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Der Elefant im Raum

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Als wir uns kennenlernten waren wir 16. Siebeneinhalb Jahre ist das jetzt her. Dass wir Freunde wurden war keine Selbstverständlichkeit, eher ein Produkt des Zufalls. Doch nach und nach entstand eine Verbindung, die zu verstehen wollen ich aufgab, als sie zur Selbstverständlichkeit wurde. Über die wichtigen Dinge zu reden fiel uns dabei von Anfang an schwer. Vieles blieb ungesagt. Vieles das die Weichen vielleicht hätte anders stellen, unsere Leben in andere Bahnen hätte lenken können. Hätte können aber nicht hätte müssen. Zunehmend war unsere Freundschaft vielleicht deshalb bestimmt durch einen zuverlässigen Kreislauf aus Auf und Abs. Es gab Zeiten in dem man sie kaum als solche bezeichnen konnte und Zeiten in denen sie fast in etwas Größeres gekippt wäre. Aber letztendlich blieb sie immer das was sie war.


Doch mit den Jahren die vergingen wuchs die Mauer aus Ungesagtem, die wir zwischen uns errichtet hatten. Wir wussten beide, dass sie existierte. Aber es war schwer sie zu fassen - vor allem in Worte. Sporadisch unternahmen wir einen halbherzigen Versuch sie abzutragen, sie behutsam einzureißen. Gelungen war es uns allerdings nie und mit jedem missglückten Versuch wuchs die Mauer weiter und warf längere Schatten. Häufig hätte ich dir gern von all dem erzählt, was passiert war, was mich verändert hatte, mich zu dem Menschen gemacht hatte, der ich war. Manchmal hätte ich dich gebraucht. Doch du warst nie da und ich habe nie nach dir gefragt. Versuchte ich dagegen für dich da zu sein, ließt du es nicht zu, zogst dich stattdessen zurück.


Doch egal was passierte, wie viel Zeit verging, immer wieder endeten wir an unserem Stammplatz. Redeten ohne zu reden. Schwammen wie Haifische im Kreis um ihre Beute, ohne je anzugreifen. Saßen auf dem Kuhfleckensofa, rührten in Joghurt oder Kaffee und kratzten an der Oberfläche. Gingen jedes Mal nach Hause, ohne darüber hinausgekommen zu sein. Und mit jedem Mal machte es mich trauriger. Mit jedem Mal wuchs der Klumpen in meinem Hals ein bisschen mehr. Bis ich es irgendwann nicht mehr ertrug.


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