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Club der heimlichen Europäer

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Laut der zahlreichen Spötter im politischen London sind die Europafreunde in der Konservativen Partei ein Geheimbund, dessen wenige Mitglieder einander an einem bestimmten Handschlag erkennen. Sie werden als furchtsam beschrieben, immer auf der Hut vor dem gewaltigen Furor der Europaskeptiker, die mit Zorn, Wut und oft auch Geifer auf die EU schimpfen - und auf alle, die auch nur ein einziges positives Wort für den Verbund übrig haben. Selbstverständlich ist diese Beschreibung übertrieben, aber nur ein bisschen: In der notorisch europakritischen Konservativen Partei Großbritanniens haben die Europhilen einen schweren Stand.




Besonderer Händedruck? Europabefürworter gelten bei den britischen Konservativen als so unbeliebt, das es heißt, sie erkennen sich an einem besonderen Handschlag

Dennoch haben sie an diesem Montag einen Schritt in die Öffentlichkeit gewagt: Die „Conservative European Mainstream group“ hat einen Report veröffentlicht, in dem mehrere konservative Parlamentarier für Europa werben. In 18 Essays legen sie dar, dass die Partei mit aller Kraft für einen Verbleib in der EU werben müsse und Großbritannien keinesfalls „an den Rändern Europas marginalisiert“ werden dürfe. Es ist der erste offene Vorstoß der Gruppe, die derzeit 62 offizielle Mitglieder hat - was bedeutet, dass der vermeintliche Geheimbund der Europafreunde immerhin ein Fünftel der konservativen Fraktion in Westminster umfasst.

Allerdings sind die Europafreunde unter den Tories seit jeher auf andere Weise europhil als Mitglieder anderer Parteien. Die European-Mainstream-Gruppe ist trotz aller Wertschätzung, die sie den Brüsseler Institutionen entgegenbringt, der festen Überzeugung, dass diese grundsätzlich reformiert werden müssen.

Damit liegt sie ungefähr auf einer Linie mit David Cameron. Der Premierminister hat zwar eine Volksabstimmung über den EU-Verbleib im Jahr 2017 angekündigt, er will aber keinesfalls austreten. Cameron plant, falls er die Parlamentswahl im Jahr 2015 gewinnt, zunächst das Verhältnis des Vereinigten Königreichs zur EU neu zu verhandeln und anschließend auf Grundlage des Ergebnisses die Bürger über die Mitgliedschaft abstimmen zu lassen.

Seitdem Cameron diese Strategie vor gut einem Jahr angekündigt hat, war unklar, was genau Cameron neu verhandeln wolle, und die zahlreichen Spötter in Westminster zogen den Schluss: Er weiß es selber nicht. Nun aber hat Cameron in einem Gastbeitrag für den Telegraph erstmals dargelegt, wie er sich eine Reform der EU vorstellt. Er nennt sieben Kernpunkte, die laut seines Büros in der Downing Street ein „ernsthafter und nüchterner“ Beitrag zur EU-Debatte seien. Sollten diese Forderungen umgesetzt werden, schreibt Cameron, werde er dafür werben, dass Großbritannien in der EU bleibt. Allerdings wolle er nicht, dass das Land „in die Vereinigten Staaten von Europa hineingesogen“ werde. „Das ist nicht das Richtige für Großbritannien“, beschied der Premier.

Bei einigen seiner Forderungen kann Cameron wohl auf Unterstützung durch Angela Merkel hoffen. Der britische Premier sieht die deutsche Bundeskanzlerin als seine wichtigste Verbündete in der EU. Cameron setzt sich zum Beispiel für weniger bürokratische Hemmnisse für die Wirtschaft ein und fordert, schnellstens Freihandelsabkommen mit den USA und asiatischen Ländern zu schließen. Zudem befürwortet der Premier strengere Einwanderungsregeln, um sicherzustellen, dass keine gezielte Einwanderung in die Sozialsysteme der reicheren EU-Staaten stattfindet. Das dürfte bei Merkel zumindest auf offene Ohren stoßen.

Cameron fordert weiter, dass es künftig möglich sein soll, dass nationale Parlamente zusammenarbeiten, um Gesetzesvorhaben aus Brüssel zu blockieren. Ferner sollen Kompetenzen aus Brüssel zurück an die nationalen Parlamente gegeben werden, statt die Gesetzgebung zunehmend in Brüssel zu zentralisieren. Zudem soll geregelt werden, dass die „unnötige Einmischung“ des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in die Arbeit der britischen Polizei und der britischen Gerichte ein Ende hat. Schließlich möchte Cameron die Freizügigkeit der Bürger von neuen Mitgliedsstaaten einschränken, um „riesige Völkerwanderungen“ über den Kontinent zu verhindern.

Ein besonderer Dorn im Auge ist den britischen Konservativen seit jeher, dass in den EU-Verträgen festgelegt ist, dass die Mitgliedsstaaten den „immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker“ suchen. „Das mag auf andere Länder anziehend wirken, aber nicht auf uns“, schreibt Cameron: „Wir müssen sicherstellen, dass das künftig für uns nicht mehr gilt.“ Es ist unklar, ob dazu die Verträge geändert werden müssten, oder ob, wie die Financial Times mutmaßt, die Briten eine Art Ausnahmegenehmigung erhalten könnten.

Alles in allem sind die Forderungen moderater als erwartet, was für Cameron zweierlei bedeutet. Erstens: Es könnte ihm gelingen, ein neues Verhältnis zur EU auszuhandeln, was ein bemerkenswerter Erfolg wäre. Zweitens: Teile seiner Partei könnten ihm dennoch die Gefolgschaft verweigern, die Hardliner unter den Europaskeptikern sind Ideologen. Sie wünschen sich von Cameron möglichst unrealistische Forderungen, damit sie bei Nichterfüllung umgehend aus der EU austreten können.

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