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Tödliche Gesetze

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Du wirst immer in unseren Herzen weiterleben!“, steht auf den schwarzen T-Shirts der Spieler. Vereinskollegen und Freunde haben am Mittwoch in Hamburg-Altona ein Benefiz-Fußballspiel veranstaltet, in Gedenken an den 17-jährigen Diren D., der als Austauschschüler in die USA gegangen war und dort in Missoula in der Nacht zum Sonntag erschossen wurde. Rund 1000 Zuschauer kamen auf dem Hermann-Schnell-Sportplatz zusammen. Die Spieler des SC Teutonia hatten zu der Aktion aufgerufen, um Spenden für die Angehörigen zu sammeln. „Wir werden immer hinter euch stehen“, sagte der Kapitän der Mannschaft der Familie.



In Hamburg wird des in den USA erschossenen Austauschschülers gedacht

Direns Vater war nicht bei dem Benefiz-Spiel, er ist in die USA gereist, um den Leichnam seines Sohnes abzuholen. Wohl an diesem Freitag will er nach Hamburg zurückkehren. Nach einer Zeremonie in der Yeni-Beyazit-Moschee am Nobistor soll der Leichnam zur Bestattung ins türkische Bodrum gebracht werden. Direns Vater sagte, er habe sich keine „Gedanken gemacht, dass hier jeder jemanden erschießen kann, nur weil er in seinen Garten gekommen ist“. Andernfalls hätte er seinem Sohn den Schüleraustausch keinesfalls erlaubt. Über den Todesschützen sagte der Hamburger: „Er soll die gerechte Strafe bekommen.“ Amerika könne nicht weiterhin Cowboy spielen.

Gemeint ist der 29 Jahre alte Mann, der Diren D. in seiner Garage in Missoula im US-Bundesstaat in Montana mit vier Schüssen aus einer Schrotflinte erschossen hat. Zuvor hatten er und seine Ehefrau eine Falle aufgestellt, mit einer Tasche in der offenen Garage sollten mutmaßliche Diebe angelockt werden. Der Schütze hatte gegenüber Bekannten den Wunsch geäußert, nur darauf zu warten, „auf so einen verdammten Burschen zu schießen“. Er muss sich nun wegen vorsätzlicher Tötung vor Gericht verantworten. Derzeit befindet er sich gegen Kaution auf freiem Fuß.

Der Anwalt des Schützen, Paul Ryan, hat angekündigt, dass sich sein Mandant auf die Gesetzgebung in Montana berufen werde – die Einwohner des Bundesstaates dürfen sich selbst und ihre Grundstücke mit Waffengewalt verteidigen. „Stand your Ground“ oder „Castle Doctrine“ werden diese Gesetze genannt. Der Schütze werde sich also nicht schuldig bekennen, sagte Ryan. „Es war spätabends, bei ihm wurde zuvor zweimal eingebrochen, es war jemand im Haus – das führte dazu, dass er glaubte, sich verteidigen zu müssen. Er fürchtete um seine Gesundheit.“ Ryan schreibt dem Getöteten eine Mitverantwortung zu: „Niemand hat ihn dazu gezwungen, in die Garage zu gehen.“ Sein Mandant habe Todesdrohungen bekommen.

In den Vereinigten Staaten wird nun heftig über die Gesetze debattiert, die es in unterschiedlichen Ausführungen in mehr als 30 Bundesstaaten gibt. Einer aktuellen Studie der Texas A&M University zufolge haben sie „keinerlei abschreckende Wirkung“. Ellie Hill, Abgeordnete im Repräsentantenhaus von Montana, sagt: „Diese Gesetze führen dazu, dass ansonsten verantwortungsbewusste Waffenbesitzer glauben, sich in Selbstjustiz üben zu können.“ Sie hat angekündigt, eine Gesetzesänderung anstreben zu wollen.
Der Initiator des entsprechenden Gesetzes von Montana, Gary Marbut, sieht keine Veranlassung für eine Gesetzesänderung: „Wir müssen das Urteil abwarten, bevor wir eine Entscheidung darüber treffen können. Eine Verurteilung des Hausbesitzers würde zeigen, dass die aktuell gültige Gesetzgebung wunderbar funktioniert.“

Noch nicht bekannt ist, ob sich der Schütze von Missoula für einen Fall wie den vorliegenden versichert hat. Auch das gibt es in den USA: Unternehmen wie Gunshield oder Armed Citizens’ Legal Defense Network bieten Versicherungen an für den Fall, dass jemand aufgrund der Gesetzeslage einen anderen Menschen erschießt – und übernehmen dann vor Gericht die Verteidigung. Auf den Homepages dieser Firmen ist übrigens nicht selten ein Link zur National Rifle Association (NRA) zu finden, jener mächtigen Waffenlobby, die sich vehement für lockere Waffengesetze einsetzt und seit Jahren um die Einführung der Stand-your-Ground-Gesetze in weiteren Bundesstaaten wirbt.

Auf der alljährlichen Zusammenkunft der NRA am vergangenen Wochenende in Indianapolis sagte die ehemalige Vizepräsidentschafts-Kandidatin Sarah Palin unter tosendem Applaus, dass man keine Patrone für einen Warnschuss verschwenden solle, weil Munition teuer sei.

Unterdessen hat die Hamburger Staatsanwaltschaft die Behörden in Montana um Einsicht in die Ermittlungsakten gebeten. Die Unterlagen sollten mit Blick auf die Einleitung eines eigenen Ermittlungsverfahrens geprüft werden, sagte Sprecherin Nana Frombach am Mittwoch in Hamburg. Ob ein Verfahren eröffnet werde, hänge von deren Auswertung ab. Die Anforderung von Ermittlungsakten gehört nach ihren Angaben zum Standardverfahren deutscher Staatsanwaltschaften, wenn ein Bundesbürger im Ausland bei einer mutmaßlichen Straftat ums Leben kommt.

Im Gymnasium des Getöteten enden die Ferien, am Montag beginnt wieder die Schule. Die Todesschüsse auf den 17-Jährigen sollen dann in allen Klassen angesprochen werden, von der fünften bis zur zwölften, sagte Thomas Bressau von der Schulbehörde. Zunächst aber werde es eine Schweigeminute für Diren geben.

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