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"Wenn du Rebecca kennst, sende ihr eine Freundschaftsanfrage"

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In Sofia Coppolas neuem Film "The Bling Ring" ist eine beendete Freundschaft nur noch an einem abgefilmten Facebook-Profil zu erkennen. Eine Szene, die unsere Eltern nicht verstehen werden.

Wir sehen Marc am Computer. Er blickt auf den Bildschirm. Dort hat er das Facebook-Profil von Rebecca aufgerufen, mit der er in den vergangenen Monaten Häuser reicher Hollywoodstars ausgeraubt hat. „If you know Rebecca personally“, steht dort, „send her a message or add her as a friend“. Marcs Gesicht ist wie erstarrt. Schnitt.  

Diese kurze Szene in Sofia Coppolas Film „The Bling Ring“, der seit vergangenen Donnerstag in den deutschen Kinos läuft, ist eine der traurigsten in den 90 Minuten, die sonst fast nur aus wilden Partys, euphorischen Raubzügen und Autofahrten mit lauter Musik bestehen. Es ist eigentlich sogar die Szene, die am tiefsten in das emotionale Gerüst der räubernden Teenager blicken lässt, die zeigt, was sie einander bedeuten oder bedeutet haben. Denn was wir hier sehen ist: eine gekündigte Freundschaft. Marc darf Rebeccas Allerheiligstes, ihre Pinnwand voller Fotos, auf denen sie eine Schnute macht und ihren Lindsay-Lohan-Look präsentiert, nicht mehr sehen. Sie verschließt sich vor ihm. Dieser nur sekundenlange Schwenk auf den Computerbildschirm ersetzt, was früher in einem Film ein Dialog gewesen wäre. Ein Gespräch, in dem Rebecca zu Marc gesagt hätte: „Das mit uns ist aus. Ich will dich nie wieder sehen, ab jetzt kenne ich dich nicht mehr.“ Weil dieser Dialog nun ausbleibt und das Ende einer Freundschaft per Einstellung auf ein Facebook-Profil ausgedrückt wird, können unsere Eltern diese Szene wahrscheinlich nicht verstehen.  



Sich gegenseitig fotografieren, die Fotos bei Facebook hochladen: Marc und Rebecca in "The Bling Ring"

Die Jugendlichen in „The Bling Ring“ sind natürlich ein Extremfall, was die Nutzung sozialer Netzwerke und mobiler Kommunikation angeht. Fast ihr gesamtes Leben spielt sich darüber ab. Wenn sie zusammensitzen, verbringen sie die meiste Zeit damit, mit den Handys Gruppenfotos von sich zu machen, und laden sie nachher bei Facebook hoch. Oder sie beklagen sich wie Nicky, gespielt von Emma Watson, tippend darüber, dass Jude Law einfach nicht aufhöre, sie mit Nachrichten zu bombadieren. Trotzdem hat Sofia Coppola etwas geschafft, was vielen Filmen und Serien noch nicht gelingt, aber in Zukunft immer öfter gelingen muss: diese Art der Kommunikation einzubinden, ihre Präsenz und vor allem die Gefühle, die sie auslösen kann, zu transportieren. Der schweigende Marc, alleine vor seinem Computer, vor den Trümmern seiner Freundschaft. Mehr Einsamkeit geht nicht – das weiß jeder, der sich einmal zu oft oder zu sehr auf soziale Medien verlassen hat oder in dessen Leben sie zumindest mehr als nur eine kleine Rolle spielen.  

Lena Dunhams Serie „Girls“ schafft es ähnlich gut, diesen Teil unseres Lebens abzubilden. Zum Beispiel in einer Szene, in der die Protagonistin Hannah minutenlang an einem einzigen Tweet feilt, bis er ihr perfekt erscheint. Auch in der US-Polit-Serie „House of Cards“ wird die heutige Kommunikation so eingebunden, dass ihre Darstellung möglichst nah an die Realität heranreicht: Wo vor ein paar Jahren als höchstes der Gefühle Handydisplays abgefilmt wurden, um SMS zu zeigen, ploppen dort nun die Nachrichten als Schriftbild neben den agierenden Charakteren auf. Sie sind zum Beispiel zu sehen, während Hauptdarsteller Kevin Spacey als Francis Underwood läuft oder spricht. Sie überlagern seine aktuelle Aktion also ebenso, wie sie es in unserer Realität tun, in der wir lesen und tippen, während wir gehen und sprechen. Sogar in deutschen Soaps kommt das Prinzip langsam an und wir sehen „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“-Charaktere, deren Nachrichten auf unserem Fernsehbildschirm erscheinen, während sie sie schreiben.  

Das Einbinden dieser Netzwerke und Kommunikationsformen verändert das Erzählen. Es wird in Zukunft immer mehr Szenen geben, in denen Menschen im Gegenlicht eines Computerbildschirms einsam eine Reaktion zeigen und wir den Bildschirm selbst sehen müssen, um sie zu verstehen. Mehr Szenen, in denen sich die Realität der Figuren und ihre virtuelle Realität überlagern und wir auf zwei Ebenen abstrahieren müssen, um die Geschichte zu verstehen, die erzählt wird. Es ist wichtig, dass sich das Erzählen dahingehend verändert, weil es sonst zu weit von unserer Welt entfernt ist. Aber es ist auch schwierig, die richtige Methode dafür zu finden und die Gleichzeitigkeit von Außenwelt und medialer Welt oder die Tragik, die eine Anzeige auf einem Bildschirm auslösen kann, darzustellen. Damit experimentieren Filme wie „The Bling Ring“ oder Serien wie „House of Cards“ und wir können uns wohl noch auf eine Menge neuer Experimente in dieser Richtung freuen.  

Aber Fernsehabende mit unseren Eltern werden sich dadurch wohl auch verändern. Denn wenn das Erzählen die Gegenwart und ihre Möglichkeiten eingeholt hat und sie einzubinden versteht, dann wird es sich auch von der Welt entfernt haben, die unsere Elterngeneration kennt. Bisher haben wir uns dort, im Erzählten, noch mit ihnen getroffen. Weil im Film Menschen mir knochengroßen schnurlosen Telefonen herumliefen und ab und zu mal ein Foto mit dem Handy machten, während wir in der Realität schon Schwierigkeiten hatten, unseren Eltern unsere Smartphone-Nutzung zu erklären. Bald müssen wir ihnen vielleicht auch erklären, wieso der Junge im Film gerade so traurig ist, obwohl er bloß vor seinem Computer sitzt. 

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