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Mama, Papa und die ewige Dankbarkeit

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Es ist mehr als 40 Jahre her, dass Vater und Sohn auseinandergegangen sind. Und jetzt soll der Sohn für den Vater 9000 Euro bezahlen. Und weigert sich.  

Könnte ein guter Filmplot sein, ist aber ein Fall, der diesen Mittwoch vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe verhandelt wurde. 1971 verließ der Vater die Familie und brach den Kontakt so gut wie ab, gratulierte nicht zum Abitur des Sohnes, missbilligte seine Verlobung und enterbte ihn schließlich. Vor fünf Jahren bekam der Sohn Post vom Sozialamt, mit der Information, der Vater sei im Heim und er könne für die Kosten haftbar gemacht werden. Das ist jetzt, ein Jahr nach dem Tod des Vaters, passiert. Der Sohn soll den Unterhalt nachzahlen. Das ist gar nicht so ungewöhnlich, denn Kinder können tatsächlich von der Sozialbehörde zur Kasse gebeten werden, wenn die Eltern mittellos im Heim leben (oder gelebt haben). Das Problem ist hier aber nicht nur ein rechtliches, sondern auch ein moralisches, weil der Vater die Familie im Stich gelassen hat. Ist der Sohn dann trotzdem verpflichtet, zu zahlen?  





Der Paragraf 1611 des Bürgerlichen Gesetzbuches versucht, auch das zu regeln. Wenn der Unterhaltsberechtigte, also der Vater „seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht“ hat, muss der Sohn keinen Unterhalt für ihn zahlen. Ob das nun der Fall ist, muss der BGH entscheiden.  

Aber wie auch immer diese Verhandlung ausgeht, generell sagt das Gesetz erst einmal: Kinder sind verpflichtet, finanziell für ihre Eltern aufzukommen, wenn sie ihren Unterhalt nicht selbst bestreiten können. Andersherum scheint das logisch: Eltern sind verpflichtet, ihre Kinder zu versorgen. Oft haben sie sich das ja sogar so ausgesucht. Aber Kinder haben sich niemals ausgesucht, auf die Welt zu kommen, und sie haben sich auch nicht für ihre Eltern entschieden. Andererseits sind auch ihre Eltern ebensolche Kinder, die sich nie entschieden haben, auf die Welt zu kommen. Wenn man das immer weiterdenkt, bekommt man einen Knoten in die Gehirnwindungen, durch den dann Gedanken über Familie und die Verpflichtungen, die mit ihr einhergehen, kreisen und kreisen und kreisen. Denn in Zeiten, in denen die traditionelle Familie immer mehr an Bedeutung verliert, sind diese Verpflichtungen nicht mehr so einfach zu bewerten wie früher, als man einfach kurz in den Zehn Geboten nachgelesen hat, um alle Zweifel zu beseitigen: Mutter ehren, Vater ehren, alles klar!  

Wie viel ist man seinen Eltern also schuldig? Klar, wenn man aus einer intakten Familie kommt, wird man sie allein aus Liebe und Zuneigung nicht im Stich lassen wollen. Aber denkt man da auch den Aspekt „Immerhin haben sie meine Klamotten und mein Essen bezahlt“ mit? Und wie ist es, wenn man eigentlich der Meinung ist, dass sie ihren Job gar nicht so besonders gut gemacht haben? Wenn sie zum Beispiel nur die Klamotten und das Essen bezahlt haben, aber es mit der Zuneigung nicht weit her war? Oder wenn sie einen gar ganz im Stich gelassen haben – muss man dann trotzdem für sie aufkommen? Finanziell? Oder sogar aktiv pflegend? Was denkst du?

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