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Alles leere Phrasen

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Jeder tut es. Die einen oben, die anderen auf großer Fläche, die dritten gemeinsam. Alle eint ein Wunsch: an dem Ort zu wohnen, der für sie der richtige ist. In Städten wie München wird das jedoch immer schwieriger. Und zwar nicht nur für Geringverdiener. Wohnen ist hier Luxus.




Ein Kran, der weitere Luxus-Wohnungen bauen soll – hier an der Berliner East Side Gallery

Bei einer durchschnittlichen Nettokaltmiete von 14,20 Euro pro Quadratmeter kommen schließlich auch die in Bedrängnis, die eigentlich frohgemut ins Leben blicken müssten: die junge Familie, für die trotz zweier Akademikergehälter die Anmietung einer Dreizimmerwohnung zum finanziellen Balanceakt wird; der Student, dessen WG-Kammer mit 500 Euro pro Monat zu Buche schlägt. Aber auch die, die kurz vor der Rente stehen und sich ausrechnen, dass sie sich ihr gewohntes Umfeld bald nicht mehr leisten können.

Und wie reagiert die Politik darauf? Kam in den Parteiprogrammen für die Bundestagswahl im vergangenen Jahr das Wort Architektur so gut wie nicht vor, ist das bei der Kommunalwahl in München jetzt anders: Sämtliche Parteien gebärden sich da als Vorkämpfer für den Wohnungsbau. „Ja! zum bezahlbaren Wohnen“ ruft die SPD von den Plakaten. Die CSU gibt sich sozial und verspricht, gegen die „Wohnungsnot“ zu kämpfen. Die FDP fordert schlicht: „mehr Wohnungen“.

Aber so einfach ist das nicht.

Ein paar mehr Wohnungen – und selbst, wenn es ein paar Tausend sind –, werden den Verdrängungskampf in den Städten nicht beenden. Ganz im Gegenteil. Der vermeintliche Tatendrang der Politiker verstellt nur den Blick darauf, was wirklich schiefläuft – und wer die Verantwortung dafür trägt. Denn es sind vor allem Gesetze, die die Wohnungsnot anheizen und unsere Städte immer mehr veröden lassen. Diese kann nur die Politik ändern, die freundlich lächelnden Herren und Damen auf den Wahlplakaten also.

Das fängt mit der Vergabe der Grundstücke an. Selbst in reichen Städten wie München herrscht da oft die Pflicht, landeseigene Flächen meistbietend zu verkaufen. Was auf den ersten Blick vernünftig klingen mag – schließlich bringt das zunächst einmal Geld in die notorisch leeren öffentlichen Kassen –, hat fatale Auswirkungen. Denn das Rennen machen so die großen Immobilieninvestoren; kleine Baugruppen, Genossenschaften oder sozial engagierte Initiativen gehen leer aus. Doch wer sein Zentrum mit hochpreisigen Wohn- und Büroflächen zupflastern lässt, erklärt es nicht nur für große Teile der Bevölkerung zum exterritorialen Gebiet, er beraubt sich auch selbst des urbanen Potenzials. Denn nur, wo viele Menschen zusammenkommen, wo unterschiedliche Gesellschaftsschichten aufeinanderprallen, sich austauschen, dort entstehen Erfindungen. Wo nur um den Parkplatz für das geräumige SUV gestritten wird, da entwickelt keiner neue Ideen.

Andere Gesetz verhindern, dass preisgünstige Wohnungen entstehen. Die Pflicht etwa, bestimmte Energiestandards zu erfüllen, treibt die Baukosten in die Höhe – und das, obwohl der Sinn der strengen Wärmeschutzauflagen längst fraglich ist. Oft kommen sie eher den Baustoffkonzernen zugute als der Natur.

Das Baugesetz ist voller Bestimmungen, die längst ihre Schuldigkeit getan haben – weil zum Beispiel die Zeit der Schwerindustrie mitten in der Stadt passé ist und damit eigentlich auch die strikte Funktionstrennung zwischen Wohnen und Arbeiten –, aber immer noch umgesetzt werden müssen. Wenn die Architekten trotzdem etwas bauen wollen, was die Bedürfnisse unserer Gegenwart ernst nimmt, dann müssen sie erst mühsam Ausnahmegenehmigungen durchfechten. Doch nicht jeder Bauherr hat das Geld, die Zeit oder auch nur die Geduld, um auf die Erlaubnis aus der Baubehörde zu warten. Kein Wunder, dass die meisten unserer Neubauwohnungen immer noch aussehen wie aus der Nachkriegszeit.

Simple Wahlkampfslogans werden das nicht ändern. Der Wohnungsbau muss endlich den Stellenwert erhalten, den er verdient – nicht nur, wenn es um das Amt des zukünftigen Oberbürgermeisters geht. Es darf nicht sein, dass Stadtentwicklung immer nur dann im Fokus steht, wenn es um neue Großprojekte geht. Wenn darüber verhandelt wird, ob der IOC seine Olympiazelte demnächst hier aufstellt, die Fifa sich bei einer WM die Ehre gibt oder eine neue Konzerthalle die optimale Akustik verspricht. Auch eine Stadt wie München besteht aus mehr als nur aus ihren Postkartenmotiven. Wer hier jedoch das Zentrum verlässt, findet sich erschreckend bald in tiefster Vorstadttristesse wieder. Moderne Viertel, die so gestaltet sind, dass ihre Bewohner sie frühmorgens nicht fluchtartig verlassen, sucht man vergeblich. Es wird Zeit, dass Minister nicht nur aufs Heldentreppchen steigen, wenn sie neue Museen, Stadien oder Schlösser einweihen, sondern auch dann, wenn die erste Wohnsiedlung eröffnet wird, die unserer Lebenswelt entspricht.

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