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Der Titelkampf

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Natürlich funktioniert dieser Vorspann nicht ohne dieses knarzige Riff und die körnige Stimme: Zu sehen sind Bilder von der Mondlandung, von Protesten gegen den Vietnam-Krieg, von der Geiselnahme bei den Olympischen Spielen 1972, von Martin Luther King und John Lennon – unterlegt sind sie mit Joe Cockers Interpretation des Beatles-Songs „With aLittle Help from My Friends“. So beginnt die Serie Wunderbare Jahre, in der Protagonist Kevin Arnold 20 Jahre danach davon berichtet, wie er zwischen 1968 und 1973 in einer amerikanischen Vorstadt aufgewachsen ist. Im Forrest-Gump-Erzählstil werden die prägenden Momente dieser turbulenten Zeit thematisiert, wird ein ehrlicher Blick auf die typische amerikanische Familie Ende der Sechzigerjahre geworfen und unaufgeregt das Teenager-Dasein dargestellt.



Man kriegt längst nicht alle Serien auf DVD. Nicht wegen dem, was zu sehen ist - sondern wegen der Musikrechte.

Es verwundert also kaum, dass die komplette Serie in den USA nun auf DVD erschienen ist. Die Frage lautet vielmehr: Warum erst jetzt, 21 Jahre nach der Ausstrahlung der letzten Folge? Und warum erst einmal nicht in Deutschland?

Zahlreiche Fernsehserien wie Malcolm mittendrin, Cold Case oder die Staffeln drei bis sechs von Chips sitzen derzeit in einem kulturellen schwarzen Loch fest oder wurden erst kürzlich befreit wie WKRP in Cincinnati oder Batman. Den Grund dafür kennt jeder, der einmal versuchte, sich Wunderbare Jahre auf dem Streamingportal Netflix anzusehen. Da ist schon eine körnige Stimme zu hören – nur nicht die von Joe Cocker. In den einzelnen Episoden fehlen Lieder wie „Light My Fire“ von The Doors und „Foxy Lady“ von Jimi Hendrix. Stattdessen: andere Versionen oder komplett andere Songs, die zur gezeigten Szene passen wie ein Spießer zu Woodstock.

Wenn eine Serie nicht auf DVD erhältlich ist, dann hat das nur selten mit dem zu tun, was zu sehen ist. Meistens geht es um die Lieder. Mehr als 300 Lieder sind in den 115 Episoden von Wunderbare Jahre zu hören. Die Serie wurde zu einer Zeit (1988 bis 1993) hergestellt, als eine digitale Veröffentlichung unwahrscheinlich war – weshalb die Produzenten darauf verzichteten, sich die Rechte dafür zu sichern. Das kann im Nachhinein mühsam und teuer werden, Herausgeber TimeLife sprach von einer Aufgabe im Ausmaß einer griechischen Heldensage und siebenstelligen Summen, um zumindest 96 Prozent der Originallieder auf der DVD-Version für den amerikanischen Markt veröffentlichen zu dürfen. Es fehlen nur 15 Songs, darunter „Que Sera, Sera“ von Doris Day und „Spinning Wheel“ von Blood, Sweat and Tears.

Zuständig dafür war Jeffrey Peisch, Vizepräsident des Unternehmens StarVista, das sich auf dieses Sisyphos-Geschäftsmodell des Rechtebesorgens spezialisiert hat: „Jeder einzelne Deal ist anders. Manchmal brauchen die Herausgeber oder ein Plattenlabel die Zustimmung des Sängers und des Songschreibers, manchmal ist es unkomplizierter“, erklärt Peisch. Bisweilen sei bereits vorher klar, dass selbst Sisyphos sich weigern würde, mit dem Steinerollen zu beginnen – weil eine Anfrage komplett sinnlos sei. Jimmy Page etwa würde niemals die Led-Zeppelin-Version von „Stairway to Heaven“ lizenzieren, bei Pink Floyd gebe es keine Chance auf die Rechte für das Lied „Dogs“.

Peisch begann also zunächst mit dem Cocker-Song. „Ohne die Rechte daran wäre es sinnlos gewesen“, sagt er. Peisch war erfolgreich und versuchte sich danach an zehn verschiedenen Liedern von Bob Dylan. „Man kann sich vorstellen, dass gerade die großen Namen Zustimmung erfordern“, sagt der Rechtebeschaffer: „Sony kann nicht einfach einen Bob-Dylan-Song lizenzieren, ohne mit Bob Dylan zu sprechen.“ Es habe jedoch erstaunlich problemlos funktioniert und sei der Türöffner für zahlreiche andere Lieder gewesen: „Es war hilfreich, dass wir sagen konnten, dass Bob Dylan zehn Songs in der Serie hat – und dass er der Veröffentlichung zugestimmt hat.“
 
Es ist ein Feilschen mit den Rechteinhabern, das sich teils Monate hinzieht und nicht selten an einen orientalischen Basar erinnert. Wer für den einen Song mehr bezahlt, der bekommt womöglich noch einen weiteren für eine andere Serie obendrauf oder Zugang zu Songs von Bands wie den Beatles, die besonders schwer zu lizenzieren seien und dennoch in zahlreichen Serien vorkommen. Wenn alles nichts hilft, dann muss Peisch kreativ werden. Beim Song von Blood, Sweat and Tears etwa hatte er keine Chance, doch war eine Version des Sängers David Clayton Thomas erhältlich. „Man muss schon sehr, sehr genau hinhören, um einen Unterschied festzustellen“, sagt Peisch.

Bleibt die Frage, ob sich der Aufwand, der da gerade auch bei zahlreichen anderen Serienklassikern betrieben wird, denn auch lohnt. „Es ist unglaublich viel Arbeit, es sind immense Ausgaben – und wir wissen noch immer nicht, ob sich das auszahlt“, sagt Garson Foos von der Firma Shout! Factory, die 112 Künstler wie Bruce Springsteen, The Who und die Rolling Stones davon überzeugen musste, ihre Lieder für die DVD-Version der Serie WKRP in Cincinnati zu lizenzieren. Laut Foos kostete es insgesamt knapp eine Million Dollar, um 80 Prozent der Lieder für den amerikanischen Markt zu ergattern: „Wir bekommen erst langsam einen Eindruck davon, ob sich das wirklich lohnen könnte – und mit welchen Serien wir uns künftig beschäftigen werden.“ Die Verkäufe zum Weihnachtsgeschäft werde den Unternehmen die nötigen Zahlen liefern.

Es gibt also noch Hoffnung für die deutschen Fans, den körnigen Joe-Cocker-Vorspann von Wunderbare Jahre bald auch auf DVD kaufen zu können – für den europäischen Markt müssen die Rechte nämlich gesondert verhandelt werden. Das kann bisweilen auch ein Vorteil sein. Die Serie Malcolm mittendrin nämlich ist in den USA aufgrund der Rechtesituation nicht erhältlich, sowohl Foos als auch Peisch geben sich eher skeptisch, dass es jemals funktionieren könnte. In Deutschland dagegen sind seit wenigen Wochen die ersten drei der insgesamt sieben Staffeln auf DVD erhältlich. Immerhin.

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