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Schickimicki am Rhein

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Will sein Champagnerimage loswerden: Die Stadt am Rhein Düsseldorf.

So leicht ist die Stadt ja gar nicht zu finden. Zumindest wenn man die Autobahn nimmt und von Köln nach Düsseldorf fährt; da sind alle möglichen Käffer angeschrieben, nur eben die Landeshauptstadt nicht, diesen Spaß haben sich die Kölner erlaubt. Ansonsten ist aber gar nicht so viel übrig geblieben von der Überheblichkeit, mit der man lange vom Dom aus rheinabwärts geguckt hat. Weil Düsseldorf in den vergangenen Jahren erstaunlich viel richtig gemacht hat. Weil die Stadt schuldenfrei ist und viel schneller wächst, als sich das die Düsseldorfer Politik selber vorgestellt hat.

Wer nach Düsseldorf zieht, muss nichts für den Kindergarten zahlen und fährt in einer U-Bahn, die mit feinstem Stoff bezogen ist und in ausgewählten Linien ein Bordbistro führt, in dem man ein feines Altbier trinken kann. Rein äußerlich gesehen ist Düsseldorf eine schöne Stadt; im Viertel Oberkassel, wo die meisten Bundesligaprofis aus Gelsenkirchen und Mönchengladbach wohnen, gibt es Straßenzüge mit Gründerzeitbauten, in weiß getüncht, fast schon hanseatisch. Deshalb ist es eigentlich kein Wunder, dass in Düsseldorf – entgegen allen Erwartungen – bald mehr als 600 000 Menschen wohnen. Eigentlich.

Tatsächlich gibt es unter den ernst zu nehmenden Städten der Republik keine andere, deren Bild so miserabel ist. Und der Düsseldorfer neigt leider dazu, das Klischee von sich selbst überzuerfüllen: Düsseldorf war lange die Modehauptstadt in Deutschland, aber die Mode ist irgendwie auch auf dem Stand der Achtzigerjahre stehen geblieben; der Mann trägt gerne rosa Poloshirts und stellt den Kragen hoch, die Frau wird mit Perlenohrringen geboren. Und immer noch zieren kleine Bommel die Slipper.

Das ist natürlich alles unglaublich ausschnitthaft und oberflächlich betrachtet, trotzdem stellt sich die Frage, wie es zu diesem hartnäckig negativen Image kommen konnte. Kaum eine andere Metropole hat so viele Brüche in der Wahrnehmung erlebt; mit der Realität hatten nur die wenigsten zu tun. Düsseldorf war ja schon alles, außer Bundeshauptstadt vielleicht. Düsseldorf war Punk-Hauptstadt, wegen der Toten Hosen, aber vor allem wegen Clubs wie dem Ratinger Hof. Düsseldorf war die Stadt von Joseph Beuys und Gerhard Richter, bevor es Letzterem zu blöd wurde und er nach Köln übergelaufen ist. Dass es da ein Problem gibt, haben auch die Düsseldorfer gemerkt, mit einer Kampagne auf Plakatwänden und in den sozialen Netzwerken sollte ein anderes Bild vermittelt werden. „Düsseldorf (...wird...) von außen oft aus rein materieller Perspektive betrachtet – als reich, schuldenfrei, schickimicki oder gar spießig“, teilte Düsseldorfs Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) mit.

Damit hat er gar nicht mal unrecht. Das Problem ist, dass er danach selber alle Vorurteile bestätigte. Er zahlte 10000 Euro dafür, dass die Ermittlungen gegen ihn eingestellt wurden, weil er sich von einem städtischen Unternehmen eine Kiste Champagner schenken ließ. Er flog First Class. Er weigert sich, in einen Solidarfonds einzuzahlen, mit dem die armen Ruhrgebietskommunen unterstützt werden sollen, die nur wenige Kilometer entfernt liegen. Elbers macht die Stadt wieder kleiner als sie ist.

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