Ihre Heimat ist für sie gefährlich geworden: Mehr als die Hälfte der 1700 Menschen, die zeitweilig für die Bundeswehr in Afghanistan arbeiteten, fühlt sich – nun, da die Armee abzieht – bedroht. Aber Deutschland will nur knapp ein Drittel von ihnen aufnehmen. Von den ersten gut 100 ehemaligen Mitarbeitern, die mit Frauen und Kindern hier eingetroffen sind, erleben einige neue Not. Die SZ sprach mit dem ehemaligen Wehrbeauftragten Reinhold Robbe.
Der ehemalige Wehrbeauftragte Reinhold Robbe auf dem Truppenübungsplatz Bergen.
SZ: Herr Robbe, die afghanischen Ortskräfte, insbesondere die Dolmetscher, haben der Bundeswehr unschätzbar wertvolle Dienste geleistet. Haben Sie den Eindruck, dass sich Deutschland für diese Dienste erkenntlich zeigt?
Robbe: Leider habe ich genau den gegenteiligen Eindruck. Diese Leute werden, wenn sie nach etlichen Hürden endlich bei uns eintreffen, nicht so behandelt, wie sie es verdient hätten. Es ist wirklich beschämend, wie man sie mit ihren existenziellen Problemen allein lässt. Sei werden von Amt zu Amt geschickt, niemand hilft ihnen bei den ersten Schritten im fremden Land.
Sie reden von den Dolmetschern, die wegen ihrer Gefährdung nach Deutschland übersiedeln. Was genau ist das Problem?
Das Problem liegt in den unterschiedlichen Zuständigkeiten. Anstatt das Thema dem Verteidigungsministerium zuzuordnen und die Sprachmittler wie Angehörige der Bundeswehr zu behandeln, liegt die Zuständigkeit beim Innenministerium, und das überlässt die Leute sich selber.
Niemand kümmert sich um sie?
So ist es, leider. Es ist ein empörendes und unwürdiges Bild, das unser Land hier abgibt. Andere Länder wie die USA und Großbritannien machen uns vor, wie man so etwas verantwortungsvoll und menschenwürdig regelt. Leider haben wir das bisher nicht gelernt.
Dabei gibt es unter den Soldaten, die in Afghanistan waren, viele, die den Einsatz der afghanischen Ortskräfte außerordentlich zu würdigen wissen.
Ja, da ist ausschließlich große Anerkennung und Dankbarkeit, aber das wird auf der politischen Ebene offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen. Die Bundesregierung jedenfalls scheint sich für das Problem nicht zu interessieren. Ich bin maßlos enttäuscht. Verteidigungsministerin von der Leyen sollte sich persönlich dafür starkmachen, dass die Sprachmittler so schnell wie möglich Hilfe bekommen.
Die Ministerin ist gerade dabei, den Arbeitsplatz Bundeswehr attraktiver und sozialer zu gestalten. Ihr Eifer scheint sich aber auf die ehemaligen afghanischen Mitarbeiter nicht zu erstrecken.
Offenbar hat sie dieses Thema noch nicht erkannt. So wichtig es ist, für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen der Truppe zu sorgen, so sehr sollte Frau von der Leyen die afghanischen Ortskräfte im Auge haben. Die haben einen ebenso gefährlichen und wertvollen Einsatz geleistet wie unsere Soldaten.
Noch viel problematischer als die Lage der Ortskräfte hier ist die Lage derer, die bislang keine Erlaubnis bekommen haben, nach Deutschland auszureisen. In den Augen der Taliban sind das Kollaborateure. Spielt die Bundesregierung mit dem Leben dieser Menschen?
Zumindest muss die Frage erlaubt sein, ob diese bedrohten afghanischen Ortskräfte ihre Bedrohungssituation jeweils im Detail belegen und beweisen müssen, was ja angesichts der schwierigen Sicherheitslage kaum zumutbar ist. Man sollte sich schlichtweg auf deren Wort verlassen. Das ist nicht nur meine Meinung. Fast sämtliche Vertreter der Bundeswehr vom Gefreiten bis zum General, sehen es genauso. Alle, die im Einsatz waren und von den Ortskräften profitiert haben, sind sich einig, dass es zu einer Gleichstellung der Ortskräfte mit den Angehörigen der Bundeswehr kommen muss.
Weil das Leben dieser Männer und ihrer Familien auf dem Spiel steht?
In der Tat, und übrigens: Selbst wenn sie dann hier sind, gibt es keine hundertprozentige Sicherheit für sie. Wir wissen, dass die Möglichkeiten der Taliban weitreichend sind.
Was muss geschehen?
