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Ein kleiner Abschiedsbrief

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Irgendwie geht es doch immer um irgendeinen Mann. So auch heute. Gerade eben. Genau jetzt. Vier Minuten und 26 Sekunden, nachdem du die Tür hinter dir zugezogen hast. Und jetzt sitze ich hier und kann noch nicht erahnen, was dein Abschied in mir auslösen wird, weiß noch nicht, ob es mich traurig macht, ob ich weinen werde, ob ich enttäuscht oder erleichtert sein soll.


Diese Sache, die wir hatten, die wir teilten, war schön. Meistens. Wir waren kein Paar und wollten nie eins werden, und doch es war es mehr als rein körperliches Verlangen. Bei dir, in deinen Armen, mit dem Kopf auf deiner nackten Brust, hab ich mich wohl gefühlt, ich konnte zur Ruhe kommen, schweigen, die Augen schließen und deine Körperwärme spüren. Du hast mich manchmal auf die Stirn geküsst und morgens mein Gesicht gestreichelt. Wir haben uns Dinge erzählt, die nicht belanglos waren, du hast mit deiner schönen, tiefen Stimme von deiner Oma gesprochen und der Reise zu deinem Ich. Ich habe dir von meiner Mama erzählt, ein klein wenig. Manchmal, ich muss es gestehen, jetzt wo ich es kann, habe ich dich nicht ernst genommen, habe dich innerlich verlacht und den Kopf geschüttelt über deine Weltsicht. Aber ich habe nichts gesagt, habe geschwiegen, um deine Hand nicht loslassen zu müssen. Wir haben so viel Zeit miteinander verbracht in diesen vier Wochen im letzten Winter. Als draußen das Leben trüb und kalt weiterging, lebten wir in Zeitlupe unsere perfekte Simulation des Echten. Es war schön, weil es so einfach war, die Kopie einer Beziehung in schwarz-weiß.


Und dann bist du gegangen und wir sind beide zu unserem wirklichen Leben zurückgekehrt, haben fast nahtlos dort angeknüpft, wo wir aufgehört hatten. Die kalte Jahreszeit hat sich für lange Zeit über meine Augen gelegt und mich blind gemacht für alles, ich sehnte mich nur noch zurück nach unserem großen Bühnenauftritt: mein Kopf auf deiner Brust, deine Hand an meinem Rücken, Stille. Wir haben den Kontakt gehalten, uns nicht ganz losgelassen, waren gegenseitig am Haken und wollten nicht aufgeben, haben uns festgeklammert mit Mund und Hand und Fuß und Herz. Es war mein Lichtblick, Sinnbild des Frühlings, dass du zurück kommst.


Fünf Monate sind vergangen und du bist zurückgekehrt. Und eine Nacht lang habe ich mich im Rausch der Erinnerung vergessen, habe wieder deinen Duft eingesogen und deine Schultern umklammert, hoffnungsvoll, dass es nie aufhört, dass uns nie etwas im Weg steht, keine Verpflichtungen und keine Gefühle. Doch du hast aufgehört, dich bei mir zu melden, hast mich so wütend gemacht mit deiner Ignoranz, mit der Respektlosigkeit. Ich hing fest am Haken und traute mich nicht, endgültig loszulassen. Nicht so, nicht auf diese Weise, nicht durch Schweigen und Stille und Ende.


Und dann hast du geklingelt, vor 17 Minuten und 53 Sekunden. Hast mit schnellen Schritten meine Wohnung betreten, dieses Mal ohne Begrüßungskuss, hast dir eine Zigarette angezündet und dich auf mein Bett gesetzt. Hast dich entschuldigt, dafür, dass du nicht angerufen hast, dass du nicht hier warst und dass du wieder fahren musst. Und dann, endlich, hast du es gesagt: „Ich möchte es auch nicht mehr weiterführen.“ Ich war dir so dankbar in diesem Moment, nichts habe ich mehr gebraucht als den finalen Todesstoß, um mich aus dem Zwielicht zu lösen, um mich aus dem Nebel zu befreien und endlich nicht mehr wütend zu sein, wenn du nicht anrufst, aufgeregt, wenn du kommst, fröhlich, wenn du da bist und traurig, wenn du wieder gehst. Und ich habe deinen Respekt gebraucht, die Augenhöhe, den Mut, unsere Zeit richtig zu beenden, befriedet und ohne Ungewissheit. Du hast ihn mir schlussendlich doch noch bewiesen, du hast es richtig gemacht, wenn auch spät, du hast mich los-, aber nicht fallengelassen.


Ich sitze hier und zittere ein wenig. Denn es macht mich traurig, dass ich mich nicht länger selber hinters Licht führen, mir eine Beziehung vorgaukeln kann. Dass ich jetzt wieder alleine bin und von vorne anfange, auf der Suche nach etwas Echtem oder zumindest nach seinem Doppelgänger. Denn mehr warst du nie, nur eine Spiegelung. Und ich habe dich zu mächtig werden lassen, habe versucht, dich vor den Gezeiten zu schützen, damit du nicht verblasst. Nun hat es ein Ende.


 


Ein Herz, ganz transparent auf Röntgenfilm in Weiß auf Schwarz,
kaum mehr nur als ein Schatten. Schau hindurch und schau, ob's reicht.
Am Horizont ein Glück so schön, dass man's beweint. Ich weiß von hier an auch nicht weiter, und wie es scheint,
ist es für Dich nicht anders, höchstens anders gemeint.
Bitte denk an mich im Guten, darum bang ich, mehr verlang ich nicht für jetzt.

Wohin jetzt mit der ganzen Ausgeschlafenheit?
Der Tag hat längst nicht mehr das Ziel, den Abend zu erreichen.
Der Tag wartet einfach, bis er stirbt, wird transparent, und ohne Mühe
folgt ein neuer, ihm zu gleichen.“ (Dota)


 


Tafelspitz und Vatermord: Wie ich fast eine Freundin finde

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Guten Morgen liebes jetzt.de,


kaum habe ich die allerersten Texte geschrieben, melden sich auch schon zornige Leser und schicken mir Beschwerden. Wut und Enttäuschung überhäufen mich. Bis zum Hals in Beschwerden, lehne ich mich an die Wand und schüttle mehrmals den Kopf - zitternd, wie ich bin, schaffe ich es nur, diejenige von Jana D.* wirklich zu lesen, einem Gefühlsmenschen im höchsten Grad, wie es scheint, und doch kühl und rational, wenn es darum geht, beruflich voranzukommen, und sei es durch eine positive Darstellung in einem meiner Texte. Wieder schüttle ich den Kopf. Nichts ist mir mehr verhasst als auch nur die kleinste Lobhudelei oder Anbiederung auf irgendeine Art an irgendjemand oder irgendwas. Selbst Antisemiten und Katholiken gilt mein Hass in weit geringerem Maß als schlimmen Anbiederungstölpeln wie Helmut Schmidt oder Florian Heinstoff, mit denen man leider allerorten zu tun hat. Was erwartet diese Jana D. von mir? Tatsächlich zeigt jene Unstimmigkeit exemplarisch eine meiner markantesten Charaktereigenschaften, nämlich meine innere Außenseiterschaft.


 Trotz dieser Außenseiterschaft aber will ich schreiben, was ich denke, nicht was die Leute denken, auch wenn das natürlich selten das Gleiche ist, wie unmittelbar klar wird. Kaum bin ich im Begriff, diesen angefangenen Gedanken zu Ende zu denken, kommen mir aber auch schon Zweifel. Ich stehe ja erst gänzlich am Beginn meiner steilen literarischen Weltkarriere und bis zur völligen finanziellen Unabhängigkeit und einem Rolls-Royce, die ich beide mit meinem Schreiben letzten Endes anstrebe, ist es bei Licht betrachtet, wie es heißt, noch ein himmelweiter Weg, denke ich, besonders das Wort himmelweit gefällt mir dabei. Auf ein paar wohlwollende Kritiker, und seien es Amateure, die zufällig auf meinen Text stoßen und ihn kommentieren, ist in dieser Situation jedenfalls unter keinen Umständen zu verzichten, wie mir schnell klar wird, und zwar wie mit einem Keulenschlag. Mein Schicksal hängt im höchsten Maß von wohlwollenden Kommentaren ab. Kaum bin ich im Begriff, auch diesen Gedanken zu Ende zu denken, werfe ich meine moralischen Empfindungen, die ich anfangs noch hatte, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, über Bord, wie es heißt, und beschließe noch im selben Moment, einen aufs Äußerste anbiedernden Text zu schreiben, und zwar auf die schmalzigste mögliche Art.


 Dazu lasse ich mir zuerst eine Überschrift einfallen, welche die Leute in den Kreisen, für die mein Text gedacht ist, emotional aufs Raffinierteste in ihren Bann ziehen soll, obwohl der Inhalt des Textes natürlich ein gänzlich anderer ist, als man mit der Überschrift assoziieren würde und mit ihr also bis auf wenige Ausnahmen nicht das Geringste zu tun hat. Was soll’s, denke ich, so läuft das Geschäft, du weißt ja, dass du es nicht ändern kannst. Jeder ist sich selbst der Nächste und du wirst zur monströsen Hure werden müssen, willst du nicht untergehen. Noch im selben Augenblick trifft es mich wieder wie ein Keulenschlag. Meine Stimmung verfinstert sich in Blitzesschnelle angesichts dieser bitteren Wahrheit, die ich gerade festgestellt zu haben glaube und um auf andere Gedanken zu kommen, gehe ich letzten Endes schnurstracks, wie es heißt, in den Park.


 Kaum habe ich meinen Spaziergang im Park begonnen, muss ich mich auch schon wieder setzen. Die Verzweiflung ist zu tief. Unter keinen Umständen fühle ich mich noch spazierfähig. Voller Tränen suche ich eine Bank. Als ich endlich eine Bank finde, setze ich mich an den Rand der Bank. Das ist der Platz, auf den du gehörst, denke ich. Kaum habe ich mich gesetzt, döse ich auch schon ein, was mein seit Jahren vortrefflich bewährtes Prinzip der Weltflucht darstellt. Erst döse ich, dann träume ich und trotz meiner Traurigkeit träume ich von W. und wie gut, dass es W. gibt, träume ich, auf der Parkbank sitzend. Trotz ihres kühlen Verstands kann sie in widrigen Zeiten wie diesen Wärme spenden wie ein wollener Pelz und trotz ihrer zweifellos eindrucksvollen Erscheinung, die wunderbar grazil und doch kraftvoll wie eine Walküre aufscheint mit einem athletischen Hüftschwung vor meinem inneren Auge in meinen Träumen auf der Parkbank sitzend, zeigt sie Treue und Gutherzigkeit wie ein kleiner Mops. Mit heldenhaften Fähigkeiten gesegnet und doch bescheiden, das ist W., der einzige Mensch, der mich versteht, der einzige Mensch auf meinem Niveau, wie ich mir zu träumen erlaube, auf der Parkbank sitzend. Dann mache ich mich an die Arbeit.


 * Name geändert. Von der Redaktion.


 

Einparken, ausparken, auspacken

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Mein Lieblingsnachbar zum Beispiel. Der hat kürzlich sein Auto sehr markant geparkt: Rückwärts mit Schmackes in eine dieser trapezförmigen Mini-Grünflächen, die in Haidhausen alle paar Meter an die Einfahrten anschließen. Einen von den ja schon massiven Holzbollern, die das Beet eingrenzen, hat er dabei ein bisschen schief gestellt. Und das gab freilich auch eine recht ansehnliche Beule in der lackierten Stoßstange. Wohl, weil’s dann eh schon egal war, hat er’s auch gleich so stehen lassen und auf meine SMS-Frage, ob er "vorm Einparken gestern feiern" war, antwortete er das einzige, was mit Anfang 50 altersgerecht erscheint: "Hihii. Cool, gell?"  



"Dude, Where’s My Car?"

Oder DJ Hell. Der hat neulich mal wieder die Anekdote aus der Zeit erzählt, in der er ziemlich viel Ecstasy genommen hat: Sein Kurzzeitgedächtnis litt darunter offenbar etwas, weshalb er nach einem kurzen Frankfurt-Aufenthalt nicht mehr wusste, wo sein Auto steht. Nach eigenem Bekunden hat er erst ziemlich lang gesucht und dann ziemlich schnell mit den Drogen aufgehört.  

Ich bekomme Ähnliches auch manchmal hin. Auch ganz ohne Drogen und nur noch ganz selten mit. Vor allem mit meinem Fahrrad: Zweimal habe ich’s nach langer Suche vor meiner Stammkneipe gefunden. Und einmal – und da habe ich schon fast ein bisschen geweint gehabt, weil ich gedacht habe, dass sie’s mir tatsächlich einfach aus dem Hof gestohlen haben, die miesen Schweine – stand’s im Keller. Ich hatte es selbst da hingeräumt. Um Platz zu schaffen für den Hofflohmarkt, aber zwischendrin war ich ja auch länger im Urlaub.  

