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Chocolatecat's Kochwoche

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Montag:
Ich bin auf der Rückreise vom Heimaturlaub, im Flugzeug gibt es Sandwich. Ich fliege meistens Lufthansa und bemerke, sie haben die Sandwichauflagen geändert. Das mit Putensalami ist mir zu salzig und es ist auch zu viel Mayo dran für meinen Geschmack. Schlimmer als das Essen ist allerdings mein Sitznachbar. Aber das ist eine andere Geschichte.


Als ich zuhause ankomme, hat mein Freund mir Reste von seinem angefutterten Currygericht übrig gelassen, das ich dankbar verschlinge.


Dienstag:
 Es ist keine Überraschung: Nudeln gehn immer. Teils sind sie auch ein hervorragender Vorwand für noch mehr Käsekonsum. Penne Arrabiata sind eins meiner Lieblingsgerichte - früher hab ich die auch oft im Restaurant bestellt, bis mein Freund mich darauf hinwies, ich soll doch nicht immer was bestellen, was ich eh mindestens 1 mal die Woche koche. Hatter eigentlich Recht.


Mittwoch:
Dummerweise muss ich dienstlich nach London, und das dauert mal wieder länger. Noch dümmererweise muss ich sowohl hin als auch zurück mit meinem Chef im Zug sitzen, also statt dösen heißt es Latop raus und weiterarbeiten. Soll ja denken, ich bin ein fleissiges Bienchen. 
In Fällen wie diesen bin ich froh, wenn ich nicht Abendessen mach. Zuhause wartet Lachs, gedämpftes Gemüse und Quinoa auf mich.


Donnerstag:
Wraps sind quasi das Gegenstück zu Nudeln: Kann ich immer essen. Gibt's auch normalerweise mindestens einmal die Woche. Egal was drin ist, Huhn, Chili, Gemüsekrams... hauptsach ich kann es mit viel Käse, Jalapeños, Salat, Jogurt (statt Sauerrahm), scharfer Soße und Tortillachips in einen Wrap packen. Diesmal gibt's Lachs und selbstgemachtes Coleslaw (aus Blaukraut).


Freitag:
Paella.


Samstag:
Geil, wir bestellen Pizza. Geguckt wird dazu der Grand Prix.


Sonntag:
Nudeln gehn, wie bereits erwähnt, immer. Zu dieser Gelegenheit möchte ich mit einem hartnäckigen Vorurteil aufräumen: in England gibt es fei echt geile Wurst. Die Spaghetti gibt es mit einer Tomatensoße und "Meatballs" aus dem Inneren von "Sicilian inspired" Würsten, das ich zu diesem Zwecke aus der Pelle drücke und anbrate. Schmeckt lecker, nach Fenchel.


[seitenumbruch] 

Welches ist dein Lieblingskücheninstrument und warum?
Es gibt so ein Messer, ich weiss nicht wo es herkommt, aber es liegt einfach am besten in der Hand. Ich hab es schon tausendmal geschliffen, und obwohl ich zig andere Messer in der Schublade hab, ich spül lieber dieses Messer ab, als mit einem anderen zu schneiden.


Welches war dein allerschlimmstes Küchenmissgeschick?
Also ich hab so eine Edelstahlpfanne, die wird einfach viel zu heiß. Neulich hab ich sie 2 Mal hintereinander erst auf ein Plastikbrettchen gestellt und dann nochmal auf die Arbeitsplatte. War beides nicht so ne gute Idee.


Dein Lieblingsgewürz:
Kommt natürlich immer drauf an, aber frische Kräuter sind immer gut. Und Chili.


Was machst du am liebsten während dem Essen?
Ich geb zu, meistens Serien schaun.


Was klebt an deinem Kühlschrank?
Aller mögliche Krempel, aber ich hab lieber mal ein Foto von Innen gemacht:




Woher nimmst du dir deine Rezeptideen?
GängigeFoodpornquellen (Kochsendungen, Internet...)


Irgendwelche außergewöhnlichen Fressangewohnheiten?
hmm... Glaub nicht. Ich mach gern Jogurt und/oder Obst auf mein Nutellabrot. Hab aber seit Jahren kein Nutella mehr gegessen (im Gegensatz zur Wurst, stimmen die Vorurteile über Brot in England leider schon...)


Wer ist der König im Obstsalat?
Mango.


Verrat uns doch deinen besten Küchentipp!
öööh, äääh ... ich finde man kann Speck ganz gut durch getrocknete Tomaten ersetzen, wenn man das Rezept vegetarisch machen will. Aber das ist vermutlich kontrovers.


Und nominiert wird
glitzerkugel oder bernweich.


Was ist für dich Zusammenhalt?

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Wer glücklich sein will, muss in Hamburg leben. Etwas zugespitzt kann so das Ergebnis der Sozialstudie zusammengefasst werden, bei der Forscher gemessen haben, wie die Deutschen ihr Gemeinwesen bewerten. Denn: Die Studie besagt, dass Zusammenhalt zufrieden macht. Und dass die Hamburger im innerstaatlichen Vergleich die sozialsten Deutschen sind.  





Wie aber misst man die Qualität des gemeinschaftlichen Miteinanders? Zu den Faktoren, an denen die Sozialforscher in einer am Montag veröffentlichten Bertelsmann-Studie ihre Einschätzung festmachen, gehört, wie sehr sich Menschen emotional mit dem Gemeinwesen verbunden fühlen. Um das herauszufinden wählten die Forscher Fragen wie "Wenn Sie in eine schwierige Lage kommen würden: Gibt es für Sie einen Menschen, der Ihnen dann helfen würde?" Oder: "Wie sehr fühlen Sie sich als Deutsche/r?" Außerdem werteten sie Selbsteinschätzungen aus. Menschen ordneten ihr Verhalten also in Skalen ein, beispielsweise mussten sie sagen, ob sie "etwas für ältere Menschen oder Ausländer in ihrem Land" tun würden, "weil es im Interesse der Gesellschaft ist". Oder negativer: Wie schlimm sie es finden, eine "überhöhte oder ungerechtfertigte Forderung an eine Versicherung zu stellen, etwas zu kaufen, das vermutlich gestohlen wurde oder einen Verkehrsdelikt zu begehen".  

Die Studie besagt unter anderem, dass ein generelles Vertrauen in die Regierung und die Polizei und belastbare soziale Beziehungen sehr wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sind. Wenn man der Polizei vertraut, ist es für die Sozialforscher auch wahrscheinlich, dass man das Gemeinwesen besser bewertet.  

Die Forschungsergebnisse zeigen damit, dass sich der Zusammenhalt in Deutschland in den letzten Jahren vor allem in Westdeutschland verbessert hat. Sexuelle Minderheiten werden eher akzeptiert, die Angst vor Kriminalität hat ab- und das Vertrauen in staatliche Institutionen zugenommen. Besonders dort, wo viele Migranten wohnen, halten die Menschen eher zusammen. Und das, obwohl viele Deutsche Einwanderer stärker ablehnen als noch vor ein paar Jahren.  

Aber: Die Bertelsmann-Studie, aus der diese Ergebnisse stammen, ist eine Sekundärstudie. Das bedeutet, dass die Autoren aus den Ergebnissen anderer Studien die Kategorien ausgewählt und zusammengestellt haben, die ihnen für die Untersuchung des gesellschaftlichen Zusammenhalts besonders relevant erschienen. Und obwohl diese nach wissenschaftlichen Kriterien ausgewählt wurden, kann die subjektive Sicht auf eine gute Gesellschaft ganz anders aussehen. Muss ich wirklich der Polizei vertrauen, um mich für die Gesellschaft verantwortlich zu fühlen? Ist nicht beispielsweise mein politischer Kampf für Einkommensgerechtigkeit viel relevanter als eine Sympathie für die Regelwächter? Vielleicht sagst du auch, dass du Freundschaften noch viel höher bewerten würdest als die eher abstrakte Messung der Angst vor Kriminalität. Oder hat eine Nachbarschaft, in der du dich wohlfühlst, vielleicht einen viel positiveren Einfluss auf deine Bereitschaft, anderen zu helfen, als die Gewissheit, in einem relativ reichen Bundesland zu leben?

Was meinst du ist es denn, das eine soziale Gesellschaft ausmacht? Was ist für dich gesellschaftlicher Zusammenhalt?

ich habe noch deine spielzeugpistole

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ich habe noch deine spielzeugpistole.
weihnachten war es, ich war müde, die familie samt festivitäten. kennen wir alle.
doch du wolltest davon gar nichts wissen.
komm! wir spielen theater und olle weihnachtsgeschenke werden versteigert. und es gibt bier und schnaps!
die weihnachtsgeschichte habt ihr gespielt, aber nicht schnöde wie es tausend andere tun. nein, wie alles in deinem leben war es hochpolitisch ohne nervig zu sein.
du warst der joseph und diskutiertest über gesellschaft, mindestlohn, taliban und den ganzen rest.
mit deiner spielzeugpistole. so ein ganz normales ding das es zu fasching gibt.
das muss man sich mal vorstellen, joseph mit palituch, bart und pistole sucht für seine schwangere maria einen unterschlupf. während sie über asylpolitik sprechen. wie sie an ihr scheitern, denn sie suchen asyl und bekommen es nicht.
doch alles ging gut, jemand erbarmte sich und jesus wurde auf einem küchentisch geboren.

noch lange fuchteltest du mit deiner spielzeugpistole rum und lachtest viel.
erst im hellen machten wir uns auf, die bahn war natürlich schon weg.
du packtest sie mir einfach in meine handtasche.
da blieb sie, natürlich vergaßen wir sie beide.
später am telefon sagtest du, gib sie mir wieder wenn wir uns wiedersehen!
ich trug sie noch eine weile spazieren.

ich habe noch deine spielzeugpistole.
vielleicht packe ich sie zurück in meine handtasche.
nur ein bisschen.
nur bis du nicht mehr so fehlst.



29. 4. 1985 - 29.4. 2014

Die zwölf Erkorenen

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Das Uninspirierteste an zuio.tv ist der Name, hinter dem nicht mehr steckt als auf der Computertastatur benachbarte Buchstaben. Davon abgesehen ist die etwas unübersichtliche Website mit ihren 14 Formaten ein einziges Versprechen – auf lustigeres, kühneres, besseres Fernsehen.



Frank Elstner – einer aus der goldenen Zeit des Fernsehens, der dennoch nicht im Gestern lebt.

Ein Talk im Suff, eine „Klugscheißerin“, die die Welt erklärt („Botanisch gesehen ist die Erdbeere eine Nuss“), „Turnschuh TV“, auch Sex, Nonsens und harte Drogen kommen nicht zu kurz: Die Seite ist wie ZDF Neo, nur ohne die öffentlich-rechtlichen Bedenkenträger. Der Satireclip „Was macht eigentlich Sebastian Edathy?“, ein Trailer für den Fake-Film „12 Years Old And ASlave“, wäre da undenkbar – auch weil er nur so lange dauert, wie der Gag trägt: gut eine Minute.

