Es geht hektisch zu an diesem Mittwochabend im Einkaufszentrum South Bay Galleria im Süden von Los Angeles, nur zwei Menschen scheinen kurz vor Weihnachten keinen Stress zu haben. Der eine ist Santa Claus, er verspricht den Kindern auf seinem Schoß teure Geschenke und lächelt fröhlich auf den Fotos, die Eltern für 20 Dollar kaufen sollen. Der andere ist José Herondo, der gerade ein paar Kinoplakate abhängt, auf denen Seth Rogen und James Franco in Mao-Zedong-Gedächtnispose zu sehen sind. „Der Film wird hier nicht gezeigt“, sagt Herondo mit der Ruhe eines Menschen, der Kinoplakate austauscht. Dann fügt er an: „Gott sei Dank.“
An vielen Orten in Kalifornien werden Plakate für "The Interview" wieder abgehängt.
Sie sind froh darüber in dieser Filiale des Multiplex-Betreibers AMC, dass „The Interview“ am Weihnachtstag nicht in einem oder gar in mehreren der 16 Säle laufen wird. Auch in den Geschäften nebenan ist die Erleichterung der Angestellten deutlich spürbar. Leere Läden wegen einer Klamauk-Komödie, das ist für sie eine schreckliche Vorstellung. Offiziell sind sie alle besorgt um das Wohlbefinden der Kunden, schließlich klingen die Drohungen der Hackergruppe „Guardians of Peace“ durchaus gefährlich. „Um die Sicherheit unserer Besucher zu gewährleisten, haben wir beschlossen, unser Programm ohne diesen Film zu gestalten“, heißt es in einer Mitteilung von AMC. Natürlich fürchten sie auch um die Einnahmen, die kommenden beiden Wochen gelten als überaus lukrativ für Kinobesitzer in den USA. „Wir haben Angst, dass die Leute überhaupt nicht ins Kino gehen“, sagt die Managerin einer Produktionsfirma, die ihren Namen aufgrund der heiklen Debatte nicht in der Zeitung lesen will: „Es wäre desaströs fürs Geschäft, wenn die Menschen daheim bleiben würden. Den Film nicht zu zeigen, ist definitiv das kleinere Übel.“ Heißt übersetzt: Lieber soll Sony die 70 Millionen Dollar Produktions- und Marketingkosten als Verlust verbuchen, als dass die komplette Industrie leiden muss. Im vergangenen Jahr wurden allein im Dezember etwa eine Milliarde Dollar an nordamerikanischen Kinokassen umgesetzt.
Die Debatte um den Film klang bis vor wenigen Tagen wie ein typischer Seth-Rogen-Film: Da will einer mit seinem besten Kumpel einen lustigen Film über die Ermordung eines amtierenden Diktators drehen, plötzlich gibt es eine Cyberattacke und politische Verwicklungen, die nicht einmal Dennis Rodman lösen kann, ehemals Basketballspieler und mittlerweile Kim Jong Uns Freund fürs Leben. Ähnlich lapidar waren die Kommentare von Rogen. Vor einer Woche bedankte er sich bei einer Vorführung des Films im United Artists Theater in Downtown Los Angeles bei Sony-Chefin Amy Pascal dafür, „dass sie die Eier hatte, diesen Film zu machen.“ Kurz darauf erklärte er, dass die Nordkoreaner den Film sehen sollten: „Das sind ja keine schlechten Menschen. Ein Teil von mir glaubt, dass sie den Film wirklich mögen würden.“ Er wirkte wie jemand, der nicht gerade traurig ist über die gewaltige Publicity.
Der Ton ist nun deutlich schärfer geworden, nicht nur wegen der Ankündigung von Sony, „The Interview“ weder im Kino zu zeigen noch eine Veröffentlichung auf DVD oder bei einem Streamingportal zu planen. New Regency hat die Produktion des Thrillers „Pyongyang“ von Regisseur Gore Verbinski gestoppt, in dem Steve Carell einen Mann verkörpern sollte, dem wie in der Graphic-Novel-Vorlage von Guy Delisle in Nordkorea Spionage vorgeworfen wird.
In Hollywood fürchten sie um die künstlerische Freiheit, man müsse sich gegen Zensur und Drohungen von Terroristen wehren und für die in der amerikanischen Verfassung garantierten Rechte eintreten. „Sie laden andere Leute dazu ein, ebenfalls Drohungen auszusprechen“, sagt der Regisseur Judd Apatow: „Was machen sie, wenn jemand das Gleiche über einen James-Bond-Film sagt?“ Sein Kollege Aaron Sorkin ergänzt: „Heute haben sich die USA einem beispiellosen Angriff auf die Meinungsfreiheit durch nordkoreanische Terroristen gebeugt, die gedroht haben, Kinobesucher zu töten – nur um die Veröffentlichung eines Films zu verhindern. Die Wünsche der Terroristen wurden erfüllt.“
Zahlreiche Schauspieler wie etwa Ben Stiller, Zach Braff und Damon Wayans äußern sich kritisch auf Twitter, Rob Lowe schreibt gar, dass Hollywood mit dem Verzicht auf eine Veröffentlichung „Neville Chamberlain stolz gemacht hat“. Er habe Rogen gerade auf dem Flughafen von New York getroffen: „Wir beide haben so etwas noch nicht gesehen oder gehört.“ Der Filmemacher Michael Moore ist einer der wenigen, die humoristisch reagieren: „Liebe Sony-Hacker, da euch jetzt Hollywood gehört: Ich hätte gerne weniger Liebeskomödien, weniger Michael-Bay-Filme und keine Transformers mehr.“
José Herondo ist das alles ziemlich egal, er will seine Ruhe haben. In dem Fenster, in dem noch vor wenigen Minuten „The Interview“ beworben wurde, hängt nun ein Plakat mit vier süßen und knuffigen Pinguinen.
