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Karriere zuerst, Kinder später

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Berlin – Im Kampf um Top-Talente bieten die Konzerne Facebook und Apple Frauen in den USA jetzt eine ungewöhnliche Karrierehilfe an: Die Unternehmen bezahlen das Einfrieren von Eizellen, damit die Frauen ihren Kinderwunsch aufschieben und sich ganz ihrer Arbeit widmen. In Deutschland können sich mit einer solchen Sozialleistung weder Arbeitgeber noch Gewerkschaften anfreunden. Dies ergab eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung.



Apple möchte sich aktiv in die Familienplanung von Mitarbeiterinnen einmischen - mit Prämien für eingefrorenen Eizellen.

Apple, der iPhone-Konzern, erstattet nach eigenen Angaben von 2015 an den Beschäftigten bis zu 20000 Dollar (15800 Euro) fürs Einfrieren und Lagern der Eizellen. In den Vereinigten Staaten kostet das Verfahren etwa 10000 Dollar plus 500 Dollar im Jahr für das Aufbewahren. Das Online-Netzwerk Facebook hat bereits begonnen, die Kosten zu übernehmen. Das Unternehmen sei damit auf die Wünsche der Mitarbeiter eingegangen, sagte ein Firmensprecher. Beide Konzerne wiesen darauf hin, dass die neue Offerte nur Teil eines Gesamtprogrammes sei, um Familien zu unterstützen. Bei Facebook bekommen Mitarbeiter zum Beispiel nach der Geburt eines Kindes vier Monate bezahlten Urlaub.

In den USA wird das Einfrieren von Eizellen zunehmend beliebter. Es gilt als Mittel, um zumindest für ein paar Jahre an der biologischen Uhr der Frau zu drehen. Die Technologiekonzerne aus dem kalifornischen Silicon Valley waren in die Kritik geraten, weil bei ihnen in den Führungsetagen Frauen unterrepräsentiert sind.

In Deutschland ist das Einfrieren von eigenen Eizellen erlaubt. Die Krankenkassen übernehmen ohne medizinischen Grund aber nicht die Kosten für die Behandlung. Bislang sind auch keine Unternehmen bekannt, die dies tun. „Die deutschen Arbeitgeber mischen sich nicht in die Familienplanung von Arbeitnehmern ein“, sagte ein Sprecher der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände. Ein Kinderwunsch sei „eine persönliche Entscheidung, auf die der Arbeitgeber keinen Einfluss nimmt“. Es bleibe aber das Ziel der Betriebe, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch familienfreundliche Angebote zu erleichtern.

Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende, sagte: „Geht’s noch? Familienpolitik sieht für uns anders aus.“ Man brauche keine Unternehmen, die ihren Mitarbeiterinnen die Entscheidung für oder gegen Kinder „schwer machen und vorgaukeln, sie könne auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden“. Nötig seien Arbeitgeber, die mit flexiblen Arbeitszeitmodellen den Mut erhöhen, eine Familie zu gründen.

Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger, Mitglied der Unterkommission Bioethik der Deutschen Bischofskonferenz und im Deutschen Ethikrat, sagte, ohne sich zu den US-Unternehmen direkt äußern zu wollen: Eine Gesellschaft mit humanem Antlitz müsse Frauen „einen Zeitpunkt zur Geburt eines Kindes ermöglichen, an dem die Natur das auch vorgesehen hat. Alle anderen Risiken und medizinischen Belastungen werden auf dem Rücken junger Frauen ausgetragen und dienen nur dem Ziel der arbeitsmarkttechnischen und ökonomischen Maximierung der Gewinne.“

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