Unter zuio.tv präsentieren sich seit voriger Woche die ersten zwölf Absolventen der „Frank Elstner Masterclass“, die an der Berliner Axel-Springer-Akademie Moderationstalente fördert. „Junge Musiker können in Bands oder Orchestern spielen, aber als Nachwuchsmoderator haben Sie sehr wenig Gelegenheit, sich auszuprobieren“, sagt Franz Elstner, laut eigenem Bekunden „der alte Sack, der hin und wieder noch seinen Senf dazugeben darf“.

Ja, genau der Frank Elstner, der Wetten dass ..? erfunden hat und heute den SWR-Talk Menschen der Woche und Die große Show der Naturwunder moderiert. Das alles merkt man zuio.tv zum Glück nicht an.
Der 72-Jährige weiß, er stammt aus einer anderen, der goldenen Zeit des Fernsehens, hat aber den Anschluss an die digitale Gegenwart nicht verloren. zuio.tv sei ein Angebot an die Branche, „Talente nicht bei YouTube zwischen Katzenvideos suchen zu müssen“. Und an die Talente, „nicht immer nur die Vorstellungen anderer umzusetzen.“ Erlaubt ist, was ihnen gefällt.

Gemeinsam mit Sohn Thomas, Leiter der Masterclass, setzt Frank Elstner auf den „wachsenden Bewegtbildbedarf im Internet“. „In dem Moment, in dem sich was bewegt, brauchen Sie Menschen, die diese Inhalte verkaufen können“, ergänzt Thomas Elstner. Ging MTV 1981 mit „Video Killed the Radio Star“ auf Sendung, lautet das Motto nun „Kill your Television!“ Die Inhalte haben sich längst vom Gerät emanzipiert. Ideen lassen sich zudem leichter umsetzen: Früher hätte es mindestens ein Jahr bis zur ersten Sendung gedauert, sagt Frank Elstner, heute sei so ein Clip „blitzschnell geschnitten und ins Netz gestellt“.
„Wenn ihr fertiges Fernsehen wollt, seid ihr hier falsch!“, steht auf zuio.tv. Die Plattform sieht sich als „Labor“ für TV-Unterhaltung, setzt auf Dialog mit den Nutzern über soziale Netzwerke. Die Grenzen zwischen Sender und Empfänger sollen sich auflösen. Bewerben kann man sich künftig jederzeit. „Es wäre völlig falsch, wieder so eine Klasse zu bilden“, sagt Thomas Elstner. Sein Vater spricht von „Stammbesetzung“: „Jeder muss aber wissen, er kann immer übertroffen werden. Wir haben ja einen freien Markt.“ Einige seiner Talente hätten „eine große Karriere vor sich“.

Alexander Wipprecht und Florentin Will, Sidekick von Jan Böhmermann im satirischen Neo Magazin, wurden vom WDR bereits für eine Art RTL Samstag Nacht-Revival gecastet. Ein schöner Erfolg für zuio.tv. Old-School-Fernsehen zwar – aber Job ist Job.

Was heißt schon konservativ

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Kürzlich baute sich ein junger Mann mit einem großen Schild vor Beatrix von Storch auf. Und so wie die Juristin die Episode erzählt, klingt es beinahe lustig. Auf dem großen Schild stand nämlich, dass sie als Politikerin der AfD, also der eurokritischen Alternative für Deutschland, eine Rassistin sei. Sie habe da gleich gefragt, wie der junge Mann denn dazu komme. Der habe sich umgeguckt und dann auf ein Plakat der AfD gezeigt, auf dem die Partei sich für mehr Volksentscheide ausspricht, wie es sie in der Schweiz oft gibt. Beatrix von Storch rollt die Augen und lacht. Na, wenn das schlimm sei, dann sei sie eben eine Rassistin, habe sie ihm geantwortet. Ihr Blick dazu sagt, dass doch viel dummes Zeug behauptet und geschrieben werde. Über ihre AfD, und auch über sie.



Reaktonär? Konservativ? Rechts? Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch hat nicht nur Feinde. Bei einer Demonstration in Köln zeigen sich Unterstützer der Partei.

In diesem Augenblick wünscht man sich, dass wirklich alles Blödsinn wäre, was berichtet wird, und was frühere Weggefährten über sie erzählen und aufgeschrieben haben. Es gibt Parteimitglieder in der AfD, die für Beatrix von Storch eine Reihe beklemmender Ausdrücke finden, die vor ihr Reißaus ausgenommen haben. Es sind Beschreibungen, die sie selbst bestens kennt. Sie wird von Liberalen in der AfD „christlicher Taliban“ genannt, als „Fundamentalistin“ bezeichnet und als „Reaktionärin“. Sie gibt sich amüsiert, wenn man davon spricht.

An diesem Nachmittag steht die erste Frau auf der Liste der AfD gegenüber vom Brandenburger Tor an einem Wahlkampfstand der AfD. Sie trägt weiße Perlen-Ohrringe und über der Bluse und dem Sakko eine feste Jacke gegen den Aprilregen in diesen Maitagen. Die 42-Jährige könnte damit in einer Pilcher-Verfilmung die Rolle der klassisch herben Konservativen besetzen. Es sind noch zwei Wochen bis zur Europawahl. Storch, die prominenteste Kandidatin der AfD in Berlin, und ihre Weggefährten können zuversichtlich sein, dass sie mit ins Europaparlament einziehen, nachdem sie noch bei der Bundestagswahl knapp gescheitert waren. Dabei hat die Öffentlichkeit gut ein Jahr nach der AfD-Gründung weiter ein diffuses Bild von der Partei, die unter der straffen Führung des Hamburger Ökonomen Bernd Lucke mehr als 17 000 Mitglieder angezogen hat.

Gewiss, man kennt sie als die Euro-Gegner. Lucke hat unzählige Fernsehauftritte bestritten und sich anfangs als pfiffiger Underdog profiliert. Den zweiten Spitzenkandidaten für die Europawahl, Hans-Olaf Henkel, können eigentlich nur Menschen nicht kennen, die keinen Fernseher haben. So oft schon war der einstige BDI-Präsident in Talkshows, dass man meint, seine Standpunkte eher zu gut zu kennen. Lucke und auch Henkel haben sich, wie viele einfache Aktivisten der AfD, häufig beklagt, dass politische Gegner und Journalisten ihre Partei mutwillig denunzierten und als reaktionär und rechtslastig etikettierten.

Tatsächlich ist das Wahlprogramm zur Europawahl bürgerlich und zumeist liberal geprägt, wie auch der Entwurf für die politischen Leitlinien der AfD, den die Mitglieder derzeit diskutieren. Und gerade widersprach Konrad Adam, neben Lucke einer der AfD-Sprecher, dem Vorwurf, die Partei habe Forderungen der NPD übernommen. Adam erinnerte daran, dass frühere Mitglieder der NPD auf keinen Fall geduldet würden in der AfD. Die Partei sei auch nicht populistisch. Auf dem Parteitag in Erfurt gab Vorstandssprecher Lucke ein klares Bekenntnis zur Toleranz ab, wie er betonte, auch gegenüber Homosexuellen.

Die Berlinerin Beatrix von Storch steht auf Rang vier der Europa-Liste der AfD und in der Partei für einen Flügel, bei dem auch manche AfD-Mitglieder argwöhnen, dass er insgeheim eine eigene Agenda verfolgt. Storch ist Rechtsanwältin, kümmerte sich früher in einer Berliner Kanzlei um Insolvenzrecht. Als die AfD vor einem Jahr gegründet wurde, war sie schon bei der ersten großen Veranstaltung in Oberursel dabei. Allerdings wollte Storch eigentlich keine Partei gründen, sie konnte sich gar nicht vorstellen, in einer Partei zu sein. Ihr ging es um ihre eigenen Standpunkte, und sie hatte wenig Lust, sich einer großen Linie unterzuordnen.

Schließlich hatte sie schon 2004 ihr eigenes Netzwerk gegründet, die „Zivile Koalition“. Mit einem Stamm von Mitarbeitern organisierte Storch gemeinsam mit ihrem Mann konservative Kampagnen. Seit dem Frühjahr 2010 mobilisierte sie vor allem im Internet Protest gegen das erste Rettungspaket für Griechenland. Über den angeblich enormen Umfang ihrer Adressenkartei und ihre vielen Kontakte und Geldgeber kursieren so viele Legenden, wie es Aussagen von Kritikern gibt, wonach all das eben doch nur Legenden seien. Auch ein konservatives Online-Magazin gehört zum Netzwerk, das sie und ihr Mann Sven von Storch unterhalten.

Schon im vergangenen Herbst kandidierte sie für die Bundestagswahl. Und obwohl Parteichef Lucke skeptisch war, wurde Storch von der Basis auf einen vorderen Platz für die Europawahl gesetzt. Vor ihrer Nominierung konzentrierte sie sich auf das Kernthema der AfD, „die Beendigung der sogenannten Euro-Rettung“, wie sie es sagt, und den Einsatz für direkte Demokratie. Auch bei ihren Auftritten im Wahlkampf stehen der Euro und ihre Klagen über „zunehmenden Zentralismus der EU-Bürokratie in Brüssel“ im Mittelpunkt. Ganz allgemein gibt die Juristin gerade noch ein Bekenntnis zum besonderen Wert der Familie ab. Und sie sei froh, sagt sie, dass die AfD das „Gendermainstreaming“ abschaffen wolle.

Ihre Kritiker weisen freilich vor allem auf das hin, was sie derzeit nicht sage, vielleicht mit Rücksicht auf die Partei und die Wahlen. Im Januar zog sich in Berlin der Vorsitzende in Tempelhof-Schöneberg, der gerade erst gewählte AfD-Bezirkschef Franz Niggemann, zurück und trat gleich noch aus. Er wollte nicht mittragen, dass die Partei, insbesondere durch Beatrix von Storch, „den Weg in die Unfreiheit von rechts geht, mit starken Tendenzen, Randgruppen zu diskriminieren“.

Andere einstige Wegbegleiter werfen Storch konkret Homophobie vor. Sie erinnern auch daran, wie drastisch sie im vergangenen Herbst den katholischen Bischof Robert Zollitsch attackierte, weil er die AfD kritisiert hatte. „Die Grünen wollen die Homo-Ehe. Und Sie warnen als katholischer Bischof nicht vor den Grünen?“ schrieb sie. Er missbrauche sein Amt.

