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Das Giga-Prinzip

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Elon Musk ist ein schwieriger Typ. Es fängt damit an, dass viele glauben, der Kerl aus Kalifornien werde gnadenlos überschätzt. Andere wiederum finden, dass der 42-Jährige ziemlich lange unterschätzt wurde.



Die Batterien von Tesla sollen für die Masse bezahlbar sein

Was soll man auch von einem Milliardär halten, der schon vor Jahren mit seinem Internet-Bezahldienst Paypal Milliardär wurde, der Menschen mit seinen Raketen zum Mars bringen will, der von einem Röhrenzug träumt, der irgendwann mit 1200 Stundenkilometer San Francisco und Los Angeles verbinden soll – und jetzt auch noch in Autos macht?

Erfolgreiche Autobauer sind Jahrzehnte alt; wenn nicht sogar über 100 Jahre, man denke nur an Daimler, Fiat oder Peugeot. Aber was bitte ist Tesla, diese junge Automarke von Elon Musk?

Als er vor ein paar Jahren anfing, mit seiner Elektroauto-Firma Sportwagen zu bauen, da war es noch ziemlich einfach, ihn zu unterschätzen. Nischenautos, viel zu teuer. Und Musk, nun ja, ein Freak aus dem Silicon Valley. Dann baute Musk einen Elektrosportwagen, den er Model S nannte. Das erinnerte an Model T, jenes Auto, das Ford vor 100 Jahren vom Band ließ. Und all diejenigen, die schon immer meinten, der Freak werde überschätzt, sprachen von Größenwahnsinn.

Dann aber nahmen Ingenieure in Wolfsburg, München und anderswo einen seltsamen Tesla Model S auseinander, und was sie sahen, schockierte sie. Jahrelang hatten sie an Elektroautos für die Stadt gedacht, an kleine Autos mit kleiner Reichweite. Nicht schön, aber praktisch.

Tesla zeigte ihnen, dass es auch anders ging. Ganz anders. Sportlich, schnell, elegant, große Reichweite. Nur ein Trost blieb den traditionellen Herstellern: Der Model S war mit seinem Preis von mindestens 65000 Euro doppelt so teuer wie vergleichbare Benzin-Autos. Und mehr als knapp über 20000 davon hatte Musk im vergangenen Jahr gar nicht verkaufen können.

Genau das aber könnte sich bald ändern: Elon Musk, der Unter- und Überschätzte, will aus Tesla nun mit aller Kraft einen Massenhersteller machen. Die etablierten Autobauer, vor allem jene in Deutschland, die in der Elektromobilität bisher oft nur ein Nischenprogramm sahen, dürfte Musks Strategie nun erheblich unter Druck setzen.

Da Elektroautos bislang vor allem wegen der teuren Batterien preislich kaum mit herkömmlichen Benzinern konkurrieren können, setzt Musk jetzt genau da an: bei den Batterien. Der Hersteller plant eine eigene Batteriefabrik unter dem Namen „Gigafactory“.

„Gigafactory“, das ist natürlich wieder einer dieser typischen Musk-Begriffe. So wie die Raketenfirma „Space X“ oder der Röhrenzug „Hyperloop“. Standorte für die „Gigafactory“ könnten Arizona, Nevada, New Mexico oder Texas sein, heißt es bei Tesla. Schon jetzt also dürfen sich die US-Bundesstaaten in Position bringen – für Tausende von Jobs und geplante Investitionen von bis zu fünf Milliarden Dollar. Das erklärte Ziel der Großoffensive: raus aus der Nische, rein in die Massenproduktion. Bisher hatte man nur geahnt, dass sich Musk nicht mit einer Miniproduktion zufrieden geben würde. Jetzt weiß man, wie er es machen will: mit einer eigenen Batterien-Großfabrik.

Die Kosten für die Akkus sollen um ein Drittel gesenkt werden – am Ende könnten Elektroautos für jedermann stehen. Die ersten Batterien sollen im Jahr 2017 vom Band kommen; und schon 2020, so der Plan, sollen Lithium-Ionen-Batterien für eine halbe Million E-Autos von Tesla produziert werden. Zwei Milliarden Dollar wollen die Amerikaner selbst investieren, Partner sollen weitere zwei bis drei Milliarden Dollar zuschießen. Ein solcher Partner könnte der japanische Elektronikkonzern Panasonic sein, von dem Tesla bereits Batterien bekommt. Allein das schon zeigt: Tesla plant groß. Und andere große Konzerne sind offenbar bereit, den Kaliforniern dabei zu helfen.

Vor ein paar Wochen saß Elon Musk in seiner Sportwagen-Boutique in der Münchner Innenstadt und sprach über etwas, das er den „Heiligen Gral“ nannte. Ein elektrisches Auto mit Batterien, die lange halten, also große Reichweiten ermöglichen. Autos, die erschwinglich sein sollen. Da hatte er gerade eine Leasing-Kooperation mit dem Münchner Autovermieter Sixt eingefädelt und über den Ausbau seiner kostenlosen Schnellladesäulen in Deutschland informiert. Es sind Vorbereitungen, die jemand trifft, wenn er für den Massenmarkt plant.

Eine halbe Million Autos kann Musk in seiner Fabrik in Kalifornien bauen, und eine halbe Million Autos will er in ein paar Jahren auch verkaufen. Pro Jahr. Das werden dann nicht nur Prestige-Boliden wie der Model S sein, sondern auch kleinere, günstigere Sport- und Geländewagen.

„Wir sind Rebellen und bleiben Rebellen“, sagte er neulich im SZ-Interview. Und genau das ist ja das Gefährliche: Rebellen werden oft unterschätzt.

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