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Die jetzt.de-Kettengeschichte, Teil 8

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Was bisher geschah: Die Tankstellen-Angestellte Anna bekommt während ihrer Schicht zwielichtigen Besuch und flieht vor ihrem öden Job und ihrem akribischen Chef Paul Wisselmann aka "Preußen-Paule" - auf einem Traktor. Ihr Ziel: Das Mensch-ärgere-dich-nicht-Turnier, bei dem Annas großer Schwarm Gerwin Gewinner antritt. Dort begegnet Anna der Fee Tinkerbell, die sie in die seltsame, märchenhafte Welt des Turniers entführt. Etwa zeitgleich erwacht Preußen-Paule in seinem Geheimversteck unter der Tankstelle, in dem er eigentlich über Anna wachen wollte. Er ahnt: Sie ist in Gefahr! Er macht sich auf den Weg, sie zu suchen. Und dann klingelt auf einmal sein Handy - und Anna sagt "Hilf mir!"

Alle vorigen Teile der Kettengeschichte kannst du hier nachlesen. Und hier kommt Teil 8 von jetzt-Userin octopussy:



"Anna?" Nix. "Anna!" Knistern. Abgehacktes Flüstern "Pauli! Villa...Tinker…böse…das Kleid!" Ein gellender Schrei fährt Paul durch Mark und Bein. Heißkalt. Das Adrenalin schießt durch die Adern. Anna in Gefahr, er wusste doch gleich, dass diese Bande was gegen sie im Schilde führt. Da hat ihn die Tankstellenerfahrung nicht getrügt. Es sind die Nächte, in denen man fürs Leben lernt, das hat er schon immer gesagt.  

Er steht neben dem Auto in dieser düsteren Landstraßenkulisse, die jedem Gruselfilm alle Ehre macht. "Ok, sortieren, Luft holen. Was war das gerade?" Paul redet mit sich selbst. Er macht das immer, wenn er zu viel gleichzeitig im Kopf hat. Es hilft. Ab auf die Landstraße, dem Trecker hinterher und nur eins im Kopf: Seine Anna. Da war es wieder, das "seine". Wieder überschlagen sich die Gedanken. Anna hat angerufen. Ihn. Und sie braucht Hilfe. Seine. Er haut mit geschlossener Faust auf das Autodach. Der Schmerz erdet ihn. Diese komische Bande, die nach Anna gefragt hatte. Das Plakat vom Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Turnier. Es muss mit diesem Turnier was sein. Was hat sie gesagt? "Konzentrier dich, Paul, konzentrier dich!" Er legt seine Stirn auf das kühle Blech des Wagens. "Pauli. Villa. Kleid." Da war nochwas. "Trink." Trink? Nein nein, anders.  

"Das Kleid. Böse", manifestiert sich in seinem Kopf und er weiß jetzt, wo er hin muss. Zur Villa, über die die alten Leute reden. Von Geistern und Sünden. Paul steigt ins Auto, knallt die Tür zu, gibt Gas. Die Gänge haut er gnadenlos rein, er peitscht den sonst so zögerlichen 90PS Motor auf die Beschleunigung eines Galopprennpferds. Die Bäume fliegen an ihm vorbei, die Kurven nimmt er so scharf, dass der Wagen auszubrechen droht, doch er ist ein sicherer Fahrer. Da! Flackerndes Licht hinter der nächsten Kurve. Die Villa! Er verlangsamt. Hält an. Vor dem eisernen Tor stehen große Feuerschalen und überdimensionierte Spielfiguren säumen wie Wächter den Weg. Wieder driften seine Gedanken…Eyes Wide Shut, Charlie und die Schokoladenfabrik, Corpse Bride… "Stop!" ruft seine innere Stimme. "Du musst Anna retten!"  

A_N_N_A  

Die Villa und ihr Geheimnis - Liesel Maier, die Oma aus der Brennerstraße, die ihren 66er E-Type jeden zweiten Samstag für Handwäsche und Volltanken vorbeibrachte, hatte ihm davon erzählt. Von dem geheimen Zugang, der früher Bediensteten zum Schmuggeln von Nahrungsmitteln und Liebschaften diente. Paul muss auf die Westseite, Hindernis ist einzig der sumpfige Grund im Wald, doch da waren Liesels Worte: "Der Herzschlag macht den Schritt, der Blick reicht zu den Sternen." Die Zweige schlagen ihm ins Gesicht, es ist egal. Da! Der Sumpfgrund. Er schaut nach oben. Die Bäume öffnen sich zu einer Schneise, die Sterne glühen. Der Herzschlag rast, aber das ist ja auch kein Spazierweg. Ein Schritt falsch und der Grund verschlingt ihn. "Badabumm badabumm" dröhnt der Herzschlag durch seinen Körper, die Füße fliegen. Schlamm spritzt auf. Paul findet sich vor einer kalten nassen Mauer wieder. Er hört Lachen und Musik aus der Villa. "Wie komme ich jetzt rein?" fragt er sich und tastet die Steine ab. Seine Hand fasst einen Stern und wie von Geisterhand öffnet sich die Mauer. Fledermäuse fliegen ihm entgegen. Spinnenweben fangen ihn.  

Er eilt den Gang entlang, bis er Licht sieht und Stimmen hört. Eine glockengleich: "Wir haben sie! Wir haben die Tankenschlampe!" Paul beisst in seine Hand, um nicht laut aufzuschreien. Ein heiseres männliches Lachen antwortet: "Hähähä, ich wusste, dass ich sie mit diesem Turnier ködern kann, die ist dumm wie Brot diese Schnepfe." Die helle Stimme: "Gerwin, du bist und bleibst eben ein Gewinner. Und nun? Sie hat das Zauberkleid an und ist erstmal ruhig gestellt." - "Tink…" Gerwin wird durch Pauls Aufstöhnen aufgeschreckt. "Was war das? Mach dein scheiß Elfen-Feen-Leuchten an, hier muss jemand sein!" Paul guckt auf seine Hand. Er hat so fest zugebissen, dass Blut auf den staubigen Boden tropft. In seinem Kopf formieren sich wieder die Buchstaben.  

A_N_N_A  

Anna kauert in diesem prinzessinnenartigen Kleid auf dem Dachboden. Durch die brüchigen Ziegel dringt die aufgehende Sonne. Sie will sich bewegen, kann aber nicht. Das Kleid umschlingt sie wie eine Zwangsjacke. „Pauli“ kommt tonlos über ihre Lippen.  

P_A_U_L 

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