Und du? Immer die volle Kontrolle darüber, wo deine Gefährte sind? Hast du einen Trick, mit dem du dir merkst, wo was steht? Oder auch schon kleinere Aussetzer gehabt? Auto im See? Fahrrad im Schlafzimmer? Skateboard in der Tiefgarage? Los: Erst auspacken dann ausparken!

Tagesblog - 14. Mai 2014

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18:25 Uhr: Als Abschluss noch zwei Sachen aus meiner Kuriositätenschublade, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und die mir beide Angst machen.

Zum einen dieser Badeanzug, den ALLE in meiner Facebook-Timeline teilen. Mit Blut habe ich kein Problem, weder im Film noch in echt (voll Blutspenden und so). Aber Organe. Ihhhhhhhhhhhhhhhhhhhh! Vor allem Gehirn. Das sieht man jetzt nicht im Bild. Aber trotzdem!

[plugin imagelink link="http://cdn.shopify.com/s/files/1/0115/5832/products/DemGutsSwim-5-WEB_1024x1024.png?v=1380503074" imagesrc="http://cdn.shopify.com/s/files/1/0115/5832/products/DemGutsSwim-5-WEB_1024x1024.png?v=1380503074"] (Quelle)

Und die Erde, also unsere Erde kriegt eine Beule. Eine Beule! Ich kann bestimmt nicht schlafen heute.

Ich hoffe, ihr schon. Also später. Einen schönen Abend wünsch ich! Morgen erwartet euch hier Jakob Biazza.

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(Foto: Juri Gottschall)

18:02 Uhr: Und es geht weiter mit Eigenwerbung. Unser Fotograf Juri eröffnet am Freitag eine tolle Ausstellung. Er hat Parkhäuser fotografiert. Und so seltsam das klingen mag, Parkhäuser sind wahnsinnig schön. Zumindest so, wie Juri sie fotografiert. Hier seht ihr mehr Fotos und erfahrt wo, wie, warum Juri das tut. Und auch, warum der Text dazu "Die Schönheit der Dinosaurier" heißt.

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17:34 Uhr: Ihr kümmert euch um digitale Grundrechte, dafür versprechen wir euch unsere Stimme bei der Europawahl (und dass wir überhaupt wählen gehen). So könnte man die Idee von WePromise.eu zusammenfassen. Unser Praktikant Michel ist da skeptisch. Warum, das könnt ihr hier nachlesen.

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(Quelle)

17:17 Uhr: Eben las ich diesen schönen Text von Userin wollmops mit dem schönen Titel "Vollmondtraum". Inklusive Beinahe-Einbruch, kurzfristiger Wohnungslosigkeit und viel Irgendwie-Hineingeraten. Sehr lesenswert!

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[plugin imagelink link="https://pbs.twimg.com/media/Bnj51PwIgAAbu46.jpg:large" imagesrc="https://pbs.twimg.com/media/Bnj51PwIgAAbu46.jpg:large"] (Quelle)

16:36 Uhr: Ihr erinnert euch an Michelle Obama und das Foto, das sie von sich mit dem Schild #BringBackOurGirls gewittert hat? Als Unterstützung für die in Nigeria entführten Schülerinnen? Und den Hashtag, der daraus entstand? Ich dachte mir ja auch, recht scheinheilig, diese Aktion von Michelle Obama (so gut ich sie grundsätzlich finde, nur nicht mit ihr als Aushängeschild!), wenn man daran denkt, wie die Amerikaner so mit unschuldigen Zivilisten im Ausland - ja, auch Kindern! - umgehen. Auf Twitter denken sich das auch viele und posten seit gestern unter dem Hashtag #BringBackYourDrones Fotomontagen, die darauf hinweisen. Die Kollegen von SZ. wissen noch mehr dazu.

[plugin imagelink link="https://pbs.twimg.com/media/BnfpdaxIMAAt-Md.jpg" imagesrc="https://pbs.twimg.com/media/BnfpdaxIMAAt-Md.jpg"] (Quelle)

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[plugin imagelink link="http://i.imgur.com/wuFRozj.png" imagesrc="http://i.imgur.com/wuFRozj.png"](Quelle)

15:41 Uhr: Vieles auf der Welt mag seltsamst und über Umwege verstrickt sein. Manche Sachen aber auch nicht. Die Scheidungsrate in Maine und der Margarineverbrauch zum Beispiel. Und gibt es mindestens einen statistischen Zusammenhang. Die Website Tylervigen.com hat noch mehr solche Diagramme gesammelt. Verschwörungstheorien bitte zu mir!

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(Illustration: Katharina Bitzl)

14:50 Uhr: Da ist eine seltsame Biergarten-Einladung im Facebook-Postfach. Und Toni hat die Konversation verlassen, alle haben die Konversation verlassen. Und niemand hat geantwortet! Es gibt wenig, das Jan so traurig macht wie Facebook-Gruppennachrichten, auf die keiner antwortet. Eine neue Folge unserer Herzensbrecher-Kolumne ist jetzt online. Schnell lesen und das "Knack" hören.

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13:57 Uhr:
Wieder zurück aus der Mittagspause (es gab Glasnudelsalat mit Gemüse und Hühnchen, sehr fein) mit einer Zahl, mit der ich irgendwie noch nicht wirklich etwas anfangen kann:





11,60 Euro verdient Facebook also jedes Jahr mit mir (hier könnt ihr das auch). Tja. Ich kann nur nochmal ausrechnen, dass Mark Zuckerberg sehr sehr sehr reich ist. Aber das wussten wir auch so.

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12:50 Uhr: Ich weiß, es hat gedauert, aber ich habe es versprochen: In meinem Tagesblog vom 23. April habe ich geschrieben, wie schockiert Charlotte und Nadja waren, als sie sahen, wie Avril Lavigne jetzt aussieht. Und dass Charlotte sich mit 14 - mit den Jeans ihres Bruders! - wie sie gestylt hat. Das damals versprochene Beweisfoto hat Lotti heute dabei. Und ich finde es unheimlich süß!





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12:26 Uhr:
Es gibt wieder Bananen-Content! Dieses Mal weder mit rassistischem noch anti-rassistischem Bezug. Sondern einfach mit einem Jungen, der auf der Suche nach einer Banane bei seinen Nachbarn klopfte. Und weil es so süß aussieht, wie er seine Banane isst, entwickelte sich ein kleines Mem und Carter, so heißt der Junge, isst nicht mehr nur auf der Straße, sondern zum Beispiel auch neben
Walter White eine Banane:

[plugin imagelink link="http://i.imgur.com/UReJmnA.jpg" imagesrc="http://i.imgur.com/UReJmnA.jpg"](Quelle)

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11:58 Uhr:
Charlotte sagt übrigens gerade, die Irre war ihre Bayerischlehrerin. Und sie fand sie sehr nett. Ich kann nur über die Figur sagen: sehr gruselig, sehr gut gespielt. Hier ein Foto, damit ihr wisst, über wen wir sprechen:

[plugin imagelink link="http://images.kino.de/flbilder/max14/auto14/auto16/14160486/b640x600.jpg" imagesrc="http://images.kino.de/flbilder/max14/auto14/auto16/14160486/b640x600.jpg"] (Quelle: Kino.de)

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(Foto: BR)

11:52 Uhr: Seit Jakob und ich Udo Wachtveitl interviewt haben, schaue ich regelmäßig den Münchner Tatort. Im letzten hatten die Münchner Kommissare ja einen neuen, sehr jungen Assistenten: Ferdinand Hofer (hier ein schönes Portrait). Der ist 21, Münchner und studiert BWL. Ziemlich toller Studentenjob, als Tatort-Assistent, oder? In der Redaktion sind wir uns nicht einig, wie wir ihn dann wirklich in seinem ersten Tatort fanden. Ich mochte ihn ja schon sehr gern und freu mich schon auf den nächsten. In dem Udo Wachtveitl hoffentlich auch wieder dabei ist. Ich musste ja ein bisschen schreien, als ihm diese Irre ein Messer in den Rücken gerammt hat. Jetzt aber, was ich eigentlich schreiben wollte: Unsere neue TV-Kolumne ist online. Darin erzählt Ferdinand, ob er in Soaps mitspielen würde und warum er sich deutsche Horrorfilme wünscht. Hier geht's lang.

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11:23 Uhr:
Ein Hinweis, speziell für @jakob-biazza:

[plugin imagelink link="http://cdn.cstatic.net/images/gridfs/53711beaf92ea15980025739/13984459468_457fc9eae0_b.jpg" imagesrc="http://cdn.cstatic.net/images/gridfs/53711beaf92ea15980025739/13984459468_457fc9eae0_b.jpg"] (Quelle)

In New York hat eine Nutella-Bar eröffnet. Ja, Nutella-Bar! Sieht wirklich so aus, wie es klingt. Mehr dazu weiß die New-York-Korrespondentin der SZ.

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10:54 Uhr:
So, Konferenz beendet. Wir durften schon ein Baby-Foto bestaunen. Und sahen dabei ungefähr so aus:

[plugin imagelink link="http://www.reactiongifs.com/r/cat.gif" imagesrc="http://www.reactiongifs.com/r/cat.gif"] (Quelle)

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(Foto: krockenmitte/photocase.de)

09:57 Uhr: Bevor wir gleich unsere Konferenz beginnen, noch ein Hinweis auf den Ticker von heute: Wir wollen eure besten Park-Geschichten hören. Also Park im Sinne von Einparken. Wenn ihr auch schon mal euer Fahrrad oder Auto vermisst gemeldet und dann vor der Lieblingskneipe wiedergefunden habt und für alle anderen Park-Erinnerungen bitte hier entlang!

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09:42 Uhr:
Was außerdem heute wichtig wird, habe ich in der SZ.de-Konferenz für euch notiert:

* Das Grubenunglück in der Türkei: In Soma sind mehr als 200 Bergleute ums Leben gekommen, mindestens 80 wurden verletzt und Hunderte sind noch in der Mine eingesperrt. SZ.de hält uns im Newsblog auf dem Laufenden.
* Gleich um 10 Uhr wird das Urteil im Fall Peggy erwartet. (Update: Ulvi K. ist freigesprochen worden)
* Heute beginnen das Internationale Filmfestival in Cannes. Nicole Kidman wird das Ganze eröffnen.
* Und an der Uni Rostock wird heute am späten Nachmittag abgestimmt, ob Edward Snowden Ehrendoktor der Universität wird.

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09:28 Uhr: *** EILMELDUNG ***
Nadja ist Tante! Eben hat sie vor ihrem Handy ganz laut gejubelt. Wir jubeln mit!

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[plugin imagelink link="http://i.imgur.com/y5uTEMz.jpg" imagesrc="http://i.imgur.com/y5uTEMz.jpg"] (Quelle)

09:18 Uhr:
Gestern in Nadjas Tagesblog haben wir ja schon gelernt, was ein mise en abyme ist. Und wie man Macaulay Culkin schreibt. Und das mit dem mise en abyme wird langsam ein bisschen kompliziert, aber ich versuche es. Also, Ryan Gosling trug gestern ein T-Shirt, auf dem Macaulay Culkin ein T-Shirt trägt, auf dem Ryan Gosling ein T-Shirt mit Macaulay Culkin drauf trägt. Leider ist das Ganze nur gephotoshopt. Ich hätte mir ja schon ein richtiges T-Shirt-Battle gewünscht.

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08:30 Uhr:
Guten Morgen! Ich hab einen - zwar nicht schlimmen, aber hartnäckigen Ohrwurm - und kann ihn nicht mal mehr auskurieren. Chris Hadfield, ihr erinnert euch, das war der Astronaut, der in der Internationalen Raumstation Gitarre spielte und dazu "Space Oddity" von David Bowie sang. Das Video davon stellte er vor einem Jahr auf YouTube. Leider durfte er es nur ein Jahr online lassen, so ist die Copyright-Vereinbarung mit Bowie. Gestern Abend musste ich das deswegen noch ein paar Mal hören und sehen, vor allem sehen! Und jetzt ist es weg. Guckt, kein Video mehr!

