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Der ganze Sommer an einem Tag

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Eine durchgängige Schönwetterphase ist fürs Erste auch weiterhin nicht in Sicht. Egal! Wer gut plant, schafft alles, was es in München braucht, in weniger als 24 Stunden.

Vorbereitung:
Detaillierte Planung ist unerlässlich. Nur so lässt sich jede Minute des Tages optimal ausnutzen. Es gilt deshalb, die folgenden Dinge vorab zu klären und zu erledigen:




  • Im Idealfall in den Wochen vorher Hornhaut an den Fußsohlen bilden. Sommer ist barfuß, Sommer ist über Kieselsteine laufen.

  • Uhrzeit von Sonnenauf- und Sonnenuntergang rausschreiben.

  • Ein Fahrrad an der Tierparkbrücke positionieren und, falls vorhanden, ein Longboard am Seehaus. Sonst eben noch ein Fahrrad.

  • Mehrere Sommer-Lieblings-Outfits einpacken. Vor allem diverse Badeklamotten.

  • Tretboot am Bootsverleih Kleinhesseloher See reservieren.

  • Fußballmannschaft zusammenstellen und für 17 Uhr zur Wiese unterhalb des Monopteros beordern.


Der Tag:

4.54 Uhr: Aufbruch am Fuße des Olympiabergs. Ist früh, schon klar, aber einmal im Sommer muss man in die Berge und wandern (und dafür im Morgengrauen aufstehen). Eine ausgewachsene Bergtour mit Schotterwegen, Klettersteigen und Handwurst passt nicht in den Zeitplan. Deshalb müssen die 60 Höhenmeter zum Olympia-Gipfel genügen. Dort unbedingt vermeiden: Gipfelschnaps. Kräfte einteilen. 

5.15-5.30 Uhr: Sonnenaufgang genießen. 

5.30-5.45 Uhr: Abstieg und Barfuß-Gefühl Teil eins: über eine von Tau benetzte Wiese lustwandeln (ausgewogene Mischung aus Verträumtheit und Schneckenwachsamkeit finden). 

5.45-5.55 Uhr: Noch kühlen, mitgebrachten Spezi trinken, wie es sich nach einer ordentlichen Bergtour gehört. Tipps gibt’s hier.

5.55-6.10 Uhr: Erster Sportblock. Wir empfehlen: Federball mit G’schpusi – sieht zur goldenen Stunde besonders süß aus.




6.10-6.34 Uhr: Fahrradfahrt zum Bäcker in der Volkartstraße 20 („Neulinger“; öffnet um 6.30 Uhr). Trödeln! Sommer heißt auch: Müßiggang. Selbst, wenn er in einen Tag passen muss. Unverschämt gutes Gebäck und Kaffee kaufen. 

6.40-7 Uhr: Frühstück am Nymphenburger Kanal. Weiterer Müßiggang-Block und damit die beste Gelegenheit, das eine Buch, das man sonst den gesamten Sommer von Badesee zu Balkon schleppt, anzufangen. Geschmackssache: Enten und Schwäne mit Gebäckresten füttern.

7.17-7.44 Uhr: S-Bahn-Fahrt Hirschgarten/Starnberg. Kein Müßiggang, sondern Vorbereitungs-Programm aus Luftmatratze aufblasen und Badeklamotten anziehen. So kann man nach der Ankunft direkt in den See springen. Wer sehr schnell pustet: Sommerlektüre fortsetzen.

7.45-8 Uhr: Seebad, gemütliches: Treiben auf der Luftmatratze. Zu dieser Zeit fahren die Dampfer noch nicht. Gefahr droht höchstens von Frühaufstehern des Münchner Ruder- und Segelvereins: Die Herrschaften sind sakrisch schnell und rudern rückwärts! 

8-10.30 Uhr: Radl-Tour von Starnberg nach Ambach. Etwa auf halber Strecke sollte eine Pause eingelegt werden, bei der man im Schatten eines Apfelbaums dösend auf einem Grashalm kaut. Ein Strohhut ist dabei nicht unbedingt Pflicht – aber angemessen. 

10.30-11 Uhr: Arschbomben-Contest vom Ambacher Badesteg – am besten gegen die Schullandheim-Kinder. Wer freundlich fragt, darf vielleicht kurz mit einem der vielen Ruderboote rauspaddeln. Danach noch schnell die anderen Sprung-Disziplinen abhandeln, die man jeden Sommer einmal gemacht haben muss: Kopfsprung, bei Jungs unbedingt auch der Rückwärtssalto. 

11-12 Uhr: Kurz vor der Mittagshitze. Da hält man es gerade noch aus, sich mal eine Stunde ausgiebig von allen Seiten zu bräunen. Wer nicht mehr kann, flaniert im Schatten an den Villen entlang und überlegt sich mit einer Mischung aus Neid und Größenwahn, welche er gerne hätte. 

