Dieser Gefängnisausbruch wird nicht nur den Berlinern in Erinnerung bleiben – alles daran hat das Zeug zu einem spannenden Drehbuch. Zwei Männer durchsägen die Gitterstäbe ihrer Zellen, seilen sich an verknoteten Bettlaken aus dem ersten Stock in den Hof ab und klettern auf ein Dach. Und das in der JVA Moabit, einem Untersuchungsgefängnis mitten in Berlin. Sie kriechen durch eine Öffnung, werfen Kleidungsstücke über einen vier Meter hohen Zaun und hangeln sich darüber, fast wie in einem alten Ausbrecherfilm mit Clint Eastwood. Dann sind sie verschwunden, der eine 16 Tage lang, der andere 73. Der zweite Ausbrecher wurde Ende vergangener Woche nun verhaftet, in Reinickendorf im Nordwesten der Hauptstadt. Nach Angaben der Berliner Polizei war man ihm seit einiger Zeit per Zielfahndung auf der Spur, man habe einen Tipp bekommen.
Ein Stofflaken hängt am 19.05.2014 in Berlin über einem Drahtzaun an der Justizvollzugsanstalt (JVA) Moabit, aus der zwei Gefangene geflohen waren. Nach zweieinhalb Monaten ist auch der zweite Häftling nach dem Ausbruch aus dem Berliner Gefängnis Moabit gefasst worden.
Zurück blieben in Moabit ein paar dunkle Jacken und Pullover am Stacheldraht auf der Gefängnismauer und jede Menge offener Fragen. Wo konnten die beiden so lange stecken? Wer hat ihnen geholfen? Und was sagt das über den Zustand von Berlins Gefängnissen aus? Zumindest die erste Frage kann man jetzt beantworten. Ausbrecher Nummer eins, ein mutmaßlicher Betrüger, der seinen Lebensunterhalt mit gestohlenen Baumaschinen und Autoteilen verdiente, kam nach der Flucht im Hotel „Smart Stay“ in Berlin-Charlottenburg unter, für 49 Euro die Nacht.
Er tarnte sich mit rot gefärbtem Bart und gekünstelt osteuropäischem Akzent, den er sich zugelegt hatte. Eine Angestellte an der Rezeption erkannte ihn dennoch auf den Fahndungsfotos und rief die Polizei. Ausbrecher Nummer zwei, der 34-jährige Metin Müslü, der einen Berliner Clubbetreiber beraubt und getötet haben soll, vermutete man eigentlich in der Türkei. Er hielt sich nach Angaben der Berliner Polizei allerdings in einer Privatwohnung versteckt, die seit einiger Zeit observiert wurde.
Als die Fahnder merkten, dass nicht der kleine Mann, der sonst dort wohnte, zu sehen war, sondern ein großer, behäbiger wie der Gesuchte, habe man Donnerstagnachmittag vergangener Woche zugegriffen, sagt Martin Steltner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft. Darüber, wie man auf Müslü kam, will Steltner keine Auskunft geben. Nur so viel: Es habe einen „Tippgeber aus dem persönlichen Umfeld“ gegeben. Müslüs persönliches Umfeld war seit März 2013 die JVA Moabit und bestand aus 932 Mitgefangenen. Was die Vermutung zulässt, dass einer von ihnen mehr wusste und redete. Wer auch immer es war, er wird die 5000 Euro Belohnung erhalten, die von der Staatsanwaltschaft ausgelobt worden waren.
Schwieriger zu beantworten ist die Frage, wer den beiden geholfen hat. Ob sie etwa Unterstützung im Inneren der JVA hatten. Martin Steltner von der Berliner Staatsanwaltschaft hält sich dazu bedeckt. Er räumt aber ein, dass es ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Strafvereitlung gebe, also untersucht werde, ob und wer die beiden der Strafverfolgung entzogen haben könnte. Dass in Berlin gegen Justizvollzugsbeamte ermittelt wird, wäre nicht das erste Mal. Vor einigen Jahren stand ein Beamter aus der JVA Tegel wegen Bestechlichkeit vor Gericht, er soll für einen Gefangenen gegen Geld Lebensmittel und Kosmetika ins Gefängnis geschmuggelt haben.
Fest steht, dass die Zustände in der JVA Moabit verbesserungsbedürftig sind. Das Untersuchungsgefängnis mit seinen sternförmig angeordneten Gebäuden galt bei seiner Erbauung als die modernste Haftanstalt Europas, unter anderem wegen der verschlungenen Gänge, durch die man die Gefangenen von der Öffentlichkeit unbemerkt bis zur jeweiligen Anklagebank im angrenzenden Kriminalgericht bringen kann. Das ist allerdings gut 130 Jahre her, heute macht Moabit wegen baulicher Mängel Schlagzeilen. So waren, wie im Rechtsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses herauskam, zum Zeitpunkt des Ausbruchs zahlreiche Bauarbeiten im Gange. Das Dach wurde repariert, ein Gerüst stand herum.
Auch waren die Zellen der Ausbrecher nicht mit Mangan-Hartstahlgittern versehen, wie es modernen Sicherheitsstandards entspricht. Ein Alarm wurde nicht als solcher erkannt, Bilder auf der Überwachungskamera weggedrückt. Ob dahinter „Schlamperei im Quadrat oder vorsätzliche Handlungen“ stecken, wie es Martin Steltner von der Berliner Staatsanwaltschaft ausdrückt, wird unter anderem eine Untersuchungskommission herausfinden müssen. Ende August will sie ihre Ergebnisse präsentieren.
Und die beiden Ausbrecher?
