Angestrichen:
"There seems to be an ever-increasing proclivity for Gen-Yers to date more than one person at a time."
Wo steht das?
In einem Text auf „Elite Daily“, dem online-Magazin mit dem selbstbewussten Untertitel „The Voice of Generation Y“. Der Autor, John Picciuto, ist selbsterklärter Dating-Experte und schreibt ein Blog zum Thema.
Worum geht’s?
Picciutos Text heißt „Dating More Than One Person At Once: The Juggling Act That Is Gen-Y Dating“ und will den Mitgliedern der „Generation Y“, also den nach 1980 Geborenen, Ratschläge geben, wie sie ihre komplizierten Dating-Situationen am besten meistern. Die Grundlage dafür ist der angestrichene Satz, der auch der erste des Artikels ist: 20- bis 30-Jährige neigen dazu, mit mehreren Menschen gleichzeitig anzubandeln. Picciutos akzeptiert das als gegeben, möchte aber dafür sorgen, dass es so abläuft, dass alle Seiten dabei zufrieden sind und niemand verletzt wird. Sein Schlüssel dafür lautet ganz einfach: Kommunikation. Sag dem anderen, was du suchst. Sag ihm, wenn du mehrere Personen datest und wenn du reine Unverbindlichkeit willst – und gib ihm damit die Chance, zu sagen, dass er das nicht will, sondern eine Beziehung. Und sei ehrlich zu dir selbst: Wenn deine Gefühle wachsen, dann steh dazu und binde dich.
Warum die Gen Yler angeblich so gerne multidaten, erklärt Picciuto allerdings nicht. Sein einziger Hinweis lautet: „It’s a hookup culture we live in“. Damit gibt er ein Stichwort, das vor allem in den USA oft in Verbindung mit der Generation Y und ihrem Datingverhalten benutzt wird. „To hookup with somebody“ könnte frei übersetzt so etwas wie „jemanden aufreißen“, „mit jemandem rummachen“ aber auch nur „mit jemandem ausgehen“ meinen. Ein Eintrag zu „hooking up“ im Urban Dictionary lautet: „Es kann alles bedeuten, von Küssen und Anfassen über Oralsex bis hin zum Sex. Unklarheit ist das Markenzeichen dieses Begriff.“
Diese Definition (oder vielmehr: die nicht-Definition) des beliebten „Hookup“-Begriffs passt sehr gut zu einer Eigenschaft, die man den Menschen zwischen 20 und 30 nachsagt: dass sie sich nicht gerne festlegen. Dass sie sich alles offenhalten, etwas nur andeuten und dann mal gucken, dass sie von den tausend Möglichkeiten, die die Welt ihnen bietet, am liebsten alle nutzen oder zumindest keine ausschließen wollen. Wenn das wirklich stimmt, dann passt dazu nichts besser als das Ende der monogamen Beziehung und der Anbruch des heute-treff-ich-den-einen-und-morgen-den-anderen-Zeitalters. Ob es wirklich ein Trend ist, wie Picciuto behauptet, sei mal dahingestellt, aber ganz sicher kommt es öfter vor als in unserer Elterngeneration – und es macht denen, die auf der Suche nach einer klassischen „romantischen Zweierbeziehung“ sind, Sorgen.
Schon im September hat sich, ebenfalls auf Elite Daily, eine Autorin beklagt, dass die reizüberflutete Gegenwart auch für ein reizüberflutetes Dating sorgt. Jeder von uns hat so viele Kontakte, in der digitalen wie in der realen Welt, jeder kommuniziert jederzeit so viel, dass es schwer fällt, sich auf einen einzigen Menschen zu konzentrieren, so ihre These. Sie wünscht sich darum „Daterall“, ein äquivalentes Medikament zu „Adderall“, dem Amphetamin-Präparat, das in den USA vor allem gegen ADHS verschrieben wird. „Daterall“ soll „Augen, Gedanken und Hände davon abhalten, zu wandern.“
Und was lernen wir daraus?
Der „Daterall“-Text zeigt, dass die Angst vor dem Sich-nicht-auf-einen-Partner-festlegen nach wie vor groß ist. Picciutos Text ist da in seiner vorgeblichen Toleranz und mit seinem nettgemeinten Hilfsangebot ein guter Ansatz. Denn sich nicht festzulegen ja nicht per se negativ. Und die 20- bis 30-Jährigen sind ja nicht alle promiskuitive Taugenichtse, es ist für die meisten von ihnen bloß möglich, sich mit mehreren (potenziellen) Liebschaften zu umgeben, ohne dafür geächtet und aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen zu werden.
Allerdings ist Picciutos Text insgesamt doch eher skeptisch. Das Ganze hat einen „Wenn’s denn sein muss“-Tonfall, immer schwingt ein „Wenn ihr schon unbedingt mit mehreren gleichzeitig ausgehen müsst, dann...“ mit. Und er ist fest davon überzeugt: Wenn man zwei Menschen auf einmal datet, wird man früher oder später einen von beiden verlieren – oder sogar beide. Sein Kommunikations-Tipp meint also am Ende doch: Entscheide dich besser direkt. Und damit auch: Zurück zu den althergebrachten Werten und dem Konzept der romantischen Zweierbeziehung.
Aber eigentlich wurde das ja nie abgeschafft. Eigentlich wird jeder, der eine Beziehung will, irgendwann eine finden. Und jeder, der Gelegenheitssex mit wechselnden Partnern will, wird Menschen finden, die das auch wollen. Das ist am Ende der große Vorteil hinter all den „Tausend Optionen“-Zweifeln: Die Möglichkeit, genau das zu finden, was man sucht, ist unendlich groß.
