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Man spricht Deutsch

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Yalla, das heißt im Arabischen so viel wie „Vorwärts!“ oder „Los jetzt“. Das Wort ist auf deutschen Schulhöfen so heimisch wie in den Wüstenlandschaften des Maghreb, wo es beim Antreiben von Dromedaren helfen kann. Und auch der CSU dürfte ein „Yalla!“ in den Ohren klingen, wenn sie sich zum Parteitag in Nürnberg trifft. Denn unter dem Stichwort „YallaCSU“ ergießt sich seit Freitag so viel Hohn über die Partei wie lange nicht. Der Grund ist im Leitantrag des CSU-Parteitags zu finden. Unter der Überschrift „Integration durch Sprache“ steht dort: „Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie Deutsch zu sprechen.“



Zuwanderer nehmen an einem 'Integrationskurs Deutsch' teil. Die CSU hält gegen alle Kritik an ihrer Forderung fest, dass Zuwanderer daheim in der Familie deutsch sprechen sollen.

Nicht nur aus der Bundestagsopposition kam am Wochenende ätzende Kritik am Vorstoß der CSU, den viele als Versuch werteten, sprachliche Vielfalt in Familien als Problem abzuqualifizieren. Viele Kommentare waren aber auch eher ironischer Natur. „Es fällt ja schon vielen Deutschen in Deutschland schwer, verständliches Deutsch zu sprechen“, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi der Süddeutschen Zeitung. „Wir sollten weder andere noch uns überfordern. Ich jedenfalls berlinere einfach weiter. Grüß Gott.“ Linken-Chef Bernd Riexinger sprach von den „politischen Quartalsirren aus München“, die mal wieder zugeschlagen hätten. „Allein, dass eine Regierungspartei solch einen rechtspopulistischen Schwachsinn verbreitet, ist ein Gefahr für den Standort Deutschland“, sagt er. Wer Investoren anlocken wolle, müsse auf Weltoffenheit setzen.

Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt äußerte Unverständnis. „Wer nach der CSU-Ausländermaut dachte, dümmer geht’s nimmer, der sieht sich getäuscht. Die CSU macht sich lächerlich“, sagte sie der SZ. Gebraucht würden Deutschkurse für Flüchtlinge und Zuwanderer, keine Deutsch-Pflicht. Welche Sprache am Küchentisch gesprochen werde, gehe „nur die dort Sitzenden“ etwas an.

So ging es quer durch Parteien und Zeitungen. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sprach in der Bild am Sonntag von einem „komplett bescheuerten Vorschlag“. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte der Welt, die Idee eigne sich „für den Satiregipfel“. Aber auch in der Union wird darüber diskutiert, wie viel Einfluss der Staat auf familiäre Sprachgewohnheiten nehmen sollte. „Ich finde ja, es geht die Politik nichts an, ob ich zu Hause Lateinisch, Klingonisch oder Hessisch rede“, twitterte CDU-Generalsekretär Peter Tauber. CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach hielt dagegen. Sprachkenntnisse seien für die Integration „von überragender Bedeutung“, sagte er Bild am Sonntag. „Deshalb ist es wichtig, dass mit Kindern auch zu Hause Deutsch gesprochen wird“.

Die Antwort aus dem Netz kam prompt. Um die Idee umzusetzen, müsse ein „V-Leute-System zur Überwachung“ her, twitterte die Thüringer Linken-Abgeordnete Katharina König. „Wir lenken die Sprachpolizei gerade mit einer Lübke-Schallplatte ab“, schrieb einer. Oder: „Liebe CSU, meine Frau spricht zu Hause sogar mit unseren Kindern Italienisch! Sollte man uns nicht das Kindergeld streichen?“ Die preisgekrönte Zeit-Redakteurin Özlem Topçu twitterte: „Sum Gülük mein Mutta haben sprechen imma imma doiç mit mich suhause.“

Der scharfe Ton der Debatte ging auch an der CSU-Spitze nicht vorbei. „Ich schaue mir das an. Für unsere Grundlinie lautet meine Vorgabe: eine integrationsfreundliche Politik“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer dem Münchner Merkur. CSU-Landegruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte dem Blatt, die Grundidee des Leitantrags sei in Ordnung. „Die Reaktion zeigt aber: Das kann missverstanden werden.“ Unter Berufung auf Parteikreise hieß es, die strittige Passage könnte noch ergänzt werden. Generalsekretär Andreas Scheuer kündigte an, das Thema werde im Parteivorstand am Montag „intensiv beraten.“

Im CSU-Vorstand halten manche den Vorstoß für unvereinbar mit Parteigrundsätzen. In der Debatte ums Betreuungsgeld etwa hatten CSU-Sozialpolitiker stets betont, der Staat habe sich herauszuhalten aus Familien, die selbst wüssten, was gut für sie sei. Es sei zwar „für die Migranten und die gesamte Gesellschaft von Nutzen, wenn Sprache in allen Lebensbereichen praktiziert wird“, sagte der Sozialexperte im CSU-Vorstand, Joachim Unterländer. Dies müsse aber durch Bewusstseinswandel und „ohne Kontrolle“ geschehen. Andere erinnerten daran, dass die CSU für die Pflege regionaler Kultur stehe. „Haben wir die Donauschwaben nicht so gelobt, dass sie Deutsch über Jahrhunderte bewahrt haben?“, fragte ein führendes Parteimitglied. Victor Fuchs, der in der Münchner CSU in diversen Arbeitskreisen sitzt, drohte mit Parteiaustritt, wenn es bei der Passage bleibe. „Ich schäme mich heute, CSU-Mitglied zu sein“, schrieb er.

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