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Romy Schneider hätte es gefallen

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jetzt.de: Hendrik, führst du selbst Tagebuch?
Hendrik Otremba: Ich bin daran gescheitert. Vielleicht bin ich zu undiszipliniert oder zu beschäftigt, um selbst so ein Tagebuch zu führen. Wenn ich was Persönliches schreibe, kommt meistens ein lyrischer Text dabei raus. Sowas landet dann auch oft bei Messer. Die Band ist also mein Tagebuch.  

Kannst du nachvollziehen, dass manchen Leuten diesen Dialog mit sich selbst brauchen?

Klar! Tagebücher sind erstmal Werke der Erinnerung. Ich unterrichte an der Fachhochschule Studierende, die Logbücher schreiben sollen. Dadurch, was die an Selbsterkenntnis durch dieses Aufschreiben bekommen, weiß ich, was das für einen Wert hat. Ich glaube, dass das Festhalten von Momenten zu einem bewussteren Leben führt. Vielleicht bewegt mich das hier jetzt, es doch nochmal zu versuchen...  

Hast du das "Tagebuch der Anne Frank" auch in der Schule gelesen? Das ist ja klassischer Schulstoff.

Bei mir in der Schule nicht. Und ich war da auch in einem Alter, in dem ich mir selbst die Sachen gesucht habe, die mich interessieren. Ich will es aber gern noch lesen.  

Der heutige Tag des Tagebuchs geht auf Anne Franke zurück. Am 12. Juni 1942 hat sie ein Notizbuch geschenkt bekommen, das dann ihr Tagebuch wurde.

Das ist ein sehr guter Gedenktag. Da macht es auch Sinn, dass wir mit Messer dann einen Tag später bei den Tagebuchtagen spielen.  



"Messer" vertonen Romy Schneiders Tagebuchaufzeichnungen - die Schauspielerin war "eine Lichtgestalt mit ganz dunklen Seiten", sagt Frontmann Hendrik Otremba (2.v.l.)

Die Tagebuchtage sind ein kleines Festival bei Oelde in NRW, bei dem sich deutsche Bands berühmte Tagebücher vornehmen und sie vertonen. Gisbert zu Knyphausen hat zum Beispiel die Aufzeichnungen von Kurt Cobain bearbeitet. Tom Liwa kuratiert das Festival und spielt auch selbst. Ihr habt euch das Tagebuch von Romy Schneider als Textgrundlage ausgesucht. Warum grade das?

Romy Schneider ist bei uns ein Leitmotiv. Ich habe sie oft gemalt und sie ist auch auf dem Cover unseres aktuellen Albums. Auf der ersten Platte ist auch ein Text drauf, der "Romy" heißt. Irgendwie interessiert sie mich. Eine Lichtgestalt mit ganz dunklen Seiten. Tom Liwa hat mir den Tipp gegeben, ihr Tagebuch zu lesen. Die ersten zwei Drittel sind die klassische Form des Tagebuchs, sie fängt in der Kindheit an. Für Messer ist es schwierig, so glückliche Sachen abzubilden. Darum haben wir es uns einfach gemacht und uns eher mit dem letzten Drittel beschäftigt, wo es tragisch und traurig wird. (lacht)  

Das Buch ist ja im Handel erhältlich – aber fühlt es sich nicht seltsam an, private Zeilen einer Toten auf der Bühne zu singen?

Romy Schneider war eine Künstlerin, die sowieso immer viel Privates nach außen getragen hat. Ich glaube sogar, dass ihr das vielleicht gefallen hätte. Ich will sie auch ja nicht imitieren. Das ist meine Adaption von ihrem Text. Ich glaube aber auch, dass sie später, als sie gemerkt hat, dass sie berühmt wird, ihren Schreibstil änderte. Da rechtfertigt sie sich mal oder sie schimpft. Vielleicht wusste sie, dass das später alles zu lesen sein wird.  

Gab es eine Stelle, die für dich besonders heraussticht und an die du dich erst nicht herangetraut hast?

Ja, die gab es auf jeden Fall (blättert im Tagebuch): "3. Juli 1981. Mein 14-jähriger Sohn David und ich haben ein sehr liebevolles Verhältnis zueinander. Er ist mir ein wunderbarer Gefährte. Ich glaube ich habe alle Schwierigkeiten überwunden und bin völlig wiederhergestellt." Dann, zwei Tage später schreibt sie: "Mami! Mein Kind! Mein Kind ist tot!" Da wendet sie sich an ihre eigen Mutter und trauert um ihr Kind. Ihr Sohn ist an dem Tag tödlich verunglückt. Als ich das im Proberaum vorgelesen hab, fanden das schon alle krass. Aber es geht uns um eine Würdigung und wir haben beschlossen, das Buch zum Thema zu machen und dann muss das auch mit rein.  

Ihr spielt bei den Tagebuchtagen ein Konzert und macht keine Lesung. Habt ihr Songs aus den Tagebuchaufzeichnungen gemacht?

Wir haben das jetzt ein paar Mal geprobt und es wird eher eine Improvisation. Ich habe mir einige Stellen in dem Buch markiert. Diese Zusammenstellung ist mein Text. Als letztes Lied werden wir an dem Abend aber auch unseren Song "Romy" spielen.  

Weißt du, was die anderen Bands für das Festival vorbereitet haben?

Nein. Wenn ich es wüsste, wäre meine Reaktion aber auch: Die machen das so? Dann dürfen wir das auf keinen Fall auch so machen! Ich freu mich in erster Linie drauf, dass wir mal Sachen spielen, die nicht unser normales Tour-Set sind. Da können ja auch spannende Sachen passieren, wenn man nicht alles genau vorbereitet. 

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