Balkanfans, die frischen Fisch in Kroatien ebenso schätzen wie gegrilltes Spanferkel in Serbien, die einen Abstecher ins bosnische Sarajewo machen und den Urlaub mit einem Schwenk nach Montenegro abrunden, könnten glauben, dass in diesen Ländern immer noch die gleiche Sprache gesprochen wird: Serbokroatisch. Der Gedanke ist gar nicht so falsch – auf den ersten Blick. Immer noch unterhalten sich Bosnier problemlos mit Kroaten oder Serben, können die Bücher des Nachbarn lesen und deren Lieder verstehen. Für Serben ist ein Fluss reka, für Kroaten rijeka.
Bosnische Muslime campen in Sarajevo - als Protest gegen ein Gesetz, das Schulen erlaubt, Serbisch zu lehren, nicht Bosnisch.
Auf den zweiten Blick aber ist es mit der Verständigung nicht so weit her: Auf dem Balkan tobt ein erbitterter Kampf um die Sprache. So sind kroatische Kriegsveteranen dagegen, dass im ehemals umkämpften Vukovar Schilder auch auf Kyrillisch geschrieben werden – dem Alphabet der Serben, die hier immerhin ein Drittel der Einwohner stellen. Hunderttausende Kroaten haben sich im Dezember für eine Volksabstimmung gegen die kyrillische Schrift ausgesprochen. Kommt es zu dem Referendum, wird es kaum zu Gunsten der Serben ausfallen.
Ob Serben und Kroaten sprachlich an einem Strang ziehen oder gegeneinander kämpfen,hing im Lauf der Geschichte immer davon ab, ob sie gerade das Einende oder das Trennende betonen wollten. Als etwa im 19. und 20.Jahrhundert Serben die Dominanz erst des Sultans, dann Österreichs-Ungarns beenden wollten, definierten sie mit den Kroaten Serbokroatisch als gemeinsame Sprache. Als sie später serbische Expansion begründen wollten, wurde daraus wieder Serbisch. Auch die Kroaten mühten sich mit neuen Worten um Abgrenzung. Brot hieß nun nicht mehr chleb, sondern kruh, aus voz für einen Zug wurde vlak. Die Monatsnamen Januar oder Dezembar wurden durch siječanj oder prosinac ersetzt; sekretarica (für Sekretärin) wurde zur tajnica. Ein-, vielleicht zweitausend Worte trennen Kroaten und Serben mittlerweile, vor allem in Justiz und Verwaltung.
Wer glaubte, der Weg in die EU würde die Unterschiede entschärfen, irrte – und das nicht nur im Fall der Veteranen von Vukovar. Nebenan, in der zu Bosnien-Herzegowina gehörenden, doch von Serben dominierten Republik Srpska, verlangen muslimische Eltern, ihre Kinder nicht auf Serbisch zu unterrichten, sondern auf Bosnisch. Das ist keine wirklich eigene Sprache, doch es geht um unterschiedliche Versionen von Sprache und Literatur, Geschichte und Erdkunde, Religion und Gesellschaftskunde. Die Eltern nahmen ihre Kinder aus der Schule und protestierten in Sarajewo, bisher vergeblich.
Die Montenegriner sind weiter, aber nur auf dem Papier. Nach der Unabhängigkeit des Zwergstaats schrieb 2007 eine neue Verfassung „Montenegrinisch“ als Staatssprache fest, obwohl zwei Drittel der Einwohner erklärten, sie sprächen Serbisch. Montenegrinisch als Pflichtschulfach ärgerte viele Bürger ebenso wie eine neue, montenegrinische Grammatik. Schließlich sollten Schüler in „montenegrinisch-serbischer, bosnischer und kroatischer Sprache und Literatur“ unterrichtet werden – im Sommer 2013 aber hielt Montenegros Verfassungsgericht dies für nicht rechtmäßig. Wie es weitergeht, ist unklar: Sprachverwirrung allerorten.
Bosnische Muslime campen in Sarajevo - als Protest gegen ein Gesetz, das Schulen erlaubt, Serbisch zu lehren, nicht Bosnisch.
Auf den zweiten Blick aber ist es mit der Verständigung nicht so weit her: Auf dem Balkan tobt ein erbitterter Kampf um die Sprache. So sind kroatische Kriegsveteranen dagegen, dass im ehemals umkämpften Vukovar Schilder auch auf Kyrillisch geschrieben werden – dem Alphabet der Serben, die hier immerhin ein Drittel der Einwohner stellen. Hunderttausende Kroaten haben sich im Dezember für eine Volksabstimmung gegen die kyrillische Schrift ausgesprochen. Kommt es zu dem Referendum, wird es kaum zu Gunsten der Serben ausfallen.
Ob Serben und Kroaten sprachlich an einem Strang ziehen oder gegeneinander kämpfen,hing im Lauf der Geschichte immer davon ab, ob sie gerade das Einende oder das Trennende betonen wollten. Als etwa im 19. und 20.Jahrhundert Serben die Dominanz erst des Sultans, dann Österreichs-Ungarns beenden wollten, definierten sie mit den Kroaten Serbokroatisch als gemeinsame Sprache. Als sie später serbische Expansion begründen wollten, wurde daraus wieder Serbisch. Auch die Kroaten mühten sich mit neuen Worten um Abgrenzung. Brot hieß nun nicht mehr chleb, sondern kruh, aus voz für einen Zug wurde vlak. Die Monatsnamen Januar oder Dezembar wurden durch siječanj oder prosinac ersetzt; sekretarica (für Sekretärin) wurde zur tajnica. Ein-, vielleicht zweitausend Worte trennen Kroaten und Serben mittlerweile, vor allem in Justiz und Verwaltung.
Wer glaubte, der Weg in die EU würde die Unterschiede entschärfen, irrte – und das nicht nur im Fall der Veteranen von Vukovar. Nebenan, in der zu Bosnien-Herzegowina gehörenden, doch von Serben dominierten Republik Srpska, verlangen muslimische Eltern, ihre Kinder nicht auf Serbisch zu unterrichten, sondern auf Bosnisch. Das ist keine wirklich eigene Sprache, doch es geht um unterschiedliche Versionen von Sprache und Literatur, Geschichte und Erdkunde, Religion und Gesellschaftskunde. Die Eltern nahmen ihre Kinder aus der Schule und protestierten in Sarajewo, bisher vergeblich.
Die Montenegriner sind weiter, aber nur auf dem Papier. Nach der Unabhängigkeit des Zwergstaats schrieb 2007 eine neue Verfassung „Montenegrinisch“ als Staatssprache fest, obwohl zwei Drittel der Einwohner erklärten, sie sprächen Serbisch. Montenegrinisch als Pflichtschulfach ärgerte viele Bürger ebenso wie eine neue, montenegrinische Grammatik. Schließlich sollten Schüler in „montenegrinisch-serbischer, bosnischer und kroatischer Sprache und Literatur“ unterrichtet werden – im Sommer 2013 aber hielt Montenegros Verfassungsgericht dies für nicht rechtmäßig. Wie es weitergeht, ist unklar: Sprachverwirrung allerorten.