Okay Jungs, wir geben es zu: Ihr seid mutig und spontan, rauft und prügelt euch, ihr zündet eure eigenen Fürze an, klettert auf morsche Dächer oder über Stacheldrahtzäune. Und freut euch darüber diebisch wie kleine Kinder über den ersten Schnee.
Dabei schwingt, finden wir, immer ein gewisses Maß an ... nun, Dümmlichkeit, bei euren Aktionen mit. Und so blicken wir Mädchen zwar argwöhnisch, trotzdem aber auch immer ein wenig neidisch auf eure Männerfreundschaften. Es gibt aber eine Sache, die verstehen wir beim besten Willen nicht.
Neulich nachts zum Beispiel, auf dem Weg nach Hause. Der Herbst zeigte sein hässliches Gesicht. Es stürmte und nieselte und war überhaupt furchtbar kalt und ungemütlich. Keine Nacht, in der wir leicht bekleidet draußen sein wollen. Doch nicht diese zwei Jungs: Sie stehen auf einmal vor mir, jung, blond, zugegeben sehr muskulös und offensichtlich alkoholisiert – weil: splitternackt. So flitzen sie dann vor mir her, strahlen und kichern wie zwei Honigkuchenpferde wegen ihres gelungenen Streichs.
Egal, ob ein Sturm im Hintergrund tobt oder ein ganzes Stadion voller Fußballfans auf euer Gemächt schaut: Kaum habt ihr das erste Bier hinuntergespült, wollt ihr die Welt mit euren nackten Oberkörpern, knackigen oder wahlweise haarigen Hintern beglücken?
http://www.youtube.com/watch?v=yagwa6cZXS4
Uns Mädchen kommt es im Allgemeinen nicht in den Sinn, unsere Brüste vor versammelter Mannschaft zu präsentieren – Femen-Aktivistinnen einmal ausgenommen. Also, Jungs, klärt uns auf: Was ist so faszinierend am Flitzen? Ist das das Kind in euch, das regelmäßig nach Aufmerksamkeit schreit? Oder habt ihr einfach mehr Spaß im Leben?
Auf der nächsten Seite liest du die Jungsantwort von Elias Steffensen.
[seitenumbruch]
Gestern war Freund S. zu Besuch. Grundrationaler Typ. Wohl der intelligenteste Mensch, den ich im Umfeld habe: 1,0-Abitur, Hochbegabtenförderung, Mediziner. Hat alle drei Bände von Marx’ Kapital gelesen – und verstanden. Verachtet jede Form von Verbindungswesen, Vereinsmeierei und auch sonst alle Brusttrommel-Zusammenrottungen mit kühl-analytischer Inbrunst. Will sagen: Freund S. ist jeder Art von Männlichkeitswahn hochgradig unverdächtig.
Und trotzdem: Als die Idee auf den Tisch kam – er und ich, unter lautem „Huiiuiiuii!“ einmal um den Block, im Winter, das zickige Plitsch-Platsch-Plitsch nackter Füße auf dem Asphalt, den Stammitaliener an der Ecke mit nonchalantem Seitenblick grüßen und swoosh: wieder hinein in die gute Stube – da grinste auch er, wie ich es sonst nur von Jungs kenne, die sich gerade wieder daran erinnern, dass sie seit kurzem einen gezwirbelten Schnauzer im Gesicht tragen. Ich spreche also wohl für die Happy Many, wenn ich hier laut sage: Flitzen – sollte man durchaus mal gemacht haben! Und du hast übrigens mit quasi allen Fragen dazu Volltreffer gelandet.
Weil, stimmt: Wir machen schon sehr gerne Dinge von himmelschreiender Dümmlichkeit. Nicht oft. Aber wenn, dann mit Seemannshecht unter jeder Niveau-Latte durch. Um ihrer selbst Willen. Ohne einen Hauch von Meta-Ebene. Flitzen (Englisch „to streak“) ist da eine wirkungsmächtige Option, deren Reiz Ray Stevens in seinem berühmtesten Song mit einem mir liebgewordenen Limerick zusammengefasst hat, der eigentlich alles sagt:
"Oh yes, they call him the Streak
He likes to show off his physique
If there's an audience to be found
He'll be streakin' around
Invitin' public critique"
Geile Nummer übrigens. Also schnell anhören, und dann wieder konzentrieren.
http://www.youtube.com/watch?v=XtzoUu7w-YM
Ich habe bei der Recherche nämlich noch einen zweiten, mir bislang unbekannten Song vom wunderbaren Georg Danzer entdeckt: „Jö Schau“. Ein Nackter betritt da das in Wien recht geschätzte, also gut besuchte, Café Hawelka. Und da wurde mir alles klar! Obacht:
Der Nackte kommt also rein, große Aufregung bei den Gästen und der Danzer lässt einen Typen sagen (im breiten Wienerisch): „Wahnsinn/gebt’s ihm was zum Anzieh’n!“ Dann tritt allerdings die Freundin des Sprechenden auf. Und die wiederum meint: „Geh fesch/endlich ana ohne Wäsch’!“ Und das ist es doch! Denn natürlich wollen wir auch euch gefallen, wenn wir das tun - flitzen, oder was vergleichbar Dämliches. Und ich lehne mich sogar noch weiter aus dem Fenster: Ich glaube, das klappt! Nicht direkt, aber über Bande.
Weil, blankziehen und rumrennen (verschärfte Variante: Handstand, generalverschärfte Variante: Flick-Flack-Rückwärts), das ist bei uns ja in aller Regel vor allem: Mut zur Hässlichkeit! Außer natürlich beim Pumper-Stremmel. Der sieht immer toll aus. Für uns andere heißt es wenigstens auch: Selbstironie. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr es mögt, wenn wir über uns selbst lachen. Und auch, wenn wir herumtollen wie zu schnell gewachsene Welpen. Zumindest, wenn ihr uns schon vorher mochtet. Ein fröhlicher Freund ist euch doch auch lieber! Du hast nämlich auch damit Recht: Tendenziell haben mir solchem Kram schon irrsinnig viel Spaß im Leben. Und ihr dann doch auch!
http://www.youtube.com/watch?v=cZVUgFCgkEE