Der Flashmob hat eine erstaunliche Karriere vorzuweisen (auch wenn manche an dieser Stelle lieber lesen würden: gehabt). Vor wenigen Jahren wunderten sich die Menschen in der Fußgängerzone noch, wenn andere vermeintliche Flaneure offenbar und tatsächlich ohne Grund anfingen, gemeinsam Zumba zu tanzen (das ist der Fitnesstanz, der eine erstaunliche Karriere gehabt hat). Vor allem ältere Menschen, die den Begriff mit Haushaltshelfern aus dem Shoppingkanal und seine Umsetzung mit Kurt und Paola Felix aus dem Ersten assoziierten, waren befremdet. Sie hielten das Phänomen, dass sich Leute übers Internet zu spontan wirkenden Massenaktionen verabreden, für eine Modeerscheinung. Diese Nerds, dachten die Kritiker, die haben halt zu viel Zeit sowie Flausen und Bubble Tea im Kopf. Das vergeht.
Schaut man sich das vergangene Wochenende an, muss man widersprechen: Der Flashmob lebt. In U-Bahnen in mehr als 70 Städten auf der ganzen Welt wurde etwa die „No Pants Subway Ride“ gefeiert. Die Liste der Veranstaltungsorte ist beeindruckend – wer hätte etwa gedacht, dass Lille eine U-Bahn hat. Jedenfalls standen die Teilnehmer am Sonntag ohne Hosen in der Metro, was im abgebildeten Peking (minus acht Grad) mehr Überwindung gekostet haben dürfte als in Sydney (plus 23 Grad). Weil das Ganze 2002 nicht in einem liederlichen Arrondissement, sondern im prüden New York begann, bleiben die Unterhosen natürlich an. Der Zweck der Aktion, heißt es auf der Homepage, „ist ein internationales Feiern der Albernheit“.
Hamburg hat da auch mitgemacht am Sonntag, und vielleicht haben sich manche der Unten-ohne-Teilnehmer gegenseitig wiedererkannt von der Kissenschlacht, die am Freitag auf dem Spielbudenplatz aus Unmut über die örtliche Gefahrenzoneritis der Polizei angezettelt wurde.
Dass Flashmobs wegen dieser Beispiele in der allgemeinen Wahrnehmung als bloße Gaudi gelten, nicht aber als möglicher ernster Protest, das schadet natürlich den seriöseren Anliegen. So gab es am Samstag auch bundesweite Flashmobs sowohl gegen Christenverfolgung als auch gegen den Pflegenotstand. Zum Beispiel legten sich mehr als 100 Menschen aneinandergereiht in die Osnabrücker Innenstadt, um gegen die schlechten Arbeitsbedingungen von Alten- und Krankenpflegern zu demonstrieren. So etwas wirkt ja nicht weniger, wenn es nicht Flashmob heißt. Vielmehr würde man bei der Ankündigung solcher Aktionen nicht sofort an Youtube oder behaarte Männerbeine in Gänsehaut denken müssen. Und wann ist eigentlich wieder Blade Night?