"There seems to be an ever-increasing proclivity for Gen-Yers to date more than one person at a time."
Wo steht das?
In einem Text auf „Elite Daily“, dem online-Magazin mit dem selbstbewussten Untertitel „The Voice of Generation Y“. Der Autor, John Picciuto, ist selbsterklärter Dating-Experte und schreibt ein Blog zum Thema.
Worum geht’s?
Picciutos Text heißt „Dating More Than One Person At Once: The Juggling Act That Is Gen-Y Dating“ und will den Mitgliedern der „Generation Y“, also den nach 1980 Geborenen, Ratschläge geben, wie sie ihre komplizierten Dating-Situationen am besten meistern. Die Grundlage dafür ist der angestrichene Satz, der auch der erste des Artikels ist: 20- bis 30-Jährige neigen dazu, mit mehreren Menschen gleichzeitig anzubandeln. Picciutos akzeptiert das als gegeben, möchte aber dafür sorgen, dass es so abläuft, dass alle Seiten dabei zufrieden sind und niemand verletzt wird. Sein Schlüssel dafür lautet ganz einfach: Kommunikation. Sag dem anderen, was du suchst. Sag ihm, wenn du mehrere Personen datest und wenn du reine Unverbindlichkeit willst – und gib ihm damit die Chance, zu sagen, dass er das nicht will, sondern eine Beziehung. Und sei ehrlich zu dir selbst: Wenn deine Gefühle wachsen, dann steh dazu und binde dich.
Warum die Gen Yler angeblich so gerne multidaten, erklärt Picciuto allerdings nicht. Sein einziger Hinweis lautet: „It’s a hookup culture we live in“. Damit gibt er ein Stichwort, das vor allem in den USA oft in Verbindung mit der Generation Y und ihrem Datingverhalten benutzt wird. „To hookup with somebody“ könnte frei übersetzt so etwas wie „jemanden aufreißen“, „mit jemandem rummachen“ aber auch nur „mit jemandem ausgehen“ meinen. Ein Eintrag zu „hooking up“ im Urban Dictionary lautet: „Es kann alles bedeuten, von Küssen und Anfassen über Oralsex bis hin zum Sex. Unklarheit ist das Markenzeichen dieses Begriff.“
Diese Definition (oder vielmehr: die nicht-Definition) des beliebten „Hookup“-Begriffs passt sehr gut zu einer Eigenschaft, die man den Menschen zwischen 20 und 30 nachsagt: dass sie sich nicht gerne festlegen. Dass sie sich alles offenhalten, etwas nur andeuten und dann mal gucken, dass sie von den tausend Möglichkeiten, die die Welt ihnen bietet, am liebsten alle nutzen oder zumindest keine ausschließen wollen. Wenn das wirklich stimmt, dann passt dazu nichts besser als das Ende der monogamen Beziehung und der Anbruch des heute-treff-ich-den-einen-und-morgen-den-anderen-Zeitalters. Ob es wirklich ein Trend ist, wie Picciuto behauptet, sei mal dahingestellt, aber ganz sicher kommt es öfter vor als in unserer Elterngeneration – und es macht denen, die auf der Suche nach einer klassischen „romantischen Zweierbeziehung“ sind, Sorgen.
Schon im September hat sich, ebenfalls auf Elite Daily, eine Autorin beklagt, dass die reizüberflutete Gegenwart auch für ein reizüberflutetes Dating sorgt. Jeder von uns hat so viele Kontakte, in der digitalen wie in der realen Welt, jeder kommuniziert jederzeit so viel, dass es schwer fällt, sich auf einen einzigen Menschen zu konzentrieren, so ihre These. Sie wünscht sich darum „Daterall“, ein äquivalentes Medikament zu „Adderall“, dem Amphetamin-Präparat, das in den USA vor allem gegen ADHS verschrieben wird. „Daterall“ soll „Augen, Gedanken und Hände davon abhalten, zu wandern.“
Und was lernen wir daraus?
Der „Daterall“-Text zeigt, dass die Angst vor dem Sich-nicht-auf-einen-Partner-festlegen nach wie vor groß ist. Picciutos Text ist da in seiner vorgeblichen Toleranz und mit seinem nettgemeinten Hilfsangebot ein guter Ansatz. Denn sich nicht festzulegen ja nicht per se negativ. Und die 20- bis 30-Jährigen sind ja nicht alle promiskuitive Taugenichtse, es ist für die meisten von ihnen bloß möglich, sich mit mehreren (potenziellen) Liebschaften zu umgeben, ohne dafür geächtet und aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen zu werden.
Allerdings ist Picciutos Text insgesamt doch eher skeptisch. Das Ganze hat einen „Wenn’s denn sein muss“-Tonfall, immer schwingt ein „Wenn ihr schon unbedingt mit mehreren gleichzeitig ausgehen müsst, dann...“ mit. Und er ist fest davon überzeugt: Wenn man zwei Menschen auf einmal datet, wird man früher oder später einen von beiden verlieren – oder sogar beide. Sein Kommunikations-Tipp meint also am Ende doch: Entscheide dich besser direkt. Und damit auch: Zurück zu den althergebrachten Werten und dem Konzept der romantischen Zweierbeziehung.
Aber eigentlich wurde das ja nie abgeschafft. Eigentlich wird jeder, der eine Beziehung will, irgendwann eine finden. Und jeder, der Gelegenheitssex mit wechselnden Partnern will, wird Menschen finden, die das auch wollen. Das ist am Ende der große Vorteil hinter all den „Tausend Optionen“-Zweifeln: Die Möglichkeit, genau das zu finden, was man sucht, ist unendlich groß.