Ich höre jetzt stattdessen das hier mit ihm ("Ground Control to Major Tom..." kommt aber in meinem Kopf immer wieder durch):

http://www.youtube.com/watch?v=AvAnfi8WpVE&feature=youtu.be

Am Freitag ist er in München, lese ich gerade bei den Kollegen von der Augsburger Allgemeinen. Ich muss da hin!

klau|s|ens organisiert auch mal schnell ein siegreiches referendum

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klau|s|ens, auch du?


wir alle sind doch im herzen demokraten. wir zaubern abstimmungen und referenden aus der tasche, bis die büchse knallt.


es ist ein herrliches treiben.


am liebsten stimmen wir über nacht ab, binnen 12 stunden. manchmal gibt es aber verzögerungen.


und dann?


dann reichen wir zügig die zettel rum und sagen: kreuzt schön an!  viele nehmen auch zwei zettel auf einmal. (gern zeigen wir auch noch, wo angekreuzt werden soll.)


das ist insgesamt sehr löblich.


demokratie ist das, was man daraus macht.


was machst du daraus?


das siehst du doch: ich organisiere gerne schnelle referenden, wo am ende klar ist, dass minimum 89 % pro sind. meist schaffe ich aber 99 % pro.


und wie schaffst du das? hast du präparierte stimmzettel?


nein, ich stelle einfach die richtigen fragen und gebe dafür dann die richtigen antworten. so ein referendum ist doch kein problem!


wo muss ich denn ankreuzen?


ach so: verdammt! ein paar lesebrillen und sonstige sehhilfen allgemein muss ich zuvor natürlich auch noch ausgeben. – danke für den hinweis!






HOMEPAGE VON KLAU|S|ENS:
http://www.klausens.com

Die neuen Leiden des Übermenschen

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In der Villa Silberblick in Weimar, wo der Philosoph Friedrich Nietzsche die letzten Jahre vor seinem Tod im Jahr 1900 dahindämmerte, ist heute das „Kolleg Friedrich Nietzsche“ untergebracht. Jedes Jahr ist dort ein „Distinguished Fellow“ zu Gast. Nach Denkern wie Jean Baudrillard, Peter Sloterdijk oder Giorgio Agamben fiel die Wahl diesmal ausgerechnet auf den bekennenden Marxisten Terry Eagleton. Im Zuge seines Aufenthalts hat Eagleton denn auch vier Vorträge über das Verhältnis von Marx und Nietzsche gehalten, immer auch aus der Perspektive der Gegenwart: zwei in Weimar, einen in München und Tübingen. Die SZ traf Eagleton am Rande seiner kleinen Tournee.



Was hat der Kapitalismuskritiker Marx mit dem hier als Büste dargestellten Denker Nietzsche gemeinsam? Terry Eagleton zeigt die Parallelen ihrer Theorien auf.

SZ: Professor Eagleton, Sie sind jetzt ein paar Tage mit Marx und Nietzsche durch Deutschland gereist. Wie vertragen sich die beiden?
Terry Eagleton: Ein Vergleich der beiden ist ja eher ungewöhnlich. Das liegt wohl daran, dass sie politisch so weit auseinander zu liegen scheinen. Aber es gibt bemerkenswerte Parallelen zwischen diesen beiden herausragenden Denkern des 19. Jahrhunderts, die uns bis heute stark beeinflussen. Dabei hat, soweit ich sehe, keiner den anderen direkt wahrgenommen. Marx starb 1883, bevor Nietzsche einige seiner bedeutendsten Werke veröffentlichte. Und ich bezweifle, dass Nietzsche Interesse gehabt hätte an einem schmutzigen kleinen sozialistischen Ökonomen.

Nietzsche äußert sich gelegentlich zum Sozialismus, ohne Marx zu erwähnen.
Ich will die Unterschiede nicht verwischen. Aber es gibt einen Zeitgeist, sie gehören in gewisser Hinsicht zum selben Milieu. Und abseits ihrer offensichtlichen Gegensätze teilen sie eine Menge.

Worin liegen denn die Parallelen?
Mir geht es um das Interesse an der Macht, an der Geschichte, am Materialismus, am falschen Bewusstsein.

Wenn wir Ihnen einmal, wie üblich, das Label „Marxist“ verpassen: Was könnte einen kritischen Marxisten heute an Nietzsche interessieren?
Zunächst: Ich liebe Labels! Ich werde nie den verkrampften Widerwille der Liberalen gegenüber Labels verstehen. Warum sollten Menschen zum Beispiel nicht stolz darauf sein, sich Antirassisten, Feministen, Postkolonialisten oder Ähnliches nennen zu lassen? Natürlich bin ich mehr als mein Label, aber Labels können doch sehr fruchtbar sein. Also, warum sollte sich ein Marxist für Nietzsche interessieren?

Erste Assoziation: Ist Nietzsches Konzept der „Décadence“ dasselbe, was Marx unter der „Bourgeosie“ versteht?
Nein. Marx versteht die Bourgeoisie nicht als dekadent, jedenfalls nicht in ihrer großen, heroischen Zeit. Er begreift sie eher als die dynamischste und revolutionärste Klasse der Geschichte. Es mag so sein, dass nach 1848 ein Niedergang beginnt, aber es ist wichtig, den Marxschen Begriff der Bourgeoisie nicht zu verzerren. Marx hält unglaubliches Lob für die Mittelklasse bereit. Ohne die enorme Anhäufung von materiellem wie geistigem Reichtum durch die Bourgeoisie, ohne ihre weltverändernde Kraft kann für Marx der Sozialismus überhaupt nicht entstehen.

Also keine Revolution ohne Bourgeoisie?
Marx verstand, dass man den Sozialismus nicht unter rückständigen Bedingungen umsetzen kann. Wenn man das tun möchte, kommt Stalinismus dabei raus.

Dass Marx den Kapitalismus analysiert hat, ist bekannt. Wie sehen Sie Nietzsches Verhältnis zum Kapitalismus?
Der Sozialismus bleibt über das ganze 19.Jahrhundert hinweg eine der beiden großen gedanklichen Lösungen für die Widersprüche der Bourgeoisie. Die andere ist die Kulturkritik in Gestalt eines konservativen Elitarismus, also eines romantischen Rückgriffs auf eine vorbürgerliche Gesellschaft. Der „Übermensch“ stellt in vieler Hinsicht eine Reminiszenz an den heroischen Adel dar, an die Klasse also, die nach Marx von der Bourgeoisie besiegt worden war. Es ist ein Nachklang aristokratischer Ideologie, der dann aber im 20. Jahrhundert seine eigene Wirkung entfaltet hat.

Auf Ihrer Marx-Nietzsche-Reise betonen Sie Autonomie und Freiheit als gemeinsames Ziel. Ist Nietzsches „Übermensch“ für Sie so etwas wie der neoliberale Held unserer Tage? Ein Start-up-Unternehmer?
Ich ziehe in der Tat Linien zwischen dem Übermenschen und dem unternehmungslustigen, expansiven Kapitalismus, auch wenn Nietzsche das selbst anders meinte. Aber heute befindet sich der Kapitalismus in seiner postheroischen Phase. Seinerzeit erlebte man ihn noch als dynamische, verändernde Kraft. Seitdem aber hat die Bourgeoisie ihre revolutionäre Energie verloren. Was die Autonomie angeht: Nietzsche wie Marx ist sie wichtig. Aber sie unterscheiden sich darin, dass der Übermensch stolz für sich steht, während für Marx die Existenz immer wechselseitig ist, Freiheit und Gemeinschaft hängen zusammen.

Nietzsche ist in der Hinsicht unsozial?
Nun, er wollte nicht wahrhaben, dass wir radikal abhängig von allem Möglichen sind: von der Natur, von unserer Welt, voneinander, von der Geschichte, von der Sprache, der Kultur – das sind die Dinge, die uns überhaupt ins Dasein bringen. Unsere Abhängigkeit zu leugnen, bedeutet in gewisser Hinsicht, unsere Menschlichkeit zu leugnen. Nietzsche glaubt, dass das Ich sich aus sich selbst erzeugt. Eine alte Fantasie. Ich glaube, dass Marx da überlegter ist, weil er Menschen als natürliche und materielle Wesen begreift, die ums Überleben kämpfen müssen, die soziale Beziehungen haben und Teile von etwas Größerem sind.

Vielleicht kann man sagen: Wenn beiden Freiheit wichtig ist, so denkt Marx von der Veränderung der Gesellschaft hin zum Individuum, Nietzsche umgekehrt. Auf welcher Seite würden Sie denn die Gesellschaft der Gegenwart eher sehen?
Ach, das ganze Konzept „Gesellschaft“ ist verschwunden. Einer der essenziellen Verluste im postheroischen oder postmodernen Kapitalismus ist der wachsende Verlust eines vitalen und kreativen Begriffs von Gesellschaft. Und es muss so kommen in einem System, das auf Profit, Macht, Technologie beschränkt ist, auf das Instrumentelle eben. Die Menschen sind eingesperrt in ihre Privatsphären, und der öffentliche Raum beginnt zu verschwinden. Die Leute gehen die Straße entlang, gefangen in einer symbiotischen Beziehung mit einem kleinen technischen Dämon in ihrer Hand. Damit ist das ganze Konzept von Gesellschaft in Gefahr, wie es die sozialistische Tradition gesehen hat.

Ist dieser technisch aufgerüstete Mensch von heute nicht auch eine Art Übermensch?
Nein. Er ist viel schwächer. Und Nietzsche hat ja übrigens, obwohl er ein moderner Denker ist, zugleich ein tiefes Unbehagen gegenüber der Moderne, wozu die Technik gehört. So entstand auch jene eigenartige Situation, dass einige moderne Künstler des frühen 20. Jahrhunderts sich auf den Spuren Nietzsches als Gegner der Moderne verstanden. Modernismus ist, nicht zuletzt in Deutschland, in weiten Teilen eine rechte Bewegung gegen die Moderne.

Marx ist doch auch Kritiker der Moderne?
Er kritisiert und feiert sie zugleich – als Dialektiker. Für Marx ist die Moderne eine begeisternde Erzählung, er ist ein Gegner derer, die die alten Zeiten glorifizieren. Er ist ein Avantgardist. Aber er sagt auch, dass sie ein Albtraum für viele Menschen ist. Er sieht wie Nietzsche, dass die moderne Gesellschaft in Blut geboren wurde, erkennt aber auch die großen Errungenschaften.

Besteht nicht die Gefahr, dass wir heute zu freundlich zu Marx und Nietzsche sind, wenn wir ihre Gemeinsamkeiten suchen?
Nein. Ich will nicht einfach nett zu ihnen sein. Beide sind zutiefst widersprüchlich. Wie die meisten großen Denker haben sie ihre leuchtenden und großartigen, aber auch ihre verstörenden Aspekte. Sie werden nicht in kleinen Schachteln geliefert, auf denen steht: „nett“ oder „nicht nett“. Und die marxistische Tradition, die Linke wollte immer auch von bedeutendem bürgerlichem Denken lernen. Die Geschichte beginnt nicht mit Marx, und wenn das einer wusste, dann war es Marx selbst.

Nietzsche wie Marx gelten teilweise als dunkle und gefährliche Denker.
Nietzsche wusste, dass er ein gefährlicher Denker ist. Politisch, weil diese Art von spirituellem Elitarismus gefährliche Auswirkungen haben kann; aber auch intellektuell, weil Nietzsche bereit ist, wirklich alles zu hinterfragen: den freien Willen, Moralität, Kausalität, Objekt und Subjekt... Nietzsche ist haarsträubend radikal. Marx wird natürlich oft auch als gefährlicher Denker gesehen. Aber ich bin immer wieder begeistert von dem Satz Walter Benjamins: „Marx sagt: Die Revolutionen sind die Lokomotiven der Weltgeschichte, aber vielleicht ist dem gänzlich anders. Vielleicht sind die Revolutionen der Griff des in diesem Zuge reisenden Menschengeschlechtes nach der Notbremse.“

Wird die Notbremse noch gebraucht?
Natürlich! Es ist doch der Kapitalismus, der im Moment außer Kontrolle ist. Haben wir das schon wieder vergessen? Und er lässt uns alle seit einigen Jahren die Rechnung dafür zahlen. Erzählen Sie mir nicht, Marxismus sei gefährlich. Marx geht es nicht um ein wildes, anarchisches Experiment. Aber er nahm wahr, dass das ganze System, mit dem er sich beschäftigte, dazu tendiert, außer Kontrolle zu geraten. Und das sehen wir ja heute auch.

Der Linke, der „Leftie“, das ist auch ein Label von Ihnen. Aber viele haben Sie zunächst als Literaturtheoretiker wahrgenommen. Gibt es bei Ihnen eine Entwicklung vom Literaturtheoretiker zum marxistischen Kritiker und von dort zu immer allgemeineren philosophischen Themen wie „Der Sinn des Lebens“ oder „Das Böse“ – so die Titel jüngerer Bücher?
Keineswegs. Lange bevor ich Literaturtheorie betrieb, habe ich mich intensiv mit Politik und Philosophie beschäftigt. Die Verbindung besteht im Begriff „Literaturtheorie“.

