Der 15-jährige Anthony Stokes hat nur noch sechs Monate zu leben, wenn er kein Spenderherz bekommt. Doch das wurde ihm von den Ärzten verwehrt. Begründung: Schlechtes Benehmen in der Vergangenheit.
Anthony Stokes ist 15 Jahre alt. Er lebt in DeKalb County im US-Bundesstaat Georgia und unterscheidet sich kaum von anderen Jugendlichen in seinem Alter. Es gibt eigentlich nur einen großen Unterschied, und den sieht man ihm nicht an. Anthony Stokes ist todkrank. Er hat ein vergrößertes Herz, sein Herzmuskel hält diese erhöhte Belastung nicht mehr lange aus. Ein halbes Jahr wird er damit noch leben können, schätzen die Ärzte. Höchstens. Der einzige Ausweg: eine Herztransplantation.
Doch diese Transplantation sollte Anthony Stokes nicht erhalten. Nicht, weil es aussichtslos gewesen wäre, ein geeignetes Spenderherz zu finden. Nein, der Fünfzehnjährige hat Fehler gemacht. Er hat sein Leben bisher nicht so gelebt, wie es die Ärzte für richtig halten.
Anthony Stokes ist kein besonders guter Schüler, hat häufig schlechte Noten mit nach Hause gebracht. Zudem ist er trotz seines jungen Alters schon mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Dies beschreiben seine Ärzte als „non-compliance", er habe sich nicht normkonform verhalten. Laut Anthonys Mutter Melencia haben ihr die Ärzte mitgeteilt, dass sie aufgrund dieses Verhaltens keinen Beweis dafür hätten, dass Anthony verantwortungsbewusst handelt und nach der Transplantation auch wirklich seine Medizin nimmt und zur Nachbehandlung erscheint. Die Logik der Ärzte: Wer eine Fünf in der Schule schreibt und im pubertären Alter einen Schokoriegel stiehlt, sich mal prügelt oder randaliert, wird wahrscheinlich für immer unverantwortlich handeln. Selbst dann, wenn es um sein Überleben geht.
Eine weitere Begründung für ihre Entscheidung, dem Fünfzehnjährigen keine Transplantation zu ermöglichen, gaben die Ärzte des Children´s Healthcare Hospital in Atlanta nicht. Als „Todesurteil ohne jegliche Begründung" bezeichnete dies Christine Young Brown, Mitglied der Southern Christian Leadership Conference, die sich für die Bürgerrechte der afroamerikanischen Bevölkerung einsetzt und sich mit Anthonys Fall befasst hat.
In den USA ist es tatsächlich möglich, dem Patienten aufgrund eines Fehlverhaltens in der Vergangenheit einen Platz auf der Transplantationsliste zu verweigern. Wie an Anthony Stokes Fall zu sehen ist, kann dies in den USA selbst einem Kind passieren. Zwar entscheiden schlussendlich die Mitarbeiter der nationalen Transplantationsliste, wer einen Platz bekommt. Doch dafür benötigen sie die Berichte der Ärzte. Sind die der Meinung, ein Patient hat einen Platz nicht verdient, erhält er auch keinen.
In Deutschland wäre das so nicht möglich. Die Aufnahme in die Liste darf hier nur aus genau festgelegten Gründen verweigert werden, wie übermäßige Fettleibigkeit, Suchterkrankungen oder unheilbare Tumor- und Infektionserkrankungen. Zwar kann in Deutschland wie im Fall des fünfzehnjährigen Stokes die Aufnahme auf eine solche Liste verweigert werden, wenn davon auszugehen ist, dass die therapeutischen Maßnahmen nach der Transplantation nicht eingehalten werden. Doch wo in den USA eine Sozialprognose aus dem Verhalten der Vergangenheit ausreicht, muss in Deutschland eine schwerwiegende psychiatrische Störung wie schwere Depressionen oder Demenz vorliegen, um diesen Schritt zu rechtfertigen.
Mehrere Bürgerrechtsorganisationen kämpfen für das Leben des Fünfzehnjährigen und sehen es als einen Skandal, das Verhalten eines Kindes in der Vergangenheit als Maßstab dafür zu nehmen, ob es einer medizinischen Versorgung würdig ist oder nicht. Viele sehen den afroamerikanischen Anthony Stokes in einer Reihe von rassenmotivierter Skepsis gegenüber jungen schwarzen Männern in den USA. Erst vor kurzem hatte der Freispruch von George Zimmerman, der als Mitglied der Bürgerwehr auf seinem Patrouillengang den schwarzen jugendlichen Trayvon Martin ohne jeglichen Grund erschoss, für starke Proteste in den USA gesorgt.
Aber Anthony Stokes hat offenbar Glück gehabt. Noch am selben Tag, an dem in vielen amerikanischen Medien über seinen berichtet wird, ändert das Krankenhaus in Atlanta plötzlich seine Meinung. Wieder gibt es von den Verantwortlichen keine nachvollziehbare Begründung für ihre Entscheidung. Anthony Stokes ist auf einmal doch auf der Liste für eine Herztransplantation. Sogar „ganz oben", seine schlechte körperliche Verfassung mache diesen Schritt notwendig. Man sei zu dieser Entscheidung gekommen, nachdem der Fall noch einmal geprüft worden sei, so die Krankenhausleitung. Eine Erklärung, warum es bei einem Fünfzehnjährigen eine Medienoffensive benötigt, um ihm eine lebensrettende Herztransplantation zu ermöglichen, gibt es nicht. Und sollte sie noch folgen, wirdsie wohl genau so wenig nachzuvollziehen sein, wie alle vorherigen Entscheidungen.