Reaktionär? Konservativ? Beatrix von Storch sagt dazu, sie könne nichts mit dem Begriff „konservativ“ anfangen. Er bedeute ihr nichts in einer Zeit, in der die pragmatische Kanzlerin Angela Merkel noch als konservativ gilt. „Ich bin wegen der Euro-Politik in der AfD, und die passt nun gar nicht in das Schema links oder rechts“, erklärt sie. „Auch unsere Forderung nach Volksentscheiden ist weder links noch rechts. Das Menschenbild der AfD ist das des mündigen, selbstverantwortlichen Bürgers. Das wäre dann eine eher liberale Position.“ Und dann fällt ihr ein: „Andererseits habe ich beim Thema Bankenrettung bei der Analyse mit Sahra Wagenknecht viel mehr gemeinsam als mit der FDP.“

Sie formuliert vorsichtig, schaut genau, ob sie die Parteilinie überschreitet. Ziemlich eindeutig ist ihre Position beim Thema Abtreibung, sie ist dagegen. Das sei für sie eine Gewissensfrage. „Und mein Gewissen sagt mir, dass auch dem ungeborenen Menschen Personenwürde zukommt. Da sind sich im Übrigen Juden, Muslime und Christen einig. Früher wäre man damit in den C-Parteien in der Mitte der Gesellschaft gewesen.“ So findet sie es abwegig, dass sie deshalb eine Fundamentalistin sein soll. „Ich bin Christ. Ich versuche, sonntags in die Kirche zu gehen. Es ist doch absurd, Kirchgänger als Taliban zu stilisieren.“

Über den Verdacht, dass sie ihre tatsächlichen Standpunkte verberge, um die Partei zu unterwandern, lacht Storch. Sie hat doch so viel veröffentlicht. Sie erinnert an die Parteilinie. „Die AfD bekennt sich zu der christlich-abendländischen Werteorientierung. Das steht so ausdrücklich auch in unserem EU-Wahlprogramm. Der Vorwurf der Unterwanderung der Partei entbehrt also jeder Grundlage.“ Nicht nur die Kritiker in der eigenen Partei werden nach der Wahl erst recht genau hinhören.

Der Mann, der im Film verschwand

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Es gibt Menschen, die viel reden, manche auch sehr viel. Aber der? Interviews, heißt es, gibt Richy Müller nicht gerne. Zu oft, war zu lesen, saß er früher abends verzweifelt auf dem Bett, weil er nicht fassen konnte, was wieder über ihn geschrieben wurde. Und wenn man ihn dann noch als Stuttgarter Tatort-Kommissar Thorsten Lannert kennt, dann erwartet man einen sehr schweigsamen, sehr melancholischen Mann, einen, der vor allem eines nicht macht: zu viele Worte. Schon gar nicht über sich selbst.



Richy Müller – ein Schauspieler, der in seinen Rollen verschwindet. Hier als Bankräuber in dem Film "Ein todsicherer Plan", der am Mittwoch in der ARD läuft.

Natürlich ist wieder mal alles anders. Richy Müller lädt zum Gespräch in ein luxuriöses Heidelberger Hotel am Ufer des Neckars – dunkles, schweres Mobiliar, weinrote Plüschkissen, flüsterndes Personal – und kommt auf die Minute genau in: ausgewaschenem T-Shirt und Jogginghose. Er trägt eine goldumrandete Brille, hat ein goldenes iPhone und sieht etwas anders aus als im Fernsehen. Er ist nicht ganz so klein, und seine Nase ist nicht ganz so groß. Und seine 58 Jahre sind kaum zu glauben.

Das Auffallendste aber ist: Kaum beginnt das Gespräch, redet er in einem fort. In den kommenden zwei Stunden braucht er eigentlich keine Fragen, im Zweifel stellt er sie sich selbst.

Richy Müller erzählt also von seinem neuen Film Ein todsicherer Plan, von seinen Anfängen im Dreiteiler Die große Flatter, der ihn 1979 von heute auf morgen berühmt gemacht hat, von seiner Kindheit im Lokal der Eltern in Mannheim, von seiner Lehre als Werkzeugmacher, von seinem Rauswurf aus der Schauspielschule in Bochum und von seiner Zeit in Berlin, als er jedes Drehbuch abgelehnt hat, bis ihm keines mehr geschickt wurde. Für all das braucht er gerade mal zehn Minuten.

Auch wenn vermutlich jeder Zuschauer, der in den vergangenen 35 Jahren auch nur ausnahmsweise den Fernseher eingeschaltet hat, Richy Müller allein schon wegen seines Aussehens kennt, so ist dieser Mann doch ein Rätsel geblieben. Ein Schauspielkollege, ehemaliger Mitbewohner und Freund von ihm zum Beispiel, Jürgen Vogel, wird immer Jürgen Vogel sein, egal welche Rolle er spielt. Mario Adorf wird immer Mario Adorf sein. Und Armin Rohde immer Armin Rohde. Aber wer ist Richy Müller? Der Halbstarke Richy aus der Flatter, der dafür verantwortlich ist, dass Hans-Jürgen Müller heute Richy Müller heißt, weil ihn danach alle nur noch Richy genannt haben, bis er sich selbst so nannte? Der Schweiger Thorsten Lannert aus dem Tatort? Der Geiselgangster aus dem Gladbeck-Drama Ein großes Ding? Der Ex-Terrorist aus Christian Petzolds Die innere Sicherheit? Oder der Schreiner, der zum Bankräuber wird in Ein todsicherer Plan?

Richy Müller redet viel mit den Händen, beugt sich in seinem Sessel weit vor und blickt einem bei jedem Satz, jeder Geste fest in die Augen. Und damit hört er bis zum Schluss nicht mehr auf.

„Mein ältester Freund“, erzählt er, „sagte mal, wenn er einen Film mit mir sieht, hat er nach fünf Minuten vergessen, dass ich das spiele.“ Dieser Satz ist natürlich ein großes Kompliment. Wie viele Schauspieler können schon komplett in einer Figur verschwinden? Wer den leider viel zu wenig beachteten Thriller Vermisst – Alexandra Walch, 17 gesehen hat, wird bei Richy Müller lange Zeit nur einen Vater im Kopf haben, der verzweifelt nach seiner Tochter sucht. Das Gleiche gilt für Ein großes Ding. Da spielt er den Gladbeck-Gangster Hans-Jürgen Rösner, der Silke Bischoff tagelang als Geisel durch Deutschland und die Niederlande gezerrt und dann erschossen hat. 180 Minuten Gnadenlosigkeit, Schreien, Waffe am Kopf, Richy Müller, albtraumhaft böse. Und wer Die Apothekerin gesehen hat, wird überzeugt sein, dass dieser Prolet nicht bis drei zählen kann, es kann nach diesem Auftritt gar nicht anders sein.

Wie macht er das? Gelernt, etwa mit dem auf Schauspielschulen beliebten Method Acting, hat er es nicht. „Davon halte ich nicht viel.“ Da soll sich ein Schauspieler zum Beispiel vorstellen, wie seine Oma vor Jahren gestorben ist, um in einer Szene traurig zu werden. „Da wäre ich beim Spielen einer Szene nicht wirklich anwesend“, sagt Richy Müller, weil das traurige Ereignis ja in der Vergangenheit liegt. Dabei rückt er in seinem Sessel noch weiter vor, streckt die Arme aus, als wolle er nach einem greifen, um noch deutlicher zu machen, wie unsinnig diese Methode ist. „Anwesenheit ist für mich die Grundlage für meine Arbeit.“ Was also heißt: Wird er in einer Szene einfach nicht traurig, liegt es an der Szene – und nicht an der Oma.

Richy Müller redet immer wieder von „Anwesenheit“, „Gespür“, „Intuition“, von Fähigkeiten also, die man nicht lernen kann. Fest steht jedenfalls, dass er seine Rollen so überzeugend spielt, dass ihn viele Zuschauer anschließend mit den Figuren verwechseln. „Nee, nee, du bist der Richy“, war der häufigste Satz, den er jahrelang nach der Flatter gehört hat.

Dabei war er nie ein Halbstarker. Im Gegenteil, sagt Richy Müller, „ich bin total behütet aufgewachsen.“ Er war Leistungsturner, hat im Lokal der Eltern mitgearbeitet und war vor allem draußen: „Wir hatten dauernd offene Knie, es war eine ganz normale Jugend.“ Und heute? Lebt er mit seiner Freundin, einer Bäckerin, am Chiemsee, fährt leidenschaftlich Auto- und Motorradrennen und behauptet von sich: „Ich bin kein Workaholic. Aber das, was ich arbeite, mache ich mit Herz und Freude.“

Die Fähigkeit, komplett hinter einer Rolle zu verschwinden, war für ihn aber nicht immer nur Freude, sondern oft auch Fluch. Denn lange Zeit wollte niemand wahrhaben, dass Richy Müller eben nicht „der Richy“ ist, dass er diesen Jungen eben nur sehr überzeugend spielen konnte.

22 Millionen Zuschauer hatte Die große Flatter damals. Das war kein Zwangsfernsehen, auch wenn es nur drei Programme gab. Es war ein Ereignis, den Halbwüchsigen zu sehen, wie er sich gegen sein asoziales Zuhause wehrt, gegen die Schule, gegen alle Misslichkeiten seines Lebens – und dennoch scheitert. 270 Minuten naturalistisches Sozialdrama mit Kohlehalden, Baracken, einem versoffenen, stinkenden, brutalen Günter Lamprecht als Vater, einer unfähigen, unterdrückten Hanna Schygulla als Mutter und einer Geschichte, die nur traurig und deprimierend ist. Schon komisch, was 1979 ein Straßenfeger war.

Danach kannte jeder den „Richy“. 15 Jahre hat der Schauspieler gegen dieses Bild gekämpft. Er hat jede Rolle abgelehnt, die ihn eh nur wieder als Richy zeigen sollte, und Eier ausgefahren oder als Türsteher gearbeitet. „Lieber Miese auf dem Konto als Miese auf der Seele“, sagt er dazu, doch dann waren seine Schulden so hoch, dass er wieder schauspielern musste. Mit Rainer Kaufmanns Einer meiner ältesten Freunde gelang ihm dann in den Neunzigerjahren das Comeback.

„Irgendwann“, sagt Richy Müller, „kam ich drauf: Die Leute hatten keine Vorstellung von mir. Sie erinnerten sich nur an das, was sie zuletzt von mir gesehen hatten.“ Und das konnte auch bedeuten, dass ihm nach einer extrem ruhigen, fast wortlosen Rolle wie in Die innere Sicherheit keiner zugetraut hat, dass er auch den Gladbeck-Gangster, den Kommissar oder den Bankräuber spielen kann.

Auch in Ein todsicherer Plan geht er wieder so in seiner Figur auf, dass man ihn als Zuschauer gerne selbst aus der Bank raustragen möchte. Weil er sich, fast machtlos, immer weiter in die – Pardon – Scheiße reitet. Eigentlich ist der Mann Schreiner, die Sparkasse hat seinen Kredit weiterverkauft und nun, da er seinen Betrieb und sein Haus verliert, überfällt er mit einem früheren Angestellten die Bank, die für seine Misere verantwortlich ist.

„Man leidet mit ihm“, sagt Richy Müller, „der ist ein fleißiger Schreiner, der immer pünktlich bezahlt hat, Arbeitsplätze geschaffen hat, und plötzlich ist er übermannt von Gegebenheiten, für die er nichts kann.“ Man könne ihn verstehen, aber „es ist nicht gut zu heißen. Man kann nicht einfach eine Bank überfallen.“

Es war also die Ambivalenz dieser Figur – „er ist ja kein Robin Hood, sondern handelt aus egoistischen Gründen“ – die Richy Müller interessiert hat. „Zunächst lese ich ein Drehbuch, um herauszufinden, welche Stimmung es erzeugt“, sagt er, „ist sie mir sympathisch, mache ich mich intellektuell dran.“

Viele Zuschauer werden in Richy Müller nun sicher wieder eine Zeit lang den Schreiner sehen, der eine Bank überfällt – zumindest bis der nächste Stuttgart-Tatort läuft.

