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Generation gutbezahltes Praktikum?

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Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ist noch keinen Tag bekannt, schon gab es den ersten Aufschrei. Der Grund: Ein Passus, der Praktikanten und Auszubildende vom neuen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro die Stunde ausschließt, wurde in letzter Minute noch gestrichen. Viele spekulieren nun, der Mindestlohn könnte auch für diese Berufsgruppe gelten - was zunächst doch eigentlich ganz gut klingt. Schließlich arbeiten Praktikanten oftmals über Monate unbezahlt, Klischees über die "Generation Praktikum" sind allseits bekannt. Trotzdem will sich niemand so richtig öffentlich über den Mindestlohn freuen. Kritiker behaupten, dadurch würde es weniger Praktikumstellen geben, Kreativität würde eingeschränkt und prinzipiell lieferten Praktikanten oft keine verwertbare Arbeit. Wir zwei Wirtschaftsexperten zu diesen Themen befragt.

Steht der Mindestlohn von 8,50 Euro für Praktikanten und Auszubildende bereits fest, wenn sie im Koalitionsvertrag nicht explizit davon ausgeschlossen werden?

Nein, sagt Prof. Volker Rieble von der Universität München. Der Arbeitsrechtler erklärt das so: "Mindestlohn ist ja Lohn für Arbeit. Praktikanten sind im Nicht-Missbrauchsfall, also wenn sie nicht ausgebeutet werden, keine regulären Arbeiter. Bei ihnen geht es darum, ein bisschen in der Arbeitswelt mitzuschwimmen. Dabei erbringen sie typischerweise aber keine durchgängig verwertbare Arbeitsleistung. Dadurch ist es kein Arbeitsverhältnis. Im jetzigen Mindestentgeltrecht steht aber ausdrücklich drin, dass der Mindestlohn für Arbeitsverhältnisse gilt und damit nicht für Auszubildende und Praktikanten."

Aber ist das nicht unfair? Schließlich arbeiten viele Praktikanten am Ende ja doch vollwertig mit.

Um dieses Problem zu lösen, wurde lange überlegt, die Mindestlohn-Regelung zumindest für Praktikanten im Studium oder mit Studienabschluss gelten zu lassen. Explizit steht das aber auch nicht mehr im Koalitionsvertrag. Prof. Rieble sieht das Problem des Missbrauchs von Praktikanten als billige Arbeitskräfte allerdings auch. Als Lösung schlägt er vor: "Es gab und gibt Unternehmen, die Praktikanten gezielt wie Arbeitnehmer einsetzen. Denen geht es nicht darum, dass die was lernen. Dann ist das aber auch kein Praktikum mehr, sondern ein Kurzzeit-Arbeitsverhältnis, bei dem die Arbeitsleistung und nicht die Ausbildung im Vordergrund steht. Da ist dann auch der Mindestlohn gerechtgertigt. Das ist aber natürlich ein Nachweisproblem"

Dr. Steffen Henzel, Wirtschaftsforscher am ifo München, sieht das ähnlich: "Es gibt verschiedene Motivationen, warum Firmen Praktikanten anwerben. Manche wollen darüber qualifizierte Arbeitnehmer kennenlernen, die sie dann später auch einstellen können. Da ist das Praktikum dann eher eine Probezeit und dabei ist der Lohn zweitrangig. Für jemanden, der voll mitarbeitet und Leistung erbringt, zum Beispiel bei studentischen Praktika, sind 8,50 Euro die Stunde hingegen auf jeden Fall angemessen."





Angenommen, es käme ein Mindestlohn für berufsausbildende Tätigkeiten - gäbe es dann, wie viele behaupten, insgesamt weniger Ausbildungs- und Praktikantenplätze?

Ja, darin sind sich zumindest beide Forscher einig. Dr. Henzel sieht das Problem vor allem bei kleinen Unternehmen und in den Bereichen, in denen auch Geringqualifizierte als Praktikanten oder Auszubildende beschäftigt werden: "Arbeitsplätze sind immer dann gefährdet, wenn jemand mehr verdient als er dem Unternehmen letztlich bringt. Es gibt sicherlich Praktikanten, die der Firma mehr als 8,50 Euro die Stunde bringen, also umgerechnet rund 1440 Euro im Monat wert sind. Aber halt nicht überall. Dort werden dann Stellen über Rationalisierungsmaßnahmen eingespart, denn unter 8,50 Euro werden meistens für Leute gezahlt, die keinen höheren Schulabschluss haben. Deren Tätigkeiten werden dann oft ins Ausland verlagert oder durch Maschinen ersetzt."