An vielen Orten in Kalifornien werden Plakate für "The Interview" wieder abgehängt.
Sie sind froh darüber in dieser Filiale des Multiplex-Betreibers AMC, dass „The Interview“ am Weihnachtstag nicht in einem oder gar in mehreren der 16 Säle laufen wird. Auch in den Geschäften nebenan ist die Erleichterung der Angestellten deutlich spürbar. Leere Läden wegen einer Klamauk-Komödie, das ist für sie eine schreckliche Vorstellung. Offiziell sind sie alle besorgt um das Wohlbefinden der Kunden, schließlich klingen die Drohungen der Hackergruppe „Guardians of Peace“ durchaus gefährlich. „Um die Sicherheit unserer Besucher zu gewährleisten, haben wir beschlossen, unser Programm ohne diesen Film zu gestalten“, heißt es in einer Mitteilung von AMC. Natürlich fürchten sie auch um die Einnahmen, die kommenden beiden Wochen gelten als überaus lukrativ für Kinobesitzer in den USA. „Wir haben Angst, dass die Leute überhaupt nicht ins Kino gehen“, sagt die Managerin einer Produktionsfirma, die ihren Namen aufgrund der heiklen Debatte nicht in der Zeitung lesen will: „Es wäre desaströs fürs Geschäft, wenn die Menschen daheim bleiben würden. Den Film nicht zu zeigen, ist definitiv das kleinere Übel.“ Heißt übersetzt: Lieber soll Sony die 70 Millionen Dollar Produktions- und Marketingkosten als Verlust verbuchen, als dass die komplette Industrie leiden muss. Im vergangenen Jahr wurden allein im Dezember etwa eine Milliarde Dollar an nordamerikanischen Kinokassen umgesetzt.
Die Debatte um den Film klang bis vor wenigen Tagen wie ein typischer Seth-Rogen-Film: Da will einer mit seinem besten Kumpel einen lustigen Film über die Ermordung eines amtierenden Diktators drehen, plötzlich gibt es eine Cyberattacke und politische Verwicklungen, die nicht einmal Dennis Rodman lösen kann, ehemals Basketballspieler und mittlerweile Kim Jong Uns Freund fürs Leben. Ähnlich lapidar waren die Kommentare von Rogen. Vor einer Woche bedankte er sich bei einer Vorführung des Films im United Artists Theater in Downtown Los Angeles bei Sony-Chefin Amy Pascal dafür, „dass sie die Eier hatte, diesen Film zu machen.“ Kurz darauf erklärte er, dass die Nordkoreaner den Film sehen sollten: „Das sind ja keine schlechten Menschen. Ein Teil von mir glaubt, dass sie den Film wirklich mögen würden.“ Er wirkte wie jemand, der nicht gerade traurig ist über die gewaltige Publicity.
Der Ton ist nun deutlich schärfer geworden, nicht nur wegen der Ankündigung von Sony, „The Interview“ weder im Kino zu zeigen noch eine Veröffentlichung auf DVD oder bei einem Streamingportal zu planen. New Regency hat die Produktion des Thrillers „Pyongyang“ von Regisseur Gore Verbinski gestoppt, in dem Steve Carell einen Mann verkörpern sollte, dem wie in der Graphic-Novel-Vorlage von Guy Delisle in Nordkorea Spionage vorgeworfen wird.
In Hollywood fürchten sie um die künstlerische Freiheit, man müsse sich gegen Zensur und Drohungen von Terroristen wehren und für die in der amerikanischen Verfassung garantierten Rechte eintreten. „Sie laden andere Leute dazu ein, ebenfalls Drohungen auszusprechen“, sagt der Regisseur Judd Apatow: „Was machen sie, wenn jemand das Gleiche über einen James-Bond-Film sagt?“ Sein Kollege Aaron Sorkin ergänzt: „Heute haben sich die USA einem beispiellosen Angriff auf die Meinungsfreiheit durch nordkoreanische Terroristen gebeugt, die gedroht haben, Kinobesucher zu töten – nur um die Veröffentlichung eines Films zu verhindern. Die Wünsche der Terroristen wurden erfüllt.“
Zahlreiche Schauspieler wie etwa Ben Stiller, Zach Braff und Damon Wayans äußern sich kritisch auf Twitter, Rob Lowe schreibt gar, dass Hollywood mit dem Verzicht auf eine Veröffentlichung „Neville Chamberlain stolz gemacht hat“. Er habe Rogen gerade auf dem Flughafen von New York getroffen: „Wir beide haben so etwas noch nicht gesehen oder gehört.“ Der Filmemacher Michael Moore ist einer der wenigen, die humoristisch reagieren: „Liebe Sony-Hacker, da euch jetzt Hollywood gehört: Ich hätte gerne weniger Liebeskomödien, weniger Michael-Bay-Filme und keine Transformers mehr.“
José Herondo ist das alles ziemlich egal, er will seine Ruhe haben. In dem Fenster, in dem noch vor wenigen Minuten „The Interview“ beworben wurde, hängt nun ein Plakat mit vier süßen und knuffigen Pinguinen.