Ein todsicherer Plan, Mittwoch, ARD, 20.15 Uhr

Tagesblog - 13. Mai 2014

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18:33 Uhr: Zum Tagesabschluss gibt es Helden. So richtig echte. Baumarktmitarbeiter, Nachtclubmitarbeiter und so weiter.So werden zumindest deren Ausbildungen beworben: "Helden gesucht!" Charlotte findet: So ein Käse! Und hat aufgeschrieben, warum.



Und wärend ihr das alle noch lest, mache ich jetzt Feierabend. Schlaft gut (später) und kommt gut in den morgigen Tag (noch später) - an dem euch hier Kathrin Hollmer begleiten wird!

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17:43 Uhr:
Oooh, @the-wrong-girl zeigt ihr Panini-Album in flippend:
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17:33 Uhr:
Geschichten haben alle Möglichkeiten, mit dem Bewusstsein herumzuspielen. Das finde ich so toll daran. Und gerade gibt es eine wirklich schöne und spannende Bewusstseins-Irrwerden-Identitätenverwirbeln-Geschichte hier auf jetzt.de. Von User gaen.Sie heißt "Spuk" und ist jetzt auf der Startseite, damit sie bloß alle lesen.

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16:40 Uhr:
Hier kommt mit das Schönste, was diese Welt je hervorgebracht hat: Macaulay Culkin (kann den Namen immer noch nicht auswendig schreiben) trägt ein T-Shirt, auf dem Ryan Gosling ist, der ein T-Shirt trägt, auf dem Macaulay Culkin (das war leicht, konnte oben bei mir selbst abgucken) ist. Voll Meta. Und fast voll mise en abyme. Ich guck mir das jetzt noch ein bisschen an, weil ich es so toll finde. Bis später!
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16:14 Uhr:
Da rede ich grade noch davon, dass ich so wenig Musik höre und dann ist dieser Dienstag der musikalischste ever auf jetzt.de. Seit gestern Abend gibt es schon den Kosmoshörer, dann kamen Herrenmagazin und jetzt kommen die fünf Songs. Hat Geburtstagskind und Musikauskenner Michel für uns zusammengestellt. Und Grafikdame Sarah hat aus den dazugehörigen Videos das weltschönste Bild herausgescreenshottet:




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15:37 Uhr:
Wo Kevin Spacey drauf ist, muss ich immer sofort reingucken. Darum habe ich gerade das hier gelesen: Ende Mai wird in Ägypten ein neues Präsident gewählt. Eigentlich bedeutet das aber bloß, dass Armeechef Sisi (der nur einen Gegenkandidaten hat) seine nach dem Putsch gegen Präsident Mursi erlangte Macht legitimieren will. Viele glauben nicht an einen fairen Wahlkampf und eine freie Wahl. Darum gibt es nun Widerstand: Aktivisten haben die Kampagne "Kevin al-Spacey for President" gestartet. Das funktioniert so gut, weil sich die Namen "Sisi" und "Spacey" in arabischen Schriftzeichen fast gleich schreiben. Und sieht so aus:
[plugin imagelink link="http://cdn2.spiegel.de/images/image-694969-galleryV9-wrcn.jpg" imagesrc="http://cdn2.spiegel.de/images/image-694969-galleryV9-wrcn.jpg"] Kevin Spacey hat noch nichts zu seiner Kandidatur gesagt. Aber wenn er nicht Frank-Underwood-mäßig regieren würde, wäre er sicher ein guter Präsident. Und eine gute Wahl für das politisch gebeutelte Ägypten.

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14:54 Uhr:
Fußballthemen gehen ja oft an mir vorbei. Aber über eines wurde heute Morgen in der sz.de-Konferenz gesprochen und Nicola hat mich gerade auch noch mal drauf aufmerksam gemacht: Am Montagabend trainierte die Deutsche Nationalmannschaft, die heute ein Testspiel gegen Polen absolviert, im Hamburger Millerntor-Stadion. Dort gibt es seit Jahren ein Banner, auf dem "Kein Fußball den Faschisten" steht. Das war dem DFB zu radikal, das Stadion solle bitte neutral sein, auch politisch. Und das war schließlich das Ergebnis der "Neutralisierung", das Fußballfans gerade aufregt und alle anderen zum Lache bringt:
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14:35 Uhr:
Die Wörter "Lebenslauf" und "pimpen" gehören beinahe untrennbar zusammen. Aber wie viel darf man denn nun eigentlich beschönigen und muss eigentlich ein Foto rein oder nicht, herrgottnochmal? Gut, dass das Lexikon des guten Lebens einem auch in diesem Fall mit guten Tipps zur Seite steht. Ein guter Freund, dieses Lexikon!




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14:29 Uhr:
Wir hatten beim Mittagessen eine Musikdiskussion, wegen der neuen Redakteure-Spotify-Playlisten. Ich hab noch keine, weil mein Musik-Pool so klein und schon seit Ewigkeiten der gleiche ist und ich vergleichsweise wenig Musik höre. Musik greift mich nämlich immer gleich emotional an. Wenn ich wirklich traurig bin zum Beispiel, dann muss jede Musik weg, weil ich sonst nie wieder hochkomme. Sie ist bei mir quasi Gefühlsverstärker und Katharsis-Instrument. Deswegen hör ich bei Aggressionen auch so gern das hier:
http://www.youtube.com/watch?v=jgxS3DqlWD4
Jakob hingegen hört immer und überall Musik, Chris auch fast jeden Morgen auf dem Rad (könnte ich nie), Charlotte ist auch ein Vielhörer etc. Und ihr so?

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12:48 Uhr:
Was die Literaturwelt (und auch darüber hinaus viele) seit einigen Tagen sehr bewegt: Der Schriftsteller Jörg Albrecht wird derzeit in Abu Dhabi festgehalten. Er ist als geladener Gast zur dortigen Buchmesse gereist und wurde am 1. Mai auf der Straße verhaftet, weil er die iranische und die irakische Botschaft fotografiert hat. Unwissentlich. Dennoch stand er sofort unter Spionage-Verdacht. Mittlerweile ist er wieder frei, kann aber nicht ausreisen. Niemand weiß derzeit, wie es weitergeht. Florian Kessler hat gestern für Zeit-Online ein Interview mit ihm geführt. Und es gibt eine Petition für seine Freilassung.

Mir fiel dabei grade ein, dass ich in Beirut mal ein Foto gemacht habe - und schon stand ein Soldat vor mir und herrschte mich an, ich müsse das Bild SOFORT löschen. War nämlich ein Militärgebäude, das mit im Bild und nicht sofort als solches zu erkennen war. Ist jetzt natürlich nur ein Tausendstel so schlimm wie das, was da in Abu Dhabi passiert ist. Aber habt ihr auch schon mal im Ausland aus Versehen gegen Regeln verstoßen?

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12:15 Uhr:
Ey, man hat unseren Markennamen benutzt! Hat Jan rausgefunden:



Aber immerhin für die Aids-Test-Woche. Könnte ja auch schlimmer sein. Zum Beispiel "Bayerische Waffenbesitz-Woche - jetzt.de fühl ich mich sicher". Stellt euch das mal vor!

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11:49 Uhr:
"Herrenmagazin" wird zehn! Und nein, das ist keine Zeitschrift, Kenner wissen: Es ist eine Band aus Hamburg. Und zwar eine tolle. Mit zwei der Band-Guys hat Sebastian (selbst Band-Guy) über zehn Jahre Band-Sein gesprochen.
Also, erst das Lied hier anhören (und dabei den Nutella-Kuchen nachbacken, Rezept s. in den Kommentaren), dann das Interview lesen.
http://www.youtube.com/watch?v=pA9bHitv2Aw
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10:58 Uhr:
Die Konferenz wurde heute mit Kuchen bestückt, denn - Trommelwirbel! - unser Praktikant Michel hat Geburtstag. Schnell alle gratulieren gehen!
Diesen Kuchen gab es und der Jubel über die Zutaten war groß: Mehl, Eier und Nutella. Geil! Ihr hättet Jakobs und Chris' Gesichter sehen sollen, als sie das erfahren haben.



Hier die glückliche Redaktion beim Verzehr (Geburtstagskind geradeaus):



Mir ist jetzt übrigens ein bisschen schlecht. Aber auf die gute Art.

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09:58 Uhr:
Zusammenhalt. Hach, das klingt doch schön. Unserer, also der hierzulande, wächst derzeit, besagt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Aber wir waren uns gestern nicht ganz sicher, ob die Verantwortlichen eigentlich die richtigen Fragen gestellt haben, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Nicola hat sie im Ticker zusammengefasst und fragt: Was ist für dich gesellschaftlicher Zusammenhalt?

Jakob hat eben übrigens schon das Ticker-Foto als "geil" gelobt. Ich bin da nicht ganz bei ihm. Wenn ich Trachten sehe, nehme ich Reißaus. Ja, tut mir auch leid.




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09:22 Uhr: Guten Morgen liebes jetzt.de! Ein später Start in den Tagesblog-Tag, ich weiß - aber die sueddeutsche.de-Konferenz hat recht lange gedauert. Eines der beliebtesten Themen war die misslungene ARD-Quizduell-Sendung. Hab ich ja nicht gesehen, aber muss ganz schön peinlich gewesen sein.

Was ich allerdings angeschaut habe: Diese nette Parodie auf das "Look up"-ihr-schaut-alle-zu-viel-auf-eure-Telefone-Gedicht von Gary Turk, das letzte Woche so viel geteilt wurde. Ich musste ja lachen. Vielleicht müsst ihr das auch ein bisschen. Das hilft ja am Morgen.

http://www.youtube.com/watch?v=zMCcL0Xtqp0

Die Lady Macbeth von nebenan

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Einmal richtig abheben, einmal wieder durch die Decke gehen, das ist es, was dem eher unterforderten Angestellten Mac Radner – verkörpert von Seth Rogen – in diesem Film widerfährt. Es ist natürlich ein Schock, es tut weh, und man muss es doch als eine Bestrafung akzeptieren – aber es ist auch: absurd, großartig, wild, durchrüttelnd. Es ist einfach, um die Seth-Rogen-Superformel zu benutzen, awesome.



Das sind sie, die Neuen: jung, laut, Anarchos. Sie symbolisieren die US-amerikanische Offenheit - im Gegensatz zu ihrem Nachbarn, der ihnen die Regeln der Rücksicht beibringen will.

Der spektakuläre Kracher passiert im Großraumbüro, ein boshaft am Bürosessel angebrachter Airbag katapultiert Mac in die Höhe. Das Büro wird hier zum Nebenschauplatz des Kriegs, den Mac und seine Frau Kelly gegen die neuen Nachbarn führen, eine Truppe von Studenten der örtlichen Uni, die das Haus nebenan für ihre Fraternity-Feten und -Faxen nutzen – Delta Psi Beta –, mit Laserlicht, Kiffrunden, lauter Discomusik, nächtelang. Im dusselige Büroalltag von Mac dominiert dagegen ein schikanöser Langweiler von Chef, Typ Oberlehrer und Klassentyrann ... wer raucht denn da im Pausenhof!

