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Wo und wie finde ich faire Kleidung?

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Fast zwei Jahre lang war ich nicht mehr bei H&M. Früher habe ich dort bestimmt ein Mal im Monat irgendwas gekauft. Ich habe damit aufgehört, als in den Nachrichten immer öfter Brände in Textilfabriken in Bangladesch und Pakistan gemeldet wurde, bei denen hunderte Menschen gestorben sind. Die vorher für Stundenlöhne von weniger als 40 US-Cent gearbeitet haben, ohne Arbeitsvertrag, Krankenversicherung, Rente, Mutterschutz, Urlaub. Und das bis zu 100 Stunden in der Woche.

Ich weiß, mein H&M-Boykott reicht nicht. Aber es war ein Anfang. Und ja, es fühlt sich auch ganz gut an, so wie mir ein Glas Bio-Milch auch besser schmeckt, wenn ich weiß, dass ich da gerade Bio-Milch trinke. Aber so wie die Sache mit den Bio-Lebensmitteln komplexer ist als mit Bio-Joghurt und -Fleisch sein Gewissen zu beruhigen, ist es auch mit dem H&M-Boykott.  

Wir raten von einem Boykott bestimmter Geschäfte ab, die Näherinnen und Näher würden nur darunter leiden, weil es Arbeitsplätze gefährden würde , sagt Gisela Burckhardt, Vorstandsvorsitzende der Bonner Frauenrechtsorganisation Femnet e.V. Also alles falsch gemacht? Nein, beruhigt sie mich. Nur ist ein Boykott etwas Negatives. Wir empfehlen, Kleidung mit Frairtrade- und Öko-Siegeln zu kaufen. Das beinhaltet natürlich, dass man von bestimmten Firmen nichts kauft. Bei H&M findet man einfach kein unabhängiges Siegel. Dort findet man höchstens selbstkreierte Aufkleber, die auf Nachhaltigkeit hinweisen, aber davor warnt Gisela Burckhardt.  

Die vielen verschiedenen Siegel überfordern mich. Ich habe statt H&M-Zeug auch nicht nur fair und/oder ökologisch produzierte Sachen gekauft, sondern insgesamt weniger und dafür in besserer Qualität. Das reicht nicht, sagt Gisela Burckhardt. Auch wenn man hochwertigere Kleidung von teureren Labels kauft, kann diese unter denselben Bedingungen produziert worden sein. Vom Preis kann man nicht auf die Produktionsbedingungen schließen.  



Es führt also doch kein Weg an den Siegeln vorbei. Aber eigentlich muss man sich nur drei merken, so Gisela Burckhardt. Das Textilsiegel "Global Organic Textile Standard" (GOTS), das "Fairtrade"-Siegel und das der Fair Wear Foundation. Mehr zu den Siegeln - mit Bildern - im Flyer von Femnet (PDF-Download). Und dann sei auch das Produktionsland egal. Im Gegenteil, in vielen Ländern gebe es öko-faire Projekte, die man damit unterstützt. Das strengste Siegel ist das Öko-Siegel Naturtexil IVN zertifiziert BEST, das allerdings nur sehr selten vergeben wird. Das Fairtrade-Siegel fördert beispielsweise auch biologischen Anbau, GOTS und BEST haben Sozialstandards im Kodex. Dennoch ist es am besten, wenn ein Kleidungsstück ein faires Siegel (das Fairtrade-Siegel für Produkte oder Fair Wear für Unternehmen), das sich für bessere Arbeitsbedingungen einsetzt, und ein ökologisches (GOTS oder BEST) trägt, das einen bestimmten Anteil an Naturfasern, jeweils bezogen auf Baumwolle, garantiert.  

In Großstädten und im Internet kommen seit ein paar Jahren immer mehr junge Kaufhäuser und Labels dazu, die öko-faire Mode anbieten. Aber auch in kleineren Städten tut sich was. Femnet erstellte im vergangenen Jahr eine Broschüre (PDF) mit Geschäften in Bonn, in denen man öko-faire Kleidung kaufen kann. Wir waren überrascht, dass 56 von 260 Läden das anbieten, sagt Gisela Burckhardt. Das ist eine ganz gute Zahl. Wenn immer mehr Geschäfte das anbieten und Labels fair und ökologisch produzieren, müssen die großen Textilhersteller irgendwann nachziehen. Dieses Signal hat eine viel größere Wirkung als jeder Boykott.  

Kathrin Hollmer, 25, ist froh, dass sie sich jetzt nur drei bzw. vier Siegel merken muss. Und obwohl sie jetzt weiß, dass Boykotts nichts bringen, macht sie weiterhin einen großen Bogen um das schwedische Label mit den zwei Buchstaben. Nicht, weil ihr die Sachen nicht mehr gefallen, sondern wegen der Qualität. 


Fünf Tipps für öko-faires Shopping: 

1. Vom Ladenpreis kann man nicht auf die Produktionsbedingungen schließen, und einfach nur bestimmte Firmen oder Produktionsländer zu boykottieren bringt nichts.

2. Der wichtigste Anhaltspunkt für den Kauf von öko-fairer Kleidung sind unabhängige und extern, nicht vom Label selbst vergebene Siegel. Die wichtigsten drei sind das Textilsiegel Global Organic Textile Standard (GOTS), das Fairtrade-Siegel und das der Fair Wear Foundation. Auf der Website von Femnet e.V. gibt es eine gute Übersicht. Die Browser-Erweiterung aVoid blendet beim Online-Shopping alle Marken aus, die unter dem Verdacht der Kinderarbeit stehen.

3. In vielen Städten kommen immer mehr Läden und Kaufhäuser dazu, die öko-faire Mode anbieten. Das größte Angebot gibt es im Internet. Eine Übersichtüber faire Shops und Labels findet man zum Beispiel auf korrekte-klamotten.de und getchanged.net. PETA hat außerdem vegane Online-Shops gesammelt.

4. Fair und ökologisch produzierte Kleidung ist nicht unbedingt teurer als nicht-öko-faire. Ein öko-faires T-Shirt kann man ab etwa 15 bis 20 Euro kaufen.

5. Lieber weniger kaufen und dafür bessere Qualität aus fairer und/oder ökologischer Produktion. Auch Second-Hand-Mode und Kleidertauschpartys sind eine gute Idee.


Noch mehr über bewusstes Einkaufen findest du im Lexikoneintrag zum Thema: Ist Online-Shopping schlecht?

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