Inwiefern?
Nun, ich beschäftige mich nicht nur mit literarischen Texten, sondern mit der Idee von Literatur, von Kultur und so weiter. Natürlich ist das immer mit Philosophie und Politik verbunden. Ich kann nicht kontrollieren, wie andere Leute über mich denken. Wenn ich mir selbst ein weiteres Label verpassen sollte, dann würde ich mich als Intellektuellen bezeichnen, als public intellectual. Was nicht dasselbe ist wie ein Autor zu sein. Die Rolle des Intellektuellen ist allerdings im derzeitigen, beschleunigten Kapitalismus ebenso gefährdet wie die Idee von Gesellschaft insgesamt.

Woran machen Sie das fest?
Es gibt einen Unterschied zwischen dem Akademiker und dem Intellektuellen. Der Akademiker ist meist ein Spezialist, der sich mit bestimmten Gegenständen beschäftigt, der Intellektuelle wird, bei aller akademischen Grundlage, vor allem dafür gebraucht, sich zwischen verschiedenen Gegenständen bewegen zu können. Weil er eine Idee von der Gesellschaft als ganzer hat. Der Akademiker muss das nicht tun, er muss nicht notwendig ein Kritiker sein. Der Freiraum für Intellektuelle schwindet aber. Wir haben noch ein paar, die wir sehr bewundern: Noam Chomsky, Jürgen Habermas. Aber der heutige Kapitalismus hat
wenig Zeit für große, übergreifende Ideen.

Und warum fehlt diese Zeit?
Einer der Gründe dafür ist, dass solche Ideen riskant sein können. Kleine, pragmatische Ideen gibt es ja viele: Wie können wir nächste Woche unseren Gewinn vergrößeren? Und so weiter. Aber übergreifendes Denken ist gefährlich. Doch es gab bis vor kurzem noch einen Raum für ein derart risikofreudiges, kritisches Denken.

Nämlich?
Dieser Raum hieß: Universität. Die Universität als Zentrum von Kritik, von Nachfragen, von Reflexion, von generellen und fundamentalen Fragen ist fast tot. Das ist eine folgenschwere Entwicklung, deren Zeugen wir gerade sind. Wir können unseren Enkeln erzählen: Wir waren dabei, als die Universität verstarb. Viele nehmen das wahr, aber kaum einer versteht die Bedeutung des Vorgangs. Diese Institutionen werden mehr und mehr zu Werkzeugen des fortgeschrittenen Kapitalismus. Ich mache hier keine Witze oder übertreibe: In zwanzig Jahren könnte es in Großbritannien keine Geisteswissenschaften mehr geben. Die Leute, die die Institutionen leiten, wollen sie los werden, weil sie im Prinzip kein Geld bringen. Aber auch deshalb, weil sie Verlegenheit auslösen, weil sie unbequem sind, weil sie nicht reinpassen. Das ist eine geistige Krise von enormen Dimensionen.

Am Anfang von Nietzsches „Also sprach Zarathustra“ gibt es die Passage über die „letzten Menschen“, die allzeit glücklichen, zufriedenen Menschen ohne echte Sehnsüchte. Ist das unsere kapitalistische Gesellschaft – oder vielleicht doch das, was sich Marx unter dem Kommunismus vorstellte?
Die andere Seite der Geschichte, die ich gerade erzählt habe, ist Widerstand. Man wird uns nicht gänzlich los. In England bin ich selbst beteiligt an vielen Beispielen von studentischem Widerstand gegen das, was mit der höheren Bildung gerade geschieht. Marx ist entgegen der weitverbreiteten Vorstellung von ihm nicht an der Zukunft interessiert, er ist kein Utopist. Marx hat keine Interesse an Blaupausen einer idealen Gesellschaft. Denn man kann Freiheit nicht vorweg konzipieren. Wenn es einen Bruch mit der Klassengesellschaft geben soll, dann kann man es nicht dem entnehmen, was wir bereits haben. Das ist eine wirklich avantgardistische Einsicht. Marx schweigt beschäftigt nur, wie man Bedingungen herstellen kann, die es uns ermöglichen, eine Zukunft in Würde zu haben.

Und Nietzsche? Was hat er zu der Krise zu sagen, die Sie konstatieren?
Nietzsche ist natürlich auch ein avantgardistischer Denker. Der Übermensch ist nichts anderes als ein Vorläufer einer im Moment noch unvorstellbaren Zukunft. Und das ist sehr modern. Beide sind auf verschiedene Weise unserer herrschenden Kultur entgegengesetzt. Irgendwer hat über den Kapitalismus gesagt: Seine Zukunft ist dasselbe wie die Gegenwart, nur mit mehr Optionen. Können wir uns nur noch eine solche Zukunft vorstellen? Das ist doch überhaupt keine Zukunft. Der fortgeschrittene Kapitalismus ist in Gefahr, die Zukunft zu vernichten, denn er könnte sie in bloße Wiederholungen der Gegenwart verwandeln. Er vernichtet ja auch die Vergangenheit: Alles, was vor zehn Minuten passierte, ist für ihn Altertum. Aber wenn man die Vergangenheit auslöscht, dann verliert man auch die Zukunft.

Richter weisen Google in die Schranken

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Europas Bürger können im Internet erstmals ein „Recht auf Vergessen“ durchsetzen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat Google dazu verpflichtet, sensible Informationen beispielsweise aus dem Privatleben der Betroffenen aus den Ergebnislisten seiner Suchmaschine zu entfernen. Zwar anerkennt der Gerichtshof grundsätzlich das berechtigte Interesse der Internetnutzer auf Zugang zu den im Netz verfügbaren Nachrichten. Weil aber das europäische Recht die Achtung des Privatlebens und den Schutz persönlicher Daten gewährleiste, müsse ein angemessener Ausgleich mit den Grundrechten der Bürger geschaffen werden.



Google muss sich dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs beugen: Erstmals muss die Suchmaschine persönliche Informationen aus den Ergebnislisten löschen, wenn Betroffene das verlangen.

Im Einzelfall kann dies sogar bedeuten, dass legal veröffentlichte Daten aus dem Google-Suchindex gelöscht werden müssen. Der EuGH gab einem Kläger aus Spanien recht, der verlangt hatte, dass eine anderthalb Jahrzehnte alte Nachricht über die Zwangsversteigerung seines Hauses nicht mehr aufgelistet werden dürfe, weil sie nicht mehr aktuell sei und ihn unnötig in ein schlechtes Licht rücke. (Az: C-131/12)
Nach dem Urteil ist Google überall dort, wo das Unternehmen nationale Niederlassungen unterhält, für die Verarbeitung der Daten „verantwortlich“ und kann deshalb nach den nationalen Vorschriften haftbar gemacht werden. Nach den Worten der Richter kann der Einsatz einer Suchmaschine besonders tief in Grundrechte eingreifen: Wer einen Namen in die Suchmaske eingebe, könne damit ein regelrechtes Persönlichkeitsprofil erstellen. Eine solche Suche „kann mithin einen stärkeren Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens der betroffenen Person darstellen als die Veröffentlichung durch den Herausgeber der Internetseite“.

In der Praxis bedeutet dies, dass deutsche Bürger beispielsweise wegen ehrverletzender oder falscher Informationen bei Google in Hamburg eine Löschung verlangen können. Kommt das Unternehmen der Beschwerde nicht nach, ist die Hamburgische Datenschutzbehörde zuständig. Allerdings gibt es keinen uneingeschränkten Anspruch auf Löschung; Unternehmen und Behörde müssen zwischen Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz abwägen.

Das Urteil kam überraschend. Noch im vergangenen Jahr hatte der EU-Generalanwalt ein Löschungsrecht abgelehnt, weil dies einer Zensur gleichkäme. Der Richterspruch fällt mitten in die laufenden Verhandlungen über eine neue EU-Datenschutzgrundverordnung. Der Europaparlamentarier Jan Phillip Albrecht (Grüne), im EU-Parlament Berichterstatter für die Verordnung, forderte die Bundesregierung auf, nun endlich auf eine Einigung zu dringen. Erst die Verordnung gebe den Behörden wirksame Sanktionsmöglichkeiten, um den „massenhaften Datenschutzverletzungen“ entgegenzutreten, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (FDP) sagte, der Datenschutz müsse „dringend“ europaweit harmonisiert werden. Doch bereits nach dem Urteil könne Google europäische Standards nicht mehr durch eine Datenverarbeitung außerhalb der EU umgehen. „Es gilt das Datenschutzrecht des Landes, in dem das Unternehmen am Markt tätig ist und sein Geld verdient.“

Das Hemd kommt niemals in die Hose

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„George, diese Scheiße kann man vielleicht in die Schreibmaschine tippen – aber sprechen kann man das auf gar keinen Fall!“ Frühling 1976, die Elstree Filmstudios in London: Der vollkommen entnervte Jungstar Harrison Ford brüllt dem bärtigen Holzfällerhemdträger im Regiestuhl ins Gesicht, was sich jeder an diesem riesigen Set längst denkt: Die mit ironischem Dauergrinsen hantierende britische Crew, die schwitzenden Komparsen in ihren Roboterverkleidungen, die Schauspieler, die über ihre Kostüme und ihre Dialoge stolperten: Wenn dieser Unsinn ins Kino kommt, dann sind wir alle erledigt.



Einer, der das moderne Kino prägen sollte wie kein anderer: George Lucas hat Erfolgsformeln nicht nur erfunden, sondern sie immer auch den richtigen Autoren und Regisseuren anvertraut. Heute wird er 70.

Dabei muss zunächst einmal festgehalten werden, dass George Lucas diesen Unsinn – er nannte das Ganze „Star Wars“ – nie in eine Schreibmaschine getippt, sondern per Hand geschrieben hatte. Genauer gesagt mit Bleistiften der Stärke zwei auf liniertem Papier, in einem Hinterzimmer seines Hauses in der kalifornischen Kleinstadt San Anselmo. Und während sich draußen am Strand die letzten Späthippies vor den nahenden achtziger Jahren versteckten, schnippelte sich drinnen der obsessive Lucas bei jedem neuen Entwurf, der im Papierkorb landete, mit einer Schere ein Büschel Haare vom Kopf – denn Zweifel an der Publikumstauglichkeit seiner Geschichte hatte er auch ohne Harrison Ford schon genug.

Im Nachhinein betrachtet, hätte man diesen Papierkorb voller Bleistiftstummel, Manuskriptseiten und Haarbüschel vermutlich museal verwalten sollen, weil sich ein schöneres Relikt über den Gründungsmythos der modernen Unterhaltungsindustrie kaum finden lassen wird. Denn in diesen einsamen, manischen Stunden begann Lucas, noch ohne es zu wissen, die gesamte Entertainment-Branche von Grund auf zu verändern. Vor „Star Wars“ war nämlich nicht einmal den fleißigsten Hollywood-Prokuristen klar gewesen, wie viel Geld man mit einem Film und seinen Nebenprodukten wirklich verdienen kann. Und das musste ihnen ausgerechnet ein unrasierter Nerd beibringen, der partout sein Hemd nicht in die Hose stecken wollte und der nichts mehr hasste als das streng hierarchische Hollywood.

Lucas entwickelte schon als Kind eine ausgesprochen antiautoritäre Lebenseinstellung: Sein Vater, ein erzkonservativer Republikaner, der in einer Kleinstadt ein erfolgreiches Geschäft für Büromaterial betrieb, kommentierte die künstlerischen Ambitionen des Sohnes mit Hohn. So leidvoll dieser Konflikt für den jungen Lucas war, er bereitete ihn auf jene legendäre Zeit vor, als er mit seinen Kumpels vom College – Steven Spielberg, Brian De Palma, Francis Coppola – das greise amerikanische Filmbusiness aufmischte. Sie alle wurden in der Filmabteilung der University of Southern California ausgebildet, wo quasi an einem einzigen Institut jene wilde Indie-Bewegung geformt wurde, die als New Hollywood in die Filmgeschichte einging.

Die Strukturen im amerikanischen Filmbusiness waren Ende der sechziger Jahre so festgefahren und veraltet wie niemals zuvor. Als Lucas durch die Uni ein Praktikum bei Warner bekam, wo er auf den etwas älteren Coppola bei seinen ersten Regieexperimenten traf, waren die beiden auf dem gesamten Studiogelände so ziemlich die einzigen unter sechzig – und zweifellos die einzigen mit Bart. Aus dem vatermörderischen Ethos, das die junge Garde dann Anfang der siebziger Jahre entwickelte, entstanden auch Lucas’ erste Kurzfilme sowie sein dystopisches Spielfilmdebüt „THX 1138“ (1971). Das allerdings war ihm dermaßen düster geraten, dass sogar seine Mitstreiter nicht so recht wussten, was sie damit anfangen sollten.