Ich bin der festen Überzeugung, diese Menschen sollten nicht nur den moralischen, sondern auch den verbrieften Anspruch darauf haben, dass sie hier Aufenthalt und eine ausreichende Unterstützung bekommen. Im Übrigen sind das hochgebildete Fachkräfte, die sehr schnell integriert werden können, wenn der Staat endlich die Voraussetzungen dafür schafft.
Der ehemalige Wehrbeauftragte Reinhold Robbe auf dem Truppenübungsplatz Bergen.
SZ: Herr Robbe, die afghanischen Ortskräfte, insbesondere die Dolmetscher, haben der Bundeswehr unschätzbar wertvolle Dienste geleistet. Haben Sie den Eindruck, dass sich Deutschland für diese Dienste erkenntlich zeigt?
Robbe: Leider habe ich genau den gegenteiligen Eindruck. Diese Leute werden, wenn sie nach etlichen Hürden endlich bei uns eintreffen, nicht so behandelt, wie sie es verdient hätten. Es ist wirklich beschämend, wie man sie mit ihren existenziellen Problemen allein lässt. Sei werden von Amt zu Amt geschickt, niemand hilft ihnen bei den ersten Schritten im fremden Land.
Sie reden von den Dolmetschern, die wegen ihrer Gefährdung nach Deutschland übersiedeln. Was genau ist das Problem?
Das Problem liegt in den unterschiedlichen Zuständigkeiten. Anstatt das Thema dem Verteidigungsministerium zuzuordnen und die Sprachmittler wie Angehörige der Bundeswehr zu behandeln, liegt die Zuständigkeit beim Innenministerium, und das überlässt die Leute sich selber.
Niemand kümmert sich um sie?
So ist es, leider. Es ist ein empörendes und unwürdiges Bild, das unser Land hier abgibt. Andere Länder wie die USA und Großbritannien machen uns vor, wie man so etwas verantwortungsvoll und menschenwürdig regelt. Leider haben wir das bisher nicht gelernt.
Dabei gibt es unter den Soldaten, die in Afghanistan waren, viele, die den Einsatz der afghanischen Ortskräfte außerordentlich zu würdigen wissen.
Ja, da ist ausschließlich große Anerkennung und Dankbarkeit, aber das wird auf der politischen Ebene offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen. Die Bundesregierung jedenfalls scheint sich für das Problem nicht zu interessieren. Ich bin maßlos enttäuscht. Verteidigungsministerin von der Leyen sollte sich persönlich dafür starkmachen, dass die Sprachmittler so schnell wie möglich Hilfe bekommen.
Die Ministerin ist gerade dabei, den Arbeitsplatz Bundeswehr attraktiver und sozialer zu gestalten. Ihr Eifer scheint sich aber auf die ehemaligen afghanischen Mitarbeiter nicht zu erstrecken.
Offenbar hat sie dieses Thema noch nicht erkannt. So wichtig es ist, für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen der Truppe zu sorgen, so sehr sollte Frau von der Leyen die afghanischen Ortskräfte im Auge haben. Die haben einen ebenso gefährlichen und wertvollen Einsatz geleistet wie unsere Soldaten.
Noch viel problematischer als die Lage der Ortskräfte hier ist die Lage derer, die bislang keine Erlaubnis bekommen haben, nach Deutschland auszureisen. In den Augen der Taliban sind das Kollaborateure. Spielt die Bundesregierung mit dem Leben dieser Menschen?
Zumindest muss die Frage erlaubt sein, ob diese bedrohten afghanischen Ortskräfte ihre Bedrohungssituation jeweils im Detail belegen und beweisen müssen, was ja angesichts der schwierigen Sicherheitslage kaum zumutbar ist. Man sollte sich schlichtweg auf deren Wort verlassen. Das ist nicht nur meine Meinung. Fast sämtliche Vertreter der Bundeswehr vom Gefreiten bis zum General, sehen es genauso. Alle, die im Einsatz waren und von den Ortskräften profitiert haben, sind sich einig, dass es zu einer Gleichstellung der Ortskräfte mit den Angehörigen der Bundeswehr kommen muss.
Weil das Leben dieser Männer und ihrer Familien auf dem Spiel steht?
In der Tat, und übrigens: Selbst wenn sie dann hier sind, gibt es keine hundertprozentige Sicherheit für sie. Wir wissen, dass die Möglichkeiten der Taliban weitreichend sind.
Was muss geschehen?
Ich bin der festen Überzeugung, diese Menschen sollten nicht nur den moralischen, sondern auch den verbrieften Anspruch darauf haben, dass sie hier Aufenthalt und eine ausreichende Unterstützung bekommen. Im Übrigen sind das hochgebildete Fachkräfte, die sehr schnell integriert werden können, wenn der Staat endlich die Voraussetzungen dafür schafft.