Anthony Stokes ist 15 Jahre alt. Er lebt in DeKalb County im US-Bundesstaat Georgia und unterscheidet sich kaum von anderen Jugendlichen in seinem Alter. Es gibt eigentlich nur einen großen Unterschied, und den sieht man ihm nicht an. Anthony Stokes ist todkrank. Er hat ein vergrößertes Herz, sein Herzmuskel hält diese erhöhte Belastung nicht mehr lange aus. Ein halbes Jahr wird er damit noch leben können, schätzen die Ärzte. Höchstens. Der einzige Ausweg: eine Herztransplantation.
Doch diese Transplantation sollte Anthony Stokes nicht erhalten. Nicht, weil es aussichtslos gewesen wäre, ein geeignetes Spenderherz zu finden. Nein, der Fünfzehnjährige hat Fehler gemacht. Er hat sein Leben bisher nicht so gelebt, wie es die Ärzte für richtig halten.
Schlechte Noten und Ärger mit dem Gesetz
Anthony Stokes ist kein besonders guter Schüler, hat häufig schlechte Noten mit nach Hause gebracht. Zudem ist er trotz seines jungen Alters schon mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Dies beschreiben seine Ärzte als „non-compliance", er habe sich nicht normkonform verhalten. Laut Anthonys Mutter Melencia haben ihr die Ärzte mitgeteilt, dass sie aufgrund dieses Verhaltens keinen Beweis dafür hätten, dass Anthony verantwortungsbewusst handelt und nach der Transplantation auch wirklich seine Medizin nimmt und zur Nachbehandlung erscheint. Die Logik der Ärzte: Wer eine Fünf in der Schule schreibt und im pubertären Alter einen Schokoriegel stiehlt, sich mal prügelt oder randaliert, wird wahrscheinlich für immer unverantwortlich handeln. Selbst dann, wenn es um sein Überleben geht.
Eine weitere Begründung für ihre Entscheidung, dem Fünfzehnjährigen keine Transplantation zu ermöglichen, gaben die Ärzte des Children´s Healthcare Hospital in Atlanta nicht. Als „Todesurteil ohne jegliche Begründung" bezeichnete dies Christine Young Brown, Mitglied der Southern Christian Leadership Conference, die sich für die Bürgerrechte der afroamerikanischen Bevölkerung einsetzt und sich mit Anthonys Fall befasst hat.
In den USA ist es tatsächlich möglich, dem Patienten aufgrund eines Fehlverhaltens in der Vergangenheit einen Platz auf der Transplantationsliste zu verweigern. Wie an Anthony Stokes Fall zu sehen ist, kann dies in den USA selbst einem Kind passieren. Zwar entscheiden schlussendlich die Mitarbeiter der nationalen Transplantationsliste, wer einen Platz bekommt. Doch dafür benötigen sie die Berichte der Ärzte. Sind die der Meinung, ein Patient hat einen Platz nicht verdient, erhält er auch keinen.
In Deutschland wäre das so nicht möglich. Die Aufnahme in die Liste darf hier nur aus genau festgelegten Gründen verweigert werden, wie übermäßige Fettleibigkeit, Suchterkrankungen oder unheilbare Tumor- und Infektionserkrankungen. Zwar kann in Deutschland wie im Fall des fünfzehnjährigen Stokes die Aufnahme auf eine solche Liste verweigert werden, wenn davon auszugehen ist, dass die therapeutischen Maßnahmen nach der Transplantation nicht eingehalten werden. Doch wo in den USA eine Sozialprognose aus dem Verhalten der Vergangenheit ausreicht, muss in Deutschland eine schwerwiegende psychiatrische Störung wie schwere Depressionen oder Demenz vorliegen, um diesen Schritt zu rechtfertigen.
Skepsis gegenüber jungen Schwarzen in Amerika.
Mehrere Bürgerrechtsorganisationen kämpfen für das Leben des Fünfzehnjährigen und sehen es als einen Skandal, das Verhalten eines Kindes in der Vergangenheit als Maßstab dafür zu nehmen, ob es einer medizinischen Versorgung würdig ist oder nicht. Viele sehen den afroamerikanischen Anthony Stokes in einer Reihe von rassenmotivierter Skepsis gegenüber jungen schwarzen Männern in den USA. Erst vor kurzem hatte der Freispruch von George Zimmerman, der als Mitglied der Bürgerwehr auf seinem Patrouillengang den schwarzen jugendlichen Trayvon Martin ohne jeglichen Grund erschoss, für starke Proteste in den USA gesorgt.
Mediendruck zeigt Wirkung
Aber Anthony Stokes hat offenbar Glück gehabt. Noch am selben Tag, an dem in vielen amerikanischen Medien über seinen berichtet wird, ändert das Krankenhaus in Atlanta plötzlich seine Meinung. Wieder gibt es von den Verantwortlichen keine nachvollziehbare Begründung für ihre Entscheidung. Anthony Stokes ist auf einmal doch auf der Liste für eine Herztransplantation. Sogar „ganz oben", seine schlechte körperliche Verfassung mache diesen Schritt notwendig. Man sei zu dieser Entscheidung gekommen, nachdem der Fall noch einmal geprüft worden sei, so die Krankenhausleitung. Eine Erklärung, warum es bei einem Fünfzehnjährigen eine Medienoffensive benötigt, um ihm eine lebensrettende Herztransplantation zu ermöglichen, gibt es nicht. Und sollte sie noch folgen, wirdsie wohl genau so wenig nachzuvollziehen sein, wie alle vorherigen Entscheidungen.