Hund und Katz, Noel und Liam, Anwohner und Barbesucher: klar. Die hassen einander von Berufs wegen. Aber es gibt schönere, subtilere Feindschaften. Denen widmen wir die Serie "Alltagsduell". Hier findest du alle Folgen.
Hassen einander gelegentlich - und sind doch aufeinander angewiesen: Busfahrer und Fahrgäste
Sonntagabend, 18 Uhr. Der Fernbus fährt vor, die Fahrgäste warten geduldig, bis der Busfahrer ihr Gepäck unten im Bus verstaut hat. Sie machen es sich im Bus gemütlich, Kissen werden rausgekramt, Smartphones gezückt. Der Bus rollt an, dann schallt es aus den Lautsprechern:
„So, schnallt euch an – macht fein Klick-Klick. Denn dann kann ich später auch noch beruhigt ein Bier trinken gehen und bin ganz happy", sagt der Busfahrer. Die Fahrgäste verdrehen schon die Augen. Dann dröhnt es weiter von oben, Lautstärke ordentlich aufgedreht: „So, wenn ihr wollt und Wünsche habt, dann kommt zu mir, ich habe ein offenes Ohr für alles – sogar zwei. Also eines habe ich in Reserve!", gefolgt von väterlichem Lachen.
Die ersten Ruhe-Liebhaber haben schon ihre Kopfhörer in der Hand – allerdings wird maximal ein Ohr mit Musik beschallt, eines halten sie frei. Es könnte sich ja zwischen all dem Gebrabbel doch noch eine echte Information dabei sein (beispielsweise ob ein Zwei-Stunden-Stau erwartet wird). Eine Fehlentscheidung: „Soooo – es ist ja ein wenig langweilig hier. Ihr könnt euch auch mal mit dem Nachbarn unterhalten: ‚Wohin fährst du? Wie heißt du? Warum heißt du so?’ Oder ihr schreibt euch Nachrichten, meine zwei Jungs zu Hause machen das auch, alles habe ich schon erlebt.“
In Fernbussen. Dort dann allerdings immer wieder, besonders dann, wenn mancher in regelmäßigen Abständen die gleiche Strecke fährt. Dann kommt es mitunter sogar zu einem Wiedersehen. Der Entertainer spult sein Programm immer ab, ohne sich dabei an die ihm Anvertrauten zu erinnern.
Weil sie zwangsläufig miteinander konfrontiert sind: Die Ruhe-Liebhaber können nicht aussteigen und die Chuzpe wirklich vorzugehen und um weniger Gelaber zu bitten – die hat eben auch kaum einer. Es ist dieselbe Angst, die Zuschauer im Theater in der ersten Reihe auch über den schlechtesten Witz mindestens müde lächeln lässt, aus purer Panik, den Akteur andernfalls nur noch mehr anzustacheln oder gar selbst angesprochen zu werden. Vom Entertainer fällt auch schonmal der Satz: „Und wenn Sie mich was fragen wollen, dann fragen Sie lieber meinen Kollegen, der bald übernimmt. Soll der sich doch mit dem Schmarrn rumschlagen – nein, natürlich nicht. Sie dürfen mich auch nicht so ernst nehmen, gell?" Und wieder lacht er väterlich.
Der Ruhe-Liebhaber bekommt bei einem Fahrerwechsel wiederum vor Augen geführt, wie es auch sein könnte: still. Deshalb hofft der Ruhe-Liebhaber bei jeder Stadt, in der angehalten wird, auf den Fahrerwechsel. Der Entertainer wiederum kann – zumindest in der ersten Reihen, über den Spiegel – kontrollieren wer die Augen verdreht und nicht mit gebanntem Blick nach vorne dasitzt. Das wird natürlich gelegentlich in seine Ausführungen miteinbezogen.
Dass beide Parteien nicht weg können – der Entertainer muss seine Schicht fahren und der Ruhe-Liebhaber muss zu seinem Ziel. Schön ist auch, dass der Nervensägen-Teufelskreis nicht hoffnungslos ist. Denn sogar der Vollblut-Entertainer weiß irgendwann, wann es zuviel wird: „So, wenn Sie jetzt aussteigen, dann haben Sie womöglich schon ab Düsseldorf/Berlin/München mein Geplapper ertragen müssen – jetzt sind Sie mich ja dann auch los, ja, tut mir ja sogar bisschen leid.“ – Und diese Einsicht, die ist doch immerhin ein kleiner Trost, oder?
Ausdauer, und zwar von beiden. Der Entertainer ackert konsequent die Fahrt durch, die Ruhe-Liebhaber ertragen nicht weniger konsequent die ganze Fahrt über das Gelaber. Und haben am Ende auch eine gute Story zu erzählen – der Entertainer wiederum geht beruhigt nach Hause und weiß, dass er sich wieder mal voll reingehängt hat.
Die Ruhe-Liebhaber nehmen vielleicht noch eine Lektion mit: Dass man manchmal auf den Busfahrer hören muss - und nach so einer Fahrt tatsächlich ein bis zwei Bier trinken sollte.