12-13 Uhr: Mittagessen beim Fischmeister. Vorsicht: Öffnet nur samstags, sonntags und an Feiertagen um 12, sonst um 16 Uhr. Natürlich hält man dort Ausschau nach Sepp Bierbichler (dem das Gelände gehört), und zwar mit dieser sonderbaren Mischung aus Hoffnung und Furcht, die nur besonders düster-charismatische Menschen in einem auslösen. Weil, wenn der Bierbichler einmal wirklich vor einem steht und „Servus“ sagt, dann ist das, wie wenn eine schöne Frau einen lange und eindringlich anschaut: Man will gerne wissen, was er denkt, und hat doch Angst vor der Wahrheit. Spätestens um 12.30 Uhr ein Taxi für 13 Uhr rufen und mit dem zur Waldwirtschaft Großhesselohe fahren. Natürlich ist das eigentlich viel zu teuer, aber es hilft ja nix. Ist ja nur heute Sommer. Bei der „WaWi“ nicht einkehren. Stattdessen gleich den kurzen Berg hinunter zur Isar gehen. 




13.30-13.32 Uhr: Auf dem Weg aufmerksam lauschen, wie George Green’s Hotlineband (mit den grandiosen Saxofonisten Eddy Tailor oder Ernest Butler – einen samtigeren Ton gibt’s hier nicht) den „Banana Boat Song“ spielt. 

13.32-14 Uhr: Freibeuter-Zeit: Wer sich erstens traut, von der Brücke am alten Mühlenhaus neben eines der fahrenden Flöße zu springen, und es zweitens schafft, aus dem Wasser heraus auf selbiges zu klettern, bekommt meistens eine Halbe geschenkt, die er oder sie innerhalb von maximal 200 Metern Fahrt austrinken sollte. Die anderen kaufen sich eben ein Bier bei Ronnies Kiosk. 

14-14.30 Uhr: Schlauchboot-Fahrt zur Floßlände. Das Mitbringen und Aufblasen des Bootes muss man natürlich einem Mitfahrer überlassen. Unerlässliche Programmpunkte sind dabei erstens: Jede der im Schlauchboot anwesenden Personen muss mindestens zweimal über Bord gehen. Zweitens: Wasserpistolenschlacht mit der Besatzung eines anderen Schlauchboots. Drittens: Auf den letzten Metern in Richtung Floßlände sehr laut kreischen, wenn das Schlauchboot beschleunigt. Viertens: „Wo sind eigentlich meine Schuhe?“ 




14.30-14.35 Uhr: Surfer-Watching und nebenbei einen wichtigen Anruf tätigen: Die anderen, die sich schon mit Grill und Fleisch zum Flaucher aufgemacht haben, nach ihrem Aufenthaltsort fragen. 

14.35-14.50 Uhr: Die anderen, die sich schon mit Grill und Fleisch zum Flaucher aufgemacht haben, trotzdem eine Viertelstunde lang suchen, weil irgendwer das rechte mit dem linken Ufer verwechselt hat. 

14.50-15.10 Uhr: Grill anheizen. Zehn Minuten davon vergehen mit der Debatte über die effektivste Methode. 

15.10-15.45 Uhr: Grillen. Essen. Noch mal grillen. Noch mal essen. Viel zu viel. 

15.45 Uhr: Nimm deinen Müll mit, du Saubär! 

15.45-17 Uhr: Das vorher an der Tierparkbrücke positionierte Fahrrad nehmen und Richtung Englischer Garten radeln. Zu einem Sommer gehört ein Park-Kick, und die Fußballer warten um 17 Uhr auf der Wiese unterhalb des Monopteros. Diesmal – Achtung, Barfuß-Erlebnis, Teil zwei – ohne Schuhe. Auf diesem Weg noch zu erledigen: ein Eis beim Domori-Eiscafé kaufen und sich damit auf die Stufen unterhalb der Wittelsbacherbrücke setzen (ideal wäre natürlich ein Eis von Sarcletti oder Ballabeni, aber die liegen ja leider nicht an der Isar). Danach noch schnell aber gemütlich im Isar-Seitenarm unter der Brücke durchtreiben lassen. 




17-17.05 Uhr: Bis alle Park-Kicker das Spielfeld gefunden haben und aufgelaufen sind, den Ball ziellos in der Gegend herumbolzen und dabei schon einen Großteil seiner Energie verbrauchen. 

17.05-17.10 Uhr: Mannschaftswahl per Tip-Top. Ohne halbe Schritte. Wer diese Zeit sparen will, ruft stattdessen laut „Ich und der Marco gegen die Suppe.“

17.08-17.10 Uhr: Tore aus Rucksäcken bauen, sich gefährliche Maulwurfshügel und andere Unebenheiten einprägen.

17.10-17.25 Uhr: Erste Halbzeit. 

17.25-17.30 Uhr: Halbzeitpause. Die eilig nutzen, um sich auf der anderen Seite des Schwabinger Bachs in einen Liegestuhl von den Sonnendieben zu fläzen.

17.30-17.43 Uhr: Zweite Halbzeit (die bei Parkspielen immer kürzer ist als die erste). 