Bei den Saturnalien will natürlich jeder liebend gern mitmachen, der Unterschied besteht darin, wie offen man das eingesteht, sich und den anderen. Eine amerikanische Party ist immer öffentlich, sie dringt aus dem Haus hinaus auf die Veranda, den Rasen, zu den Nachbarn, die Straße hinunter. Die Häuser sind in diesem Film so dicht aneinandergestellt wie in den kruden Sperrholz-Dekors der frühen Stummfilmmelodramen – so dass man den Nachbarn, wenn man sich aus seinem Fenster beugt, bei entsprechenden sexuellen Betätigungen zugucken kann.

Als sie für ihre Story Material aus den Studentenbruderschaften sammelten, erzählen die Drehbuchautoren Andrew Jay Cohen und Brendan O’Brien, waren sie schockiert, was ihre Freunde da alles anbrachten, „einige der schrecklichsten Geschichten, die wir je gehört hatten“, Sachen, die sie für den Film gar nicht zu verwenden wagten. Abgründe, Hemmungslosigkeiten, Tabubrüche, die jeder Ordnung den Garaus machen. Wie Sträflinge schauen Mac und Kelly aus ihrem Haus nach drüben, wo das wirkliche Leben tobt neben ihrem falschen, dann rufen sie die Polizei.

Es ist Rache des Alters an der Jugend, die sie hier betreiben, und erschreckend ist, dass Seth Rogen, Jahrgang 1982, nur fünf Jahre älter ist als Zac Efron, der den Fraternity-Jungspund gibt. Vor ein paar Jahren hat Rogen selbst lümmelige, zotige Komödien für seinen Meister Judd Apatow gemacht, „Knocked Up“! Nun spielen die Jungs nebenan mit ihren monströsen Penisersatzstücken, das junge Paar aber, als das Baby mit einem Kondom spielt, das es auf dem Rasen vorm Haus gefunden hat, rast schockiert ins Krankenhaus, um das Töchterchen untersuchen zu lassen und sich dem Spott des Arztes preiszugeben.

Der Film hat sich gewandelt bei der Entstehung, untergründige Ängste traten an die Oberfläche, der Krieg, der hier geführt wird, wurde auch ein Krieg der Kämpfer gegen sich selbst. Gegen ihren Frust und ihre Verzweiflung, die Angst, was man aus seinem Leben eigentlich gemacht hat – der Angestellte Mac –, oder die, ob man je etwas aus seinem Leben machen wird – der junge Wilde im letzten Semester, Zac Efron. Die Frau (Rose Byrne) hat dabei, als dritte, unerhörten Furor entwickelt, ihr Drive, erklären die Drehbuchautoren, ist wie der von Lady Macbeth, die ihrem Mac einflüstert, und manchmal wird sie Macbeth selbst.

Die große Freiheit in der Durchgangsgesellschaft USA, wo alles mobil und ohne ordentliche Fixierung ist, in einer wundersamen Mischung aus Egozentrik und Offenheit, gebiert immer auch ihre Gespenster und Albträume. Aber es ist das Land, das Robert De Niro in seinem Hausschatz hat, und solange es, wie in diesem Film, seine Robert-De-Niro-Partys feiert, wird es ein glückliches Land sein.

Bad Neighbors, USA 2014 – Regie: Nicholas Stoller. Buch: Andrew Jay Cohen, Brendan O’Brien. Kamera: Brandon Trost. Mit:Seth Rogen, Zac Efron, Rose Byrne. Universal, 96 Minuten.

Eskapaden ade

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Eigentlich müsste sich Michael O’Leary ja ganz gut auskennen mit dem Schönreden. Immerhin behauptet er seit 15 Jahren relativ erfolgreich, der Flecken Hahn im Hunsrück sei irgendwie doch auch ein bisschen Frankfurt, weswegen man mit seiner Fluggesellschaft Ryanair also nach Frankfurt-Hahn fliegen kann. Nichtortskundige seien darauf hingewiesen, dass man, nachdem man „auf dem Hahn“ landet, je nach Verkehr noch gut zwei Stunden bis Frankfurt brauchen kann. Mancher Passagier hat das vor allem in den Anfangsjahren überrascht feststellen müssen, aber es gibt ja immerhin den Fernbus nach Frankfurt.



Ryanair-CEO Michael O’Leary ist ein Mann, der gern für den ein oder anderen Skandal sorgt. Von sich selbst behauptet er, er sei ein  sehr „harmoniebedürftiger und warmherziger Mensch“.

Michael O’Leary also, mittlerweile 53, war am Montag wieder zu Besuch auf dem Hahn, wegen des 15-jährigen Jubiläums. Doch derzeit muss er keine Flughäfen umtaufen, um sie als Ziel attraktiver zu machen, die Verwandlung betrifft Ryanair und ihn selbst. Über viele Jahre hat O’Leary jede Menge Schlagzeilen produziert, weil er wieder einen Politiker beschimpft hat, über die Lufthansa hergezogen ist oder auch nur auf einem Foto eine Grimasse geschnitten hat. Seine spektakulären Attacken haben allerdings auch dazu geführt, dass Ryanair eher nicht mit Kundenfreundlichkeit in Zusammenhang gebracht wird. Zu lange hat O’Leary geglaubt, er müsse die Tickets nur billig genug unter die Leute bringen, dann würden diese ihm schon (fast) alles verzeihen.

Es war klar, so konnte es nicht weitergehen. Viele Airlines erleben Wendepunkte in ihrer Geschichte, und bei Ryanair und O’Leary ist der wichtigste noch gar nicht lange her: In September 2013 verlangte die Fluggesellschaft von einem Mann, dessen Frau und Kinder gerade bei einem Brand ums Leben gekommen waren, 188 Euro Umbuchungsgebühr.

O’Leary selbst behauptet zwar, er sei eigentlich immer schon ein sehr „harmoniebedürftiger und warmherziger Mensch“ gewesen, so erzählte er vor ein paar Tagen einem irischen Radiosender. Er sei immer nur „ein bisschen missverstanden worden“. Das mit dem Harmoniebedürfnis hat sich bislang noch nicht bis zu seinen Geschäftspartnern und Passagieren herumgesprochen, davon können auch die Betreiber des Flughafens Hahn berichten. Vor 15 Jahren unterschrieb der Airport seinen ersten Ryanair-Vertrag, in der Hoffnung auf die große Billigflug-Zukunft und das Massengeschäft im Hunsrück. Es ist nicht so weit gekommen, Ryanair selbst baut am Standort Hahn derzeit massiv ab. Im aktuellen Sommerflugplan sind nur noch sechs Flugzeuge stationiert, vor einem Jahr waren es noch neun. 13 Ziele fallen weg. Von den großen Plänen, mit denen Ryanair zu Beginn der europäischen Billigflug-Ära auf dem Hahn angetreten war, ist nicht mehr viel übrig. Der Flughafen schreibt immer noch tiefrote Zahlen.

Das Beispiel Hahn zeigt, dass auch das Billigsegment kein Selbstläufer mehr ist. Ryanair selbst jedenfalls scheint sich nicht mehr so ganz auf die Bühnentauglichkeit des Chefs verlassen zu wollen. Im laufenden Jahr hat die Airline das Marketingbudget verdreifacht und zahlreiche Neuerungen eingeführt, die Ryanair-Flüge nicht nur günstig, sondern auch einigermaßen angenehm machen sollen. Die Airline vergibt künftig feste Sitzplätze, sodass man beim Einsteigen sich nicht mehr um die besten Plätze raufen muss. Auch die wüstesten Zusatzgebühren sollen abgeschafft werden.

Vielleicht am besten verdeutlicht aber die Entscheidung, eine Basis am Flughafen Köln/Bonn zu eröffnen, wie sich Ryanair verändert hat. Köln/Bonn war früher bäh, weil teuer, aber wenn die reine Billigschiene im Hunsrück nicht mehr klappt, dann muss auch Ryanair sich den Passagieren ein wenig annähern. Nicht nur geografisch.

„Sollen wir nur noch Hütten hinstellen?“

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Die Empörung war groß im vergangenen Jahr, als die Öffentlichkeit von der immensen Kostenexplosion am Limburger Domberg erfuhr. Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hatte die Kosten für das neue Diözesanzentrum über Jahre hinweg falsch angegeben und mit Sonderwünschen wie einem beheizbaren Fußboden im Kreuzgang oder einem Fischteich noch zur Steigerung beigetragen. Vor wenigen Wochen kostete ihn der Skandal das Amt.



Braucht die Kirche prunkvolle Architektur, um sie sichtbar zu machen? Auf der Evangelischen Akademie in Tutzing wurde diese Frage diskutiert. Das ist gewagt, weil der Skandal um das Anwesen des Limburger Ex-Bischofs Tebartz-van-Elst erst kurze Zeit zurück liegt.

Es ist nicht zum ersten Mal passiert, dass ein Bischof von seinen Schäfchen verjagt wurde. Die Ereignisse in Limburg könnten dennoch einen historischen Einschnitt bedeuten. Denn früher stellte es nur einen geringen Makel dar, großzügig Geld auszugeben, um zu bauen. Eine Menge bedeutender europäischer Architektur würde nicht existieren, wenn geistliche (und weltliche) Herren nicht opulent und mit wenig Blick auf die Kosten gebaut hätten. Auch Städtern war es früher recht, wenn ihr Kirchtum höher geriet als der der Nachbarstadt. Ältere Kirchen sind darum oft geradezu grotesk groß. Die Ehre Gottes genügte als Argument.

„Es ist in den vergangenen Jahren schwieriger geworden, großartige Kirchen zu bauen“, sagte jetzt Amandus Sattler bei einer Tagung der Evangelischen Akademie in Tutzing. Thema des Treffens: „Muss die Kirche ästhetisch sein?“

Sein Architekturbüro Allmann Sattler Wappner hat in den Jahren 1997 bis 2000 in München die Herz-Jesu-Kirche gebaut, die international als eines der bedeutendsten Beispiele gegenwärtiger Kirchenarchitektur gilt. Eine Kirche zu bauen, sagt Sattler, das sei nach wie vor das Interessanteste, was einem Architekten passieren könne. Da der Vorgängerbau der Herz-Jesu-Kirche abgebrannt war, ermöglichte eine üppige Brandschutzversicherung etwa das Doppelte der sonst üblichen Baukosten. Als man sich das Büro 2009 am Wettbewerb für die Leipziger Propsteikirche beteiligte, gewann dennoch der übliche spießige Betonquader. Sattlers bereits im Entwurf ziemlich aufregender Kuppelraum galt dort als zu extravagant.