Hassen einander gelegentlich - und sind doch aufeinander angewiesen: Busfahrer und Fahrgäste
Die Situation:
Sonntagabend, 18 Uhr. Der Fernbus fährt vor, die Fahrgäste warten geduldig, bis der Busfahrer ihr Gepäck unten im Bus verstaut hat. Sie machen es sich im Bus gemütlich, Kissen werden rausgekramt, Smartphones gezückt. Der Bus rollt an, dann schallt es aus den Lautsprechern:
„So, schnallt euch an – macht fein Klick-Klick. Denn dann kann ich später auch noch beruhigt ein Bier trinken gehen und bin ganz happy", sagt der Busfahrer. Die Fahrgäste verdrehen schon die Augen. Dann dröhnt es weiter von oben, Lautstärke ordentlich aufgedreht: „So, wenn ihr wollt und Wünsche habt, dann kommt zu mir, ich habe ein offenes Ohr für alles – sogar zwei. Also eines habe ich in Reserve!", gefolgt von väterlichem Lachen.
Die ersten Ruhe-Liebhaber haben schon ihre Kopfhörer in der Hand – allerdings wird maximal ein Ohr mit Musik beschallt, eines halten sie frei. Es könnte sich ja zwischen all dem Gebrabbel doch noch eine echte Information dabei sein (beispielsweise ob ein Zwei-Stunden-Stau erwartet wird). Eine Fehlentscheidung: „Soooo – es ist ja ein wenig langweilig hier. Ihr könnt euch auch mal mit dem Nachbarn unterhalten: ‚Wohin fährst du? Wie heißt du? Warum heißt du so?’ Oder ihr schreibt euch Nachrichten, meine zwei Jungs zu Hause machen das auch, alles habe ich schon erlebt.“
Dort treffen sie aufeinander:
In Fernbussen. Dort dann allerdings immer wieder, besonders dann, wenn mancher in regelmäßigen Abständen die gleiche Strecke fährt. Dann kommt es mitunter sogar zu einem Wiedersehen. Der Entertainer spult sein Programm immer ab, ohne sich dabei an die ihm Anvertrauten zu erinnern.
Darum hassen sie einander:
Weil sie zwangsläufig miteinander konfrontiert sind: Die Ruhe-Liebhaber können nicht aussteigen und die Chuzpe wirklich vorzugehen und um weniger Gelaber zu bitten – die hat eben auch kaum einer. Es ist dieselbe Angst, die Zuschauer im Theater in der ersten Reihe auch über den schlechtesten Witz mindestens müde lächeln lässt, aus purer Panik, den Akteur andernfalls nur noch mehr anzustacheln oder gar selbst angesprochen zu werden. Vom Entertainer fällt auch schonmal der Satz: „Und wenn Sie mich was fragen wollen, dann fragen Sie lieber meinen Kollegen, der bald übernimmt. Soll der sich doch mit dem Schmarrn rumschlagen – nein, natürlich nicht. Sie dürfen mich auch nicht so ernst nehmen, gell?" Und wieder lacht er väterlich.
Der Ruhe-Liebhaber bekommt bei einem Fahrerwechsel wiederum vor Augen geführt, wie es auch sein könnte: still. Deshalb hofft der Ruhe-Liebhaber bei jeder Stadt, in der angehalten wird, auf den Fahrerwechsel. Der Entertainer wiederum kann – zumindest in der ersten Reihen, über den Spiegel – kontrollieren wer die Augen verdreht und nicht mit gebanntem Blick nach vorne dasitzt. Das wird natürlich gelegentlich in seine Ausführungen miteinbezogen.
Das ist die besondere Schönheit dieses Konflikts:
Dass beide Parteien nicht weg können – der Entertainer muss seine Schicht fahren und der Ruhe-Liebhaber muss zu seinem Ziel. Schön ist auch, dass der Nervensägen-Teufelskreis nicht hoffnungslos ist. Denn sogar der Vollblut-Entertainer weiß irgendwann, wann es zuviel wird: „So, wenn Sie jetzt aussteigen, dann haben Sie womöglich schon ab Düsseldorf/Berlin/München mein Geplapper ertragen müssen – jetzt sind Sie mich ja dann auch los, ja, tut mir ja sogar bisschen leid.“ – Und diese Einsicht, die ist doch immerhin ein kleiner Trost, oder?
Das können wir von ihnen lernen:
Ausdauer, und zwar von beiden. Der Entertainer ackert konsequent die Fahrt durch, die Ruhe-Liebhaber ertragen nicht weniger konsequent die ganze Fahrt über das Gelaber. Und haben am Ende auch eine gute Story zu erzählen – der Entertainer wiederum geht beruhigt nach Hause und weiß, dass er sich wieder mal voll reingehängt hat.
Die Ruhe-Liebhaber nehmen vielleicht noch eine Lektion mit: Dass man manchmal auf den Busfahrer hören muss - und nach so einer Fahrt tatsächlich ein bis zwei Bier trinken sollte.