17.43-17.50 Uhr: Abkühlen im Schwabinger Bach. Anschließend: Gänseblümchenkranz flechten. 

17.50-18.10 Uhr: Auch, wenn’s langsam weh tut: mit dem Rad weiter zum Kleinhesseloher See (klare Barfuß-Strecke). Dabei vergönnt: eine Pause auf der jetzt.de-Parkbank. 




18.10-18.30 Uhr: Tretboot-Fahren, und zwar am Ufer beim Seehaus entlang. Um die Zeit wird es minimal kühler, weshalb sich das sehr münchnerische Phänomen „Rosa-Pulli-über-die-Schultern-gehängt“ in großer Zahl beobachten lässt. Doch, da muss man durch. Nur weil Sommer ist, muss nicht alles schön sein. 

18.30-18.50 Uhr: Ein Hendl im Seehaus wäre freilich toll, ist zeitlich aber nicht drin und eh ziemlich teuer. Stattdessen: Fahrt zurück in die Innenstadt, Hofgarten. Wenn vorhanden mit dem zuvor deponierten Longboard. Wenn nicht eben mit dem abgestellten Fahrrad. Unbedingt verboten sind allerdings Rollerblades, Snakeboard oder Einrad. 

18.50-19 Uhr: Den Boulespielern zuschauen. Mitte Juli ist Hofgartenturnier. 

19-19.15 Uhr: Um die Ecke am Odeons- platz im Brillenladen „Freudenhaus“ Sonnenbrillen anprobieren. Ob man wirklich eine braucht, ist Nebensache. Man will jeden Sommer mal schauen, ob man nicht eine schöne Sonnenbrille findet. Also auch heute. 

19.15-19.30 Uhr: Zu Fuß, aber bitte mit Schuhen oder Sandalen zum Viktualienmarkt flanieren. 

19.30-20 Uhr: Brotzeit, selbstmitgebrachte. Im Biergarten. Danach noch ein frisch gepresster Saft. 

20-21 Uhr: Selbst zu planen. Wichtig aber: Den sehr gut gelegenen Balkon oder die Dachterrasse der WG eines (möglichst guten) Freundes aufsuchen. 

21.05-21.20 Uhr: Sonnenuntergang genießen und dabei eine von besagtem (möglichst guten) Freund selbstgezogene Tomate essen. 

21.20-21.45 Uhr: Eile! Schnell zum Reichenbachkiosk: Bier kaufen, um sich damit auf den Gärtnerplatz zu setzen. 

21.45-22 Uhr: Anstehen am Kiosk. Nein, es gibt keinen charmanten Weg, sich vorzudrängeln. Aber, die Zeit lässt sich sinnvoll nutzen: Wenn sich bis hierhin noch keine dringend zu empfehlende Sommer-Romanze angebahnt hat, ist jetzt ein exzellenter Zeitpunkt, eine zu starten. Dazu ein Tipp: Vollkommen egal, wer einen angeblich unschlagbaren Anmachspruch empfohlen hat, der beste und eigentlich einzige Satz, um Unbekannte anzusprechen, ist „Hallo, ich bin …“. 

22.05-22.15 Uhr: Zwei mal Gärtnerplatz umrunden auf der Suche nach den Freunden, mit denen du verabredet bist.

22.15-23.15 Uhr: Dabei Unmengen an alten, sehr alten und neueren Freunden und Bekannten treffen, die im Idealfall von der Draußenfeier erzählen, die angeblich stattfinden wird. Hierbei gilt die „Zwei-Quellen-Regel“: Wenn mindestens zwei Personen aus zwei unabhängigen Freundeskreisen von derselben Party berichten, ist die Information vermutlich korrekt und du solltest sie dringend nutzen. 




23.15-1.15 Uhr: Die Draußenfeier besuchen. Auf dem Weg dorthin vorsichtshalber schon mal bei „Alkoport“ anrufen – die Getränke werden ausgehen. 

1-1.15 Uhr: Wenn die Polizei kommt: gehen. Es besteht keine Hoffnung, dass die Party weitergeht. Echt nicht. 

1.15-1.45 Uhr: Sterne gucken. Ideal wäre natürlich die Volkssternwarte, aber die ist jetzt schon geschlossen. Deshalb muss man an einen möglichst dunklen Ort ausweichen. Wenn die Polizei schon da war, ist die Umgebung der Draußenfeier eine Option. Bald wird der Stromgenerator eh abgestellt und mit ihm das Licht. 

1.45-2.15 Uhr: Heimweg. Am ehesten zu Fuß. Währenddessen unbedingt noch durch einen Brunnen rennen oder zumindest die Füße hineinhalten. Danach noch vom Gewitter überrascht werden und es ziemlich egal finden. Statt sich darüber zu ärgern, ausgelassen im Regen tanzen. 

2.15 Uhr: Einschlafen. Erschöpft, aber glücklich. Und bei geöffnetem Fenster.

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