Also überlegte der enttäuschte Lucas mitten im New Hollywood, ob nicht das klassische Old Hollywood viel mehr sein Ding sein könnte – weit weg von der Paranoia und den sexuellen Obsessionen, die der künstlerische Motor seiner Kommilitonen waren. Aus dieser Zwickmühle heraus, halb noch verhaftet den Revolutionsidealen, halb schon im geradlinigen Erzählmuster der „Star Wars“, entstand 1973 mit „American Graffiti“ Lucas’ zärtlichster Film. Eine Geschichte über das Teenagerleben nach den Regeln der amerikanischen Kleinstadt, angesiedelt in den Fifties, zwischen Cadillac-Spritztouren und Jukebox-Blues – ein autobiografischer Film. „Graffiti“ wurde ein Hit und hätte die meisten Jungregisseure sehr glücklich gemacht. Nicht aber Lucas, der spürte, dass er das Talent besaß, vollkommen konventionell erzählte Geschichten so aufregend zu verpacken, dass sie noch viel, viel mehr Zuschauer erreichen würden.

Also: „Star Wars“. Das Meisterstück. Der Fluch. Die Zweifel der Geldgeber, die Zweifel des Teams, die Zweifel seiner damaligen Frau Marcia, die Selbstzweifel – sie trieben den introvertierten Lucas in eine tiefe Krise, die während des Drehs immer schlimmer wurde. „Star Wars“ zerstörte den Regisseur George Lucas, der sich anschließend zwei Jahrzehnte weigerte, wieder Regie zu führen. Der Film brachte aber den Produzenten Lucas hervor, der das moderne Kino prägen sollte wie kein Zweiter. Er verstand es, Erfolgsformeln nicht nur zu erfinden, sondern sie stets den richtigen Autoren und Regisseuren anzuvertrauen. Er verstand es, Kino-Serien wie „Star Wars“ oder „Indiana Jones“ so erfolgreich zu machen, dass er große Hollywoodstudios zu bloßen Distributionspartnern degradieren und Kinos neue Projektionsstandards aufzwingen konnte. Lucas erfand das Kinomerchandising und etablierte die Fortsetzung als Geschäftsmodell – vor „Star Wars“ waren Sequels in Hollywood verschrien. Mit der zweiten „Star Wars“-Trilogie, die er doch wieder selbst inszenierte, trieb er die Digitalisierung des Filmemachens quasi im Alleingang voran. Und mit seiner Firma Industrial Light & Magic bereitete er das Zeitalter des digitalen Effektfilms schon vor, als die Kollegen noch Pappmaschee-Puppen bastelten.

So mancher Fan hat Lucas’ Wandlung vom Indie-Regisseur zum Filmmogul mit der seines Helden Anakin Skywalker in Darth Vader verglichen. Besonders nachdem Lucas im letzten Jahr sein Imperium an Disney verkaufte, für die J.J. Abrams gerade neue „Star Wars“ dreht. Doch während viele Weggefährten von einst die Siebziger nicht überlebt haben – künstlerisch oder wegen des Kokains – hat Lucas mit kindlicher Besessenheit stets nur seinen größten Wunsch weiterverfolgt, den er durch die Perfektionierung seiner Special Effects immer mehr Wirklichkeit werden ließ: Mit den Mitteln des Kinos die endgültige Auflösung des Realitätsblicks durch den Traumblick vorzunehmen. Heute wird Lucas, Geschäftsmann und Träumer, siebzig Jahre alt.

Der Anfang vom Ende

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Sechs große Gletscher in der Antarktis haben offenbar ihren Halt verloren und rutschen unwiederbringlich ins Meer. Dessen Spiegel dürfte allein dadurch um 1,20 Meter ansteigen; der Prozess könnte aber einige Jahrhunderte dauern, wie amerikanische Forscher in zwei unabhängigen Studien aufzeigen. „Der Eispanzer der Westantarktis hat mit einem unumkehrbaren Rückzug begonnen“, sagt Eric Rignot von der University of California in Irvine. Nichts könne die Gletscher noch stoppen. „Wir haben den letzten Umkehrpunkt hinter uns gelassen.“



Die Eisschmelze in der Antarktis ist wohl nicht mehr zu stoppen.

Die Studie von Rignot und seinem Team, darunter Forscher der Nasa, kombiniert viele Satellitenbeobachtungen. Die Späher haben immer wieder die Gletscher an der Amundsen-See vermessen, darunter den Thwaites- und den Pine-Island-Gletscher. Sie gelten seit Jahrzehnten als instabil, weil sie nicht auf trockenem Land ruhen, sondern in tiefen Trögen, und sich weit in den Ozean hinausstrecken. Ihren vordersten Haltepunkt haben sie auf dem Meeresgrund. Dort leckt warmes Wasser an der Basis, wie deutsche und britische Forscher mehrfach, teilweise mit einem autonomen U-Boot, gezeigt haben. Das Wasser mit Temperaturen um plus ein Grad wird vermutlich von Winden aus der Tiefe emporgezogen, die sich im Rahmen des Klimawandels verstärkt haben.

Rignot und sein Team haben zum Beispiel festgestellt, dass sich die Grenzlinie, wo sich der Pine-Island-Gletscher auf den Meeresboden stützt, zwischen 1992 und 2011 um 31 Kilometer zurückgezogen hat. Vor dieser Linie schwimmt das Eis auf dem Wasser, aber dieses Schelf wird dünner: Im Satelliten lässt sich per Radar verfolgen, wie es sich im Rhythmus der Gezeiten hebt und senkt. Je weiter die Aufsetzlinie sich zurückzieht, desto weiter kann das warme Wasser das Eis der Basis abschmelzen – ein sich selbst verstärkender Effekt (Geophysical Research Letters, im Druck).

Hinzu kommt, dass die Grenzlinie auf einem relativ dünnen Felsrand 600 Meter unter dem Meeresspiegel ruht. Das Becken, in dem die Gletscher an der Amundsen-See liegen, wird landeinwärts wieder tiefer und liegt teilweise 1200 Meter unter Normal-Null. Zurzeit ist dieser Trog von Eis gefüllt, aber bald dürfte Wasser hinein und unter die gefrorene Masse dringen. Haltepunkte wie Inseln oder Rücken am Meeresgrund, die Gletscher in anderen Regionen festhalten, sind auf Radarbildern der Amundsen-See nicht auszumachen.

Diese in der Realität gemessenen Vorgänge vollzieht ein anderes Wissenschaftlerteam im Computer nach. Ian Joughin und seine Kollegen von der University of Washington haben den Thwaites-Gletscher im Rechner simuliert und konnten so die Entwicklung der vergangenen 20 Jahre nachstellen (Science, online). Für die Zukunft sehen auch diese Forscher einen ungebremsten Rückzug des Eises voraus. „Wir können keinen stabilisierenden Mechanismus erkennen“, sagt Joughin, „alle Rückkopplungen führen dazu, dass der Gletscherrückgang sich immer weiter beschleunigt.“ Allerdings dürfte der Prozess im 21. Jahrhundert noch langsam bleiben. Es könnte 200 bis 900 Jahre dauern, bis der Rückgang rapide wird.

Auch Hartmut Hellmer vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven nimmt an, dass sich der Rückgang der Gletscher lange hinzieht. Dass der Vorgang irreversibel sei, wisse die Forschung bereits seit langem. Ein ähnliches Szenario hatten Potsdamer Forscher vor Kurzem sogar für die noch wesentlich stabilere Ostantarktis beschrieben. Damit aber dort am Wilkes-Basin ein Korken schmilzt, wie sie das nennen, müsste das Wasser um zwei Grad wärmer werden.

Faszination Monster

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Die Fallschirmspringer stürzen sich in höchsten Höhen aus dem Militärflugzeug in einen weiten, bedrohlich glühenden und flackernden Nachthimmel. Mit Leuchtfackeln ziehen sie lange rote Rauchstreifen hinter sich durch die Luft, wie pulsierende, blutige Schlieren. Schließlich durchbrechen sie die gewaltige Wolkendecke – und die Welt wird grau und dunkel, das Bild trüb.



Handlungsunfähig: Die Menschheit kann im Film gegen "Godzilla" und "Mutos" nichts mehr ausrichten.

Unten am Boden wartet San Francisco, in Trümmern, umhüllt von einer riesigen Aschewolke, in die sich langsam das dunkle Rot der Rauchstreifen mischt. Die Springer, nun in den verlassenen Straßenzügen der einst bunten Stadt gelandet, packt die pure Panik. Denn hier tobt ein Kampf zwischen drei gigantischen Urzeitmonstern: der Riesenechse Godzilla und zwei spinnenartigen Wesen, "Mutos" genannt, deren Krallen so groß sind wie Zugwagen. Im Vergleich zu diesen mutierten Biestern wirkt die Stadt, die sie zerstören, wie eine winzige Miniaturwelt. Wie Götter thronen sie auf den Hochhäusern, deren Größe sie um ein Vielfaches überragen.

Selten konnten die Menschen im Kino weniger gegen Monster ausrichten als hier: nämlich gar nichts. Die Viecher fechten ihren Kampf allein unter sich aus, der Mensch wird zur Befriedung dieses Streits, der als Kollateralschaden seinen kompletten Lebensraum zerstört, nichts beizutragen haben – trotz aller militärischen Mühen. Er bleibt Zuschauer von etwas Größerem, was ihn ebenso fasziniert wie der rote Abendhimmel, ebenso benebelt wie die Wolkendecke, ebenso bedroht wie die Trümmeraschenhülle. Himmel, Fegefeuer, Hölle: Gareth Edwards’ "Godzilla" ist ein dantesker Film, eine Jenseitswelt, die man durchwandern, aber in der man kaum noch handeln kann.

Edwards’ Film wirkt, als habe er selbst wie ein Monster sämtliche vorhergehenden Godzillas verschlungen. Das Filmplakat des japanischen Originals von 1954, der das Monsterfilm-Genre in Japan begründete, taucht ebenso auf wie Aussehen und Feuerspeien des alten Monsters. Das über den Vorspann gelegte Archivmaterial mit Atombombenexperimenten aus den Fünfzigern verweist auf den ursprünglichen Kontext: Im Film von Ishirô Honda wurde das urzeitliche Monster aus der Tiefe des Meeres durch die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki wiedererweckt. Direkt darauf macht Edwards einen Sprung nach 1999 – also ein Jahr nach dem "Godzilla" von Roland Emmerich. Auf den Philippinen findet man in einer Mine ein uraltes Skelett – und darin ein frisch aufgebrochenes Ei.

Dieser Godzilla aber ist kein Ausdruck des kollektiven Atombombentraumas oder irgendeiner öko-politischen Botschaft mehr, noch taugt er als Vorlage für die One-Man-Show eines freakigen Wissenschaftlers wie bei Emmerich. Er ist einfach ein Wesen, das mit dem Menschen die Erde teilt und nicht zu bezwingen ist. Ihm ist nicht mal mit Atombomben beizukommen – im Gegenteil. Nach dem zweiten Weltkrieg führt der missglückte Versuch seiner nuklearen Zerstörung zur Kreation jener feindseligen "Mutos", die aus Radioaktivität ihre Energie beziehen, gerne in Atomkraftwerken brüten und schon mal Nuklearsprengköpfe wie Fingerfood naschen. Was sich im Folgenden zwischen Japan, Hawaii und San Francisco abspielen wird, wird also nicht gerade eine lahme Stehparty.

Ein urzeitliches Knarren und Basswabern, das in den Kreaturen eine unheimliche Präsenz jenseits des menschlichen Einflussbereichs verstärkt – das war schon in Edwards’ erstem Langspielfilm so, dem sehr erfolgreichen "Monsters", ein Low Budget-Film, der Edwards damals die Türen Hollywoods öffnete. Dort machten sich ein Journalist und eine junge Frau von Mexiko auf durch eine von ebenfalls unbesiegbaren Aliens "infizierte" Zone zurück in die USA. Der Film war mit seinen starken Referenzen auf "Apocalypse Now" eher eine phantasmagorische Reise. Anders als in "Godzilla" sind die "Monsters" nur im Fernsehen zu sehen, niemals direkt – außer kurz am Ende, um ein kurzes Liebesspiel aufzuführen, als seien sie die ganze Zeit über eine Art Hintergrundrauschen für die erotische Annäherung zwischen den beiden Reisenden gewesen.

So eine Monster-Liebesszene gibt’s auch hier – der männliche und der weibliche Muto züngeln sich inmitten schönster Zerstörung eine Atombombe zu, als wär’s ein Kirschbonbon. Aber dies geschieht nicht mehr für die Menschen, deren Verhältnisse hier uninteressant werden. Die Eltern der Hauptfigur (der brave Soldat Brody, der sich im Kampf gegen die Monster engagiert) sind zwar edel besetzt mit Juliette Binoche und Bryan Cranston in seiner ersten größeren Rolle nach dem Ende von "Breaking Bad". Die Vater-Sohn-Beziehung hätte eine Spielberg-Familiengeschichte oder die psychologische Intensität von "Breaking Bad" erzeugen können: Wenn Cranston "I need a meeting" ins Telefon brüllt, hört man Walter White, und schon beginnt sein von Aaron-Taylor Johnson gespielter Sohn Aaron Paul zu ähneln, der in "Breaking Bad" den Partner des drogenbrauenden Chemielehrers spielt.