Den christlichen Gemeinden gehe seit einigen Jahren der Mut verloren, sich mit hochwertiger Architektur im öffentlichen Raum sichtbar zu machen, glaubt Sattler. Seit dem Limburger Skandal, sagt Florian Schuller, der als Direktor der Katholischen Akademie in Bayern die Tagung mitveranstaltete, gehe nun die Angst um, dass man gar nicht mehr qualitätsbewusst bauen dürfe. Mancher frage sich: „Sollen wir nur noch Hütten hinstellen?“

Dass wir von den Kirchen ausdrücklich Bescheidenheit einfordern, liegt nicht nur daran, dass sich Massen von Menschen plötzlich auf das christliche Armutsideal berufen. Die europäische Kultur ist auch geprägt von einem latenten Misstrauen dem sinnlich Wahrnehmbaren gegenüber. Für Platon verbarg sich das Wesentliche gar hinter den Erscheinungen. In Deutschland aber pflegt sich dieser Verdacht unter dem Einfluss des Protestantismus und des philosophischen Idealismus regelmäßig zu einem Kult der Innerlichkeit zu verdichten. Alles Äußere gilt darum als äußerlich, unnütz und uneigentlich. Deshalb neigen wir dazu, Ethik und Ästhetik nicht nur als getrennte, sondern sogar als unvereinbare Sphären zu denken. Kircheneigentum etwa, das nicht sozialen Zwecken zukommt, ist dann fast schon Diebstahl.

Dabei sind die deutschen Kirchen zweifellos reich. Allein in Bayern, wo wenig Protestanten leben, sind, so erfuhr man in Tutzing, in den vergangenen zwanzig Jahren sechzig bis siebzig neue evangelische Kirchen entstanden. Die Bistümer und Landeskirchen – nicht zuletzt ihre karitativen Einrichtungen – leben gut von der in anderen Ländern unbekannten Kirchensteuer. In Analogie zu staatlichen Steuereinnahmen verpflichtet sie das tatsächlich zu einer gewissen Rechenschaft gegenüber ihren Mitgliedern.

Intransparente Sonderwünsche von Bischöfen sind deshalb ein Problem, selbst wenn sie, wie in Limburg, vorwiegend nicht aus laufenden Kirchensteuermitteln gezahlt werden. Aber es gibt auch so etwas wie ein Ressentiment der Kirchenmitglieder – also nicht bloß der kirchenfernen Nicht-Mitglieder – gegen ihre Institutionen. Ästhetisches Gestalten, berichtet Amandus Sattler in Tutzing, werde in der Konfrontation mit innerkirchlichen demokratischen Gremien nicht gerade leichter.

Der Streit zwischen Ethik und Ästhetik prägt längst den Alltag in den Kirchen. Nur fünf Prozent der Kirchenmusiker werden für ihren Dienst bezahlt. Das erfuhr man in Tutzing von Klaus Wedel, dem Präsidenten des Verbandes Evangelischer Kirchenmusiker und Kirchenmusikerinnen in Bayern. Fünfundneunzig Prozent der Musiker schlagen ihre Orgeln ehrenamtlich. „Darf Musik überhaupt etwas kosten?“, fragt sich sein katholischer Kollege Frank Höndgen, Chordirektor der Münchner Michaelskirche. Beide beklagen die mangelnde Wertschätzung für die Kirchenmusik. Nach dem Motto, so Höndgen: „Könnt ihr nicht auch eine kürzere Messe spielen?“

Dabei gilt St. Michael in der Münchner Innenstadt als eine Hochburg der Kirchenmusik, von einer „Insel der Seligen“ spricht auch Höndgen. Im Gegensatz zu vielen anderen Kirchen ist seine Arbeitsstelle am Sonntagmorgen meistens stark überfüllt. Das ist auch ein Ausdruck der Doppelmoral, die in der Debatte um Prunk und Protz in den Kirchen mitschwingt. Denn es sind oft gerade die erbauliche Kirchenmusik und die großartigen, in ihrer Erhaltung jedoch äußerst geldintensiven Bauten, die viele Menschen nach wie vor in die Institutionen locken. Der Reichtum der Kirchen ist ja auch ein Stück von unser aller Reichtum. Ein wenig mehr Entspannung wäre möglich. Denn die nächste Debatte um bischöfliche Fischteiche kommt bestimmt.

Spuk

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Schweigen. Er sitzt mir gegenüber. Wieso stellt er keine Fragen? Er hat sogar gelächelt bei der Begrüßung. Sauberes Zimmer. Kunst und beige Wände. Der Sessel ist bequem, ganz anders als auf Station. Er hat die Beine übereinander geschlagen. Der Stift liegt locker in seiner linken Hand. Das oberste Blockblatt auf seinem Schoß ist noch leer. Er wartet dass ich etwas sage. Wieso wartet er? Soll ich ihn fragen? Nein, er ist der Psychologe. Er weiß was ich denke. Er sieht es an meinen Bewegungen. Habe ich mich bewegt? Wieso jetzt? Ich habe mich bewegt. Er sieht genau dass ich unsicher werde. Wieso lässt er mich gewähren? Ich glaube er spielt ein Spiel, aber ich kann das auch. Ich rühr mich nicht mehr. Ich bleib solange starr bis er sich bewegt. Mal sehen wie lange er das durchhält. Er hebt den Kopf ein wenig an. 

"Sind sie nervös?" 

Mein Kehlkopf brennt. Ich habe zu lange nicht geschluckt. Ich glaube ich kann nicht sprechen. Gleich kriege ich einen Krampf im Hals. Oh Gott, ich muss schlucken. Nochmal. Gleich nochmal. Ich muss gar nichts mehr sagen. Er hört sowieso an meinem Schlucken dass ich nervös bin. Der Kugelschreiber klickt. Er schreibt etwas auf.  Jetzt könnte ich mich bewegen. Nein. Wenn ich mich jetzt bewege, merkt er dass ich die ganze Zeit nur auf einen Moment gewartet habe, mich bewegen zu können. Das könnte mich verraten. Aber wieso verraten? Ich hab nichts zu verbergen, aber wenn ich was sage behalten sie mich hier. Wieso? Ich bin nicht verrückt, doch ich fühl mich viel zu schwach das zu beweisen. Das sind die Medikamente. Das sind die Leute. Das ist nicht mein Leben. Ich will hier weg. 

"Waren sie schonmal in psychiatrischer Behandlung?" 

Wieso fragt er das jetzt? Er hat doch gesehen wie die mich hergebracht haben. Der Pfleger der draussen wartet, hat ihm einen Brief in die Hand gedrückt. Da steht doch alles drin. Ich glaube es sind meine Augen. Er kann in meinen Pupillenbewegungen meine Gedanken lesen. Nicht mehr bewegen. Nirgendwo mehr hinsehen. 

"Wie vertragen sie denn die Medikation?" 

Wie lange starre ich schon gradeaus? Meine Augäpfel brennen. Nicht blinzeln. Bloß nicht blinzeln. Ich seh jetzt ganz klar. Das ist alles nur eine billige Inszenierung. Der Typ ist kein Psychologe. Der wirkliche Psychologe verfolgt das Gespräch über eine versteckte Kamera und hat den ganzen Raum im Blick. Wo ist diese Scheiß Kamera? Meine Augen sind verkrampft. Ich muss so langsam wie möglich alle Winkel des Zimmers absuchen. Klick. Er notiert wieder etwas. Der Kugelschreiber!? Das muss es sein. Nein, damit hätte er nicht den ganzen Raum im Blick. Vielleicht ist ja jemand hinter meinem Stuhl versteckt? Ich höre nichts, aber es sind Profis. Sie wissen wie sie mich aushorchen können. Was wollen sie von mir? Was habe ich für Geheimnisse? Was war das hinter mir? Nein, ich habe mich bewegt. War das zu hastig? Wenigstens ist das Fenster frei. 

"Hören sie Stimmen, Herr Jansen?" 

Ich hab's gewusst. Sie sind auch an meinen Ohren. Jetzt kratzt jemand an der Tür. Ja, sie installieren die Kamera. Oder analysieren sie schon das erste Band? Das heisst sie kommen gleich und geben mir mehr von diesen Medikamenten, und wenn ich mich wehre geben sie mir noch mehr, und wenn ich dann den ganzen Tag im Bett liege geben sie mir welche von denen ich dauernd rumlaufen muss. Die Augen, ich krieg die verdammten Augen nicht mehr zu.

"Können sie mir das heutige Datum sagen?"

Wieso will er das Datum? Das Datum ist wahrscheinlich ein Code um die Kamera zu aktivieren. Ich muss diese Kamera finden. Wenn ich mich nur bewegen könnte. Jeder Milimeter kann mich verraten. Meine Füße baumeln über einer Schlucht. Am besten ich springe. Aber ich habe Angst davor nicht mehr zu landen. Wie nach diesen Medikamenten. Ein Gefühl als ob sie mich von einer Klippe stoßen und es es nur noch den Fall gibt. Ich wünsche mir, endlich auf dem Boden aufzuprallen und stehenzubleiben, aber ich falle weiter, immer weiter.Er telefoniert. Er hat mich gehört. Jetzt weiß er alles. Ich muss ein geheimer Informant sein. Oh Nein... jetzt wird mir einiges klar. Er kann meine Gedanken gar nicht lesen. Ich bin es, der seine Gedanken liest. Ich steuere ihn, aber durch die Medikamente bringt er mich soweit dass er mich steuern kann. So will er an mein Geheimnis ran.Er legt auf. Er setzt sich. Er lächelt. Wir wissen beide was los ist. Wieso spielt er das Spiel noch weiter?

"Ich würde in den nächsten Tagen gerne einige Untersuchungen mit ihnen durchführen."

"Untersuchungen!?"
War das zu schrill? Nur keinen Verdacht auf mich ziehen. 

"Dazu müssten sie bitte diese Einverständniserklärung unterschreiben."
Er reicht mir ein Blatt. Ich glaube ich zittere. Die Buchstaben verschwimmen. Was steht da? Nervenwasser. Sie wollen mir Nervenwasser abnehmen! Da ist also das Geheimnis. Er will seine Gedanken aus meinen Nerven zurück holen. Bloß nicht unterschreiben. Bloß nicht unterschreiben! Aber was wenn ich mich dadurch verdächtig mache? Oh mein Gott. Ja, das ist die Kamera. Sie
installieren sie in mein Nervenwasser und damit lesen sie meine Gedanken.

„Verstehen sie was hier steht?“

Ich verstehe dass ich hier raus muss. Irgendwie stören sie die Signale, damit ich seine Gedanken nicht lesen kann. Ich muss ihn ablenken. Zeit gewinnen.

„Wo wollen sie hin?“

Ich bleib hier garantiert nicht mehr sitzen. Die Tür ist zu. Jetzt steht er auch noch auf und geht auf mich zu. Ich geh einfach weiter nach hinten. Aber Moment... Er wollte das. Er wollte dass ich aufstehe. Sicher steht schon jemand hinter mir, um sich mein Nervenwasser zu holen. Oder es ist nur ein Trick und er will dass ich mich umdrehe, dann kann er mir in den Rücken fallen. Es hilft nichts. Ich muss mich drehen. Nur ganz kurz. 

"Herr Jansen, alles in Ordnung?"

