der Piratenpartei gemeinsam. "Das Schöne am europäischen Parlament ist, dass es auch die Möglichkeit gibt, gegen die Gesamtfraktion zu stimmen“, sagt Kriesch. Soll heißen: Der Fraktionszwang ist in Brüssel weniger hoch als in Berlin.
Doch selbst wenn dem so wäre, bleibt ein anderes Problem: Damit Kriesch auf Platz zehn der FDP-Liste ins Parlament einzieht, bräuchte die FDP gut neun Prozent der Stimmen – das ist also eher unwahrscheinlich. Jede WePromise-Stimme würde also einem anderen – vor Kriesch gelisteten – FDP-Kandidaten ins Parlament verhelfen, der womöglich gar nicht für die Charta der digitalen Grundrechte einsteht.
Zensur, Urheberrecht, Transparenz – um Themen wie diese mal wieder aus der Verborgenheit zu holen, ist WePromise sinnvoll, auch wenn die Charta der digitalen Grundrechte eher schwammig als griffig formuliert ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass dadurch tatsächlich "die Anzahl der bürgerrechtsfreundlichen Europaabgeordneten" steigt, ist eher unwahrscheinlich – aller noch so gut gemeinten Versprechen zum Trotz.
Zu European Digital Rights gehören auch der Chaos Computer Club und die Digitale Gesellschaft. Ihr Ziel: "die Anzahl der bürgerrechtsfreundlichen Europaabgeordneten (...) erhöhen“, wie es auf der Webseite heißt. Konkret bedeutet das wohl zweierlei: Zum einen soll WePromise ganz grundsätzlich zum Urnengang animieren (2009 lag die Wahlbeteiligung europaweit bei nur 43 Prozent) – so sollen die Wähler auf der Homepage das allgemeine Versprechen abgeben, wählen zu gehen. Zum anderen soll das Thema der digitalen Grundrechte mal wieder auf die Agenda gebracht werden – und die Wähler außerdem versprechen, ihr Kreuz bei einem "bürgerrechtsfreundlichen" Kandidaten zu machen.
Insbesondere Ersteres funktioniert aber nur bedingt, meint die Politikwissenschaftlerin Kathrin Voss: "Die Kampagne ist zwar interessant, ihre Wirkung aber begrenzt. Sie wird wohl nur wenige wahlunwillige Menschen motivieren, aufgrund dieses Themas wählen zu gehen.“ Denn die digitalen Grundrechte seien trotz NSA-Skandal noch immer ein Nischenthema, das für die meisten Menschen keine Priorität hat. Voss: "Dazu fehlt zum einen die persönliche Betroffenheit, zum anderen die mediale Aufmerksamkeit.“ Selbst auf dem Höhepunkt des Skandals sei es hauptsächlich um die Frage gegangen, ob Edward Snowden Held oder Verräter sei, ob man ihm Asyl gewähren sollte oder eben nicht. "WePromise spricht deshalb nur Menschen an, die sich sowieso für digitale Grundrechte interessieren und dementsprechend wählen gegangen wären“, sagt Voss. Eine Kampagne also von netzaffinen Menschen für netzaffine Menschen.
Kein Wunder, dass aus Deutschland größtenteils Politiker der Linken, der Grünen, der Piratenpartei und der SPD die Kampagne unterstützen – also jener Parteien, die sich in ihrer Politik ohnehin mehr mit digitalen Bürgerrechten beschäftigen als zum Beispiel die CDU/CSU. Immerhin 358 Kandidaten haben bisher insgesamt ihr Versprechen abgegeben, mit 47 Kandidaten landet Deutschland zumindest hinter Spanien (64) auf Platz zwei. Aber nur 3049 Wähler – europaweit. Allein das zeigt, wie limitiert die Möglichkeiten der Kampagne sind.
Ein Politiker, der die Charta unterschrieben hat, ist Arian Kriesch (30). Er ist an Platz zehn der FDP-Liste gesetzt, Spitzenkandidat der deutschen Jungliberalen und einer von zwei Liberalen, die auf der WePromise-Liste stehen. Kriesch verspricht sich von der Kampagne zwei Dinge: Er möchte die Gruppe der jungen, internetinteressierten Menschen direkt erreichen, um ihnen seine Position klarzumachen. Außerdem offenbart WePromise für die Arbeit im Parlament seiner Meinung nach die Möglichkeit für Politik über Parteigrenzen hinweg – womöglich sogar mit den Grünen oder der Piratenpartei gemeinsam. "Das Schöne am europäischen Parlament ist, dass es auch die Möglichkeit gibt, gegen die Gesamtfraktion zu stimmen“, sagt Kriesch. Soll heißen: Der Fraktionszwang ist in Brüssel weniger hoch als in Berlin.
Doch selbst wenn dem so wäre, bleibt ein anderes Problem: Damit Kriesch auf Platz zehn der FDP-Liste ins Parlament einzieht, bräuchte die FDP gut neun Prozent der Stimmen – das ist also eher unwahrscheinlich. Jede WePromise-Stimme würde also einem anderen – vor Kriesch gelisteten – FDP-Kandidaten ins Parlament verhelfen, der womöglich gar nicht für die Charta der digitalen Grundrechte einsteht.
Zensur, Urheberrecht, Transparenz – um Themen wie diese mal wieder aus der Verborgenheit zu holen, ist WePromise sinnvoll, auch wenn die Charta der digitalen Grundrechte eher schwammig als griffig formuliert ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass dadurch tatsächlich "die Anzahl der bürgerrechtsfreundlichen Europaabgeordneten" steigt, ist eher unwahrscheinlich – aller noch so gut gemeinten Versprechen zum Trotz.