Aber dazu kommt es nicht. Was keineswegs schlecht ist. Denn die beiden Stars Binoche und Cranston sind viel zu kurz zu sehen, als dass sie die Aufmerksamkeit auf diesen am wenigsten monströsen und schwachen Aspekt des Films lenken könnten: aufs Drehbuch. Johnson selbst ist ein unaufdringliches Niemands-Gesicht, als Hauptfigur bleibt er ein Statist, der sich in seiner Unaufdringlichkeit ganz in den Dienst der eigentlichen Protagonisten stellt: der Monster, das heißt: der von Monster-Computern produzierten Bilder. Schon letztes Jahr hatte "Pacific Rim" erst durch seine interesselosen Figuren seiner grandiosen Bilderwelt ein beeindruckendes Gewicht geben können.

Wie nahe kommen wir also diesem "Godzilla", dieser Bild-Bestie, diesem Monster-Film? Die Frage stellt sich nicht in der Story, sondern allein in den Bildern. Etwa im wunderbaren Auftauchen und Verschwinden der Monster im Nebel und in der tollen Variation der Distanzen, wodurch sie mal nur von fern in voller Aktion klar und deutlich zu sehen sind, mal ganz nah vorbeistreifen. Einmal fährt auf einem Hoteldach in Hawaii die Kamera zurück, und unten taucht eine Reihe von Schattenköpfen auf – Leute aus dem Publikum? Nein, natürlich Touristen im Film. Ein geniales Trompe-l’oeuil, und ein Sturz zurück in die Leinwand, ins Bodenlose der schieren Faszination, in die Edwards seinen Godzilla verwandelt hat.

Godzilla, USA 2014 – Regie: Gareth Edwards. Buch: Max Borenstein, Dave Callaham. Kamera: Seamus McGarvey. Mit: Bryan Cranston, Elizabeth Olsen, Juliette Binoche, Ken Watanabe, Aaron Tayler-Johnson. Warner, 123 Minuten.

Fettes Brot

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Hier muss es etwas gratis geben. Die Schlange vor der Nutella-Bar ist 30 Meter lang. Sie beginnt bei dem Türsteher in dem schwarzen Anzug, geht einmal an dem Schaufenster entlang, dann am nächsten Gebäude vorbei und am übernächsten. Wartende tippen auf ihren Handys herum, treten von einem Fuß auf den anderen, stützen sich gegenseitig ab. Wer es hinein schafft, hat mindestens eine Stunde gewartet. „Bei uns waren es fast zwei“, sagt Joshua Hernandez. „Aber es hat sich gelohnt.“ Er ist mit seinem Neffen gekommen, der Sechsjährige kaut und grinst breit, Schokolade klebt von einem Ohr bis zum anderen, genauer gesagt Nuss-Nugat-Creme. Ja, hier gibt es etwas umsonst: dick bestrichene Nutella-Brote.



Crêpes, Muffins, Kekse oder Brioche – in der Nutella-Bar gibt es allerlei Backwaren mit dem süßen Aufstrich. Ein Brot mit der Schoko-Creme kostet 2,80 Dollar.

Am Fuß des Flatiron Buildings hat New Yorks erste Nutella-Bar eröffnet. Der italienische Lebensmittelladen Eataly hat einen Raum für den süßen Brotaufstrich frei geräumt. Früher war hier eine Weinbar, aber Eataly hat wegen Streitereien mit den Behörden die Alkohollizenz verloren. Darum also Nutella. An den Wänden stapeln sich Hunderte Gläser der Kult-Creme. „Jetzt ist New York wirklich komplett“, sagt Eataly-Miteigner Joe Bastianich und listet die aus seiner Sicht entscheidenden Institutionen auf: „Die Stadt hat alles: Kultur, Oper, Musik, Kunst. Und jetzt eine Nutella-Bar.“ Neben den üblichen Nutella-Gläsern zum Mitnehmen gibt es in der Bar auch allerlei Backwaren von Crêpes, Muffins und Keksen bis zu Brioche mit der Creme. Die Brotscheiben, die es am Eröffnungstag noch gratis gibt, kosten bald 2,80 Dollar.

Hernandez hat schon fünf Gratis-Stullen verdrückt, Neffe Norvin kommt auf vier. Sonst darf der Sechsjährige nur ausnahmsweise Nutella essen – zu ungesund. „Er liebt es, und ich bin fast ein bisschen süchtig danach“, sagt sein Onkel. „Das hat schon angefangen, als ich so alt war wie er.“ Der 26-Jährige löffelt es am liebsten direkt aus dem Glas, es ist für ihn eher Süßigkeit als Brotaufstrich, sagt er.

Amerikanische Kinder frühstücken traditionell Cornflakes. Die meisten Amerikaner kennen Nutella zwar, für rund 3,79 Dollar pro Glas bekommt man es in fast jedem Supermarkt. Doch es ist längst nicht so verbreitet wie in Europa – Eataly kann es als italienische Spezialität vermarkten.

New Yorker und New-York-Touristen kennen das schon mit dem Schlangestehen, schließlich muss man immer noch lange warten für einen Cronut, die verrückt fettige Mischung aus Croissant und Donut, die vor einem Jahr auf den Markt kam und die Menschen begeistert. New York hat in den vergangenen Jahren etliche Lebensmitteltrends hervorgebracht – jetzt profitiert davon eben der gute alte Brotaufstrich aus dem Hause des italienischen Familienunternehmens Ferrero. Das wurde aber auch Zeit, sagt Eataly-Miteigner Bastianich, schließlich gibt es in seiner zweiten Niederlassung in Chicago schon seit einigen Monaten eine Nutella-Bar, am Wochenende stehen die Menschen dort regelmäßig eine Dreiviertelstunde Schlange.

„Allzu oft kann ich mir Nutella nicht erlauben“, sagt Marianna Breland, die mit einer Freundin zum Nutella-Schlangestehen gekommen ist. „Aber ich gönne es mir manchmal und lasse dann Pasta weg.“ Die 24-Jährige ist angehende Schauspielerin und kommt gerade vom Sport, sie trägt noch Leggings und Turnschuhe. Sie hat mal ein Jahr in Osnabrück studiert und dort Nutella lieben gelernt. „Ich fand das unglaublich: Man kann Dessert zum Frühstück essen!“ Ab und zu will sie künftig bei Eataly vorbeischauen. „Als Kind bei mir in Mississippi gab es so etwas nicht, im Süden sind wir eher traditionell. Jetzt liebe ich es.“

Was guckst du so, "Tatort"-Assistent?

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jetzt.de: Erinnerstdu dich an die erste Sendung, die du dir angeschaut hast?
Ferdinand Hofer: Hm, ich weiß gar nicht so genau, was das damals war. Als ich ganz klein war, habe ich Sachen wie „Pumuckl“ und „Jim Knopf“ geschaut. Und natürlich „Die Sendung mit der Maus“.  

Hast du viel ferngesehen?
Gar nicht so viel, weil ich lieber draußen mit Freunden unterwegs war. Ferngesehen habe ich meist nur, wenn das Wetter schlecht war und sonst nichts ging. Ich war kein Kind, dem man erzählen musste, dass es nicht so viel fernsehen soll.

Welche Serien mochtest du als Jugendlicher?
„How I Met Your Mother“ habe ich komplett gesehen, wenn möglich aber nicht im Fernsehen, sondern auf dem Rechner, weil mich die ständigen Werbeunterbrechungen genervt haben.  



Mit Wumme und bayerischem Dialekt: Ferdinand Hofers erster Auftritt am vorvergangenen Sonntag im Münchner "Tatort".

Was mochtest du daran?

Die Figuren fand ich super. Und dass die Suche nach der Mutter immer wieder andere Storys hervorgebracht hat. Insgesamt natürlich ein seichtes Format, man muss sich nicht besonders anstrengen, wenn man davor sitzt. Aber nach einem stressigen Tag ist das doch sehr entspannt.

Wann hast du angefangen, dich für Krimis zu interessieren?
Ich habe schon früh Krimis gelesen. Mit zehn oder elf habe ich dann auch angefangen, mir welche im Fernsehen anzuschauen.

Welche?
Die, die vor 20 Uhr liefen, diese „SOKO“-Krimis. Irgendwann habe ich auch angefangen, mir den „Tatort“ anzusehen. Es war aber nicht so, dass ich dafür jeden Sonntag vor dem Fernseher sitzen musste.
 
Wann hattest du denn deinen ersten eigenen Fernseher?
Habe ich nie gehabt.  

War dir das nie wichtig?
Ich habe schon mitbekommen, dass viele andere in meinem Alter einen Fernseher hatten. Ich hatte aber nicht das Gefühl, einen eigenen zu brauchen.  

Bis heute nicht?
Heute haben wir einen in der Dreier-WG, in der ich in München wohne. Wir schauen allerdings nicht viel fern. Wenn wir mal zusammen vor dem Fernseher sitzen, dann meistens zum Fußball.   

Jetzt sitzen wir gemeinsam vor dem Fernseher. Es ist früher Abend, ich schalte durch, du sagst stopp. Los geht’s: Wir landen im Ersten. Es läuft „Brisant“ – Klatschnachrichten.
Können direkt weiterschalten.  

Keine Lust auf Storys über die Kollegen?
Manchmal sind schon ein paar interessante Berichte dabei. Im Großen und Ganzen interessiert mich das aber eher weniger.  

Mittlerweile bist du ja selbst interessant für solche Sendungen. Ist dir das unangenehm?

Och, ich sehe das jetzt nicht als Nachteil - so lange nichts Schlechtes über mich erzählt wird. Ich find’s sogar eigentlich ganz witzig, dass gerade so viel Interesse an mir gezeigt wird.  

Schalten wir mal weiter. ZDF: ein Länderspiel der Frauenfußballnationalmannschaft.
Um ehrlich zu sein können wir ruhig noch mal weiter schalten.  

Zur gleichen Zeit kommt auf 3sat „Kulturzeit“.
Das kenne ich nicht.  

Geht um Theater, Musik, Kino…

Hört sich auf Anhieb nicht so spannend an. Können weiterschalten.  

Gibt’s irgendeine Jugendkultursendung, die du magst? Irgendwas für dich dabei zwischen „Tracks“ und „Circus Halligalli“?
„Circus Halligalli“ schaue ich mir schon gerne an. „NeoParadise“ fand ich damals allerdings noch besser.  

Kurz vor der „Tagesschau“ landen wir noch bei RTL. Es kommt „GZSZ“.

Habe ich mir noch nie angeschaut.  

Kein Freund von Soaps?
Nicht wirklich.

Und wie wäre es mit einer Soap-Rolle?
Über Rollen kann man immer sprechen. Bisher habe ich noch fast keine Rolle abgelehnt. Das mache ich nur dann, wenn sie mir wirklich gar nicht gefällt. Auch hier würde ich also erstmal nicht nein sagen.  

Hättest du nach deinem „Tatort“-Einstand wirklich Lust, der nächste Mädchenschwarm in einer Daily-Soap zu werden?

Das wäre halt mal eine ganz andere Schauspielkunst.

Eine weniger anspruchsvolle.

Wahrscheinlich. Ich würd's trotzdem nicht von vornherein ablehnen. Vielleicht würde ich bei so was nicht auf Dauer einsteigen, aber über so eine Gastrolle könnte man schon reden.  

Weiter geht's, „Tagesschau“?
Joah, die Schlagzeilen würde ich mir kurz anschauen, und wenn mich etwas interessiert vielleicht auch kurz dabei bleiben. Wenn es zu politisch wird, können wir aber weiterschalten.  

Um 20:15 Uhr hast du die Wahl: „Let’s Dance“, eine Doppelfolge „Two and a half Men“ oder eine Wiederholung von „Make Love – Liebemachen kann man lernen.“

Das Letzte kenne ich gar nicht.  

Eine Doku-Reihe im MDR und SWR, die Tipps für Paare gibt, denen der Sex abhanden gekommen ist.
Dann würde ich „Two and a half Men“ gucken.  

Fehlt dir eigentlich grundsätzlich irgendwas im Programm?
Ich finde das Fernsehprogramm relativ einseitig. Unter der Woche laufen meist irgendwelche Casting- oder Reality-Shows, und jeden Abend gibt es einen Krimi! Davon gibt es fast zu viele im deutschen Fernsehen, finde ich. Offenbar schafft man es nicht, irgendwelche anderen Filme zu drehen. Oder andere Filme sind einfach nicht mehr gefragt. Ich wünsche mir etwas mehr Abwechslung.  