Mist, ich hab nichts gesehen, weil ich mich zu schnell gedreht habe. Ich muss mich nochmal drehen. Nochmal. Nein, es hilft nichts. Ich sehe nichts. Sie sind schneller als ich. Jetzt steht er neben mir. Er hält mich fest und telefoniert. Ich höre was von Erregung. Er meint bestimmt sich selbst. Oder ist er erregt, weil er einen anderen Weg in meine Gedanken gefunden hat? Irgendwas in diesem Raum hier dringt durch mich hindurch. Es reißt Löcher. Löcher die offen bleiben. An denen will er sich bedienen. Ich spür schon seine nassen Hände. Ich spür wie sie einsinken, obwohl er so tut, als würden sie nur auf meiner Schulter liegen.

"Wollen sie sich einen Moment hinlegen?"

Er zeigt auf die Pritsche in der Ecke.Ich will hier nicht liegen. Hier fühlt sich das Liegen wie Zugfahren an. Wie in einem Waggon, der einfach stehenbleibt. Ich steig aus. Ich steig jetzt aus.
Ein Schritt. Zwei. Ha! Damit hat er nicht gerechnet.

"Herr Jansen!"

Er greift wieder zum Telefon. Ich schubse ihn. Das reicht. Er stolpert und verliert das Telefon. Soll ich es vernichten? Nein. Keine Zeit! Die Tür ist offen. Schnell ins Treppenhaus. Ich höre ihn hinter mir. Er ist schnell. Ein anderer kommt mir entgegen. Ich bin schneller. Ich bin schneller. Er fasst mich und drückt mich an die Wand. Die Wucht ist so groß, dass ich ihn mitziehen kann. Er muss sich auf dem Treppenabsatz aufstützen. Im Taumeln schubse ich ihn. Er kämpft ums Gleichgewicht. Ich sehe nicht, ob er fällt. Es ist mir egal, denn der Weg ist frei. Da draußen ist Luft. Ich beschleunige. Da vorne ist die Tür. Sie ist offen. Draußen ist es anders. Die Luft ist so gut. Meine Gedanken. Jetzt gehören sie niemandem. Nicht mal mir. Jetzt sind sie frei. Ich muss lachen. Doch die Schritte hinter mir gönnen mir das nicht. Ich lache trotzdem weiter und laufe auf die Straße zu. Plötzlich sind da auch noch andere Schritte. Ich kann sie nicht mehr von meinen unterscheiden. Seit wann trage ich einen weißen Kittel? Seit wann drücke ich eine Hand, die um sich schlägt, zu Boden? Ich will dass die Hand mit dem Boden verschmilzt. Ich will dass die Schreie aufhören. Ich stecke eine Spritze in einen angespannten Muskel und drücke ab. Jetzt tauschen wir Kleider. Ich stehe einfach auf und gehe. Verwandelt. Es fühlt sich an als würde ich den Boden abziehen und aufsammeln. Wie Papier, das aus einem Kopierer flattert.

"Wir sind große Nostalgie-Hasser!"

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jetzt.de: Zum Geburtstag gibt’s am 15. Mai ein großes Konzert mit euch im Hamburger Club Übel & Gefährlich. Ihr teilt euch da die Bühne mit Bands wie Junges Glück und Schrottgrenze, die sich schon vor Jahren aufgelöst haben. Ist das ein Zuprosten auf alte Zeiten?
Deniz Jaspersen: Diese Bands waren unsere Wegbegleiter, die sind einfach ein Teil dieser letzten zehn Jahre und haben uns beeinflusst. Schrottgrenze war die erste Band, mit der wir zusammen auf Tour waren. Mit Junges Glück haben wir uns den Proberaum geteilt.
König Wilhelmsburg: Wir feiern ja nicht, dass die Vergangenheit geiler war als die Gegenwart. Wir schreien auch nicht ständig: „Früher!“ (lacht)
Deniz: Es ist toll in einer Band zu spielen, die nicht immer die Zeit zurückdrehen will. Wir sind große Nostalgie-Hasser! Für uns ist es einfach super, dass wir zehn Jahre durchgehalten haben und jetzt diese Bands mit uns auftreten.  



Heute: Die Jungs von Herrenmagazin sind ruhiger geworden. Deniz Jaspersen (2. v. r.) trägt heute keine Dreiviertelhosen mehr und König Wilhelmsburg (r.) einen Seitenscheitel.

Außerdem wird für die Show noch die Band Fraukes Ende angekündigt. Wer sind die denn?

Deniz: Naja, das ist noch geheim. Aber die kommen aus Husum, haben schon fünf Alben draußen und machen so norddeutschen Schlau-Punk. Das muss jetzt aber als Tipp reichen. Außerdem kommt Bosse auf die Bühne und singt mit uns.  

Ihr seid mittlerweile beide über 30. Wie war das für euch, sich als Band älter werden zu sehen? Kriegt man das überhaupt mit, wenn man sich so oft und so lang sieht auf Tour, im Proberaum oder im Studio?

Deniz: Klar! Beim König auf jeden Fall an der Frisur! (lacht) Du hattest früher eine Emo-Frisur und jetzt halt so einen Seitenscheitel.
König: Ja, stimmt. Bei Deniz merkt man es am Stil. Wir haben jetzt mal alte Bandfotos ausgegraben. Die sind schon hart!
Deniz: Oh Gott, wie ich teilweise auf der Bühne stand! Mit Birkenstock-Sandalen und dazu eine Dreiviertel-Hose und ein gelbes T-Shirt. Wir sind aber nun mal alle vom Punk sozialisiert. Da gehört das beschissene Anziehen dazu. Das ist genau wie dieses Hipster-Ding: Auffallen durch schlechten Stil. Das haben wir jetzt aber hinter uns gelassen.  



Damals: "Oh Gott, wie ich teilweise auf der Bühne stand!" sagt Deniz.

Eure drei Alben zeigen ja auch einer Veränderung. Ihr drückt mittlerweile hörbar weniger aufs Gaspedal als noch 2008, als die erste Platte erschien.

Deniz: Wir sitzen gerade an der nächsten Platte. Das wird ein großer Schritt für uns. Es wird alles etwas ruhiger.
König: Das wird sich auch aufs Tempo auswirken. Wir wollen weniger Geballer. Die Leichtigkeit, die auf der ersten Platte drauf ist, ist auch ein bisschen zurückgekommen. Damals war ich aber noch nicht in der Band.
Deniz: Ich habe mich auch mit Felix von Kante getroffen. Er hat mir ein paar wichtige Impulse gegeben. Kante ist für mich eine der besten Hamburger Bands überhaupt. Ich glaube aber, dass wir jetzt Musik machen, die zu unserem Alter passt. Wir gehen ganz selbstbewusst damit um, dass die Leute von uns Rock erwarten. Wir haben oft gehört, die letzte Platte sei so ruhig gewesen. Aber wir müssen ja selbst gut finden, was wir machen. Wir haben gezeigt, dass wir ballern können! Jetzt dürfen wir zeigen, dass wir Musik machen können! (lacht) 

Vor zehn Jahren hättet ihr die Musik, von der ihr redet, nicht machen können?
Deniz: Nee, niemals! Damals war unsere Philosophie: „Nicht nachdenken! Machen!“ Aber dieses Mal zwingen wir uns zum Beispiel zu schauen, was passiert wenn man die Gitarren in einem Lied weglässt. Man könnte fast sagen, dass wir jetzt Musiker sind. Damals wollten wir die Leute aber einfach nur wegblasen.  

Als du 2009 in die Band kamst, König, was war das für eine Gruppe?
König: Das war ein Scherbenhaufen voller Wut. Wir wussten nicht, was passieren würde und das Label hat ständig Probleme gemacht. So wütend klingt die zweite Platte dann auch.  

In eurer Ankündigung für die Jubiläums-Show sprecht ihr auch von Höhen und Tiefen der letzten zehn Jahre. Gab es mal den Punkt, an dem fast Ende gewesen wäre?
Deniz: Vor der zweiten Platte haben wir uns beinahe aufgelöst. Das lag daran, dass unser Gitarrist Philip damals ausgestiegen ist. Dann hat unser Drummer Rasmus sich die Schulter gebrochen und hatte keine Versicherung. Das Label war unzufrieden mit unseren Songs, was ich damals blöd fand. Im Nachhinein war das gut, weil man sich intensiver mit der Musik auseinandersetzten musste. Dann kam der König in die Band und alles nahm eine neue Richtung.
König: So ein richtiges Hoch war dann zum Beispiel die Tour zum letzten Album. So eine Tour macht man, um sein Ego zu streicheln!

Eure Songs und grade die Songtexte beschreiben ja oft Wut und Verzweiflung. Ihr wirkt gerade aber ziemlich euphorisch und lacht viel. Ist euer Witz wichtig für die Band?
Deniz: Der Humor hat uns immer vereint. Es gibt ja viele Bands, die reden nie im Tourbus. Die sitzen alle da und jeder guckt einen Film auf dem Laptop. Da sind wir anders. Wir regen uns auf, hören Musik und lachen zusammen. Die Menschen in unserer Band haben sich verändert – aber unser Humor nicht.

355 - travis fimmel

FRAGMENT 1

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UND DIE SAMTENE HAUBITZE /
NENNT SICH SANKT HUBERTUS MÜTZE /
KOMBINIERT MIT EDLEM HOPFEN /

MUNDET AUCH HUBERTENS TROPFEN /
AUCH WENN MANS AUS PFÜTZEN LECKT /
NUR VORM LADEN ALLES SCHMECKT /

BRAUCHST NICH WEIT HINAUSZUGEHEN /
KANNS IM LADEN DICH UMSEHEN /
MACH DAS ÖTTI ODER STERN /

GLEICH DORT AUF DAS SCHMECKT UNS GERN

Fünf Songs für den Dienstag

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Marteria – Welt der Wunder

https://www.youtube.com/watch?v=xBD2ZFDFXto

Marteria ist ja derzeit so was wie der Konsens-Künstler des deutschen Pop. Den Rapper findet fast jeder gut. Zurecht, wie „Welt der Wunder“ zeigt: Mehr Pathos geht zwar nicht, trotzdem wird’s nicht peinlich. Dabei ist selbst die Message nicht neu: „Wir leben auf einem blauen Planeten, der sich um einen Feuerball dreht/mit ’nem Mond, der die Meere bewegt – und du glaubst nicht an Wunder?“

Mogwai – Simon Ferocious

http://www.youtube.com/watch?v=fvhUvgpV2x0

Gerade hab ich gelesen, dass Mogwai aus Schottland kommen. Und habe mich gefragt, welche Bands noch aus Schottland stammen – weil ich nur so wenige kenne. Franz Ferdinand und Glasvegas fallen mir ein. Mogwai jedenfalls sind aus Glasgow und machen Rockmusik, die keine Rockmusik ist. Meist ohne Texte, ohne Strophe-Refrain-Schema und mit komplexen Songstrukturen. Die perfekte Musik zum Fliegen – oder um fliegenden Menschen dabei zuzusehen. Wikipedia sagt übrigens, dass Travis, Garbage und Frightened Rabbit auch aus Schottland kommen.

