Die aktuelle Aufwertung des Schweizer Franken macht nicht nur das Schnitzel in der Mensa, sondern auch Studiengebühren und WG-Zimmer für Ausländer deutlich teurer. Ein Anruf bei Thomas Gumbsch, der in der Schweiz studiert und sich als Präsident des Studierendenverbands engagiert.
jetzt.de: Thomas, du lebst für dein Studium in der Schweiz. Wie verändert die Aufwertung des Franken deinen Alltag?
Thomas Gumbsch: Das Leben hier ist deutlich teurer geworden. Ein Mensaessen kostet 6,20 Franken, eine Pizza vom Lieferservice und der Eintritt in Clubs um die 30 Franken und ein Tagesticket für die öffentlichen Verkehrsmittel 8,60 Franken. Im Moment kann man die Preise etwa eins zu eins in Euro umrechnen - das sind 20 Prozent mehr als früher. Wenn der Kurs so bleibt, bedeutet das auch 120 Euro mehr Studiengebühren pro Semester. Das ist enorm, gerade weil die Lebenshaltungskosten hier ohnehin ein gutes Stück teurer sind als in Deutschland.
Wie gehen deine Kommilitonen mit dieser Situation um?
Ich habe mit vielen gesprochen, die aus dem Ausland kommen und von ihren Eltern finanziert werden. Viele glauben, das sei nur temporär, das kann im Moment aber noch niemand sagen. Viele Studenten haben Angst und fragen sich, ob sie sich ein Studium in der Schweiz noch leisten können.
Wie viele an deiner Uni sind betroffen?
An der ETH kommen im Bachelor etwa 20 Prozent der Studenten aus dem Ausland. Im Master und in den Doktoraten sind es noch mehr. Für diejenigen, die ihren Lebensunterhalt hier selbst verdienen, macht die Franken-Aufwertung keinen Unterschied, doch der Großteil wird von den Eltern unterstützt. Meine Hoffnung ist, dass sich der Euro bald auf 1,10 Franken stabilisiert. Damit könnten wir uns arrangieren.
Und wenn nicht?
Wir setzen uns dafür ein, dass mehr Stipendien angeboten werden, dafür bewerben sich allerdings nicht besonders viele Studenten, vor allem wegen des bürokratischen Aufwands. Ich denke, dass sich die meisten Nebenjobs suchen werden. Die sind hier gut bezahlt, Zugezogene aus der EU dürfen laut Gesetz auch ab dem ersten Tag in der Schweiz arbeiten. Mit einer Assistenzstelle an der ETH, für die man sich nach dem ersten Studienjahr bewerben kann, verdient man ungefähr 30 Franken pro Stunde. Als Nachhilfelehrer bekommt man 60 bis 100 Franken pro Stunde. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es nicht schwierig ist, an eine solche Stelle zu kommen. Die Frage ist, ob man dann noch so studieren kann, wie man das eigentlich sollte.
Vor drei Jahren wurde der Franken schon einmal stark aufgewertet. Du warst damals schon Student. Wie hast du diese Zeit in Erinnerung?
Der Kurs hielt zum Glück nur kurz, etwa zwei Monate. Ich habe damals regelmäßiger einen Großteil der Lebensmittel zu Besuch bei meinen Eltern eingekauft und auch größere Anschaffungen in Deutschland erledigt. Die stetige Zunahme an Bewerberzahlen aus dem Ausland flachte damals ab, allerdings nur im Bachelor-Studiengang. Im Master hat sich der Trend überhaupt nicht abgezeichnet.
Werden im Moment auch Großeinkäufe für Studenten-WGs jenseits der Grenze organisiert?
Deutschland war schon immer ein beliebtes Einkaufziel für die Schweizer. Ich wohne in einem Studentenhaus mit 60 Leuten, da ist es Tradition, dass wir samstagmorgens mit dem Zug nach Konstanz zum Einkaufen fahren.
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Thomas Gumbsch, 24, kommt aus Freiburg im Breisgau und studiert Physik an der ETH Zürich. Seit vergangenem Herbst ist er Präsident des Verbands der Studierenden an seiner Hochschule.