Bei welchem Format, das es noch nicht gibt, würdest du gern mitmachen?
Für lustige Sachen bin ich immer zu haben. Irgendwas Comedymäßiges könnte ich mir vorstellen. Aber auch ganz andere Sachen. Bei einem Horrorfilm würde ich auch mitspielen, so was gibt es ja fast gar nicht im deutschen Fernsehen.

Ach ja...

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Mir ist so unglaublich schlecht.
Am liebsten würde ich mich übergeben und alles auskotzen, was mich so quält.
Es raubt mir den Schlaf, meine Träume, meine Gedanken, all meine Gefühle, meine Seele, mein Herz, mein Gehirn, mich. Du raubst mich.

Alles was ich beginne endet im Chaos, weil ich mich nicht mehr konzentrieren kann. Weil ich mich nicht mehr beherrschen kann und weil ich am liebsten die Decke über den Kopf ziehen würde und warten wollen würde, bis endlich alles vorbei ist.

Ich frage mich, wen ich gerade so belüge? Alle und am meisten mich selbst. Ich darf es mir nicht eingestehen, sonst mach ich alles kaputt. Dann bin nicht nur ich zerstört, sondern meine ganze kleine Welt und deine gleich mit.

Das schlimme ist zu wissen, dass es alles nicht und nie gut ausgehen wird und kann.
Das was wir tun ist falsch. Aber ich werde von meinem Verlangen geleitet und kann mich unmöglich dagegen wehren.

Ich würde am liebsten einfach nur heulen. Dabei weiß ich, dass auch das überhaupt nichts bringt.
Tief einatmen, Kraft tanken, aufrecht gehen, Gedanken und Gefühle verdrängen, lächeln, abwarten und lügen. Das und nur das hilft.

Der Stau

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Sie sitzen nebeneinander. Beiden kennen sich seit Jahren. Die Freundschaft mal weniger intensiv, mal inniger. Bei letzterem überschritten sie gerne mal der Punkt der normalen Freundschaft - doch näher als ein Kuss auf die Wange kamen sie sich nie.

Sie sitzen nebeneinander. Fühlen sich so nah wie schon lange nicht mehr. Die Landschaft zog am fahrenden Auto vorbei. Er erinnert sich an diesen einen Abend vor 3 Jahren. Ein normaler Heimweg von einer Party auf der er sie nach Haus begleitete, zwischendurch etwas gealbert. Schließlich zu dieser einen Situation führend, als sie mitten auf dem Weg Arm in Arm da standen, sich so nahe waren und dieses Knistern in der Luft lag. Sie schauten sich in die Augen und kamen sich näger. Die Nasen berührten sich, doch das Wissen, dass einer von Ihnen in einer Beziehung war, lag wie eine unsichtbare Schranke in der Luft. Später dachte er an diesen Moment immer und immer wieder. "Einer der Momente über den man sich wohl in seinem Alter ärgert"- die typische "was wäre wenn" Frage, die sich um den Kuss und die Folgen dreht. Doch nun sitzt er wieder neben ihr, immer noch ungeküsst. Auf fast verliebte Art schaut er sie an.

Sie sitzen nebeneinander. Fühlen die Distanz zwischen ihnen. Sie fragt sich, ob es wirklich die Distanz ist, die sie davon abhält ihm näher zu kommen oder einzig und die allein die Angst davor mehr kaputt zu machen, als es Gutes schaffen würde. Sie schätzt die Freundschaft, schätzt die Nähe, die sie verbindet, schätzt das Gefühl jemand wirklich Vertrautes an seiner Seite zu haben. Gerne würde sie ihm zeigen, wie sie empfindet. Doch die Angst, dass die freundschaftliche Distanz darunter leiden könnte und plötzlich alles nurnoch seltsam ist, dominiert in ihr. In just diesem Moment legt er seinen Kopf auf ihre Schulter. Die Landschaft zog nicht mehr weiter und das Auto kam im Stau zum stehen. Ein Moment der Ruhe, auf der sonst so hektischen Autobahn. Auch ihr Herz bleibt kurz stehen. Das Gefühl, wie am ersten Tag verliebt zu sein, und doch die Gedanken, die davor so dominant in ihrem Kopf waren. Doch die plötzliche Berührung lässt alle Bedenken verschwinden und der Wunsch länger einfach hier zu verharren breitet sich in ihr aus - mehr als warmes Gefühl, als nur als Gedanke. Doch so schnell der Moment kam, so geht er auch wieder. Das Auto rollt los und er hebt den Kopf, um wieder nach vorne zu schauen. In einem kurzen Augenblick, als er nach oben schaut, treffen seine Blicke ihre Blicke und es ist fast wie auf jenem Heimweg.

Sie sitzen nebeneinander. "Ob sie wohl auch gerade daran denken musste", fragte er sich.

Was mir das Herz bricht: Rundmails ohne Antwort

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Die Facebook-Nachricht kommt von Jens, den ich sehr lange nicht gesehen habe, ohne es zu merken. "Jungs, der Zivildienst ist jetzt zehn Jahre her! Höchste Zeit für ein paar Helle im Biergarten, würd ich sagen. Dieses Wochenende mal Chinesischer Turm?"  

Jens hat die Nachricht an neun Leute geschickt, die Namen kommen mir entfernt bekannt vor. Unter seinem Text hängt ein graues Häkchen: Gesehen von allen. Toni hat geschrieben: "Sorry, bin leider grad ziemlich im Prüfungsstress." Darunter steht: "Toni hat die Konversation verlassen." Sonst steht da nichts. Keiner der restlichen acht Adressaten hat geantwortet.  

Es gibt eine besonders traurige Szene in der ohnehin wunderbar herzensbrecherischen US-Komödie "Old School". Will Ferrell alias "Frank the Tank" ist auf einer Collegeparty, für die er etwa 20 Jahre zu alt ist, und im Suff kommt ihm eine mega Idee: Alle flitzen nackt über den Campus! Er zieht sich aus und rennt jubelnd auf dem Mittelstreifen der Haupstraße durch die Stadt. Erst Kilometer später merkt Frank: Er rennt da ganz alleine. Niemand von der Party ist ihm gefolgt.  



Knack!

Die gleichgültige Stille, die auf Jens' freudige Rundmail folgt, ist auf ähnliche Art herzzerreißend wie der einsame Nacktlauf von Frank the Tank. Beide, Jens und Frank, merken viel zu spät: Ihre Idee interessiert keine Sau. Schlimmer noch, sie selbst interessieren keine Sau. Ihr Tatendrang, ihr offensiv geäußerter Wunsch nach Gemeinschaft ist ohne Widerhall verpufft, wie ein ausgelassener Torjubel in einem leeren Fußballstadion.  

Eines macht Jens' Rundmail im Vergleich zum einsamen Nacktlauf besonders schlimm: Sein Publikum ist da. Wir alten Zivildienstkollegen haben ihn nicht einfach übersehen. Wir haben seine Nachricht gelesen. Wir wissen, was er will. Es ist uns nur verdammt nochmal egal. Und auch wenn wir durchaus gern im Biergarten am Chinesischen Turm ein paar Helle trinken, wollen wir das nunmal nicht mit Jens und sieben längst vergessenen Gesichtern tun.

Rundmails und Status-Updates ballen im schlimmsten Fall so ziemlich alles Fiese, was unsere soziale Totalvernetzung so mit sich bringt. Denn wir haben zwar die Möglichkeit, mit jedem, der irgendwann mal unser Leben gestreift hat, in Kontakt zu treten. Nur lässt sich nun zweifelsfrei nachweisen, dass es oft einen guten Grund gibt, warum Menschen unser Leben nur gestreift und nicht langfristig betreten haben: Niemand kann unendlich viele Kontakte pflegen. Und das ist in Ordnung so. Tragisch wird es nur, wenn öffentlich sichtbar wird, dass wir jemandem weniger egal sind als er uns. Dann knirscht es leise in der Brust, und zwar genau an der Stelle, an der es schön warm wird, wenn uns die richtigen Leute mit einer Mail zeigen, dass sie an uns denken.

Ein Samstag im Biergarten mit den alten Zivi-Kollegen klingt nur für Jens nach einer tollen Idee. Er hat sich getäuscht, und alle sehen es. Und allen ist es unangenehm. Aber zum Glück nur kurz, denn eigentlich ist es allen: egal.

Alle Folgen der Herzensbrecher-Kolumne findest du hier.

Vollmondtraum

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in meiner alten Wohnung an der Elsässerstrasse. Die Wohnung ist schon leer, ich muss nur noch irgendetwas erledigen. Auf einmal rüttelt es an der von innen verschlossenen Tür. Draussen ein Mann mit einem hassverzerrten Gesicht, das ich durch die Milchglasscheibe erkennen kann. Er rüttelt und reisst und versucht, einen Schlüssel ins Schloss zu stecken. Ich sterbe beinahe vor Angst, dann rennt er fluchend weg und rüttelt an einer anderen Tür.


Es klingelt. Durch eine Kamera (?) sehe ich draussen Herrn U., den Vermieter, ungewohnt elegant in einem Kamelhaarmantel. Zum ersten Mal bin ich froh, dieses Arschloch zu sehen, er verkörpert Normalität, Sicherheit. Ich übergebe ihm den Wohnungsschlüssel und gehe raus.


Ich habe keine Wohnung mehr, jetzt liege ich mit Bettzeug auf einer Parkbank am St. Johanns-Tor, es ist aber lau und schön und die frische Luft tut mir gut. Plötzlich kommt Alex und erklärt mir, dass wir ja jetzt beide Single seien, und dass wir zusammensein sollen. Er hat mir eine Art Heft gemacht mit Bildern und Texten, ich erkenne es nicht genau, aber es ist wie alles von Alex sehr schlau und witzig. Ich fühle mich natürlich wahnsinnig geschmeichelt, habe aber Bedenken und will diese auch einräumen. Ich denke an verschiedene Herren, die ich in nächster Zeit treffen will, und dann denke ich auch, dass Alex sich das jetzt so vernunftehemässig einredet, bis das nächste 20jährige Chick daherkommt, für die er mich dann verlässt. Bevor ich was sagen kann, meint Alex, das sei alles Blödsinn, er könne jedes Bedenken sofort entkräften. Er küsst mich, es ist ganz schön.


Ich fange aber trotzdem wieder an mit den Bedenken. Eine sehr junge Frau pflaumt Alex an, weil sie sich da hinsetzen will, wo er ist; ich stelle mich direkt neben sie, mein Gesicht nahe an ihrem, und sage: halt den Mund, du blöde Kuh. Alex witzelt, eines meiner Bedenken sei vielleicht unsere verschiedene Auffassung von Diplomatie, ich lache. 


Wir wollen uns woanders hinsetzen, damit ich ihm in Ruhe meine Bedenken erklären kann, vor eine Hecke, aber da kommt gerade ein grosser, korpulenter Mann anspaziert. Ich ziehe Alex hinter die Hecke, wo ebenfalls eine kleine Bank steht. Wir setzen uns Arm in Arm darauf. Die Bank beginnt, seitlich auf Schienen wegzufahren. Eine Weile fahren wir durch frühlingshafte Wiesen und Felder, während ich meine Bedenken erklären will und Alex mich zu küssen versucht. Dann halten wir einen Moment an einem wunderschönen Ort. Es handelt sich um eine Art See oder Fluss, ein bisschen wie die Birsfeldener Schleuse, aber statt des Kraftwerks stehen dort prachtvolle alte Fabrikgebäude aus blauen Keramikfliesen und mit kupfernen Schriftzügen, die Abendsonne spiegelt sich wie wahnsinnig. Ich bin atemlos angesichts dieser Schönheit. Irgendwie sind wir in Berlin.


Wir kommen in Alex’ Haus an. Ich erfahre, dass ich jetzt nicht mehr zurückkann, weil nichts mehr fährt. Alex wohnt im Haus seiner Eltern, ohne Vater natürlich, der ist ja tot. Aber seine Mutter ist da, und unzählige Geschwister – ein wahnsinnig attraktiver Bruder, wo ich noch denke: holla! – und noch mehr Cousins und Cousinen, alles Teenager, viele nackt, das Haus ist chaotisch gebaut, mit Brücken und Wendeltreppen und zahllosen Zimmern, es ist furchtbar unordentlich, überall liegen Kleidungsstücke – viele Kostüme – und stehen unmotiviert Möbel in der Gegend herum. Ich werde allen als Alex’ neue Freundin vorgestellt. Alex führt mich dann eine Wendeltreppe hinauf, alles, alles ist voller Leute, als wir in sein Zimmer gehen, müssen wir erst einige kichernde Mädchen daraus vertreiben. Alex ist dauernd an mir dran, will mich küssen und so fort, aber auf einmal stehen wir wieder auf einem Balkon. Irgendein älterer Verwandter erzählt lustige Geschichten und bietet mir Whisky an und einen Joint, und ich denke: oh, Whisky und ein Joint, wieso nicht. Ich sehe den enttäuschten Ausdruck auf Alex’ Gesicht und denke, Mist, der ist gekränkt, jetzt muss ich wirklich mitgehen in sein Schlafzimmer, und sei es nur, um endlich meine Bedenken loszuwerden.