Bonnie „Prince“ Billy – Bad Man

http://www.youtube.com/watch?v=Y7YDdXHDTzk

Bonnie „Prince“ Billy, der eigentlich Will Oldham heißt, sieht aus wie ein scheuer Waldschrat. Und macht die passende Musik dazu: melancholisch und trostlos. „I try to stay quiet, ’cause I am a bad man“, singt er, der Resignation nahe. Gut, dass er nicht still bleibt. Denn obwohl er nur ein paar Töne auf der Akustischen zupft, entwickelt das Lied eine unheimliche Wucht.

Metronomy – Reservoir

http://vimeo.com/93519409

Nachdem die Indie-Popper von Metronomy gestern schon mit einem älteren Song  in den wunderbaren Kosmoshörer-Charts von Kollegin Teresa Fries aufgetaucht sind, gibt’s heute neuen Stoff: Das Video zu „Reservoir“ aus dem aktuellen, ziemlich sixties-mäßigem Album „Love Letters“. Zutaten: viele Filzstifte, der Synthesizer-Sound einer Spielekonsole aus den 80ern und die Kopfstimme Joseph Mounts. Ergebnis: Unaufgeregter Elektro-Pop zum Mitsingen.

Hauschka – Agdam

http://www.youtube.com/watch?v=JrlV98ynu80&feature=youtu.bewe%27ve

Etwas verstörend ist es schon, wie die beiden Damen in diesem Video erst in Weiß, dann in Schwarz im Schnee tanzen – so wie Hauschkas Musik. Hauschka heißt im wahren Leben Volker Bertelmann, lebt in Düsseldorf und reist als Meister des präparierten Klaviers um die Welt. Er nutzt Korken, Folien, Keile und andere Alltagsgegenstände, um den Klaviersaiten ungewöhnliche Töne zu entlocken. En passant wirft er eine Melodielinie ein, die perlt wie ein kühles Blondes.

"Generation Unverbindlich"

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Ich bin Buchantiquar und betreibe seit vielen Jahren ein Ladengeschäft im Zentrum von Ravensburg. Mein Antiquariat gehört zu den immer weniger werdenden, die jungen Menschen die Möglichkeit eines antiquarischen Praktikums anbietet. Immer wieder erhalte ich deshalb Bewerbungen von jungen Studenten oder auch Absolventen, sogar aus dem Ausland, die sich dann auch online bewerben. 

Allerdings ist im Längsschnitt der letzten zehn Jahre nun eine deutliche Veränderung der Bewerbungsdynamik zu verzeichnen: Immer mehr Bewerberinnen und Bewerber bewerben sich de facto nur noch "virtuell", d.h. sie senden zwar eine Bewerbung, diese ist aber dann nicht nur in der Regel eine unter vielen, sondern auch eine, die auch dann sogar am Vortag des Beginns noch zur Absage führen kann, also wenn die Absicht der Bewerberin durchaus ernst gemeint war.

Folgende email einer Bewerberin erreichte mich einen Tag vor dem vereinbarten Praktikumsbeginn: 

"Es ist mir sehr unangenehm, aber ich habe mir das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen lassen und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich das Praktikum leider absagen muss. Dies ist eine ganz und gar pragmatische Entscheidung, die mir nicht leicht gefallen ist: Wäre ich in einer anderen Situation und Lebenslage, etwa am Anfang meines Studiums, ich hätte nicht lange nachgedacht und das Praktikum gemacht, denn das Interesse dafür ist selbstverständlich da. So aber muss ich einfach Prioritäten setzten. Ich kann mir keine unbezahlten Tätigkeiten mehr erlauben, auch wenn ich bei Ihnen mit Sicherheit sehr viel gelernt und arbeitszeitliche Privilegien genossen hätte und muss alle meine Anstrengungen daran setzten und meine Zeit darin investieren, bald tatsächlich irgendwo in Lohn und Brot zu stehen."

Nun ist das Bearbeiten selbst einer Praktikums-Bewerbung für einen Arbeitgeber durchaus zeitintensiv, sodaß es schon ärgerlich ist, wenn von den eingehenden Bewerbungen jede zweite nur optional ist und darüberhinaus stets vom Absprung in letzter Minute (!) bedroht ist. Hier hat sich im Zuge einer beschleunigten Arbeitsmarktdynamik ganz offensichtlich eine neue "Generation Unverbindlichkeit" herausgebildet mit einer aus meiner Sicht dramatisch nachlassenden Verbindlichkeit - letztlich icht nur Dritten, sondern auch sich SELBST gegebüber.

Meine Bereitschaft, weiterhin ein Buchhandelspraktikum anzubieten, ist deshalb nach einigen sich solcherart wiederholenden Fällen jedenfalls deutlich gesunken.

Das wollte ich für die jungen Leute hier bei jetzt.de einmal zum Nachdenken geben. 

www.antiquariat-mehlsack.de




Mein Panini-Album: für nadja-schlueter und alle jungs die tauschen wollen ;;;)))

Heldeninflation

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Den Begriff „Held“ zu definieren, ist eigentlich nicht so schwer. Meistens sind es Menschen, die besonders wagemutige Sachen machen. Und das nicht als Selbstzweck, sondern weil ihnen ihre Umwelt so wichtig ist. In Heldengeschichten geht es deshalb meistens um nicht weniger als die Existenz der Menschheit: Die Erde muss vor bösen Mächten (genetisch veränderten oder kapitalismusgeilen Bösewichten, oft auch in Kombination) gerettet werden. Der Held selbst tut dadurch zwar etwas sehr Ehrenhaftes, wird dafür aber nur selten belohnt. Siegfried aus dem Nibelungenlied musste das Herz eines seiner Widersacher braten und verspeisen, einen Drachen töten und in dessen Blut baden und das alles nur, um am Ende wegen eines dummen Entjungferungs-Streites von seinem Widersacher Hagen erstochen zu werden. Batman geht’s auch nicht besser – er ist Waise, darf öffentlich nicht zu seiner Vorliebe für Fledermausanzüge stehen und zumindest in den depressiven Christopher Nolan Filmen stirbt seine große Liebe Rachel Dawson. Stünden all diese Erfordernisse in einer Jobbeschreibung – man bekäme wohl wenig Lust, sich zu bewerben.  

Trotzdem erlebt das Heldentum gerade in der Berufswelt eine Renaissance Nicht, weil immer mehr Menschen sich selbstlos und todesmutig in Feuerbrünste werfen um zu helfen– das wäre schön. Sondern weil die Werbeindustrie das so will.  


Heldentum ist mittlerweile inflationär - es soll Ausbildungsplätze interessanter klingen lassen. Aber ist das notwendig?

Insbesondere solide Jobs, die auf den ersten Blick vielleicht nicht besonders funky wirken, werden immer öfter mit dem Claim „Helden gesucht“ beworben. Die Münchner Stadtwerke machen das so (Helden gesucht! Ausbildung zum Industriemechaniker / Bürokaufmann / Kaufmann für Verkehrsservice, dann aber natürlich in Verbindung mit einem Wortspiel mit ‚Weichen stellen’). Wer beim Baumarkt Hornbach anfangen möchte, ist ebenfalls ein Held und auch Sparkassenmitarbeiter tragen unter ihren Anzügen Supermananzüge - theoretisch. Der „Focus“ betitelte neulich das Lehrerdasein als einen „Job für Helden“ und „Jugend forscht“ versuchte bereits vor ein paar Jahren seinen Wissenschaftlern damit mehr Glorie zu verleihen. Wenn man noch ein bisschen weitergooglet, werden auch Putzfrauen, Nachtclubmitarbeiter und Sprengmeister zu Helden – wobei zumindest letztere im Interview zugeben, im Zweifelsfall dann doch lieber keine seien zu wollen sondern nur ordentlich ihren Job zu machen.

Natürlich ist es erstmal nicht verwerflich, wichtigen Jobs mehr Anerkennung zukommen lassen zu wollen. 2013 waren über 33.000 Ausbildungsstellen in Deutschland unbesetzt – oftmals eben jene, die zunächst nicht besonders aufregend klingen. Diesen allerdings gleich etwas Heroisches zu geben, ist nicht nur übertrieben – es ist auch lächerlich. Kein junger Mensch wird sich begeistert bei den Münchner Stadtwerken bewerben, weil er erwartet, hier täglich die Welt zu retten. Vermutlich will er das auch gar nicht, sondern erfreut sich einfach an einem sicheren Arbeitsplatz und guten Arbeitsbedingungen.  

Es ist aber noch etwas anderes, dass die inflationäre Verwendung tragisch macht: Echte Helden versinken in dieser Flut von Möchtegern-Capeträgern. Denn unter dem Helden-Banner laufen auch gute Aktionen. Die „Jungen Helden“ informieren über Organspenden, die „Sozialhelden“über Barrierefreiheit und die "Aias-Helden" kämpfen für die Registrierung in Stammzellendatenbanken gegen Knochen- und Blutkrebts. Wenn die Sächsische Feuerwehr unter dem Slogan „Helden gesucht“ ehrenamtliche Mitarbeiter sucht, wirkt das langweilig. Das ist ungerecht. Denn im Gegensatz zu den sonst derzeit gesuchten Helden werfen diese sich wirklich in Feuerbrünste und retten Menschenleben. Das macht die Bürokauffrauen und Baumarktmitarbeitern nicht zu schlechteren Menschen – die wahren Helden werden so nur leichter übersehen.  

Und vielleicht gilt für die Bürokauffrauen und Baumarktmitarbeiter noch eine ganz andere goldene Regel: Echte Helden prahlen nicht mit ihren Fähigkeiten. Sie tun Gutes heimlich. Schließlich war Peter Parker auch nicht von Beginn an Spiderman in Vollzeit. Seine Karriere fing ganz anders an – als Laborgehilfe.

warme Marmelade und Sexlosigkeit

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Heute Eierbrot mit Knoblauch gegessen. Außerdem Marmelade gekocht. Dann alles warm aus dem Glas gelöffelt.
Keine Lust zu trainieren. Fühle mich wie ein fettes Hängebauchschwein - aber mir ist alles scheißegal.
Denke oft an Sex mit jungen Hünen, jedoch keiner in Sicht. Nur angeflirtet worden von Mann mittleren Alters. Ignoriert.

Vergesslichkeit nimmt zu. Muss wieder regelmäßig Tagebuch schreiben.






Mal mir mal… (Teil 2)

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Mal mir mal einen mitfühlenden Henker
 




 Mal mir mal ein Handy, das nicht will, dass sein Besitzer einen Tabletcomputer hat




 Mal mir mal Kindheit von Sascha Gray
 




Mal mir mal die Werbung für eine Musikschule für Erwachsene 




 Mal mir mal die Welt ohne Übel 




Mal mir mal die Welt ohne Insekten
„Weißt du, was am Sommer schlecht ist?“
„Was denn?“
„Nichts“.






Mal mir mal ein Meerungeheuer, dass „an awkward moment”  hat
„Ist das dein erstes Mal?“





Mal mir mal einen wunderlichen Bulldozer




 Mal mir mal eine Katze von innen, so dass man verstehen kann, dass es eine Katze ist
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