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POPKOLUMNE

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Es ist nicht ungewöhnlich, wenn sich große Künstler langsam in die Geistesschwäche verabschieden. Im Falle der Flaming Lips hat sich dieser Karrieresprung schon bei den letzten Platten angedeutet, schade ist es trotzdem. Schließlich hat die Band vor einer guten Dekade mit „Soft Bulletin“ und „Yoshimi Battles...“ herrliche Musik in die Indie-Geschichtsbücher eingetragen. Nun erscheint mit „7 Skies H3“ (Warner) ein nachgereichtes Zeugnis des galoppierenden Wahnsinns, das die Band ursprünglich schon im Oktober 2011 abgelegt hatte. Die 24-Stunden-Komposition (!) wurde damals in einer limitierten Auflage von 13 Stück (!!) in echten menschlichen Totenschädeln (!!!) ausgeliefert. Was nach Aussage von Sänger Wayne Coyne nur konsequent gewesen sei, schließlich ginge es bei dem Mammutwerk um den Tod und noch ein paar andere elementare Angelegenheiten. Aus diesem psychedelischen Dauerstück wurde jetzt eine Liebhaber-Cuvée verschnitten, sozusagen ein Best-Of in zehn Teilen. Die solcherart und auch durch den Verzicht auf die Schädel breiteren Volksschichten zugänglich gemachte Sinfonie, ist in den erträglichsten Teilen ein elegisches Instrumental. Sonnenaufgangsmusik mit Hang zu Hippie-Pathos der Siebzigerjahre, und wenigen, winzigen Momenten zarter Flaming-Lips-Poesie, etwa beim acht Minuten langen „Can’t Let Go“ – da schimmert noch etwas Schönes durch. Der Rest aber ist eine unruhige Reise zwischen Kakophonie und klanglichem Minimalismus, eine Katharsis aus Keyboards und Gitarren, die sich in der 50-Minuten-Version, genau genommen, eigentlich überhaupt nicht erschließt.



Wayne Coyne von den Flaming Lips performte beim Primavera Festival 2012 in einem großen Plastikball. Heute scheint seine Band vollends durchgedreht. 

OK Go aus Chicago dürfte auch in die Geschichtsbücher eingehen und zwar als Band, deren Bekanntheit nicht aus ihrer Musik, sondern nur aus den dazugehörigen Videoclips resultierte. Jetzt haben die sympathischen Herren ein neues Wunderwerk abgedreht, wieder ein One-Shot, bei dem die Band in einer Fabrikhalle ein Füllhorn an optischen Täuschungen ausgeschüttet hat, die sie fröhlich singend durchwandert. Als Zuschauer ist man angesichts der Spielereien wieder so gebannt, dass man hinterher kaum etwas über den Song sagen kann, der ja während des lustigen Turnens auch noch präsentiert wurde. Probieren wir es trotzdem: „The Writing’s On The Wall“ ist ein hymnisches Wave-Ding, wie es derzeit viele Bands versuchen, ungefähr The Cure mit Apple-Computern. Den Aufwand mit den Videos aber machen sich nur OK Go in dieser bemerkenswerten Form. Sie bedienen den „Schau mal, like mal!“-Reflex des Netzes jetzt allerdings auch schon seit zehn Jahren, vielleicht sollten sie langsam auch mal an den „Hör mal!“-Reflex denken.

Was ist ein Adelsschlag in der Musik? Wenn Bob Dylan persönlich einen Song weiterreicht, damit andere ihn vollenden! So geschehen mit „Dirty Lie“, einem Dylan-Fragment das bisher nur als Demo-Version aus den Achtzigerjahren kursierte. Die zweistimmige Country-Formation The Secret Sisters präsentiert das Stück jetzt als fertige und absolut würdevoll geglückte Referenz an den Altmeister auf ihrem neuen Werk „Put Your Needle Down“ (Universal). Einer Platte die eigentlich zu aufregend perlend ist, um nur Country zu sein. Wie die Schwestern aus Alabama auftreten und ihre perfekten Jukebox-Stimmen aneinander ketteln, wie sie Vintage-Filter von Jazz bis Kabarett für ihre Songs bereithalten, das hat einen hohen Unterhaltungswert und viel Kraft. Ihre Inszenierung und die im Vergleich zum Debüt deutliche opulentere Produktion könnten Puristen ein wenig zu konformistisch erscheinen, allen anderen allerdings dürfte diese schöne amerikanische Volksmusik einige gute Stunden bereiten. Mindestens.

Noch eine Fußnote zum Southside-Festival, das am vergangenen Wochenende über die Bühne ging. Da konnte man dem Rapper Macklemore bei einer durchaus imposanten Demonstration seiner Kunst beobachten. Warum er allerdings bei seinem pathetisch hingerappten Irlandpathos namens „Irish Celebration“ wieder mit einer riesigen Deutschlandfahne durchs Publikum raste und sie dann auch noch wie ein siegreicher Feldherr ununterbrochen vor der Bühne schwenkte, verstand selbst das euphorisierte Teenie-Publikum nicht ganz. Er meinte es ja womöglich gut, aber vielleicht sollte ihm mal der Tourmanager flüstern, dass man diese Geste vor 40000 grölenden Menschen hierzulande nicht gewohnt ist, Fußball (und Irland) hin oder her.

Zweite Fußnote: Der amerikanische R’n’B-Superstar Rihanna mag zwar Miroslav Klose, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hört in ihrem Quartier trotzdem Schlagerkönigin Helene Fischer. 

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