Früher sind die Erwachsenen abends bei Laternenlicht zusammen gesessen und es war für uns Kinder das
schönste einfach nur zu zuhören. Oder wir haben Verstecken gespielt, Fußball, sind auf Bäume geklettert oder haben Steine gesammelt. Am liebsten wären wir den ganzen Tag draußen geblieben um so trauriger waren wir als wir rein gerufen wurden.
Wie oft wurden wir damals ermahnt bloß nicht unsere Sachen dreckig zu machen. Wir taten zwar so als würden wir zuhören, aber es war uns egal. Kaum waren wir draußen suchten wir uns auch schon die nächste Dreckpfütze die wir zu einem Swimmingpool um dekradierten um gefühlte hundert mal mit
unseren Gummistiefeln rein zu treten. Früher oder später hat dann irgendwer von uns Kindern geweint, wegen.. Ach wegen irgendwas.
So wichtig war das nicht. Nach einem kurzen Moment war ohnehin die Welt wieder in Ordnung und der Bösewicht war plötzlich wieder der beste Freund.Oder der andere drohte einem damit
petzen zu gehen und alles Mama und Papa zu verraten. Das erstaunliche
daran war auch noch, das man sich tatsächlich beinahe ins Hemd
pisste und versuchte den anderen diplomatisch zu überreden es doch
nicht zu tun. Wenn aber alles nichts half rannte man so schnell man konnte ins Haus mit den Worten: „Das stimmt alles nicht was die sagt.“ Aber das half dann meistens auch nichts mehr,
vor allem wen man Verwandte hat die noch extra laut heulen können sobald jemand zusieht.
Was dachte ich mir damals nur dabei endlich erwachsen werden zu wollen?
Endlich erwachsen werden um all die tollen Sachen machen zu dürfen die eben nur Erwachsene dürfen. Mir
endlich so viele Süßigkeiten kaufen zu können wie ich wollte. Ja, als Kind wollte man so viel und hatte keine Ahnung was man schon hatte. Heute kann ich mir so viele Süßigkeiten kaufen wie ich will.
Es macht nur keinen Spaß mehr. Ich kann niemandem davon erzählen, der davon sonderlich beeindruckt wäre und wenn ich heute in einer Regenpfütze rum tanze, würden die Nachbarn wahrscheinlich den
Notdienst rufen. Und wenn ich heute ein Mädchen zum weinen bringe dann reicht kein Zusammenschiss mehr damit die Welt wieder in Ordnung ist und das Mädchen schadenfroh ihre Zunge in meine Richtung
streckt. Heimlich natürlich, damit es außer mir niemand sieht, da einem ansonsten ja die Zunge abfällt. Wahrscheinlich ist das auch passiert. Mit jedem von uns. Oder wie viele Gespräche führe ich heute noch die irgendwie von Wert sind? Wie oft bin ich still wenn ich etwas sagen sollte. Wie oft wird nur über oberflächliches gesprochen oder der neueste Tratsch und Klatsch verbreitet. Der Tratsch und Klatsch der mich damals im Laternenlicht noch so beruhigt hat und ein Gefühl der Gemütlichkeit in mir ausgelöst hat welches mir heute völlig fremd ist. Damals musste ich nur zuhören, während ich mein kleines Rennauto über den Teppichboden hin und her manövrierte. Heute werde ich gefragt, heute will man meine Meinung
hören. Heute muss ich nach denken was ich sage - und sage dann meistens irgendwas.
Es ist schon erschreckend wie einfach damals alles war. Man hatte Menschen um sich die für einen da waren. Darüber musste man nicht nach denken, das war einfach so. Oder wie oft hat man gezielt drauf los geheult und Mitleids erregend seine Herz zereißende Geschichte erzählt wie gemein nicht alle anderen
sind, wie schlecht es einem geht oder was auch immer. Hauptsache man hat danach den Fernseher einschalten dürfen mit dem Versprechen das man am nächsten Tag nur zu zweit einkaufen geht. Natürlich hat man sich dann auch etwas spezielles aussuchen dürfen, was sonst keinerbekommen hat. Aber darum ging es auch nicht wirklich. Es ging nur darum in diesem Moment etwas besonderes zu sein und das Gefühl zu haben das man jemandem ungeheuer wichtig ist – das man geliebt wird.
Macht man das heute bekommt man
wahrscheinlich die Empfehlung für einen guten Psychotherapeuten. Und
wahrscheinlich braucht man ihn auch dringend. Immerhin gibt es in der
„Erwachsenen“ Welt keine Menschen mehr die einfach nur da sind.
Meine Großmutter sagte einmal: „Das wichtigste im Leben ist es glücklich zu sein.“ Ich war immer
glücklich wenn ich zu ihr kam. Ich wusste das es bei ihr diese ganz besonderen Karamell Bonbons gab die sie immer in ihrer Tasche hatte wenn wir Kinder zu Besuch kamen. Manchmal reichte der Vorrat nicht
für alle, aber das machte nichts. Der Wohnzimmerschrank war immerhin nicht das beste Versteck. Das wusste sie wahrscheinlich auch. Was ich damals nicht wusste war, wie recht sie hatte.
Und ich wusste auch nicht das ich wahrscheinlich nie so glücklich war wie zu diesen Zeiten.
Vielleicht war ich aber auch nur so glücklich weil ich es nicht wusste. Ich war es ja einfach.
Heute denke ich darüber nach wie man es werden kann. Heute denken alle Menschen darüber nach. Manche denken sogar gemeinsam mit ihrem Psychotherapeuten darüber nach und bezahlen eine Menge Geld dafür. Dabei wäre es doch so einfach.
Wir müssten alle nur unsere Gummistiefel anziehen, unser bestes Versace Hemd und mit vollem
Schwung in die nächste Regenpfütze springen ohne uns einen Scheiß um irgendwas zu kümmern, wenigstens für den Moment. Aber das wäre
zu einfach. Und überhaupt, was würden die Nachbarn denken?
Fortsetzung folgt.....