 



Sonntagsausflug Klappe die 2.

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Die Tränen nehmen dir die Sicht. Langsam verschwimmt die Autobahn vor deinen Augen. Traurig bist du. Wolltest mich ja nicht verletzen. Immer wieder sagst du das. Deine Stimme bricht. Stumm blickst du zu mir auf den Beifahrersitz. Greifst nach meiner Hand. Ich ziehe sie weg. Ich muss an Walter Disney denken, an Kommunisten und daran, dass ich aus Solidarität mit jenen vielleicht mal die langjährige Beziehung mit Walter beenden sollte. Überhaupt, dass ich glaubte, dass du mein Märchenprinz seist… Pustekuchen. Die Schmetterlinge in meinem Magen taumeln wie angeschossen zu Boden. Ich setze an, visiere und treffe. Du hältst an. Holst in der Tankstelle neben Zigaretten zerdatschte Croissants und erklärst mir, dass du nicht essen könntest, so schlecht ginge es dir wegen der Sache, aber vielleicht möge ich ja, schließlich verlören wir gerade so viel Salz… Vor meinem inneren Auge treibt Alice auf einer Seerose im Tränensee und ich geselle mich zu ihr. Ob ich etwas von ihren Keksen haben möge? Nein, sonst sprenge ich das Auto, antworte ich ihr. Sie verzieht das Gesicht, nimmt einen Bissen und erklärt mir beim wachsen, dass ich ihn doch nun wirklich nicht mehr zu schützen brauche, den Affen. Ich falle von unserer gemeinsamen Seerose und Alice schwimmt von dannen.
Du hältst an einem Parkplatz. Wir sollten nochmal reden, meinst du. Ich steige mit wackligen Knien aus. Einen vor den anderen setzen. Einen Fuß vor den anderen, denke ich. Was ich unseren Freunden erzählen wollen würde, fragst du mich? Ich fühle mich wie bei einem Duell im wilden Westen und du hast definitiv zuerst aus der Hüfte geschossen. Ich taumle. Gehe einen Schritt rückwärts. Sagen? Ich? Ich weiß genau, dass ich zu Hause erstmal mit niemandem sprechen kann. Dass ich mir lieber die Zunge abbisse, als zu erklären, dass er mich verließ, weil er doch eine andere liebe und schließlich nicht mich. Sie ließe ihn nicht los. Nein, es tue ihm leid, dass er, wenn er nachts ihr Zimmer verließ, mich anrief und dann zu mir kam. Wieder taumle ich. Der zweite Schuss. Ob ich das vielleicht für mich behalten könne, das würde ja schließlich nicht jeder verstehen und nicht, dass man ihn verurteile. Dafür doch nicht. Ich nicke sacht. Die Beine knicken mir nach vorne ein. Die Knie kommen zuerst auf den weißen Kies auf. Macht nichts. Sind schon zwei Löcher in der Hose. Du eilst mir entgegen, hilfst mir auf, stützt mich und bringst mich zurück zum Auto. Ob das klar sei, fragst du mich. Ich nicke und lasse mich auf den Beifahrersitz gleiten. Die Tür knallt mir gegen das blutende Knie. Du setzt dich wieder neben mich, lenkst deinen grünen Polo elegant vom Parkplatz und lächelst entspannt. Hat sie es also kapiert. Du zündest dir eine Zigarette an, bietest mir auch eine an, ich schüttele den Kopf, in dem es zu wackeln scheint, du kurbelst das Fenster nach unten und legst den linken Arm entspannt angewinkelt nach außen. Du blickst auf die Straße. Wir schweigen. Nein, das ist kein angenehmes, einvernehmliches Schweigen. Unser Schweigen brennt in der Luft und versenkt uns die Augenbrauen. Dass ich ja nun nicht immer der strahlende Sonnenschein sei, würde dich ja schließlich stören, hattest du zu mir gesagt. Das Lächeln war mir in den oberen Wangenknochen gefroren. Mein Blick wurde leer und starr. Die Fäuste ballten sich in den Taschen meiner Jacke, sodass die Knöchel weiß wurden. Was hatte ich dir getan? Mit welchem Recht? Ich sehe die Autobahn kaum mehr vor lauter Tränen. Die vertikalen Streifen der Balken werden zur Horizontalen. Grün, weiß, schwarz, grün, weiß, schwarz…
Der Boden unter meinen Füßen fühlt sich so nachgiebig an. Ich liebe dich. Zumindest jetzt im Moment. Beide kämpfen wir mit der Müdigkeit. Die verheulte Nacht war zu viel für uns beide. Ich denke an die schönen Momente, die wir hatten und lege meinen Kopf gegen das kühle Fenster. Ich fühle mich, als wär mir eine Zukunft von dir genommen worden, die ich um jeden Preis zu erreichen suchte.
Jetzt bist du eingeschlafen.

Versprochen

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Wer die digitale Grundrechts-Charta der Vereinigung von Bürgerrechtsorganisationen European Digital Rights zum ersten Mal liest, nickt zustimmend. Mehr Transparenz, mehr Datenschutz, weniger Überwachung und die Modernisierung des Urheberrechts werden da gefordert. Außerdem der uneingeschränkte Zugang zum Internet und die Unterstützung von Open Source Software. Zehn Punkte insgesamt, für die man sich einsetzen sollte, die trotz des NSA-Skandals im Alltag der meisten Menschen jedoch kaum Gewicht haben.





Zu European Digital Rights gehören auch der Chaos Computer Club und die Digitale Gesellschaft. Ihr Ziel: "die Anzahl der bürgerrechtsfreundlichen Europaabgeordneten (...) erhöhen“, wie es auf der Webseite heißt. Konkret bedeutet das wohl zweierlei: Zum einen soll WePromise ganz grundsätzlich zum Urnengang animieren (2009 lag die Wahlbeteiligung europaweit bei nur 43 Prozent) – so sollen die Wähler auf der Homepage das allgemeine Versprechen abgeben, wählen zu gehen. Zum anderen soll das Thema der digitalen Grundrechte mal wieder auf die Agenda gebracht werden – und die Wähler außerdem versprechen, ihr Kreuz bei einem "bürgerrechtsfreundlichen" Kandidaten zu machen.

Insbesondere Ersteres funktioniert aber nur bedingt, meint die Politikwissenschaftlerin Kathrin Voss: "Die Kampagne ist zwar interessant, ihre Wirkung aber begrenzt. Sie wird wohl nur wenige wahlunwillige Menschen motivieren, aufgrund dieses Themas wählen zu gehen.“ Denn die digitalen Grundrechte seien trotz NSA-Skandal noch immer ein Nischenthema, das für die meisten Menschen keine Priorität hat. Voss: "Dazu fehlt zum einen die persönliche Betroffenheit, zum anderen die mediale Aufmerksamkeit.“ Selbst auf dem Höhepunkt des Skandals sei es hauptsächlich um die Frage gegangen, ob Edward Snowden Held oder Verräter sei, ob man ihm Asyl gewähren sollte oder eben nicht. "WePromise spricht deshalb nur Menschen an, die sich sowieso für digitale Grundrechte interessieren und dementsprechend wählen gegangen wären“, sagt Voss. Eine Kampagne also von netzaffinen Menschen für netzaffine Menschen.

Kein Wunder, dass aus Deutschland größtenteils Politiker der Linken, der Grünen, der Piratenpartei und der SPD die Kampagne unterstützen – also jener Parteien, die sich in ihrer Politik ohnehin mehr mit digitalen Bürgerrechten beschäftigen als zum Beispiel die CDU/CSU. Immerhin 358 Kandidaten haben bisher insgesamt ihr Versprechen abgegeben, mit 47 Kandidaten landet Deutschland zumindest hinter Spanien (64) auf Platz zwei. Aber nur 3049 Wähler – europaweit. Allein das zeigt, wie limitiert die Möglichkeiten der Kampagne sind.

Ein Politiker, der die Charta unterschrieben hat, ist Arian Kriesch (30). Er ist an Platz zehn der FDP-Liste gesetzt, Spitzenkandidat der deutschen Jungliberalen und einer von zwei Liberalen, die auf der WePromise-Liste stehen. Kriesch verspricht sich von der Kampagne zwei Dinge: Er möchte die Gruppe der jungen, internetinteressierten Menschen direkt erreichen, um ihnen seine Position klarzumachen. Außerdem offenbart WePromise für die Arbeit im Parlament seiner Meinung nach die Möglichkeit für Politik über Parteigrenzen hinweg – womöglich sogar mit den Grünen oder der Piratenpartei gemeinsam. "Das Schöne am europäischen Parlament ist, dass es auch die Möglichkeit gibt, gegen die Gesamtfraktion zu stimmen“, sagt Kriesch. Soll heißen: Der Fraktionszwang ist in Brüssel weniger hoch als in Berlin.

Doch selbst wenn dem so wäre, bleibt ein anderes Problem: Damit Kriesch auf Platz zehn der FDP-Liste ins Parlament einzieht, bräuchte die FDP gut neun Prozent der Stimmen – das ist also eher unwahrscheinlich. Jede WePromise-Stimme würde also einem anderen – vor Kriesch gelisteten – FDP-Kandidaten ins Parlament verhelfen, der womöglich gar nicht für die Charta der digitalen Grundrechte einsteht.

Zensur, Urheberrecht, Transparenz – um Themen wie diese mal wieder aus der Verborgenheit zu holen, ist WePromise sinnvoll, auch wenn die Charta der digitalen Grundrechte eher schwammig als griffig formuliert ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass dadurch tatsächlich "die Anzahl der bürgerrechtsfreundlichen Europaabgeordneten" steigt, ist eher unwahrscheinlich – aller noch so gut gemeinten Versprechen zum Trotz.

356 - Miranda Kerr

Die Schönheit der Dinosaurier

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Urbanität geht heute ja anders. Mobilität auch. Fortbewegung in der Stadt, das meint inzwischen selbst in Chefetagen eher: teure Fahrräder. Eigentlich blicken wir also auf quasi-historische Dokumente. Parkhäuser, zumal überirdische, wirken aggressiv aus der Zeit gefallen. Wie Stahlbeton-Dinosaurier, die man bei Grabungen zufällig freigelegt hat und jetzt ihrer archäologischen Bedeutung wegen noch eine Zeitlang ausstellen muss. Bis sich jemand erbarmt und wieder eins wegreißt. Man muss diese Entwicklung zunächst mal nicht sehr betrauern. Autos riechen schlecht und Parkhäuser taugen, mit Verlaub, sonst ja eigentlich nur als Vergleich, um ein anderes hässliches Gebäude zu schmähen, wie in: "Boah, sieht dieses Bürogebäude da furchtbar aus – fast wie ein Parkhaus."

[plugin bildergalerielight Bild1="City-Parkhaus Hirmer, Färbergraben" Bild2="City-Parkhaus Hirmer, Färbergraben" Bild3="Olympia-Einkaufszentrum, Hanauer Straße" Bild4="Einkaufszentrum PEP, Ollenhauerstraße" Bild5="Marktkauf, Feringastraße, Unterföhring" Bild6="Marktkauf, Feringastraße, Unterföhring" Bild7="City-Parkhaus Hirmer, Färbergraben" Bild8="Karstadt am Nordbad, Schleißheimer Straße" Bild9="BMW, Petuelring" Bild10="Apcoa, Hochbrückenstraße"]

Andererseits: Wenig lässt sich so urban zweckentfremden. Parkhäuser sind schließlich meistens da, wo sehr viele Menschen hinwollen: an schönen, beliebten Orten. Deshalb sind sie oft perfekte Aussichtsplattformen – und damit auch wunderbare Orte für Feierabendbiere, romantische Zweisamkeit oder zum Draußenfeiern. Unser Fotograf Juri Gottschall hat das schon vor langer Zeit erkannt. Deshalb hat er den Bauten eine Fotoserie gewidmet, von der wir denken, dass man sie sehen muss. Eigentlich sollte sie Sehenswürdigkeiten von Parkdecks aus zeigen, doch dann entdeckte Juri im Innern der Dinosaurier noch mehr stille, kalte Schönheit. Die stellt er, zusammen mit Arbeiten der Fotografen Alex Jesipow und Rosanna Graf, bis 31. Juli im Goethe-Institut (Sonnenstr. 25) aus. Vernissage ist am Donnerstag, 15. Mai, ab 18 Uhr.
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