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Die Männer des Sommers

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Die einen nannten ihn den schwarzen Panther. Die anderen nannten ihn die schwarze Spinne. Wieder andere nannten ihn dagegen: den schwarzen Kraken. Es waren die Zeiten, in denen Fußballspiele in schwarz-weißen Fernsehbildern übertragen wurden. Und es waren die Zeiten, in denen ein Torwart mit einem schwarzen Trikot wie Lew Iwanowitsch Jaschin wegen seiner überragenden Reflexe gefeiert wurde. Zu Beginn der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts gab es keinen besseren Torhüter als den Russen, 1960 wurde er mit der UdSSR Europameister, dreimal wurde er zum besten Torhüter der UdSSR gewählt, und einmal, 1963, zu Europas Fußballer des Jahres. Als erster Torhüter. Und als bislang einziger.
51 Jahre später gibt es da einen Torwart, der gerne textilmarkerfarbene Trikots trägt, und zu dessen Spiel nicht mehr nur Reflexe zählen. Einen Torwart, der gute Chancen hat, jetzt aufzurücken in eine Ahnengalerie, in der sich Lew Jaschin bislang recht einsam den Bällen hinterherwirft.



Der Sommer von zwei Individualisten des FC Bayern: Arjen Robben und Manuel Neuer.

An diesem Donnerstag steht Manuel Neuer im Grimaldi Forum von Monaco im Finale der Wahl zum besten europäischen Fußballer der vergangenen Saison. Es wäre eine bemerkenswerte Auszeichnung. Doch die Frage ist sogleich, ob es tatsächlich noch ein Titel in der Tradition des schwarzen Panthers ist.

Der Markt der internationalen Auszeichnungen für Fußballer ist etwas verwirrend geworden. Früher war das einfach: Von 1956 bis 2009 wählten europäische Journalisten Europas Fußballer des Jahres; von 1991 an ließ der Weltverband Fifa Nationaltrainer und -kapitäne den Weltfußballer wählen. Die beiden Ehrungen sind 2010 verschmolzen zum „Ballon d’Or“. Aber weil die Uefa eine Lücke auf dem europäischen Markt für Auszeichnungen entdeckte, vergibt sie seitdem den „Best Player Europe Award“: den Titel für den besten Fußballer der vergangenen Saison, bestimmt von europäischen Sportjournalisten.

Diese wählten im vergangenen Sommer Franck Ribéry, Neuers Mitspieler beim FCBayern, zum besten Spieler der Saison. Den „Ballon d’Or“ erhielt dagegen im Januar Cristiano Ronaldo. Der Angreifer von Real Madrid steht auch an diesem Donnerstag unter den letzten drei Kandidaten, aus denen 54 Journalisten per Knopfdruck ihren Sieger bestimmen. Der dritte Kandidat ist der Niederländer Arjen Robben. Noch ein Münchner Mitspieler von Neuer.

Die Wahl wird also geprägt vom FC Bayern, zumal Thomas Müller als Vierter und Philipp Lahm als Fünfter in der ersten Runde nur knapp am Finale vorbeigewählt wurden. Es ist ja auch der Sommer der Münchner, mit sieben Weltmeistern (inklusive dem inzwischen zum Ronaldo-Klub Real gewechselten Toni Kroos) sowie neun Spielern im WM-Halbfinale (neben Robben noch der Brasilianer Dante). Ein Sommer, der sich anschließt an drei Spielzeiten, in denen der FC Bayern stets das Halbfinale der Champions League erreicht hat; zweimal stand er auch im Finale, einmal verließ er es als Sieger. Ein Sommer, an dessen Ende der Klub am Donnerstag zudem erfahren wird, welche Gegner ihm für die Champions-League-Vorrunde zugelost werden.

Es war jedoch vor allem der Sommer von zwei Individualisten. Von Arjen Robben, der bei der WM in Brasilien mit seinem Antritt und seinem Spielwitz beeindruckte – für den FC-Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge war Robben „der mit Abstand beste Feldspieler der WM“. Der niederländische Angreifer dribbelte unermüdlich, vorbei an Spaniern, Chilenen, Australiern, Mexikanern, Costa Ricanern. Bis er auf die Argentinier traf. An denen er nicht mehr vorbei dribbelte. Weswegen es für Robben eine Saison ohne internationalen Titel geblieben ist.

Und es war der Sommer von Manuel Neuer. Auch der Torwart war ohne internationalen Titel zur WM gereist, nach fünf Gegentoren in den Halbfinal-Spielen gegen Real. In Brasilien definierte er jedoch das Torwartspiel so modern wie niemand zuvor. Neuers Verständnis vom Torwartspiel endet nicht an den Grenzen des Strafraums, das bewies er mit seinen Ausflügen im Achtelfinale gegen Algerien. Immer wieder sprintete er Ball und Gegnern entgegen, immer wieder war er schneller. Zugleich bewahrte er in seinen grünen und blauen Trikots die Werte der Jaschin’schen Schule, etwa im Viertelfinale gegen Frankreich, als er einen Schuss von Karim Benzema mit einem Reflex parierte. Routiniert wehrte Neuer, Deutschlands Fußballer des Jahres, auch die Aufregung vor der Wahl ab. Er sagte, er freue sich auf ein „tolles Duell“. Er sagte, dass die Auszeichnung „etwas ganz Besonderes“ sei. Er sagte, dass sie „für die Ewigkeit“ hält.
Spätestens, wenn es um die Ewigkeit geht, geht es aber auch um Cristiano Ronaldo. Zumindest aus Sicht von Cristiano Ronaldo. Der Portugiese hat zwar eine unauffällige, von Oberschenkelproblemen geprägte WM gespielt, nach der Vorrunde war er ausgeschieden. Dennoch hat er gute Chancen bei der Wahl, nach einer sehr auffälligen Saison, mit 17 Toren in elf Champions-League-Spielen, das letzte zum 4:1- Endstand im Finale gegen Atlético Madrid. Zur Wahl stehen also: zwei Männer des Sommers und ein Mann des Jahres.
Bei den Frauen ist die Wahl nicht ganz so verzwickt. Zur Auswahl stehen die deutschen Nationalspielerinnen Nadine Keßler und Martina Müller sowie die Schwedin Nilla Fischer. Alle drei haben in der vergangenen Saison sehr auffällig gespielt, und weil alle drei für den VfL Wolfsburg spielen, haben sie auch alle drei zusammen im Mai die Champions League gewonnen.

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