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Beschnüffelte Staatsgäste

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Großbritannien hat bei zwei G-20-Gipfeln die ausländischen Delegationen umfassend abhören lassen. Diese Nachricht platzt mitten in das Treffen der G8, bei dem London erneut Gastgeber ist.


Enniskillen - Der britische Geheimdienst hat auf zwei G-20-Gipfeln im April und im September 2009 in London offenbar ausländische Politiker und Delegierte abgehört und deren E-Mails gelesen. Das geht aus einem Bericht des Guardian hervor. Das Blatt platzierte seine Enthüllung genau zum Beginn des G-8-Gipfels der führenden Industrienationen, der am Montagnachmittag in Nordirland begonnen hat. Für die britischen Gastgeber bedeutet der Bericht eine Peinlichkeit: Es ist davon auszugehen, dass die ausländischen Delegierten von den Briten wissen wollten, ob sie auch diesmal wieder abgehört werden. Einige Delegierte, die damals Ziel der Spionage waren, sind anlässlich des G-8-Gipfels erneut zu Gast in Großbritannien.

Die Informationen der Zeitung stammen aus Unterlagen des ehemaligen US-Geheimdienstlers Edward Snowden, der kürzlich Details über das streng geheime Überwachungsprogramm Prism des amerikanischen Nachrichtendienstes NSA öffentlich gemacht hatte. Snowden hält sich derzeit in Hongkong auf, um sich dem Zugriff der amerikanischen Behörden zu entziehen. Dem Guardian und der Washington Post hat er einen Berg an Unterlagen überlassen, den diese nun auswerten. Den Angaben zufolge hat der britische Nachrichtendienst Government Communications Headquarters (GCHQ), das Pendant zur amerikanischen NSA, die ausländischen Delegierten und Politiker gezielt ausspioniert, um der eigenen Delegation Verhandlungsvorteile zu verschaffen.



Von diesem Gebäude wird vermutet, dass es Teil der mindestens 12 über die Welt verteilten Bestandteile des GCHQ 's (Government Communication Head Quarter) ist.

Die Dienste begründen ihre weitreichenden Befugnisse zur Überwachung damit, dass diese zum Schutz vor Terror und schweren Verbrechen nötig seien. In diesem Fall wurde jedoch offensichtlich aus politischen Motiven spioniert. In einem Briefing von Mitarbeitern an den damaligen Chef der GCHQ heißt es: "Die Absicht der GCHQ ist es sicherzustellen, dass Informationen, die unserer Regierung helfen, ihre Ziele während der G-20-Präsidentschaft zu erreichen, den Kunden zur richtigen Zeit erreichen, und zwar so, dass er sie bestmöglich einsetzen kann."

Die Geheimdienstler richteten zum Beispiel ein Internet-Café ein und sorgten dafür, dass es von Delegierten genutzt wurde. Sämtliche Computer waren präpariert, so dass die Briten die E-Mails ihrer Gäste mitlesen konnten - oder gar, wie es heißt, sie lasen, bevor der jeweilige Empfänger sie geöffnet hatte. Zudem hackten die Geheimdienstler die Mobiltelefone der Delegierten, was ihnen nicht nur Zugriff auf die E-Mails, sondern auch das Mithören von Telefonaten ermöglichte.

45 Mitarbeiter waren in London während zweier G-20-Gipfel damit beschäftigt zu protokollieren, wer wann mit wem telefonierte. Die Ergebnisse wurden auf einer fünf Meter breiten Schautafel präsentiert und ausgewertet. Die Geheimdienstler sprachen von einem dauernden "dynamischen Auswerten" der Leitungen. Die so erlangten Informationen wurden den britischen Delegierten umgehend zur Verfügung gestellt. Der Nachrichtendienst zog ein positives Fazit der Aktion. In einem Dokument heißt es: "Es hat sich als nützlich herausgestellt zu notieren, welche nationale Delegation in der Zeit vor, während und nach dem Gipfel aktiv war. Alles in allem ein sehr erfolgreiches Wochenende mit der Telefonaktion gegen die Delegationen."

Genehmigt wurde die Spionage offenbar auf hoher Regierungsebene. Premierminister war damals Gordon Brown von der Labour-Partei. Es ist allerdings unklar, ob er von der Aktion gewusst hat. Die Ergebnisse wurden nicht nur direkt in den Verhandlungen benutzt, sie wurden auch an Staatsminister weitergereicht. Diese erfuhren, dass zum Beispiel eine Delegation aus Südafrika überwacht wurde. Zudem wird der türkische Finanzminister ausdrücklich als "Ziel" während des Gipfels im September 2009 genannt, ebenso bis zu 15 Mitglieder seiner Delegation. Offenbar ging es den Briten darum herauszufinden, ob die Türkei zu den beim Gipfel im April 2009 vereinbarten Zielen stehen würde. Ferner geht aus den Unterlagen hervor, dass NSA und GCHQ kooperierten, zum Beispiel als die NSA versuchte, das Telefon des damaligen russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew abzuhören.

Premier David Cameron sagte am Montag lediglich, dass seine Regierung die Arbeit des Geheimdienstes grundsätzlich nicht kommentiere. Auch von den internationalen Delegierten in Nordirland gab es zunächst keine Reaktion. Die türkische Regierung bestellte laut Medienberichten den britischen Botschafter in Ankara ein. Der stellvertretende Sprecher der Bundesregierung, Georg Streiter, sagte der dpa, er habe keine Informationen zu den Vorgängen. Er bemühe sich, "vielleicht welche zu bekommen", wisse aber nicht, ob er diese dann weitergeben könne. Auf die Frage nach möglichen Auswirkungen auf das Treffen sagte Streiter: "Ich wüsste nicht, was das für den G-8-Gipfel heißen soll."

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