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Ein Netz für alles

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Das Smartphone spielt den Weckruf schon um 5.30 Uhr statt wie sonst erst um 6. Denn auf der Autobahn hat es einen Unfall gegeben, alles staut sich auf dem Weg zur Arbeit. Der Kaffee ist trotzdem schon fertig und duftet ins Bad hinüber. Und just in dem Moment, in dem man die Küche betritt, kommt der Morgentoast – nicht zu hell, nicht zu dunkel – aus dem Toasterschlitz.

So könnte sie aussehen, die neue, vernetzte Welt, das Internet der Dinge. Eine Welt, in der Haushaltsgeräte, das Smartphone und das Auto miteinander kommunizieren. Das Internet der Dinge soll dem Menschen das Leben leichter machen. Aber es birgt – das ist die Kehrseite – auch die Gefahr, dass der Mensch noch mehr Spuren hinterlässt und diese legal gesammelt oder illegal abgefischt werden.

Noch steht diese umfassende Vernetzung erst am Anfang, doch kleine Start-up-Firmen genauso wie die Branchenriesen Cisco oder Intel tun alles, um vorne dabei zu sein. Der Datenriese Google tut es auch: Der Internetkonzern will, nachdem er den Einstieg in die sozialen Netzwerke verschlafen hat, nicht noch einen zweiten großen Trend verpassen, und deshalb hat Larry Page, der Mitgründer und Vorstandsvorsitzende, nun die stolze Summe von 3,2 Milliarden Dollar für eine Start-up-Firma namens Nest hingelegt – für ein Unternehmen also, das vernetzte Heizkörperthermostate und Rauchmelder entwickelt.

Was, bitte schön, will Google mit einer Firma, die solch profane Dinge herstellt?

Nest wurde vor gut drei Jahren von zwei ehemaligen Apple-Führungskräften gegründet: Tony Fadell und Matt Rogers gehören zu den Vätern des iPods, jenes transportablen Musikspielers, der das Genre zwar nicht erfand, aber den Maßstab setzte und somit zum Inbegriff der gesamten Gerätekategorie wurde. Nest Labs zählt zu jenen Unternehmen, die daran arbeiten, dass nicht nur Computer und Telefone permanent mit dem Internet verbunden sind, sondern auch Alltagsgegenstände bis hin zum Feuermelder.



Google übernimmt Nest, eine Firma, die digitale Thermostate herstellt. Der Internetriese plant immer mehr Haushaltsgeräte miteinander zu vernetzen.


Der jüngste Wurf der beiden Firmengründer hat durchaus das Zeug dazu, in die Fußstapfen des Musikspielers zu treten. Denn das Thermostat verfügt wie das iPod über ein bemerkenswert einfaches Nutzungskonzept, und es ist zudem in ein hübsches Gehäuse verpackt.

Die Idee dafür kam Fadell beim Versuch, sich am Gebirgssee Lake Tahoe im Grenzgebiet zwischen Kalifornien und Nevada ein energiesparendes Zuhause einzurichten. Er wunderte sich über das magere Angebot an Thermostaten. Dabei käme, so seine Meinung, den Temperaturreglern im Haushalt eine Schlüsselrolle zu, zumal in einer Zeit, in der Energie immer teurer wird. Deshalb entwickelte Fadell mit Rogers ein eigenes Thermostat.

Heraus kam ein intelligentes Ding, das selbst weiß, wann es die Temperatur senken muss, weil der Besitzer gerade nicht zu Hause ist oder schläft. Das etwa 250 Dollar teure Gerät lernt jedes Mal dazu, wenn man es von Hand einstellt. Nach gut einer Woche regelt es die Sache alleine und lernt auch künftig weiter dazu, auch übers Netz. Denn das Thermostat lässt sich auch per Smartphone steuern und ist permanent an das Internet angeschlossen.

Angesichts des Designs und der leichten Bedienbarkeit fragt sich nicht bloß der amerikanische Technik-Blogger Om Malik, warum eigentlich Apple die verlorenen Söhne Fadell und Rogers nicht heimgeholt hat. Dass stattdessen Page und Google den Zuschlag erhielten, kann man daher auch als Coup gegen den Erzrivalen Apple sehen.Schließlich hat Apple stets der Philosophie gehuldigt, dass Hard- und Software am besten zusammenpassen, wenn sie aus einem Unternehmen kommen.

Diese Philosophie steckt nun auch hinter Googles Vorstoß. Als der Konzern die Mobilfunksparte von Motorola übernahm, vermuteten noch viele, Google sei es vor allem um die zahlreichen Patente gegangen, die der Mobilfunk-Pionier hortet. Das spielte sicher auch eine Rolle. Aber wie sich jetzt zeigt, sieht sich auch Google längst nicht mehr als reines Software-Unternehmen. Dieselbe Entwicklung macht gerade auch Microsoft durch. Der gewaltige Konzernumbau, den der scheidende Vorstandsvorsitzende Steve Ballmer angestoßen hat, hat auch mit der Wandlung von Microsoft zu einem Hersteller von Soft- und Hardware zu tun.

Während Microsoft und Apple ihre Produktlinien aber nur erweitern, expandiert Google in eine Vielzahl von Gebieten. Erst Mitte Dezember erwarb man die Roboterfirma Boston Dynamics; die Ausgründung aus einem Projekt des Massachusetts Institute of Technology war bereits die achte Firma aus diesem Bereich, die ins Google-Imperium eingegliedert wurde. Weit vorne ist der Konzern auch bei selbst fahrenden Autos. In einigen US-Bundesstaaten dürfen die Google-Cars bereits das normale Straßennetz benutzen.

Solche Ideen, die man als Internet der Dinge bezeichnet, sind keineswegs neu. Neu ist aber, wie sich zum Beispiel auf der kürzlich zu Ende gegangenen Technikmesse CES in Las Vegas gezeigt hat, dass dieser Prozess der umfassenden Vernetzung nun Gestalt annimmt. Autohersteller sind auf der CES mittlerweile wie selbstverständlich vertreten, vernetzte Geräte zur Überwachung von Körperdaten und Fitness füllten schon fast eine gesamte Halle.

Dabei wurde über vieles diskutiert, über eines aber erstaunlich wenig: Was es bedeutet, wenn immer mehr Geräte ihre Datenspuren hinterlassen und viele davon bei einer einzigen Firma wie etwa Google zusammenlaufen. Schon mit den Informationen, die man heute beim Surfen im Internet hinterlässt, lassen sich aussagekräftige Personenprofile erstellen. Je mehr Daten aber dazukommen, umso detaillierter wird unser digitales Abbild – und auch das Abbild unseres Zuhauses.

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