Sie sind zurück in Moabit, in Einzelhaft, und dürfen keinen Kontakt mit anderen Insassen haben. Metin Müslü wird demnächst wieder durch die unterirdischen Gänge in den Saal 806 des Berliner Landgerichts gebracht werden, wo gegen ihn und einen anderen Mann ein Mordprozess läuft. Ansonsten können die Ausbrecher nur für Straftaten, die sie während der Flucht begangen haben, belangt werden. Die Flucht selbst ist für Flüchtende nicht strafbar. Das Freiheitsrecht steht über allem, das gilt für die beiden Berliner genauso wie für den Ausbrecher, den einst Clint Eastwood im Film „Flucht von Alcatraz“ verkörperte.
Ein Stofflaken hängt am 19.05.2014 in Berlin über einem Drahtzaun an der Justizvollzugsanstalt (JVA) Moabit, aus der zwei Gefangene geflohen waren. Nach zweieinhalb Monaten ist auch der zweite Häftling nach dem Ausbruch aus dem Berliner Gefängnis Moabit gefasst worden.
Zurück blieben in Moabit ein paar dunkle Jacken und Pullover am Stacheldraht auf der Gefängnismauer und jede Menge offener Fragen. Wo konnten die beiden so lange stecken? Wer hat ihnen geholfen? Und was sagt das über den Zustand von Berlins Gefängnissen aus? Zumindest die erste Frage kann man jetzt beantworten. Ausbrecher Nummer eins, ein mutmaßlicher Betrüger, der seinen Lebensunterhalt mit gestohlenen Baumaschinen und Autoteilen verdiente, kam nach der Flucht im Hotel „Smart Stay“ in Berlin-Charlottenburg unter, für 49 Euro die Nacht.
Er tarnte sich mit rot gefärbtem Bart und gekünstelt osteuropäischem Akzent, den er sich zugelegt hatte. Eine Angestellte an der Rezeption erkannte ihn dennoch auf den Fahndungsfotos und rief die Polizei. Ausbrecher Nummer zwei, der 34-jährige Metin Müslü, der einen Berliner Clubbetreiber beraubt und getötet haben soll, vermutete man eigentlich in der Türkei. Er hielt sich nach Angaben der Berliner Polizei allerdings in einer Privatwohnung versteckt, die seit einiger Zeit observiert wurde.
Als die Fahnder merkten, dass nicht der kleine Mann, der sonst dort wohnte, zu sehen war, sondern ein großer, behäbiger wie der Gesuchte, habe man Donnerstagnachmittag vergangener Woche zugegriffen, sagt Martin Steltner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft. Darüber, wie man auf Müslü kam, will Steltner keine Auskunft geben. Nur so viel: Es habe einen „Tippgeber aus dem persönlichen Umfeld“ gegeben. Müslüs persönliches Umfeld war seit März 2013 die JVA Moabit und bestand aus 932 Mitgefangenen. Was die Vermutung zulässt, dass einer von ihnen mehr wusste und redete. Wer auch immer es war, er wird die 5000 Euro Belohnung erhalten, die von der Staatsanwaltschaft ausgelobt worden waren.
Schwieriger zu beantworten ist die Frage, wer den beiden geholfen hat. Ob sie etwa Unterstützung im Inneren der JVA hatten. Martin Steltner von der Berliner Staatsanwaltschaft hält sich dazu bedeckt. Er räumt aber ein, dass es ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Strafvereitlung gebe, also untersucht werde, ob und wer die beiden der Strafverfolgung entzogen haben könnte. Dass in Berlin gegen Justizvollzugsbeamte ermittelt wird, wäre nicht das erste Mal. Vor einigen Jahren stand ein Beamter aus der JVA Tegel wegen Bestechlichkeit vor Gericht, er soll für einen Gefangenen gegen Geld Lebensmittel und Kosmetika ins Gefängnis geschmuggelt haben.
Fest steht, dass die Zustände in der JVA Moabit verbesserungsbedürftig sind. Das Untersuchungsgefängnis mit seinen sternförmig angeordneten Gebäuden galt bei seiner Erbauung als die modernste Haftanstalt Europas, unter anderem wegen der verschlungenen Gänge, durch die man die Gefangenen von der Öffentlichkeit unbemerkt bis zur jeweiligen Anklagebank im angrenzenden Kriminalgericht bringen kann. Das ist allerdings gut 130 Jahre her, heute macht Moabit wegen baulicher Mängel Schlagzeilen. So waren, wie im Rechtsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses herauskam, zum Zeitpunkt des Ausbruchs zahlreiche Bauarbeiten im Gange. Das Dach wurde repariert, ein Gerüst stand herum.
Auch waren die Zellen der Ausbrecher nicht mit Mangan-Hartstahlgittern versehen, wie es modernen Sicherheitsstandards entspricht. Ein Alarm wurde nicht als solcher erkannt, Bilder auf der Überwachungskamera weggedrückt. Ob dahinter „Schlamperei im Quadrat oder vorsätzliche Handlungen“ stecken, wie es Martin Steltner von der Berliner Staatsanwaltschaft ausdrückt, wird unter anderem eine Untersuchungskommission herausfinden müssen. Ende August will sie ihre Ergebnisse präsentieren.
Und die beiden Ausbrecher?
Sie sind zurück in Moabit, in Einzelhaft, und dürfen keinen Kontakt mit anderen Insassen haben. Metin Müslü wird demnächst wieder durch die unterirdischen Gänge in den Saal 806 des Berliner Landgerichts gebracht werden, wo gegen ihn und einen anderen Mann ein Mordprozess läuft. Ansonsten können die Ausbrecher nur für Straftaten, die sie während der Flucht begangen haben, belangt werden. Die Flucht selbst ist für Flüchtende nicht strafbar. Das Freiheitsrecht steht über allem, das gilt für die beiden Berliner genauso wie für den Ausbrecher, den einst Clint Eastwood im Film „Flucht von Alcatraz“ verkörperte.