Warum regen sich alle so auf?
Weil man zum ersten Mal in Deutschland ein komplettes Medizinstudium absolvieren kann, ohne das jemand in Deutschland den Studiengang oder die Lehre kontrolliert hat. Der Studiengang wird von der Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg (PMU) angeboten und läuft komplett nach österreichischem Recht. Das Wissenschaftsministerium in Wien hat den Studiengang genehmigt. Die Niederlassungsfreiheit in der EU erlaubt diese sogenannten Franchise-Studiengänge. Das heißt: Ein österreichischer Studiengang in Deutschland ist völlig legal.
Vor allem der Medizinische Fakultätstag– ein Zusammenschluss von medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten – ist damit aber gar nicht einverstanden. „Wir bleiben bei unserer Kritik und lehnen den Studiengang in Nürnberg ab“, sagt Generalsekretär Volker Hildebrandt. Es müsse europaweite, einheitliche Standards für die Akkreditierung geben. „Die Standards der Akkreditierungs-Agentur in Wien sind niedriger als in Deutschland. Mit drei Promovierten, von denen einer zum Professor berufen werden kann, können Sie ein Kunststudium anbieten, aber kein Medizinstudium“, sagt Hildebrandt.
Kann bald jeder Arzt werden - mit dem nötigen Kleingeld?
Was unterscheidet den Studiengang in Nürnberg von anderen Medizinstudiengängen?
Zunächst einmal die Zulassung. Wer Medizin studieren will, muss sich normalerweise bei der Stiftung für Hochschulzulassung (besser bekannt unter hochschulstart.de, früher ZVS) bewerben. Diese vergibt die knapp über 9000 Medizinstudienplätze (Wintersemester). 20 Prozent werden über die Abiturbestenquote ausgewählt, weitere 20 Prozent der Studenten bekommen über die Wartesemester einen Platz. Die restlichen 60 Prozent der Plätze werden nach Kriterien vergeben, die die Hochschule selbst bestimmt, allerdings mit der Vorgabe, dass die Abiturnote eine herausragende Rolle spielen muss.
Die PMU wählt ihre 50 Bewerber selbst aus. Es wird ein Test durchgeführt, in dem neben Fachwissen in Biologie, Physik und Chemie auch „Intelligenz, Lernfähigkeit, Arbeitshaltung und Persönlichkeit“ abgefragt werden. Vor allem aber muss man in der Lage sein, die Studiengebühren von 13 500 Euro pro Jahr zu zahlen. Die Universität bietet Förderungen an, die nach „sozialen Kriterien“ vergeben werden. Zudem kann man auch seinen künftigen Verdienst als Pfand einsetzen. Das Studium selbst dauert nur fünf Jahre, die Regelstudienzeit an staatlichen Universitäten in Deutschland beträgt dagegen sechs Jahre und drei Monate. Nach dem Studium tragen die Absolventen den Titel „Dr. med. univ.“ – ein österreichischer Abschluss, der in Deutschland anerkannt wird und der zur Tätigkeit als Arzt berechtigt.
Aber ist die Ausbildung deswegen wirklich schlechter?
Die PUM selbst gibt gerne zu, dass sich das Studium „in wesentlichen Punkten vom Medizinstudium an öffentlichen Universitäten“ unterscheidet. Es sei praxisorientierter, die geringe Anzahl an Studierenden erlaube eine bessere Betreuung, zudem würde beim universitätseigenen Auswahlverfahren auch die „soziale Kompetenz“ der Bewerber berücksichtigt. Der Medizinische Fakultätstag kritisiert hingegen, dass das Städtische Klinikum Nürnberg – an dem die Ausbildung stattfinden soll – kein Uniklinikum ist. Eine Verzahnung von Praxis und Forschung sei so nicht möglich. „Das Medizinstudium sollte mehr sein als Unterricht am Krankenbett“, sagt Präsident Heyo Kromer und bezeichnet die Ausbildung als „Ärzteausbildung light.“
Ist das Prinzip der privaten Medizinuniversität neu?
Nein, das Prinzip gibt es schon seit einigen Jahren. Wo die Nachfrage größer ist als das Angebot, entwickeln sich meistens Geschäftsmodelle. In Deutschland hat sich die Zahl der Bewerber fürs Medizinstudium in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt, das Angebot ist aber ungefähr gleich geblieben. Dadurch stieg der Nummerus Clausus an, wer sofort einen Medizinstudienplatz haben will, braucht aktuell einen Abischnitt von mindestens 1,3. Einzige Alternative: Wartesemester. Derzeit sind es mindestens 13. Zwar vergeben die Universitäten 60 Prozent der Plätze nach eigenen Verfahren, allerdings spielt auch hier die Abiturnote eine sehr große Rolle.
Im Ausland (beispielsweise in Rumänien und Ungarn) bieten viele Universitäten Medizinstudiengänge in deutscher Sprache an. Kostenpunkt: meistens ebenfalls um die 6000 Euro pro Semester. Auch Österreich war für Deutsche „NC-Flüchtlinge“ ein beliebtes Ziel, allerdings werden nur 20 Prozent der Plätze an EU-Ausländer vergeben und um die zu erhalten, muss man bei einem schweren Aufnahmetest unter den Besten sein.
Was hat Red Bull mit der ganzen Sache zu tun?
Der Brausehersteller ist ein großer Sponsor der PUM. Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz investierte 2012 70 Millionen Euro in ein neues Forschungszentrum für Querschnittslähmung. Auch sonst finanziert sich das Haus nicht nur über Studiengebühren, sondern über viele Firmen und Gönner der Universität.