Prof. Rieble ist da ähnlich pessimistisch: "Das Problem wird nicht so sehr für die großen Unternehmen gelten, für die sind 8,50 Euro die Stunde Geld aus der Portokasse. Die haben auch ein Interesse daran, Fachkräfte zu finden. Der kleine Handwerker wird das umgekehrt aber nicht so machen. Der könnte sich vielleicht gerade noch das Gehalt leisten, aber allein der Verwaltungsaufwand den er dann hat, ist zu groß. Er müsste dann erstmal den Praktikanten anmelden, die Sozialversicherung regeln und so weiter. Da kann er sich dann erstmal zwei Stunden hinsetzen und irgendwelche Formulare ausfüllen und das für ein einwöchiges Praktikum? Das wird der nicht machen. Das heißt, man wird bei den kleineren Arbeitgebern eine schwindende Bereitschaft finden, noch Praktikanten einzustellen."

Aus Riebles Sicht wird der Mindestlohn deshalb auch zu mehr Bildungsverlierern und im schlimmsten Fall zu mehr Jugendarbeitslosigkeit führen: "Bisher ist im Berufsbildungsgesetz vorgeschrieben, dass Auszubildende eine angemessene Vergütung bekommen müssen. Das wird vom Bundesarbeitsgericht an 80 % des einschlägigen Tariflohns bemessen, in der Metallindustrie sind das rund 700 Euro. Bei 8,50 Euro Mindestlohn werden die Arbeitgeber werden vorher stärker selektieren, wem sie so viel zahlen wollen. Leistungsschwache kommen dann nur sehr schwer noch zum Zug. Bisher konnten diese jungen Menschen dann noch in Ausbildungsberufe wechseln, wo die Vergütung noch niedriger ist. Zum Beispiel bei Floristen, da liegt der Tariflohn bei rund 400 Euro. Wenn es nun zukünftig aber 8,50 Euro Mindestlohn für Floristen im ersten Ausbildungsjahr gibt, wird es dort keine Ausbildungsplätze mehr geben. Denn so viel haben bisher oftmals nicht mal Floristen verdient, die einen Abschluss haben und Vollzeit arbeiten. Die Branche ist einfach nicht so produktiv. So brutal ist der Arbeitsmarkt. Man tut so, als würde man den Leuten was Gutes tun, aber in Wahrheit gibt es eine klare Selektionswirkung."

Wenn der Mindestlohn für Praktikanten angeblich so problematisch ist - was wären denn gute Alternativen, um die Ausbeutung als Arbeitskraft zu beenden?

Dr. Henzler: "Man hätte statt eines Mindestlohns eher die Rechtssicherheit für Praktikanten stärken müssen, um geregeltere Beschäftigungsverhältnisse herzustellen. Einige benötigen ja auch ein Praktikum, um mit dem Arbeitgeber in Kontakt zu kommen und um die eigenen Qualifikationen hervorheben zu können. Trotzdem werden sich Unternehmen das zukünftig vielleicht weniger leisten. Was ja absurd ist, wenn man den enormen Fachkräftemangel in Deutschland bedenkt."
Prof. Rieble hält vor allem die Abgrenzung von einem Arbeits- zu einem Ausbildungsverhältnis für wichtig: "Das ist ein Kessel, der auf beiden Seiten Notventile hat. Auf der einen Seite geht es um Ausbeutung bei Scheinpraktika, die in Wirklichkeit Arbeitsverhältnisse sind. Und auf der anderen Seite geht es um die Bildungsperspektive für Leute, die vielleicht ein bisschen oder viel schlechter sind als der Durchschnitt. Für die bedeuten zu teure Bildungsbedingungen das Aus. Dazwischen wird es schwierig, weil es keinen vernünftigen Indikator gibt, um die Fälle auseinander zu halten. Meines Erachtens könnte man das aber relativ gut lösen, indem man sagt: Ein Praktikum das maximal drei Monate dauert, dient dem Ausbildungszweck. Alles darüber nicht."

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