Weil man zum ersten Mal in Deutschland ein komplettes Medizinstudium absolvieren kann, ohne das jemand in Deutschland den Studiengang oder die Lehre kontrolliert hat. Der Studiengang wird von der Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg (PMU) angeboten und läuft komplett nach österreichischem Recht. Das Wissenschaftsministerium in Wien hat den Studiengang genehmigt. Die Niederlassungsfreiheit in der EU erlaubt diese sogenannten Franchise-Studiengänge. Das heißt: Ein österreichischer Studiengang in Deutschland ist völlig legal.
Vor allem der Medizinische Fakultätstag– ein Zusammenschluss von medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten – ist damit aber gar nicht einverstanden. „Wir bleiben bei unserer Kritik und lehnen den Studiengang in Nürnberg ab“, sagt Generalsekretär Volker Hildebrandt. Es müsse europaweite, einheitliche Standards für die Akkreditierung geben. „Die Standards der Akkreditierungs-Agentur in Wien sind niedriger als in Deutschland. Mit drei Promovierten, von denen einer zum Professor berufen werden kann, können Sie ein Kunststudium anbieten, aber kein Medizinstudium“, sagt Hildebrandt.
Kann bald jeder Arzt werden - mit dem nötigen Kleingeld?
Was unterscheidet den Studiengang in Nürnberg von anderen Medizinstudiengängen?
Zunächst einmal die Zulassung. Wer Medizin studieren will, muss sich normalerweise bei der Stiftung für Hochschulzulassung (besser bekannt unter hochschulstart.de, früher ZVS) bewerben. Diese vergibt die knapp über 9000 Medizinstudienplätze (Wintersemester). 20 Prozent werden über die Abiturbestenquote ausgewählt, weitere 20 Prozent der Studenten bekommen über die Wartesemester einen Platz. Die restlichen 60 Prozent der Plätze werden nach Kriterien vergeben, die die Hochschule selbst bestimmt, allerdings mit der Vorgabe, dass die Abiturnote eine herausragende Rolle spielen muss.
Die PMU wählt ihre 50 Bewerber selbst aus. Es wird ein Test durchgeführt, in dem neben Fachwissen in Biologie, Physik und Chemie auch „Intelligenz, Lernfähigkeit, Arbeitshaltung und Persönlichkeit“ abgefragt werden. Vor allem aber muss man in der Lage sein, die Studiengebühren von 13 500 Euro pro Jahr zu zahlen. Die Universität bietet Förderungen an, die nach „sozialen Kriterien“ vergeben werden. Zudem kann man auch seinen künftigen Verdienst als Pfand einsetzen. Das Studium selbst dauert nur fünf Jahre, die Regelstudienzeit an staatlichen Universitäten in Deutschland beträgt dagegen sechs Jahre und drei Monate. Nach dem Studium tragen die Absolventen den Titel „Dr. med. univ.“ – ein österreichischer Abschluss, der in Deutschland anerkannt wird und der zur Tätigkeit als Arzt berechtigt.
Aber ist die Ausbildung deswegen wirklich schlechter?
Die PUM selbst gibt gerne zu, dass sich das Studium „in wesentlichen Punkten vom Medizinstudium an öffentlichen Universitäten“ unterscheidet. Es sei praxisorientierter, die geringe Anzahl an Studierenden erlaube eine bessere Betreuung, zudem würde beim universitätseigenen Auswahlverfahren auch die „soziale Kompetenz“ der Bewerber berücksichtigt. Der Medizinische Fakultätstag kritisiert hingegen, dass das Städtische Klinikum Nürnberg – an dem die Ausbildung stattfinden soll – kein Uniklinikum ist. Eine Verzahnung von Praxis und Forschung sei so nicht möglich. „Das Medizinstudium sollte mehr sein als Unterricht am Krankenbett“, sagt Präsident Heyo Kromer und bezeichnet die Ausbildung als „Ärzteausbildung light.“
Ist das Prinzip der privaten Medizinuniversität neu?
Nein, das Prinzip gibt es schon seit einigen Jahren. Wo die Nachfrage größer ist als das Angebot, entwickeln sich meistens Geschäftsmodelle. In Deutschland hat sich die Zahl der Bewerber fürs Medizinstudium in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt, das Angebot ist aber ungefähr gleich geblieben. Dadurch stieg der Nummerus Clausus an, wer sofort einen Medizinstudienplatz haben will, braucht aktuell einen Abischnitt von mindestens 1,3. Einzige Alternative: Wartesemester. Derzeit sind es mindestens 13. Zwar vergeben die Universitäten 60 Prozent der Plätze nach eigenen Verfahren, allerdings spielt auch hier die Abiturnote eine sehr große Rolle.
Im Ausland (beispielsweise in Rumänien und Ungarn) bieten viele Universitäten Medizinstudiengänge in deutscher Sprache an. Kostenpunkt: meistens ebenfalls um die 6000 Euro pro Semester. Auch Österreich war für Deutsche „NC-Flüchtlinge“ ein beliebtes Ziel, allerdings werden nur 20 Prozent der Plätze an EU-Ausländer vergeben und um die zu erhalten, muss man bei einem schweren Aufnahmetest unter den Besten sein.
Was hat Red Bull mit der ganzen Sache zu tun?
Der Brausehersteller ist ein großer Sponsor der PUM. Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz investierte 2012 70 Millionen Euro in ein neues Forschungszentrum für Querschnittslähmung. Auch sonst finanziert sich das Haus nicht nur über Studiengebühren, sondern über viele Firmen und Gönner der Universität.